- Belletristik, Buch, Deutschland, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Reise, Reisebuch, Sachbuch
Kritik: Nolde und ich. Ein Südseetraum, von Hans Christoph Buch (2013) – 3/10 Sterne
Wie monetarisiert man die 2012er Teilnahme an einer ornithologischen Gruppenreise nach Papua-Neuguinea? Man erfindet ein paar Kapitel über die historische Tropenreise eines berühmten Malers und verschneidet diese Fiktion mit eigenen Tagebuchstichwörtern. Wenn man damit in der renommierten Anderen Bibliothek landet, muss es gut sein. Vielleicht findet Buch sein Buch lässig, ich finde es nachlässig. Amazon-Werbelinks: Hans Christoph Buch | Emil Nolde | Südsee Wahrheit und Dichtung: Hans Christoph Buch (*1944) mischt vier historische Kapitel fast unverbunden mit zwei kürzeren Kapiteln Reisetagebuch aus 2012, insgesamt nur rund 123 Seiten. Die historischen Kapitel über Ada und Emil Nolde sowie „Queen Emma“ sind fiktionalisierte Biografie – Details könnten erfunden sein, aber man weiß…
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Buchkritik: Bangkok Days, von Lawrence Osborne (2009) – 4 Sterne
Das Bangkok-Buch beginnt mit fast vorhersehbaren Themen: Alte weiße Männer in schäbigen Wohnklitschen und Klamotten – „in baggy pants, a crinkled shirt… espadrilles“… „undescribably shabby and old now“… „paunchy and mottled“ (während wir von Autor Lawrence Osborne nur Dandy-Fotos im Anzug kennen); dazu Bars und eine Prostituierte für mehrere Nachbarn. Sie ist eine der ganz wenigen Thais im Buch mit Persönlichkeit. Die anderen Einheimischen haben Kurzauftritte als Kellner, Krankenschwester, Vermieterin oder berechnende Loverin – vor allem aber portraitiert Osborne alte weiße Männer. Einmal fällt der Ausdruck „Thailand as a place of exile“, und das hätte besser als Buchtitel gepasst, mit dem Zusatz „für stillose alte weiße Männer“. Es wundert nicht,…
- Buch, Frankreich, Gut, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Italien, Lustig, Mediterran, Reise, Reisebuch, Sachbuch, USA
Kritik Reise-Wein-Buch: The Accidental Connoisseur, von Lawrence Osborne (2004) – 7 Sterne
In Italien, USA und Frankreich tafelt, bechert und palavert Lawrence Osborne mit Star-Winzern, aber auch mit weniger bekannten Bauern und Landwirten, die nebenher eigene Tropfen keltern, sowie mit ein paar Beratern und Importeuren. Gastronomen oder Endverbraucher kommen kaum zu Wort (Osborne sieht sich selbst als weniger erfahrener Endverbraucher). Portugal, Deutschland, Österreich, Südafrika, Chile, Argentinien, Neuseeland oder Australien figurieren nicht (auch nicht Spanien mit dem nach dem Autor benannten Osborne-Sherry, immerhin auch eine Art Wein). Nebenher vermittelt der Autor plaudernd Grundkenntnisse über Anbaumethoden oder Geschmacksrichtungen, vor allem über die Unterschiede zwischen europäischen, amerikanischen und australischen Weinen und Geschmäckern und wie man „Terroir“ festmachen kann. Ausführlich redet Osborne zudem über das sich…
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Kritik Reise-Trink-Buch: The Wet and the Dry. A Drinker’s Journey, von Lawrence Osborne (2013) – 5 Sterne
Lawrence Osborne erforscht in einer Reise, wie man in islamischen Ländern Alkohol anbaut und trinkt, u.a. im Libanon, in Pakistan, Abu Dhabi, Dubai und im Oman. Osborne pflegt einen schnöseligen, pseudokultivierten Ton, als ob er alles aus größter, mild amüsierter Distanz betrachte. Auf Goodreads erhielt das Buch maue 3,4 von 5 möglichen Lesersternen (Stand Juni 2019). Die New York Times lobte es. Gelegentlich betont Osborne seine eigene Trunkenheit bis hin zum Zittern und zu tagelangen Nachwehen. Während er Italiener und Franzosen gleich auf den ersten Seiten dafür lobt, dass sie nur aus Genuss trinken und sich nicht zudröhnen, sucht Osborne gern das Delirium. Immer wieder stellt er sich selbst als…
