Kritik Biografie: The Colonel: The Extraordinary Story of Colonel Tom Parker and Elvis Presley, von Alanna Nash (2003) – 7 Sterne

Alanna Nash arbeitet gut heraus, wie Elvis-Manager “Colonel Tom Parker” schon als Kind fürs Showgeschäft schwärmte: Er präsentierte verbotswidrig Kunststückchen im Pferdestall des Vaters, jobbte bei Zirkus und Varietees. Seine ersten Musiker vermarktete Parker bei Wohltätigkeitskonzerten zugunsten des Tierheims, das er leitete.

Colonel Parker  (1909 – 1997) traf erst Ende 1954 auf Elvis Presley (1935 – 1977). Darum bespricht Nash auf den ersten 117, engbedruckten Seiten andere Aktivitäten – zunächst Parkers Kindheit in den Niederlanden, dann Kirmes- und Zirkus-Arbeit in den USA, schließlich Tour-Manager von Countrymusikern. Auf Seite 308 von 342 Seiten Haupttext ist der Sänger tot. Obwohl Parker ihn um viele Jahre überlebte, gibt Nash nun die Chronologie auf; wir hören – wie bei geldigen Künstlern üblich – von Nachlassstreit, dann von Parkers Spielsucht und Verfall.

Den endlosen Reigen längst verflossener Countryjauler in den frühen Kapiteln hier überblickte ich nicht immer. Nash – die auch Bücher über Presley und andere Akteure schrieb – hat die Fakten- und Namenflut vielleicht nicht perfekt im Griff. Das gilt auch später für Parkers Zeit mit Elvis und unzähligen Geschäftskontakten in der Musik-, Film- und Veranstaltungsbranche.

Laut Buch traf Nash Parker dreimal seit 1992, sie zeigt sich auch auf einem Foto mit ihm. Sie berichtet aber nicht, wie die Begegnungen mit Parker verliefen. Ihre Recherchen dauerten sechs Jahre, sie präsentiert meterlange Danksagungen und Quellenangaben.

Offene Fragen:

Alanna Nash (*1950) präsentiert erstaunlich viele Details und sogar Hinterzimmer-Dialoge. Gleichwohl bleiben wiederholt Fragen offen:

Only Andre and Anna know that now… Did Parker truly serve in the U.S. Army?… lost to the blur of time… Or did they?… will always be one of the unanswerable questions …

Stets liefert Nashs Biografie mögliche Antworten, aber es bleibt Spekulation – insonderheit der niederländische Mordfall, in den Parker verwickelt sein könnte.

Parker schirmte Elvis Presley drastisch von allen Geschäftsvorgängen ab, offenbar einvernehmlich. Presley als Akteur erscheint kaum im Buch;  manchmal fragt man sich, war Presley wirklich eine solch hilfloser Tanzbär, von Parker am Nasenring durch die Manege gezerrt (oder ob die Autorin erwartet, dass wir auch ihre zwei Elvis-Bücher lesen). Laut Alanna Nash war Presley

isolated from the business dealings, both by choice and by his manager’s design… Presley was completely unconcerned… yet he remained subservient…

Erst Presleys Niedergang mit Tablettensucht, die verkorksten Konzerte und schließlich seinem Tod schildert Nash ausführlich, hier erscheint Parker seitenlang gar nicht und man wähnt sich in einer Elvis-Biografie.

Offenkundig pathologisch:

Wer sympathische Hauptfiguren benötigt, wird mit Colonel Parker nicht glücklich – Nash schildert ihn so abschreckend wie möglich:

… his deep-seated need to control, subjugate, and bully… he never got past his need to boast of his accomplishments, of his relationships with famous people… sold sparrows he painted yellow and passed off as canaries… habit of seeing how much he could get for as little as he could give … treacherous… obviously pathological in his business dealings… He would have to needle them, bully them, and prove his superiority with whatever means necessary, including chicanery, deceit, and cunning… churlish and abrasive… the Colonel’s need to diminish and degrade – to terrorize grown men all around him—also served to intimidate them into submission… as heady with power as any despotic dictator… a bloodhound when it came to smelling out human weakness… unconscionable manager… skewed moral center

Stil:

Alanna Nash rührt die Chronologie gelegentlich zu stark durcheinander: So bringt das erste Vorwort Elvis’ Tod, das zweite Vorwort Parkers Tod, dann geht’s zurück zu Parkers Eltern in die Niederlande, mit gelegentlichen kurzen Sprüngen nach vorn.

Mitunter tönt Nash zu melodramatisch, etwa über zwei bereits tote Zeugen eines Mordfalls:

Only Andre and Anna know that now, speaking the truth with no tongue, no mouth, and no throat, nestled in the cool, dark folds of death

Oder hier, über einen Zeitzeugen:

lost today to the ravages of Alzheimer’s disease

Dieser schmalzige Ausdruck kehrt viel später bei einer anderen Figur wieder:

now lost to the ravages of her disease

Freie Assoziation:

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