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Romankritik: Washington Square, von Henry James (1880) – 8/10 Sterne – mit 2 Videos
Naive, zukünftige Erbin in New York wird von attraktivem Nichtsnutz umworben. Der Tochtervater, gutverdienender Arzt, ahnt den Braten und will den Bewerber blocken. Der jedoch wanzt sich unerschrocken an das Jungfräulein und ihre charmierte…
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Romankritik: Daisy Miller, von Henry James (1878, 1909) – 7/10 Sterne – mit Video
Henry James (1843 – 1916) liefert brillante Dialoge und einen kultiviert-ironischen auktorialen Erzähler, der ständig halb amüsiert, halb schockiert die Stirn zu runzeln scheint. Doch schildert Henry James die Gegensätze Europa/USA und steife Konvention/Freizügigkeit…
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Romane mit Pidgin-Englisch
Vergnügliches Pidgin-Englisch liefern u.a. die folgenden Romane und Kurzgeschichten im englischen Original: die frühen Geschichten von V.S. Naipaul, sie spielen ca. 1950 unter eingewanderten Indern auf Trinidad, bekannt v.a. Ein Haus für Herrn Biswas…
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Kritik Biografie: Georg Kreisler gibt es gar nicht, von Hans-Jürgen Fink und Michael Seufert (2007) – 7 Sterne
Ein hochinteressanter Charakter hat ein hochinteressantes Leben in einer hochinteressanten Zeit. Er und seine langjährige Bühnen- und Lebenspartnerin reden darüber ausführlich und „auf das Freundlichste“ (Nachwort) mit zwei Journalisten, sie überreichen Fotos und Zeitungsausschnitte,…
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Kritik Biografie: The Colonel: The Extraordinary Story of Colonel Tom Parker and Elvis Presley, von Alanna Nash (2003) – 7 Sterne
Alanna Nash arbeitet gut heraus, wie Elvis-Manager „Colonel Tom Parker“ schon als Kind fürs Showgeschäft schwärmte: Er präsentierte verbotswidrig Kunststückchen im Pferdestall des Vaters, jobbte bei Zirkus und Varietees. Seine ersten Musiker vermarktete Parker…
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Kritik Biografie: Françoise Gilot, Die Frau, die Nein sagt: Ihr Leben mit und ohne Picasso, von Malte Herwig (2015) – 4/10
Fazit: Malte Herwig schreibt keine Biografie, sondern eine lange Reportage, eine unkritische Anhimmelung, in der fast nur Françoise Gilot und der Reporter zu Wort kommen. Gilot redet meist über Leben und Kunst allgemein, liefert…
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Lese-Eindruck Humor-Buch: Sex am Sabbat, Moderne jüdische Witze, von Ilan Weiss (2010)
Amazon-Werbelinks: Sex am Sabbat | Jüdischer Witz Sowas Schlechtes habe ich selten gesehen. Schon das dreiseitige Vorwort kredenzt falsches Deutsch ohne Ende: „Sie“ und „Ihre“ mehrfach groß statt klein, indirekte Rede in Anführungszeichen und…
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Buchkritiken: 84 Charing Cross Road (1970) & Die Herzogin der Bloomsbury Street (1973), von Helene Hanff – 7/10 Sterne
84, Charing Cross Road ist ein kauziger, zunehmend persönlicher Briefwechsel zwischen der exzentrischen, buchversessenen Helene Hanff in New York und einem Londoner Antiquariat zwischen 1949 und 1969. Er spielte sich angeblich wirklich so ab.…
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Kritik Koch-Reportage aus USA, Frankreich: Dreck, von Bill Buford (2020, engl. Heat) – 7 Sterne
Bill Buford praktiziert zunächst kurz bei französischen Starköchen an der US-Ostküste und verbringt dann den größten Teil seines Buchs in Frankreich – samt Frau und dreijährigen Zwillingen. Aus den logistischen Schwierigkeiten und Auseinanderssetzungen in…
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Kritik Koch-Reportage aus USA, Italien: Hitze, von Bill Buford (2006, engl. Heat) – 7 Sterne
Bill Buford schreibt bestens lesbar, reportageartig, und vor allem zu Beginn mit Selbstironie, die mich oft kichern ließ*. Er gibt sich als naiver Koch-Sklave und schildert nicht nur eigene Küchen-Erlebnisse in Italien und New…
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Krimikritik: Der Fall Galton, von Ross MacDonald (1959, engl. The Galton Case) – 7 Sterne