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Rezension: Gebrauchsanweisung für Kuba, von Jürgen Schaefer (2016) – 6 Sterne
Das luftig-dünne Bändchen hat kein Stichwortregister und reserviert eine Viertelseite für eine Schwarzweiß-Landkarte. Keine Fotos. Es gibt zwei Kapitel unmittelbar zu Havanna, sonst keine regional ausgerichteten Kapitel, sondern Themen wie Oldtimer, Gesundheitssystem, Natur, Familienstruktur, Fidel Castro, Landwirtschaft, Aberglauben. Keine Kapitel jedoch zu Musik, Flüchtlingen und Rückkehrern, Rassenmix, Essen und Trinken (dass Schaefer lieber Bier als Rum pichelt, wird implizit deutlich) (ich hatte die 2016er-Ausgabe, hier ist Raúl Castro Regierungschef) (Musik und Rum sind wichtige Themen des Sammelbands Kuba fürs Handgepäck). Zwar liefert Jürgen Schaefers Gebrauchsanweisung für Kuba jede Menge interessante Fakten und Hintergründe, auch ein paar knappe Begegnungen, und ein paar mal wird’s richtig lustig – bei den Erfahrungen mit…
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Rezension: Trading with the Enemy, A Yankee Travels through Castro’s Cuba, von Tom Miller (1992) – 7 Sterne
Tom Miller schreibt souverän, lässig, hoch-informiert und oft so gut konsumierbar wie ein perfekt gemixter Cocktail mit allerbesten Ingredienzien. Der US-Topjournalist Miller ist belesen, beobachtet genau, kredenzt markante Dialoge, trifft Hochrangige, Intellektuelle, TV-Köchinnen und (knapper) kleine Leute, serviert Erwartbares und Überraschungen. Wie es sich für seine Branche gehört, referiert Tom Miller sein Wissen nicht einfach; er lässt sich die Landeskunde von Wissenschaftlern, Politikern, Künstlern oder Bauern erzählen, und die Begegnungen gehören mit zum Text (anders als etwa in Schaefers Gebrauchsanweisung für Kuba). Seinen kubanischen Kontakten bringt Miller viel Sympathie entgegen, deren teils haarsträubende Unterdrückung schildert er nüchtern unkommentiert. Teils klingt er reichlich blauäugig und vertrauensselig, teils ist er zu romantisch.…
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Rezension: Kulturschock Cuba (2016, von Jens Sobisch) – 7 Sterne
In dichter Fülle auf kleinem Raum liefert Jens Sobisch reihenweise interessante Fakten aus dem Alltagskuba, die nicht im Reiseführer stehen – idealer Reiseführer durch die Alltagskultur, insgesamt als Kuba-Dossier vor einer Reise deutlich besser als Kuba fürs Handgepäck und Gebrauchsanweisung für Kuba. Ich hatte die Ausgabe 2016, deren genaue, vierseitige Zeittafel mit Obamas Havanna-Besuch im März 2016 endet. Sobisch textet, wie ihm der Schnabel wuchs, gelegentlich holprig, verzichtet aber auf Klischees oder Passivierungs- und Substantivierungsorgien. Mitunter klingt er abgedroschen salopp („Klamotten“ für Kleidung; „Wortschmied“ für Hemingway), mitunter fidel launig: „Dass Cubaner Kinder lieben, ist eine groteske Untertreibung!“, S. 20; „Soja…galt als nutritive Allzweckwaffe: Sojalismus im Sozialismus“, S. 182. So knackig…
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Rezension: Kuba fürs Handgepäck (2015, Hg. Eva Karnofsky) – 5 Sterne
16 kurze Kuba-Texte von ebenso vielen kubanischen oder überwiegend deutschen Autoren – also ein heterogenes Buch. Meine Ausgabe stammt von 2015, doch die einzelnen Texte haben teils zehn oder 30 Jahre auf dem Buckel – schlecht bei den vielen kubanischen Wandlungen gerade seit 2011. Ein historischer Text über die gewalttätigen Spanier ist grob 500 Jahre alt. Nicht nur die Autorenschar ist heterogen, auch die Textsorten variieren – von zwei bis 20 Seiten lang, von belletristisch bis zu Reportage und historischem Dokument, mal witzig, mal ernst. Sogar einzelne Texte sind in sich unrund: So schreibt Jeanette Erazo Heufelder unter der vom Unionsverlag neu hingeschmalzten Überschrift „La Habana – Wie ein Diamant…
