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Romankritik, Filmkritik: Der Liebesbrief, von Cathleen Schine (1995, 1999, engl. The Love Letter) – 6 Sterne – mit Video
Der Roman (1995, 6 Sterne): Fazit: Cathleen Schine schreibt eine gedruckte romantische Komödie, fluffig, lustig, unrealistisch, etwas belanglos. Die Hauptfigur, Buchhändlerin Helen, ist Ü40, lässig, attraktiv, unliiert und produziert ebenso wie das andere Buchpersonal unentwegt coole Einzeiler – unplausibel, aber vergnüglich. Ein Beispiel (ich kenne nur das engl. Original): You read my mind even when there’s nothing in it. Autorin Cathleen Schine ist zu verliebt in ihre Figur: Schine beginnt den Roman zwar mit einer kurzen Szene in der erzählten Jetztzeit, dann aber lässt sie ihre Buchhändlerin die Vergangenheit reminiszieren und müßig spekulieren. Sie beschreibt unermüdlich ihr fantastisches Aussehen. Und im Bett ein Feger. Bis die Handlung in Fahrt kommt,…
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Filmkritik Komödie: Julie & Julia (2009, mit Meryl Streep) – 4 Sterne – mit Video
Das ist kein vollwertiger Spielfilm. Es gibt kaum Drama, und die zwei Hauptfiguren begegnen sich nicht, obwohl sie es könnten. Zwischen den zwei Paaren im Mittelpunkt des Films herrscht zumeist allerkuscheligste Harmonie; eine kleine Krise beim jüngeren Paar wirkt unglaubwürdig und löst sich darum schon bald in Luft auf. Meryl Streep spielt die Kochbuchautorin und TV-Köchin Julia Child, die es wirklich gab – offenbar samt den Eigenheiten im Film: die Figur agiert so monoton freundlich-extrovertiert wie ein Automat und redet unentwegt enervierend schrill, jedenfalls in der deutschen Synchro. Der Plan der jüngeren Hauptfigur, 542 komplizierte französische Rezepte in 365 Tagen zu kochen, ist eh so schwachsinnig wie Speedklettern oder Schnellfresswettbewerbe.…
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Filmkritik Komödie: Warten auf Mr. Right – Waiting to Exhale (1995, mit Whitney Houston, Angela Basset) – 5 Sterne – mit 2 Videos
Hier gibt’s was auf die Ohren und die Augen: Unentwegt schmeichelt Kuschelrock (genannt R&B, symptomatisch Whitney Houstons Filmsong Exhale (Shoop Shoop)). Und unentwegt sieht man schöne Frauen und ein paar smarte Männer in streng auf Mainstream gebürsteter Edel-Umgebung: Nobelhotelbar, Nobelvillawohnzimmer. Die Edeloptik erinnert an Musikvideos und Werbung, ohne Substanz oder Individualität. Politisch ist der Film denkbar korrekt: Er zeigt fast nur Nichtweiße, eine versprengte Weiße kriegt’s gleich in die Fresse; alle schwarzen Frauen sind lieb und ausgebeutet; fast alle Männer (auch schwarz) gefühllose Sexlachnummern, selbstsüchtige Dummschwafler, Lügner, Zauderer, Homos. Die tragen auch alle den selben Stil. Das Ganze wirkt denkbar unrealistisch auf Fluff gebürstet, Charisma hat nur Angela Basset. Interessant:…
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Filmkritik Komödie: Wie gut ist deine Beziehung (2019, mit Julia Koschitz) – 5 Sterne – mit Video