Fazit: Die Handlung schnurrt gut konstruiert und gut geölt herunter, und Ross MacDonald erzählt ebenso elegant und gut geölt – zu gut: Dialoge klingen geschriftstellert, hübsche Zufälle helfen weiter. Amazon-Werbelinks: Buch Der Fall Galton…
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Kritik Kurzgeschichten/Essays: Collected Stories, von Raymond Carver (Library of America) – 8 Sterne – mit Links
Fazit: Raymond Carver (1938 – 1988) besticht durch hochrealistische Dialoge und Szenen, die zum Greifen plastisch wirken. Er verzichtet komplett auf absurdes Verhalten und unrealistische Zufälle, wenn auch nicht immer auf unrealistische Entscheidungen und…
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Kritik Biografie. Raymond Carver, A Writer’s Life, von Carol Sklenicka (2009) – 8 Sterne
Carol Sklenicka schreibt einfühlsam, fast literarisch, gelegentlich mild psychologisierend und in melodischem, gut lesbarem Englisch. Sie bringt die Essenz Carverscher Kurzgeschichten in fast schlichten Worten stimmig auf den Punkt. Sklenicka setzt die Pronomen so,…
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Kritik Kurzgeschichten, Film: Nichts als Gespenster, von Judith Hermann (2003) – 4,71/10 Sterne – mit Video
Nicht nur stilistisch ähneln sich die Geschichten stark, sie bringen auch immer wiederkehrende Motive – als ob Hermann das Immergleiche mit immer neu benannten Figuren aufbereite. Das wirkt sehr repetetiv. Wiederkehrende Motive: Hermanns Akteure…
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Kritik Kurzgeschichten: Irische Passagiere, von Richard Ford (2020, engl. Sorry for your Trouble) – 6,89/10 Sterne
Richard Fords Personal ist Ü30 bis Ü50, gehobene Mittelklasse, oft geschieden, teils (auch) verwitwet. Sie sind in Liebesdinge verstrickt. Serielles Heiraten generiert zuviel Personal auf der ersten Seite der Geschichte und dialogfreie, teils verschachtelte…
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Romankritik: Schmidt, von Louis Begley (1996, engl. About Schmidt, Teil 1 von 3 der Reihe) – 6 Sterne – mit Video
Im ersten Teil passiert wenig: Hauptfigur Schmidt grübelt langwierig über Kindheit und Ehe-Vergangenheit und über eine juristisch-fiskalisch komplizierte Erbregelung. Es zieht sich. Gelegentlich gibt’s affektierte Fremdwörter, dazu Italienisch und Französisch unübersetzt („tiers incommode“). Und…
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Romankritik: Selig & Boggs, von Christine Wunnicke (2013) – 5/10 Sterne
Christine Wunnicke erzählt mit verwirrenden Zeit- und Kulissenwechseln. Hubert Winkels in der SZ lobte, dass Wunnicke von Nahaufnahme zu Nahaufnahm springt, mit aberwitzig frechen Schnitten ((zitiert aus Buecher.de, kein Werbelink)). Ich fand Wunnickes Szenen-Hopping…
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Romankritik: Meine dunkle Vanessa, von Kate Elizabeth Russell (2020, engl. My Dark Vanessa) – 8 Sterne
Kate Elizabeth Russell beschreibt die Annäherung des etwa 42jährigen Englischlehrers Strane an seine verhuschte, 15jährige Schülerin Vanessa atemraubend genau: Worte, Gesten, Berührungen, nur leicht übergriffig, sensibel rückversichernd, gleichwohl zielorientiert. Die Literatur-affine Vanessa ist verwirrt,…
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Romankritik, Filmkritik: Der Liebesbrief, von Cathleen Schine (1995, 1999, engl. The Love Letter) – 6 Sterne – mit Video
Der Roman (1995, 6 Sterne): Fazit: Cathleen Schine schreibt eine gedruckte romantische Komödie, fluffig, lustig, unrealistisch, etwas belanglos. Die Hauptfigur, Buchhändlerin Helen, ist Ü40, lässig, attraktiv, unliiert und produziert ebenso wie das andere Buchpersonal…
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Kritik Kurzgeschichten: Und so verlierst du sie, von Junot Díaz (2012, engl. This Is How You Lose Her) – 7 Sterne
Die meisten der neun Kurzgeschichten zeigen Ich-Erzähler Yunior als jungen Mann, der aus der Dominikanischen Republik in die USA einwanderte. Yunior erzählt zunächst in maulfaul-saucoolem Slang von heißen Weibern, aber richtig rund läuft nichts…
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Kritik Kurzgeschichten: Abtauchen, von Junot Díaz (1996, engl. Drown) – 7 Sterne