- Asien, Buch, Gut, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Iran, Reise, Reisebuch, Sachbuch, Südostasien
Rezension Länder-Bericht: Jenseits des Glaubens: Eine Reise in den anderen Islam, von V.S. Naipaul (1998, engl. Beyond Belief, sein 2. Islam-Buch) – 8 Sterne
V.S. Naipaul liefert hier lange Portraits aus vier Ländern, die sich einst – fern von Arabien – dem Islam zuwandten: aus Indonesien, Iran, Pakistan und Malaysia. In diesem Buch von 1998 wiederholt er eine frühere Reise, die er bereits 1981 in dem Band Eine islamische Reise: Unter den Gläubigen (engl. Among the The Believers: An Islamic Journey) beschrieben hatte. [fsg_gallery id=“17″] Schreibstil wie ein Präzisionsuhrwerk: Naipaul (1932 – 2018) schreibt sehr knapp, sehr präzise und deshalb sehr schön und bewundernswert – eine Sprache wie ein perfektes, kompliziertes mechanisches Uhrwerk (ich hatte die englische Ausgabe, Beyond Belief, erschienen 1998; dt. Titel Jenseits des Glaubens). Ein, zwei Sätze reichen Naipaul, um ein…
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Rezension: Gebrauchsanweisung für Istanbul, von Kai Strittmatter (2014) – 7 Sterne
Kai Strittmatter findet Istanbul und die Türkei total toll, und das erklärt er hier fast aufdringlich enthusiastisch. Aber auch sehr informativ und leicht lesbar: Bei aller Humoristik („Mehr noch als mit dem Krummsäbel ist der Türke nämlich mit dem Siruplöffel in der Hand geboren“, S. 67) produziert Strittmatter keine heiße Luft, sondern Fakten, Fakten, Fakten und immer neue, reizvolle Erkenntnisse. Zwar ist die Kapitelfolge völlig unsystematisch und feuilletonistisch unverständlich überschrieben. Gleichwohl: In hochtourigem, launigem Plauderton kredenzt SZ-Korrespondent Strittmatter jede Menge Hintergründe, Historisches und reizvolle Einblicke in die Landessprache: scheinbar willkürlich, aber doch gut aufgereiht. Das rauscht so unterhaltsam vorbei – man merkt kaum, wie man doch prächtig belehrt wird (ich…
- Annehmbar, Auswandern, Buch, Frankreich, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Mediterran, Reise, Reisebuch, Sachbuch
Rezension: Gebrauchsanweisung für Südfrankreich, von Birgit Vanderbeke (2002, 2011) – 5 Sterne
Birgit Vanderbeke lebt in Südfrankreich, einige ihrer vergnüglichen Romane spielen dort und vermitteln gute Eindrücke vom Landleben. Ihre „Gebrauchsanweisung für Südfrankreich“ klingt jedoch wortreich, geschwätzig, betulich, bei gleichwohl leicht konsumierbarem Plauderton. Immer wieder konstruiert Birgit Vanderbeke hypothetische Reisesituationen mit einem männlichen Leser, der mit „Sie“ angeredet wird. Sie deutet ihre eigenen Südfrankreich-Erlebnisse mehrfach kurz an, schildert dann aber lieber erfundene Begegnungen – eine sehr unglückliche Wahl (ich hatte die 2. Auflage von 2002; die Ende 2017 aktuellste Auflage stammt offenbar von 2011). Viel zu viel redet Vanderbeke von Essen und Kochen. Aufdringlich stellt Vanderbeke die Überlegenheit der südfranzösischen Lebensart heraus – nicht nur gegenüber Deutschland, auch gegenüber Paris. Darum ist…
- Asien, Buch, Gut, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Lustig, Reise, Reisebuch, Sachbuch, Südostasien
Rezension Reisebuch: Indonesien und so weiter, von Elizabeth Pisani (2014, engl. Indonesia etc.) – 8 Sterne – mit Presse-Links