Wenn Männer zu sehr lieben, dann werden sie krankhaft dämlich: Diese Berliner Hipster-Soap liefert zwar ein paar pfiffige Sprüche und überraschende Wendungen. Sie ächzt aber auch unter all dem dummen, unrealistischen Gerede, das die IT- und Agenturfritzen weinerlich aufsagen, sobald sie mal vom Rad steigen. Hier agieren Warmduscher und verkrampfte Frauenversteher, die auch noch „Steve“ und „Bob“ heißen. Und dass ein IT-Profi wichtige Passwörter auf Post-its im Büro notiert, passiert wohl nicht mal in Berlin. Immerhin liefert Autor-Regisseur-Produzent Ralf Westhoff eine neue Grundidee für eine romantische Komödie: Ein Paar ist glücklich, will nichts ändern, und sprengt doch das achtsam-nachhaltige Beziehungsidyll mit fehlgeleiteter Beflissenheit. Die Geschichte endet dann aber banal genre-typisch.…
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Filmschmäh: Late Show (1999, Regie Helmut Dietl, mit Thomas Gottschalk, Veronica Ferres) – mit Video
Ich scheiß euch sowas von zu mit meinen Stars, dass ihr keine ruhige Minute mehr habt. Das dachte sich wohl Helmut Dietl, Schöpfer der zauberhaften Serie Kir Royal, und so castete er für seine Holzhammersatire Late Show die Supernasen am deutschen Fernsehmarkt en bloc: nicht nur, aber auch Thomas Gottschalk, Veronica Ferres, Harald Schmidt, Jasmin Tabatabai, Olli Dittrich, Andrea Sawatzki, Sabine Orléans und Gaby Dohm. Heraus kam grottendämliches Pennäleramateurtheater mit grellen Übertreibungen: Ferres als blondes Ökodummchen, Sawatzki als heulende Sekreteuse, Orléans als brünstig-exhibitionistische Taxlerin, Tabatabai ein grimmes Mannsweib, Schmidt der coole Machomacker usw. usf. Es gab zwischendurch ein, zwei vergnügliche Einzeiler. Dann raspelte wieder der ganz grobe Scherzkekshobel. Beim Dreh…
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Kritik Komödie: Tootsie (1982) – 7 Sterne – mit Video
Das ist eine nette Geschichte für die ganze Familie – ein Schauspieler verkleidet sich als Schauspielerin, weil er nur so Arbeit beim Film bekommt. Eine andere Schauspielerin will die falsche Frau zur Freundin, und ein paar Männer wollen die falsche Frau zur Frau. Der Mann in Frauenkleidern bekommt ein neues Verständnis von der Rolle der Frau – fast ein metoo-Moment –, und er verliebt sich in die Frau, die ihn als weibliche Freundin haben wollte. Etwas angestrengt spielt das Drehbuch sämtliche denkbaren Konfusionen durch: alle Konstellationen, alle missverständlichen und doppeldeutigen Dialoge. Sydney Pollacks Inszenierung ist nicht wirklich schrill, aber natürlich nicht ganz ernst. Das gilt auch für Dustin Hoffmans deutschen…
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Kritik Komödie: Hausboot (1958) – 5 Sterne – mit Video
Alle spielen steif und unlässig, die Geschichte ist ultraklischiert, und die Kinder überzeugen auch nicht. Ich habe kaum gelacht. Immer wieder fixiert die Kamera wie hypnotisiert die Edelphysiognomien von Cary Grant und Sophia Loren, die stets ultrabraungebrannt erscheinen. Der Film ist wie ein Möbel vom Flohmarkt, das man nicht mehr haben will.