Themen sind das ärmliche Leben in der Dominikanischen Republik, Statuskämpfe, der Traum von Amerika, dann Unterschichtleben, Kleinkriminalität und immigrantisches Hocharbeiten in der US-Vorstadt, Familientristesse, Untreue. Creative-Writing-Professor Junot Díaz (*1968) entwirft keine runden Handlungsbögen: Er…
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Kritik Kurzgeschichten: The Stories of John Cheever (1946-1978) – 6 Sterne
Cheever schreibt flüssig, gefällig und sehr griffig. Viele Geschichten (Liste ganz unten) überziehen jedoch deutlich: Autofahrer blickt geliebte Frau an und tötet sie durch Fahrfehler, ein Familienmitglied redet aus heiterem Himmel viel zu grob,…
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Kritik Psychologie-Liebe-Geschichten: Die Liebe und ihr Henker, von Irvin D. Yalom (1989, engl. Love’s Executioner) – 8 Sterne
Die fiktionalisierten Fallgeschichten sind mal 15, mal 50 Seiten lang (ich kenne nur das engl. Original, nicht die Eindeutschung von Hans J. Heckler). Ein Highlight ist wohl die Geschichte der „Fat Lady“ Betty: Yalom…
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Romankritik: Der Postbote klingelt immer zweimal, von James M. Cain (1934, engl. The Post Man Always Rings Twice) – 5 Sterne – mit Video
Die Dialoge sind kalt, knapp und cool. Die Sätze kurz. Die Kulisse wirkt staubig und reell, eine einsame Tankstelle in kalifornischer Pampa in den 1930ern. Doch dann kommen die Schwächen. Der Krimi protzt mit…
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Lese-Eindruck Updike-Buch: U & I. Wie groß sind die Gedanken, von Nicholson Baker (1991, engl. U & I)
Dieses Buch musste ich abbrechen und habe es dann nurmehr durchblättert. Nicholson Baker beschreibt zunächst umständlich und selbstgefällig seine eigene häusliche Situation und fährt dann mit John Updikes Essays fort, nicht mit dessen Romanen…
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Romankritik. Rabbit, eine Rückkehr, von John Updike (2000, engl. Rabbit Remembered, Rabbit Teil 5) – 6 Sterne
Wer die ersten vier Bände der Rabbit-Reihe kennt, muss nicht lang warten: Gleich auf den ersten Seiten von Rabbit, eine Rückkehr präsentiert John Updike alle überlebenden Akteure – und handfeste Überraschungen dazu. Rabbit Teil…
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Romankritik. Rabbit in Ruhe, von John Updike (1990, engl. Rabbit at Rest, Rabbit Teil 4) – 5 Sterne
Fazit: Der Roman liefert spannungsreiche Dialoge und zeigt US-Mittelschichtrealität tiefenscharf in oft edler Prosa. Doch er ist überfrachtet mit Erinnerungen an alte Tragödien, mit Floridatourismus, Krankenhaussaga, Golfkleinklein, Geschichtsbuch-Nacherzählung, mit Todesahnungen und aufdringlichen Hinweisen auf…
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Romankritik. Bessere Verhältnisse, von John Updike (1981, engl. Rabbit Is Rich, Rabbit Teil 3) – 8 Sterne
John Updike (1932 – 2009) schreibt realistisch, klar und detailreich, mit fließenden, spannungsreichen Dialogen, meist aus der Perspektive des Toyota-Händlers Harry „Rabbit“ Angstrom. Werbung und Tagespolitik kommen unentwegt zur Sprache, ohne dass es in…
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Romankritik. Hasenherz, von John Updike (1960, engl. Rabbit, Run, Rabbit Teil 1) – 7 Sterne
Harry „Rabbit“ Angstrom, 26, und Küchengerät-Vorführer, ist ein Unsympath: die schwangere Frau mit Kleinkind lässt er sitzen und zieht zu einer Gelegenheitsdirne. Wer liebenswerte Hauptfiguren braucht, wird mit diesem Buch nicht glücklich. Autor John…
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Kritik Kurzgeschichten. Der weite Weg zu zweit, von John Updike (engl. The Maples Stories bzw. Too Far to Go) – 8 Sterne
Diese Wirklichkurzgeschichten entstanden über Jahrzehnte hin und sind sehr heterogen, auch wenn immer dasselbe Ehepaar Maple im Mittelpunkt steht. Tonfall und Erzählperspektive schwanken, es gibt wenig Verbindungen oder Querbezüge, Übergänge fehlen. In zwei Geschichten…
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Kritik Kurzgeschichten. The Early Stories 1953 – 1975, von John Updike – 7 Sterne
John Updike schreibt teils atemraubende Dialoge und Konstellationen aus dem Eheleben. Auch ein paar hübsche Teenager-Geschichten. Und das mit teils hervorragender Erzählstimme, nur momentweise zu auftrumpfend bildungsbürgerlich. Fast immer legt John Updike erkennbar sein…