Fazit: Wenn auch nicht ganz homogen, so doch ebenso unterhaltsam wie informativ: dies ist eins der besten Hot Country-Bücher, die ich kenne. Pisani schreibt warmherzig, intelligent und witzig ohne Schmalz und Verklärung, dabei mit verblüffenden Ausdrücken und Vergleichen (ich kenne nur das englische Original und kann die Eindeutschung nicht beurteilen). Statistisches und Geschichtliches mit Tiefgang flicht Pisani mühelos ein. Mittendrin statt nur da: Pisani besucht überwiegend abgelegenste Inselchen oder weniger bekannte Orte auf Sumatra oder Papua. Sie spricht wohl perfekt Indonesisch und übernachtet fast immer bei Privatleuten – Bauern, Lehrern usw. Pisani vermeidet jegliche Touristenziele: Bali, Jogjakarta, Bandung, Toba-See, Vulkangipfel oder Nationalparks erscheinen praktisch gar nicht, außerdem erfährt man nichts…
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Rezension: Die Stimmen von Marrakesch, von Elias Canetti (Reisebericht 1967) – 7 Sterne
Canetti war 1954 in Marokko; er beginnt mit der Niederschrift jedoch erst in England, nach Rückkehr aus Nordafrika; das Buch erscheint erst 1967. So kann Canetti die Dinge einordnen und zusammenfassen – zum Beispiel schildert er in einem Kapitel drei verschiedene Begegnungen mit Kamelen. Dieses Prinzip vermeidet atemlose Unmittelbarkeit und produziert reflektiertere Texte. Sie wirkt theoretisch auch weniger lebendig, weil dem Erzähler kleine Details entfallen sein könnten. Und so beginnt das Buch auch mit einigen stark verallgemeinernden, wenig Reportage-artigen Kapiteln über Suks oder Bettler. Doch dann schildert Canetti auch einfühlsam und prägnant Begegnungen mit Einheimischen, schreibt markante Dialoge. Amazon-Werbelinks: Ganz Afrika | Südafrika | Kenia | Marokko Der Eindruck einer…
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Rezension: In der Südsee/In the South Seas, von Robert Louis Stevenson
Robert Louis Stevenson (1850 – 1894; Dr. Jekyll and Mr. Hyde; Die Schatzinsel) verbrachte mehrere Jahre in der Südsee und lernte auf ausgedehnten Reisen zahlreiche Inseln kennen. In der Südsee/In the South Seas sammelt seine Reiseberichte aus dieser Region – also nicht die fiktiven Erzählungen, die sich zum Beispiel im Buch South Sea Tales finden. Im Vorwort meines englischen Penguin-Taschenbuchs schildert Neil Rennie ausführlich die komplizierte Entstehung der Geschichten: Robert Louis Stevenson wollte ein historisch-anthropologisch-naturwissenschaftliches Allgemeinwerk schaffen; dagegen drängten seine Frau Fanny und sein englischer Freund und Agent Colvin auf persönliche Reiseerlebnisse nach Art früherer Stevenson-Bücher. Mehrfach umgearbeitet: Zudem erschienen die Texte erst als Kurzbeiträge („Letters“) in Zeitungen und wurden…
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Kritik US-Reisebuch: Deep South, von Paul Theroux (2015) – 7 Sterne – mit Presse-Links
Paul Theroux reist 2012 und 2013 mehrfach länger durch die US-Südstaaten, so dass er in Deep South auf 440 Seiten über alle vier Jahreszeiten berichten kann. Theroux schreibt äußerst flüssig und lesbar (ich hatte die englische Ausgabe). Er besucht fast nur Kleinstädte und fast ausschließlich kleine Leute und Mittelschichtangehörige – häufig Pastoren und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen, die ihn gelegentlich an echte Hartzer vermitteln, mehr Weiße als Schwarze. Dabei reist Theroux in einer Hinsicht wie ich, „more interested in conversation than sightseeing“ (S. 434). Er schreibt nicht über Sehenswürdigkeiten, liefert keine Touristentipps. Einige Plätze besucht Paul Theroux wiederholt, auf unterschiedlichen Reisen, und keiner ist so richtig markant. Dazwischen beschreibt Theroux gelegentlich…
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Kritik Monografie: A Turn in the South, von V.S. Naipaul (1989) – 7 Sterne – mit Presse-Links