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Kritik romantische Komödie: Es ist kompliziert (2015) – 7 Sterne – mit Video
Das ist fast schon Cool Britannia: Die Figuren in dieser Komödie agieren lässig, selbstironisch und witzig, ohne dabei flach, schrill oder allzu melodramatisch zu geraten. (Zunächst.) Das Szenario hat was: Der Mann spricht eine Frau an, die er für seine Blind-Date-Verabredung hält; sie lässt sich von ihm einladen, obwohl sie gar nicht die Gesuchte ist. Dem folgt eine durchgequasselte Londoner Kneipentour mit Lachen, Weinen, Tanz und Streit. Dazu läuft viel muntere Popmusik. Im zweiten Teil liefern Regisseur Ben Palmer und Autorin Tess Morris dann doch alles nach, was man bei handelsüblichen Romantischen Komödien erwartet: Vulgarität, Schrillität, Tränendrüsenattacken, Unrealismus, und das Ende muss man nicht verraten. Fast scheint die Klischeeorgie im…
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Filmkritik: Wolf of Wall Street (2013, Scorsese, diCaprio) – 7 Sterne – mit Video
Was für eine Orgie aus heißen Weibern/Öfen/Rhythmen/Deals. Dazu Drogen ohne Ende, Gier und grelle Bilder, Niedertracht und Vulgarität. Ein Fest. Über drei Stunden kommt Martin Scorseses pubertär schriller Film über pubertär schrille Geldjongleure kaum zur Ruhe. Gelegentlich überraschen dann wieder übertrieben lange Gespräche und andere Szenen. Die Darsteller sind bis in kleinste Nebenrollen exzellent besetzt – der Ex-Polizist Bo Dietl spielt sich dabei selbst, Altmeister Jean Dujardin kredenzt eine charmant-verschlagene Euronote. Was die hormonpralle Männerrasselbande in ihrem Börsenmaklerhangar da Strafbares ausfrisst, habe ich nicht verstanden. Aber weggucken konnte ich auch nicht. Scorsese mischt Perspektiven, Stilmittel, lässt die Chronologie schlingern – es funktioniert einigermaßen. Meine Bluray enthielt drei je etwa 15minütige…
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Kritik Filmkomödie: Stella di Mare – Hilfe, wir erben ein Schiff (1999) – 7 Sterne
Nett verkrachte Wiener Familie steht ein paar Mal vor dem Ruin, wird aber stets durch Erbschaften und Lottogewinne wundersam gerettet. Im Hauptteil bringen sie eine rostige kleine Mittelmeerjacht in Gang (Regie, Kamera Xaver Schwarzenberger; Buch Ulrike Schwarzenberger; mit Erwin Steinhauer, Ulrike Beimpold, Corinne Cléry). Ein kleiner, gefälliger Spaß, der sich selbst nicht ernst nimmt und nie zu grell wird – trotz Pleiten, Pech und Pannen mit Wasserstürzen, Wohnungsbrand, platzenden Blusen & Blasen, explodierten Mischpulten, verstopften Klos etc. pp. Kombiniert mutig Rocker im Tonstudio, Damenschneiderinnen, Familienleben und Mittelmeerjachthäfen samt Bootsführerscheinprüfung und ein paar Italienklischees. Verzichtet auf Hipsein à la ARD-Degeto, alles ist hübsch bieder. Wikipedia zum Film (nur Handlung) Freie Assoziationen:…
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Kritik Filmkomödie: Meeresfrüchte (2005) – 6 Sterne – mit Video
Erst treibt’s nur die Frau mit dem Mann, die Tochter mit dem Motorradboy, der Sohn mit sich. Allmählich aber wird es verwickelt: Die Frau hat noch ’n Mann, ihr Mann hat auch noch ’n Mann, der Sohn kriegt auch noch ’n Mann (oder nicht?), der seinerseits nächtlich – und dann Klempner Didier – Ein munterer, sonnig-selbstironischer Sommerreigen mit mediterranem Flair, ein bisschen Song&Dance, ganz viel liberal-libidinöser Polyamourie, aufdringlichen Anspielungen auf den Geschmack der Meeresfrüchte (frz. Titel Crustacés & Coquillages), letztlich etwas monothematisch (Regie Olivier Ducastel, Jacques Martineau, mit Valeria Bruni Tedeschi, Gilbert Melki).
