Oskar Maria Graf erzählt spannend und unidyllisch vom Leben auf dem Dorf mit Versicherungsbetrug, Ausbeutung, Hinterfotzigkeit und kalkuliertem Sex unter Unsympathen. Der Titel “Der harte Handel” passt perfekt zu Atmosphäre, Intrigen und Geschacher im Roman.
Die Figuren werden äußerst lebendig, aber nicht liebenswert. Das Herz erwärmt nichts, zumal die Geschichte gutteils im Winter spielt. Nebenbei lernen wir einiges über Landwirtschaft, Gesetzgebung und Justizvollzug; Graf nahm die Handlung offenbar aus der Zeitung.
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Adjektivselig:
Ironisch kredenzt Oskar Maria Graf (1894 – 1967) derbes Bairisch – schon in der Erzählstimme, und erst recht in der wörtlichen Rede. Graf trägt satirisch auf und suhlt sich in Lokalkolorit, leiert etwa genüsslich
die Weimbertinger, die Freiselfinger, Pfreimdinger und Trostinger
wiederholt herunter.
Schwächen gibt’s auch: So klingen die ersten paar Seiten viel zu beschreibend, die Handlung bleibt aus (und das in einem Fortsetzungsroman für die Zeitung); ich hätte fast aufgegeben. Zudem trägt Graf teils die Adjektive zu dick auf, etwa hier in einem einzigen Absatz:
Der Sepp hob sein stoppelhaariges, hageres Schnurrbartgesicht, prüfte wie witternd die Umgebung und wurde ruhiger. Er sah scharf, immer schärfer auf den Heustadel, dann wieder auf das geduckte, dunkle Haus daneben, und seine etwas hervorgequollenen Glotzaugen wurden ((…)) Ein zerschlissenes Lächeln huschte über seine Züge
Auch in weiteren Passagen grassiert die Beiwörter-Logorrhoe:
In seinem runden, dummguten, flaumbärtigen Gesicht standen zwei seltsam kindliche, große Augen… ((das Pferd)) schnaubte prustend und furzte gottesmächtig… plapperte er mit seiner weiberhellen Stimme, und sein zahnloser Mund… die gierzitternde, fleischige Hand… ein verscheuchter langsamer, linkischer Kerl…
Mitunter erscheinen dabei selten oder nie gehörte Adjektive wie “festschrittig”, “glotzaugert”, “eine so rechtliche Person”, “dorfzu”, “gehügelter Landstrich”, “bitthaft”, “unvermerkt”, “vielzerfaltetes Gesicht”
Warmes Schnaufen:
Eindrucksvoll beschreibt Graf die örtliche Erotik:
Sie spürte das warme Schnaufen vom Sepp und reckte sich leicht. Dabei streifte sie mit ihrer linken Brustseite seinen Oberkörper… Langsam wurden ihre Backen wärmer. Es erschienen zwei rote Flecken drauf, und ihre Brüste preßten sich fester an die Bluse.
Das Nachwort von Bernt Engelmann sagt wenig über den Roman und viel Historisches allgemein.
Assoziation:
- Oskar Maria Grafs Chronik von Flechting zeigt ebenso berechnende Menschen
- Wie bei Lena Christ, v.a. in Madame Bäuerin, geht es um eine “recht a geldige Hochzeiterin” und um “Schmuser” (Vermittler)
- Wie in Lena Christs Rumplhanni geht’s um Erpressung durch vermeintliche Schwangerschaft nach unehelichem Schäferstündchen
- Die Kälte der Figuren erinnert momentweise an Ludwig Thoma
- Hochzeiterinnen, die ordentlich Geld mitbringen sollen, gab’s schon rund hundert Jahre zuvor bei Jane Austen (Miss Morton “with thirty thousands pounds to her fortune”) und nach ihr in Oscar Wildes Ernst sein ist alles
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