V.S. Naipaul redet in den US-Südstaaten mit Politikern, Bürokraten, Autoren (u.a. Anne Rivers Siddons, Eudora Welty), mit Juristen, Geistlichen, seltener mit Arbeitern oder Bauern, und er berichtet nachdenklich von seinen Gesprächen. Keiner gibt Interviews so interessant wieder wie Naipaul – gut zuhörend, scheinbar neutral, intelligent, aber doch mit eigenen Gedanken und Interpretationen. Naipaul (1932 – 2018) geht ohne vorgefasste Erwartungen in die Begegnungen: On this kind of journey one doesn’t know what one wants from a man until one has spoken to him. Und so entsteht ein wunderbar klischeefreies Buch: O-Ton gibt Naipaul weitgehend in Oxford-Englisch wieder, nicht im Dialekt, auch wenn er gelegentlich Schwierigkeiten mit dem Dialekt erwähnt und…
- Afrika, Annehmbar, Biographie, Buch, England, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Reise, Reisebuch, Sachbuch
Rezension Entdecker-Biografie: Die Liebenden auf dem Nil, engl. Lovers on the Nile, von Richard Hall (1980, über Samuel und Florence Baker) – 6 Sterne
Die Biografie schildert Samuel Bakers (1821 – 1893) strapaziöse Suche nach den Nilquellen ab 1861 und seine späteren wichtigen Aufenthalte in Ägypten und im Sudan. Bakers Unternehmung erinnert an die Nilsucher David Livingstone, Henry Morton Stanley und Richard Francis Burton etwa zur gleichen Zeit. Ungewöhnlich dabei, dass Florence Baker ihren Mann nach Zentralfrika begleitetete und mit ihm zurückkehrte. Weiße Frauen kamen sonst kaum auf den schwarzen Kontinent: Livingstones Frau starb früh in Afrika; Stanley, Speke, Grant und Burton reisten ohne Partnerin; nur Katie Petherick, Frau des englischen Konsuls in Karthum, spielt fast in einer Liga mit Florence Baker (die beim Kämmen ihrer langen blonden Haare von hunderten Afrikanern fasziniert beobachtet…
- Asien, Belletristik, Buch, Gut, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Indien, Interkulturell, Kurzgeschichten, Reise, Reisebuch, Sachbuch
Rezension Geschichten-Sammlung: India in Mind, Hg. Pankaj Mishra (2005) – 7 Sterne
Auf 330 Seiten erscheinen 25 kurze Textauszüge von Europäern oder Amerikanern, die etwa zwischen 1895 und 1997 über Indien schrieben. Die acht bis gut 20 Seiten langen Exzerpte umfassen Fiktion und Sachbuch, Roman, Kurzgeschichte, Lebens- und Reisebericht. Bekannte Namen: Die Anthologie gibt die bekanntesten Indien-Autoren wider, so Rudyard Kipling, E.M. Forster, Hermann Hesse und V.S. Naipaul. Andere prominente Namen verbindet man vielleicht mit heißen Ländern, aber nicht auf Anhieb mit Indien: Mark Twain, Gore Vidal, Pier Paolo Pasolini, Octavio Paz, Claude Lévi-Strauss, Paul Bowles, Allen Ginsberg, George Orwell, André Malraux und W. Somerset Maugham. Dazu kommen etablierte Reiseautoren wie Pico Iyer, Robyn Davidson, Bruce Chatwin, Peter Mathiessen und Paul Theroux.…
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Rezension Reportage-Buch: India: The Road Ahead bzw. Non-Stop India, von Mark Tully (2011) – 7 Sterne
Mark Tully, einst BBC-Mann in Delhi und immer noch der bekannteste Indien-Sachbuchautor, schreibt hier über Politik und Wirtschaft: Naxalites, Unberührbare, Korruption, Landwirtschaft, religiöse Spannungen, Unternehmertum. Thematisch etwas heraus fallen Kapitel über indische Sprachen und indische Tiger. Die zehn Kapitel haben je 20 bis 30 Seiten und lesen sich stets wie eigenständige Reportagen. Sie bestehen immer aus drei Komponenten: Allgemeine Erklärungen, Besuche bei Professoren, Besuche vor Ort und Gespräche mit Aktivisten und Journalisten, seltener mit Arbeitern, Schülern oder anderen kleinen Leuten. Die Beispiele stammen großteils aus Nord- und Mittelindien; einmal geht es nach Mumbai, einmal nach Tamil Nadu. Fazit: Tully liefert spannende Informationen leicht lesbar vor allem über die indische Politik…
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Rezension Reisebericht: Butter Chicken in Ludhiana – Travels in Small Town India, von Pankaj Mishra (1995) – 5 Sterne