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Kritik Komödie: Love Birds – Ente gut, alles gut (2011) – 7 Sterne – mit Video
Die Handlung ist Massenware und in vielen Details unplausibel: Netter Mann verliert manipulative Freundin an fiesen Kumpel, netter Mann nimmt verletzte Ente auf, netter Mann lernt nette Tierärztin kennen, nette Tierärztin ist zufällig Single, love is in the air, netter Mann trifft sich wieder mit manipulativer Ex, nette Tierärztin ist total verletzt, und das Ende wird keinesfalls verraten. Trotz aller Vorhersehbarkeit und Logiklöcher habe ich mich gut amüsiert: Die Akteure spielen mit viel Selbstironie, ohne völlig zu übertreiben. Fast hält man es für möglich, dass der nette Mann (Rhys Darby) tatsächlich mit seiner Ente in die Badewanne steigt und das Federvieh auch neben sich schlafen lässt – schließlich schnatterte es…
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Filmkritik: Auf der anderen Seite ist das Gras viel grüner (2017) – 3 Sterne – mit Trailer
Wer sich fremdschämen möchte, schaut diese verkorkste Komödie. Selten wurden Frauen so dämlich dargestellt: hilflos Männer anschmachtend, esoterikgläubig, autofahrend Fahrräder überrollend, mit der Hand im Briefkasten verkeilt, in Supermarktregale stürzend – und ein Doktor muss zu Hilfe kommen (aber kein Script Doctor). Bridget Jones und das SatC-Kränzchen wirken wie grimmig-damenbärtige Mannsweiber gegen die hysterischen Hühner aus Auf der anderen Seite ist das Gras viel grüner (Regie Pepe Danquart, mit Jessica Schwarz, Judy Winter, Felix Klare, Christoph Letkowski, Juliane Köhler). Eine wunderliche Zeitreise fünf Jahre zurück stört ebenso wie die verkrampfte (einmalige) Einbindung des Filmtitels in den Dialog. Dazu kommt das übliche ARD-Degeto-Ausstattungsprotzen mit brutalstmöglich luftig-loftigen Wohnungen und Büros. Zum Ausgleich…
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Filmkritik: Ein griechischer Sommer (2011) – 7 Sterne – mit Video
Dieser griechische Dorffilm richtet sich an Jugendliche, mag aber auch Oldtimer heiter stimmen. Die Stars: eine Ziege, ein Pelikan und ein paar mediterrane Hügel und Strände, die fast an Mamma Mia erinnern. Die menschlichen Schauspieler sind nichts Besonderes. Und obwohl der Streifen im Deutschen „Ein griechischer Sommer“ heißt, gibt es nur am Rand eine kleine, unbedeutende Nebenromanze (Regie Olivier Horlait). Emir Kusturica spielt einen dauer-muffigen Vater ohne jede Varianz. Sein Film-Sohn Thibault Le Guellec ersteht einen jungen Pelikan und zieht ihn heimlich groß. Dann aber wird der Pelikan zum Star der Insel und lockt Touristen an – Selfie mit Peli ist der Sommertrend, auch wenn der Vogel einem schonmal das…
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Filmkritik: Das Leben ist ein Fest (2018) – 7 Sterne – mit Video
Ein französischer Hochzeitsplaner und sein chaotisches Team richten eine Nobelhochzeit im Schloss aus. Da gibt’s allerlei Chaos mit verdorbenem Essen, unwilligen Angestellten, ehrgeizigen Showsängern und natürlich Liebeshändeln. Im Vordergrund stehen die Bediensteten, die Hochzeitsgesellschaft bleibt in der Kulisse. Gelegentlich erklingt perkussive Jazzmusik – eingespielt von Jazzer Avishai Cohen. Die Regisseure und Autoren Olivier Nakache und Éric Toledano hatten 2011 einen Riesenhit mit Ziemlich beste Freunde gehabt. Ihre Komödie Das Leben ist ein Fest ist halbwegs albern, aber nie grell und peinlich. Einige Figuren sind schlecht definiert, ihr Charakter bleibt unklar oder widersprüchlich. Diese französische Komödie hat sicher viel Wortwitz. Auch die deutsche Synchronisation liefert einige pfiffige Ideen, sie wirkt keinesfalls…
