Lese-Eindruck Henry James: The Pension Beaurepas (1879), Point of View (1879), A Bundle of Letters (1882)

The Pension Beaurepas (1879):

Henry James behandelt wieder das wichtigste Thema der Welt – Amis in Europa. Die Erzählung hat ein wenig Handlung und mild amüsante, satirisch gespreizte Dialoge, teils lustig. Henry James schreibt elegant elaboriert, aber hier nicht zu verschraubt.

Alle wichtigeren Figuren in dieser Genfer Geschichte sind Amerikaner. Die Franko-Schweizer erscheinen untergeordnet und noch lächerlicher als die Yanks.

Etwas zu deutlich kontrastiert Henry James kulturlose Geschäftsleute, monomane Shopoholiker, (natürlich französische) Schürzenjäger und bildungsbeflissene Feingeister; das Symbol des geschlossenen gusseisernen Tors bei Nacht wirkt aufdringlich, ebenso die repetitiven Andeutungen geschäftlichen Niedergangs.

Trotzdem zeichnet Henry James gut unterscheidbare, dabei nicht zu grob karikierte Charaktere. Die Geschichte rundet sich hübsch mit dem Abschied aller Charaktere von der Pension Beaurepas. Und in der Brief-Erzählung The Point of View geht die Geschichte weiter.

Henry James tüncht die Geschichte in aristokratischen Spott. Der Ich-Erzähler hat mit Geschäften nichts zu tun, ein Flaneur ohne Geldsorgen. Ein anderer Ami sagt über die Schweiz und eine kleinformatige Zeitung dort sinngemäß: ein kleines Land brauche wohl eine kleine Zeitung; man könne die ganze Schweiz samt ihren Bergen in eine US-Zeitung einwickeln. Die 21-Jährige Miss Ruck erinnert ihn an einen “feminine terrier in a tinkling collar”.

Keck platziert der sonst so steife Mr James regelrecht ein paar Scherzchen:

”I thought he’d settled down more.”… “I’ve had hitherto mainly to settle up!”

Natürlich erwartet Henry James auch, dass wir die französischen Sätze verstehen wie etwa

Ne vous y fiez pas!

A Bundle of Letters (1879):

Über diese “Geschichte” heißt es bei Mantex:

There is very little attempt to create a narrative or to generate any development of character or plot… many of which could be said to be aspects of James’ own character, exaggerated for effect. 

Nur Meinung, Feuilleton, aber keine Handlung – diese Kritik gilt auch für Point of View (s.u.), nicht jedoch für die Pension Beaurepas (s.o.). Und genau solch narzisstisches Elaborat muss ich wirklich nicht lesen.

Ein anderer Korrespondent in A Bundle of Letters kehrt zurück in Henry James’ Briefgeschichte Point of View (1879).

Kritik Henry James, The Point of View (1882): 

Alle Briefe in Point of View übertreiben satirisch die Unterschiede zwischen Amerikanern und Europäern. Letztlich las ich nur die Briefe der Hauptfiguren der vorhergehenden Geschichte Pension Beaurepas (s.o.), also vielleicht knapp die Hälfte des Gesamttexts.

Die Fortsetzung der Pension Beaurepas beginnt mit einem viele Seiten langen Brief der jungen Aurora Church aus New York nach Paris. Der Brief enthält elaborierte henryjamessche Geistreichereien und kaum Spuren der Aurora Church aus der vorhergehenden Erzählung. In der ganzen Erzählung transportiert Henry James aufdringlich seine Eindrücke von Europa vs Neue Welt und wenig Handlung.

Ich hatte mich auf einen kleinen Briefroman gefreut, aber dies sind reine Monologe, wir lesen keine Antworten, es gibt keine Entwicklung.

Auch alle weiteren Briefe der Erzählung gehen von USA nach Europa. Mindestens die Hälfte kursiert zwischen Personen, die wir aus der vorhergehenden Erzählung kaum oder gar nicht kennen, als bekannte Hauptfiguren kehren nur Mutter und Tochter Church wieder, nicht jedoch die Familie Ruck, der Ich-Erzähler oder gar die franko-schweizerischen Akteure.

Henry James beeindruckt darin nicht nur recht aufdringlich mit Witz um drei Ecken und unüberhörbarer Satire, sondern auch mit Französisch (“dégingandé”). Das prägt auch den Brief von Mutter Church, der zwar inhaltlich, aber nicht stilistisch an die Frau Church aus der vorhergehenden Erzählung erinnert. Die seitenlangen Ausführungen laufen darauf hinaus, dass Bildung in den USA nichts zählt und junge Frauen ganz ohne Aufpasserin mit Männern ausgehen können.

Die Briefe haben keine Gruß- und Abschiedsformeln und wirken in ihrer jeweiligen Monomanie übertrieben – also weniger realistisch und eher eine henryjamessche Kopfgeburt, indes jederzeit nonchalant formuliert und voll elitärer Aperçus. Mookse and Gripes redet von “opinionated, stylized, often Wildean outpourings of epigrammatic bigotry and insight”; der Vergleich mit Oscar Wilde kam mir nicht selbst in den Sinn, aber ich finde ihn vag nachvollziehbar.

Bücher bei HansBlog.de:

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

 

Nach oben scrollen