1995 reist Pankaj Mishra einen Winter lang durch kleinere, oft weniger bekannte indische Städte vor allem in Rajasthan, Uttar Pradesh, Bihar, West-Bengal und den drei südlichsten indischen Staaten. Zu der Zeit war Mishra (*1969) Student in Indien; er hatte noch nicht im Westen gelebt, aber Unmengen hoher westlicher Literatur verschlungen. Fazit: Mishra bringt zeitweise feine Beobachtungen und pointierte Dialoge, ist meist flüssig lesbar. Er spekuliert jedoch auch zeilenlang, statt Tatsachen niederzuschreiben. Unsympathische und eitle Figuren schildert er zu ausführlich, um sie bloßzustellen. Immer wieder beklagt Mishra Dreck, Lärm und Egoismus in Nordindien und speziell in seinen Herbergen. Auf allgemeine Regionalkunde verzichtet Mishra weitgehend: Man erfährt wenig von den Besonderheiten der…
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Rezension Länder-Buch-Bericht: Finding George Orwell in Burma, von Emma Larkin (2005) – 9 Sterne
Emma Larkin berichtet über eine Myanmar-Reise auf den Spuren von George Orwell, der dort in den 1920er Jahren Kolonialdienst tat und dann den lesenswerten Roman Tage in Burma schrieb. Larkin erzählt packend von vergangenen und heutigen Zeiten. Selten habe ich einen Länderbericht gelesen, der so sensibel so informativ und lebendig so flüssig, gut lesbar geschrieben ist. Finding George Orwell in Burma hat mehrere große Grundthemen: die Kolonialisierung Burmas seit dem frühen 19. Jahrhundert George Orwells Zeit in Burma (heute Myanmar) 1922 – 1927 Bezüge zwischen den Orwell-Büchern Burmese Days, Animal Farm und 1984 einerseits und Burma andererseits Burma/Myanmar als Polizeistaat seit den 1960er Jahren, samt Bezügen zu Nazideutschland und DDR…
- Afrika, Buch, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Lustig, Nigeria, Reise, Reisebuch, Sachbuch, Senegal
Reise-Bericht: Der Traum von Afrika: Eine Frau, ein Fahrrad – die Freiheit, von Pamela Watson (1999) – 8 Sterne
Ein lebendiges, spannendes, mitreißendes Reisebuch – und dabei lustig und voll Selbstironie. Die Autorin steht zu ihren Widersprüchen und Fehlern, beschönigt nichts (soweit erkennbar). Haarsträubendes Verhalten: Ein paarmal verhält sich Watson auf ihrer Reise, die 1992 begann, denkbar bescheuert: Sie radelt unbefestigte Bergstrecken in der Regenzeit. Im muslimisch-strikten Mali steigt sie im Badeanzug in einen Fluss, wundert sich dann über Gaffer mit Flinte und streitet noch mit ihrem Publikum.Mehrfach keift sie strenge örtliche Militärs an. Watson schildert die Ausbrüche auch, um ihren überreizten Zustand zu illustrieren. Als besonders anstrengend empfindet Watson Nigeria – und in diesem Land arbeitete sie offenbar später zehn Jahre lang, auch als Honorarkonsulin für ihr Heimatland…
- Asien, Buch, Gut, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Iran, Reise, Reisebuch, Sachbuch, Südostasien
Rezension Länder-Bericht: Eine islamische Reise: Unter den Gläubigen, von V.S. Naipaul (1981, engl. Among the Believers: An Islamic Journey, sein 1. Islam-Buch) – 8 Sterne
1979 reist V.S. Naipaul durch vier muslimische Länder, die nicht direkt an Saudi-Arabien grenzen und den Islam erst mit Verzögerung und eventuell unter Zwang annahmen: Iran, Pakistan, Malaysia und Indonesien. In jedem Land spricht Naipaul mit Klerikern, Zeitungsmachern, Lehrern, Macht- und Privatmenschen über ihren Glauben und dessen Auswirkungen auf den Alltag. Diskussionen und viele Reisen: Zu jedem Land schreibt Naipaul (1932 – 2018) rund 80 bis 120 Seiten. Zum großen Teil schildert er seine Gespräche. Deutlich weniger Platz belegen historische Abschnitte und reine Reiseschilderungen – das Wetter, schwierige Straßen, unpünktliche Taxifahrer und immer wieder verstörender Schmutz bis hin zu Nasebohren. Auf Amazon: V.S. Naipaul Die Reiseumstände beschreibt Naipaul meist lesenswert,…
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Rezension Bilder-Buch: Kapverden (2008) – 7 Sterne