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Filmkritik: Plötzlich Vater (2013) – 6 Sterne – mit drei Videos
Der mexikanische Frauenheld Sam steht plötzlich mit einem blonden Baby da, das angeblich seins ist. Rubbldikatz wird er hochbezahlter Stuntman in Hollywood und baut seinem Kiddie eine Kinderzimmer-Traumwelt. Zur Schule geht das Mädchen nur selten, weil es bei allen Drehs für den plötzlichen Papa dolmetscht. Dann taucht die angebliche Mutter nach sechs Jahren wieder auf, und sie ringen ums Sorgerecht der nun Siebenjährigen. Dazu kommen weitere Dramen. Hauptdarsteller Eugenio Derbez ist auch Regisseur und Co-Autor. In der ersten Hälfte liefert er eine vergnügliche, teils harte Komödie – so lange Vater und Tochter unter sich bleiben. Dann taucht die Mutter auf, von Jessica Lindsey extrem spröde und vage gespielt, wie ein…
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Filmkritik: Plötzlich Papa (2016) – 7 Sterne – mit drei Videos
Sicher, der Film ist sehr unrealistisch und zeigt ein Disney-Kuckucksheim. Die Motivation der Figuren bleibt teils völlig diffus. Da ist der schwarze Ferienclub-Animateur in Südfrankreich, der plötzlich allein mit einem Milchkaffee-Baby dasteht – angeblich seins. Rubbldikatz wird er hochbezahlter Stuntman in London und baut seinem Kiddie eine Kinderzimmer-Traumwelt. Zur Schule geht die Kleine nur selten, weil sie bei allen Drehs für den plötzlichen Papa dolmetscht. Dann taucht die angebliche Mutter nach acht Jahren wieder auf, und sie ringen ums Sorgerecht der nun Neunjährigen. Die vielen Drehungen und Wendungen in dieser dramatischen Komödie müssten eigentlich an Behörden und Psychologie scheitern. Ganz am Schluss packen die Skriptschreiber völlig unnötig noch eine Extraportion…
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Filmkritik: Immer Drama um Tamara (2010) – 7 Sterne – mit Video
Ausgefeilt Psychologisieren wollte Regisseur Stephen Frears sicher nicht. Aber er produzierte eine stets kurzweilige, relativ intelligente Komödie, die Klischees vom (sehr englischen) Land- und Schriftstellerleben aufspießt, schöne Bilder und Abläufe zeigt. Nur punktuell wird es zu grell oder vulgär, erscheint Ex-Bondgirl Gemma Arterton gar zu knusprig; dafür gibt es viele witzige Einfälle und Figuren, die sich angenehm vom Hollywood- oder Berlin-Mitte-Einerlei abheben, u.a. auch durch ihr mittleres Alter.
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Filmkritik: Harri Pinter, Drecksau (2017) – 4 Sterne – mit Video
Angebliche Komödie um einen extrem mackerhaften Endvierziger (Juergen Maurer als Fahrlehrer, Ex-Eishockeystar und Eishockey-Jugendtrainer in Klagenfurt). Seine jüngere philologische Freundin (Julia Cencig) betrügt ihn mit einem Softie-Professor, der sogar selber kocht. Die Klischees kommen knüppeldick, aber dafür vollflach; die ausführliche, aufdringliche 80er-Jahre-Musik macht’s nicht subtiler („Eye of the Tiger“, „I’m in Heaven“). Nichts, aber auch nichts hat den Hauch von realistisch (Regie Andreas Schmied). Es gibt ein paar hübsche, offenbar karinthische Ausdrücke und Schimpfwörter, welche die deutsche TV-Ausstrahlung per Untertitel verklarte – mit neuen, abweichenden Begriffen wie „Runzelpimmel“ (sic), eindeutig nicht einfach das Kärntnerische transkribierend, sehr amüsant. Vielleicht war es ja nicht nur die Sprachkunde, die ich mich bis zum…
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Filmkritik: Alexander, der Lebenskünstler (1968, mit Philippe Noiret) – 7 Sterne – mit Video
Liebenswerter Bauernschwank aus einem französischen Dorf: Bauer Alexandre (Philippe Noiret) wird von seiner Frau jeden Tag per Walkie-Talkie über alle Felder gehetzt. Dann endlich rafft ein gnädiger Unfall das herrische Weib hinweg, und Alexandre legt sich zwei Monate ins Bett; zuvor lässt er noch alle Tiere frei, und zum Einkaufen schickt er sein gewitztes Hundchen. Die Dorfbewohner fürchten jedoch die zersetzende Wirkung von Alexandres Bett-Lager, denn schon legen weitere Bauern Rechen und Mistgabel nieder. Die rechtschaffenen Dörfler wollen Alexandre mit allen Mitteln wieder zur Plackerei bringen. Die Komödie hat viele witzige Ideen und ist deftig politisch unkorrekt, aber nicht verstörend krass. Sie zeigt reihenweise Außenaufnahmen und Landleben pur mit Kürbisfeldern,…
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Filmkritik: Night on Earth (1991, von Jim Jarmusch, mit Gena Rowlands, Winona Ryder, Roberto Benigni) – 7 Sterne – mit Video
Der Film zeigt fünf unverbundene Geschichten von fünf längeren, nächtlichen Taxifahrten in fünf Großstädten – Los Angeles, New York, Paris, Rom und Helsinki. Regisseur und Autor Jim Jarmusch skriptete überwiegend hervorragend, teils sehr gefühlvoll, teils rabiat sarkastisch, mit starken Dia- und Monologen. Die Schauspieler bringen ihre oft schrägen Figuren oft überzeugend und sehr präsent auf die Leinwand, unter ihnen Armin Mueller-Stahl, Béatrie Dalle, Gena Rowlands, Winona Ryder, Béatrice Dalle. Eindrucksvoll zudem: die Kamera zeigt die lenkenden und dabei vor sich hinbrütenden Taxifahrer oft aus nächster Nähe (gefilmt aus einem Abschleppwagen, der das Filmtaxi hinter sich her zog). Sehr gut: Jeder Film läuft mit Untertiteln in der Landessprache ab. Interessant auch:…
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Filmkritik: Crazy Rich (2018, engl. Crazy Rich Asians) – 7 Sterne
Ungewöhnlich für eine *Hollywood*-Produktion: Der Erfolgsfilm auf Basis des Erfolgsbuchs von Kevin Kwan zeigt nur chinesische Gesichter unter chinesischer Regie an asiatischen Schauplätzen. Die Mittelschicht-US-Chinesin Rachel erlebt in Crazy Rich Asians die Welt der chinesisch-stämmigen Superreichen in Singapur, mit atemberaubendem Luxus und schockierenden Intrigen. Die romantische Komödie läuft flockig durch, hat Schwung, die richtige Menge unterhaltsamer (teils asiatischer) Popmusik und lauter gutaussehende, (teils kalt-)herzige Akteure (mit Constance Wu, Henry Golding, Michelle Yeoh, Gemma Chan, Awkwafina, Regie Jon M. Chu). Amazon-Werbelinks: Singapur | Südostasien | China Ein bisschen Drama: Zwar gibt es ein bisschen Drama und Tränen, dennoch sind die Figuren nicht sonderlich tiefenscharf, manche Reaktion und manche Antwort haben mich…
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Filmkritik: Der letzte schöne Herbsttag (2010, von Ralf Westhoff) – 5 Sterne – mit Video
Was für ein Quasselfilm. Die halbe Zeit reden Julia Koschitz und Felix Hellmann direkt in die Kamera. Ansonsten miteinander, und immer geht es um immergleiches Beziehungsgewuhre. Die im Film etwa 30jährigen gerieren sich wie leicht entflammbare 16jährige. Es ermüdet.(Wie viel besser Koschitz wirkt, wenn sie länger *nicht* redet, sieht man im passend betitelten Film Schweigeminute.) Nach zehn Minuten filmischen Jammer(n)s fragt man sich, warum die Hauptfiguren nicht einfach Schluss machen. Und warum man seinerseits nicht Schluss macht mit diesem Film. Zwar war auch Ralf Westhoffs bemerkenswerter Erstling, seine 2006er Speeddating-Farce Shoppen, ein Quasselfilm; aber der hatte Speed und Witz – im letzten schönen Herbsttag dominiert dagegen nur peploses Selbstmitleid, und…
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Deutschland, Deutschland-Film, Film, Gut, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Komödie, Spielfilm
Kritik TV-Komödie: Lychees weiß blau (1998) – 7 Sterne