Schlichter Bildband über die Kapverden mit ein paar Texten ohne große Ansprüche, auch nicht ans Budget (Text Ingrid Kirschey, Fotos Attila Bertalan). Bei dem Preis kann man kaum meckern: nicht über die gestalterisch und drucktechnisch völlig anspruchslose Fotografie; nicht über den Mangel an konkreten Reisetipps (Essen, Verbindungen); nicht über die erkenntnisfreien Gemeinplätze in Bildtexten („Nicht reich, aber glücklich. Zwei junge Bauernmädchen …“ „Der Markt ist ein Ort des Handels und der Kommunikation…“). Dafür eignet sich das Buch: Immerhin, für den Preis eines Reisemagazins gibt es ein Buch mit 160 A4-großen Farbseiten (in niedriger Druckqualität). Die Fotos und Texte geben eine erste Orientierung über eine kaum bekannte Gegend; hochgezüchtete Ästhetik und…
- Auswandern, Buch, Gut, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Italien, Lustig, Mediterran, Reise, Reisebuch, Sachbuch
Buchkritik Italien-Auswanderer: Die Oliven von San Pietro, ein italienisches Abenteuer, von Annie Hawes (2003, 1. Teil der Trilogie, engl. Extra Virgin) – 7 Sterne
Ich habe oft und laut gelacht. Und ich habe einiges gelernt: Italienisch, Ligurisch, Mentalität, Küche, Landwirtschaft. Ich konnte das Buch zeitweise kaum weglegen. Fragwürdiger Ton: Annie Hawes schreibt mit hochtouriger, deftiger und übertrieben wortreicher Ironie. Das ist unterhaltsam; man hat aber auch das Gefühl, dass sie dabei ihre italienischen Nachbarn verrät. So sah Hawes es wohl auch selbst, denn zumindest bei Erscheinen des Buchs 2001 (englischer Titel Extra Virgin – Amongst the Olive Groves of Liguria) wollte sie laut einem Observer-Bericht bewusst keine italienische Ausgabe zulassen (und die Namen wurden offenbar außer bei Ihrer Schwester nicht geändert). Mitunter klingt der Ton schon verächtlich, und manche Dinge werden zu oft wiederholt,…
- Afrika, Annehmbar, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Reise, Reisebuch, Sachbuch
Historischer Afrika-Reisebericht: Travels in West Africa, von Mary H. Kingsley (1897) – 6 Sterne
Kingsley schreibt resolut, kurzweilig und mit sehr viel trockenem Humor. Am liebsten spottet sie über sich selbst: wie sie ins Wasser fiel, durch ein Dach fiel, Leoparden, Nilpferde und Krokodile in die Flucht schlug – jedes Ereignis amüsiert sie scheinbar. Allerdings wählt Mary Kingsley oft nicht die Themen, die mich interessieren – Begegnungen mit den Menschen in Westafrika. Sie schreibt lieber seitenweise über technische Details ihrer Kanu- und Dampferfahrten, übers Krabbenfangen und immer aufs Neue über schwierige Dschungelpfade und ausgedehnte Bootsfahrten. Von weißen Missionaren und Handelsvertretern hören wir meist, dass sie reizend und hilfsbereit sind. Amazon-Werbelinks: Ganz Afrika | Südafrika | Kenia | Marokko Licht und Schatten: Es gibt kaum…
- Afrika, Annehmbar, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Reise, Reisebuch, Sachbuch
Meta-Reisebericht aus Afrika: One Dry Season: In the Footsteps of Mary Kingsley, von Caroline Alexander (1990) – 6 Sterne
Alexander befasst sich wohlgemerkt nur mit dem Gabon-Teil von Mary Kingsleys Reisen; sie verbrachte eine Trockenzeit im Land. Kamerun, Sierra Leone oder Südafrika tauchen im Buch nur en passant auf. Alexander gräbt sich teils tief in Kingsleys Bericht ein, spekuliert seitenlang (zu lang) über Reise-Details und geographische Zusammenhänge. Dann wieder reist sie, wie sie selbst sagt, auf eigene Faust ohne Orientierung am Kingsley-Buch; so entsteht über Kapitel hin ein schlichter Reisebericht über Gabon 1989. Zu breit schildert Alexander auch den üblichen Frust – organisatorische Schwierigkeiten, miserablen Restaurantservice, das kennt man alles ad nauseam. Amazon-Werbelinks: Ganz Afrika | Südafrika | Kenia | Marokko Nicht so richtig spannend: One Dry Season hebt…