16jährige Thailänderin wird als Sexsklavin nach DE entführt, rettet sich aber in ein hinterwäldlerisches Oberbayerndorf. Dort weckt sie Beschützer-, Begatter- und Abwehrinstinkte – und irgendwann mischen sich Tempel- und Blasmusik. Das ist eine naive Heimatkomödie, noch weniger realistisch als möglich, aber nicht extrem grell oder extrem kitschig. Einige Dörfler haben das Herz liebenswert am rechten Fleck, die Bösen sind nicht allzu böse, und man kann ein bisschen Thai lernen (v.a. mit eingeblendeten Untertiteln). Wer nicht zufällig ein Herz für Thailand, Oberbayern und den VW Polo B hat, gewinnt den kleinen Streifen womöglich gar nicht lieb. Selbst schuld. Auf Amazon: Bücher über Thailand, Südostasien, ganz Asien Viele Hauptakteure bei diesem Projekt…
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Kritik Kinokomödie: Das Mädchen Rosemarie (1958, mit Nadja Tiller, Mario Adorf) – 7 Sterne – mit Videos
Was sind die Herren Generaldirektoren und Industriebarone doch für lächerliche Hurenböcke in dieser frechen Schwarzweißsatire von 1958. Mit schwarzen Benzen und unerträglich selbstgefälligem Mundwerk walzen sie im spöttisch choreografierten Gänsemarsch durch die deutsche Wirtschaftswunderkulisse. Sie verfallen verständlicherweise dem hinreißenden Callgirl, das Nadja Tiller mit Verve und konservativem Sexappeal auf die Leinwand stöckelt. Das ist alles sehr dick aufgetragen, teilweise zu pompös, aber es macht Laune – auch wegen des fast blasphemischen running gags auf Kosten eines standing Religionsapostels. Einige chansonesk-dreigroschige Singspiele verstärken den Kleinkunstcharakter der Inszenierung. Nadja Tiller beherrscht den Film souverän vom Anfang bis zu seinem und ihrem Ende. Aber es gibt noch viele andere Charakterköpfe. Ich meine weniger…
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Filmkritik: The Artist (2011, mit Jean Dujardin) – 7 Sterne – mit Trailer
In diesem 4:3-Schwarzweiß-Stummfilm von 2011 dudelt unentwegt Musik – zu viel. Ganz gelegentlich hört man ein paar Geräusche oder gar Wörter – zur Überraschung der Zuschauer und der Filmfiguren. Die Handlung: Ein Stummfilm-Schauspieler findet sich im Hollywood der 1920er Jahren nicht damit ab, dass jetzt die Ära der Sprechfilme (Talkies) beginnt; da denkt man an Billy Wilders Film Sunset Boulevard (1950). The Artist – produziert von einem französischen Team in Hollywood – erhielt 2012 wichtige Oscars und weitere hohe Preise. Der Film punktet vor allem durch die starke physische Präsenz der blendend aussehenden, extrovertiert aufspielenden Hauptfiguren Jean Dujardin und Bérénice Bejo; zusammen mit Regisseur Michel Hazanavicius hatten sie auch schon…
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Kritik Kinokomödie: Wir sind die Neuen (2014, von Ralf Westhoff) – 7 Sterne – mit Trailer
Drei Ü50-Altrocker bilden aus Geldgründen eine alternativ angehauchte WG. Schnell kommt’s zu Konflikten mit der WG aus dem 3. Stock – drei spießige, karrieregeile Studenten, examens- und beziehungsbedingt am Rand des Nervenzusammenbruchs. Regisseur und Autor Ralf Westhoff (Shoppen, Der letzte schöne Herbsttag, Wie gut ist deine Beziehung) lässt kein Klischee aus und schert sich nicht um Realitätsnähe. Und trotzdem ist das eine schnelle, vergnügliche Komödie: Zum einen spielt die Ü50-Riege herzerwärmend gut, vor allem Gisela Schneeberger und Heiner Lauterbach. Außerdem gibt’s ein paar herrliche Einzeiler (wenn auch teils unrealistisch gut getextet). Für eine deutsche Produktion insgesamt nicht übel, und die hauptberufliche Kritik war angetan (außerdem mit Michael Wittenborn, Claudia Eisinger,…