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Eisenbahn-Weltreise: Ghost Train to the Eastern Star, von Paul Theroux (2008) – 6 Sterne
Eine Zugreise 2006 von London nach Tokio und zurück – mit einigen längeren Flug-Abschnitten dazwischen. 1973 war Paul Theroux eine ähnliche Strecke gereist und sein Buch darüber, Basar auf Schienen, engl. The Great Railway Bazaar von 1975, wurde ein großer Erfolg. Lange Strecke: Dem Basar auf Schienen schickte Theroux weitere Eisenbahnbücher hinterher, unter anderem über China und Südamerika, bis er schließlich hier in Ghost Train to the Eastern Star die Railway-Bazaar-Route neu abreiste. Dieses Nachfolge-Buch erschien 2008; diesmal fehlen unter anderem Iran, Afghanistan, Pakistan, dafür gibt es neu Georgien, Turkmenistan, Kambodscha, Nordvietnam, einen Landgang in Sibirien). Der Vorgänger, Basar auf Schienen, lebt nicht von Ortsbeschreibungen und Landeskunde, sondern von den…
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Rezension Eisenbahn-Weltreise: Basar auf Schienen: Eine Reise um die halbe Welt, von Paul Theroux (1975, engl. The Great Railway Bazaar) – 6 Sterne
Paul Theroux reist per Zug von England nach Japan und zurück. Und noch vor Seite 30, noch vor Istanbul, haben wir schon zwei Männer beim Urinieren erlebt, einen aus nächster Nähe im Schlafwagen. Auch sonst trifft Paul Theroux auf seiner Zugreise London-Tokio-London viele Banausen: Jugoslawen sind „Jugs“ (engl. für Krüge), die an Bahngleisen hocken; Türken haben zu viele Haare und Kinder und zudem Kleidung von 1938, dem Todesjahr Atatürks; schlimmer noch die Hippies aus England und Deutschland, die Theroux mit Affen und Gorillas vergleicht; den Tiefpunkt auf der Schiene bieten für Theroux stets australische Backpacker; von den Japanern erwähnt er „their little feet…, their little heads, like flawed clockwork toys“…
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Afrika-Reisebuch: Dark Star Safari, von Paul Theroux (2002) – 6 Sterne
Das hat mir gefallen: Auf den ersten Seiten eine Afrika-Zusammenfassung, die sehr dicht wirkt und genau meine Erfahrungen widerspiegelt (obwohl meine Afrika-Reisen nicht in die Länder aus Dark Star Safari führten) schöne Begegnungen u.a. in wenig bekannten Gegenden des Sudan und Äthiopiens Treffen mit Nahgib Mahfous (sehr orientalisch) und Nadime Gordimer an den Anfangs- und Endpunkten der Reise überwiegend sehr untouristische Ziele und Reisemittel, keine Parallelen zu Geo Saison oder Abenteuer & Reisen (mit störenden Ausnahmen in Ägypten und Südafrika) Diese Punkte überzeugen weniger: gelegentlicher billiger Spott etwa über die US-Regierung, über „wealthy people too lazy to read“, über Ausländer-Englisch und immer wieder über die Mitarbeiter von Hilfsorganisationen; hier vermisst…
- Annehmbar, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Reise, Reisebuch, Sachbuch
Karibik-Reise-Bericht: The Middle Passage, von V.S. Naipaul (1962, dt. Auf der Sklavenroute) – 6 Sterne
1960 reist V.S. Naipaul fast sieben Monate lang durch fünf Karibik-Staaten. Alle haben gemischtrassige Bevölkerung mit Wurzeln in Afrika, Indien und Europa, sind von Kolonialherrschaft und Sklaverei geprägt, stehen mit einer Ausnahme vor dem Übergang in die Unabhängigkeit – ideale Naipaul-Themen. Um diese Länder geht es: Trinidad & Tobago, britische Kolonie bis 1962, ca 50 Seiten Britisch Guyana oder einfach Guyana, britische Kolonie bis 1966, ca. 85 Seiten inklusive einem Ausflug nach Brasilien Surinam, wie Britisch Guyana auf dem südamerikanischen Festland, niederländische Kolonie bis 1975, ca. 29 Seiten Martinique, bis heute französisches Überseedepartment, ca. 19 Seiten Jamaika, britische Kolonie bis 1962, ca 24 Seiten inkl. Aufenthalt auf Antigua Kritische Töne:…