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Kritik TV-Krimikomödie: Tödliches Comeback (2019) – 6 Sterne
Ist das eine Tatort-Parodie? Es gibt ölige Zuhälterfiguren, eine billige Disco, Einfamilienhäuser, Polizeistation und Mord. Die Typen agieren alle völlig überzogen, für die Rampe, vor allem Martin Brambach als Tanzmusiker und halbkrimineller Vater eines strebsamen Jungbullen (Martin Brambach). Das amüsiert 15 Minuten, dann aber kennt man Brambachs Gesichtsverrenkungen und Menjou-Bärtchen gut genug. Jeanette Hain spielt eine angestrengt penetrant cool laszive Diva am Mikrofon und am Mann; Lina Beckmann gibt eine militant stramme, absurd frisierte Polizeichefin. Elisa Schlott als kesse Jungkriminalerin hat ein paar flotte Sprüche und rein Drehbuch-bedingte, mechanische Gefühlsanwandlungen – sie drehen die Komödie weiter und zielen auf Lacher, sind aber nicht nachvollziehbar. Regie Hermine Huntgeburth, ihr Mann Volker…
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Kritik TV-Komödie: Keine Ehe ohne Pause (2014, von Ralf Westhoff) – 3 Sterne – mit 2 Videos
Hier rollen sich die Zehennägel: Das gestandene Mannsbild Heino Ferch wechselt in seiner Schriftstollerrolle samt weiblichem Pseudonym teils in Frauenkleider mit Perücke und Lippenstift; und man weiß nicht recht, ist das platte Komik oder Seelenstriptease? Gewiss nur: Es ist fürchterlich peinlich. Die Geschichte ist nie lustig, dafür durchweg unrealistisch und immer aufdringlich klischiert. Alle machen sich auf nicht erheiternde Art zum Narren – oder zum Volldeppen -, vor allem die Heino-Ferch-Figur (schon vor dem Wechsel in Frauenkleidung). Nach wenigen Filmminuten lässt sich auch die Mittäterschaft der ARD-Degeto nicht mehr verbergen: Die riesige Berliner Wohnung der Hauptfiguren ist filmi filmi bohemien, er fährt einen Volvo-Oldtimer, sie zum Ausgleich einen offenen VW…
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Kritik Bayernkomödie: Was weg is, is weg (2012) – 7 Sterne – mit Video
Die Komödie vom oberbayerischen Land erinnert deutlich an Rosenmüller-Filme, aber auch an die Streifen der Serie Beste Zeit. Christian Lerch, Drehbuchautor bei Markus Rosenmüller, hat bei Was weg is, is weg Regie geführt und das Skript geschrieben. Und er hat es überfrachtet: Es gibt immer neue Nebenhandlungen – ein Onkel im Koma, ein Bruder mit Dachschaden, ein abgetrennter Arm, Kontaktabbruch Sohn-Eltern, Anti-Atom, ein Pleite-Kneipier. Langeweile kommt bei den vielen absurden Wendungen nicht auf, auch nicht bei den Spritztouren im orangen BMW durch Felder und Wälder. Lerch zeigt seine Akteure ein klein bisschen zu dümmlich, vor allem die Jungwirtin, die im knappen Aerobicdress durch den gesamten Film muss. Die Kamera macht…
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Rezension TV-Spielfilm: Endlich Urlaub! (2005, mit Hannes Jaenikke, Heikko Deutschmann, Sonja Kirchberger) – 7 Sterne
Zwei Berliner Paare mit Kindern treffen zufällig vor dem Griechenland-Flug aufeinander und beharken sich schon beim Check-in. Doch es kommt noch schlimmer: Wirklich rein zufällig landen beide Paare im selben Ferienhaus, es wurde aus Versehen doppelt vergeben. Daraus entsteht eine gutbürgerliche Degeto-deutsche Rom-Kom oder ein Ferienstadl ganz klassisch mit verwechselten Schlafzimmertüren und Fast-Ehebrechern unterm Bett. Ingesamt drei Paare aus zwei Generationen rüttelt dieser Hellas-Trip durcheinander. Trotzdem ist das ganz vergnüglich, vor allem dank pfiffiger Dialoge und teils netter Schauspieler. Es schmalzt über weite Strecken nicht zu arg, die Klischees bleiben noch im Rahmen (außer bei den rustikalen griechischen Vermietern und beim Finale), und die Teenager bringen eine frische Note rein.…