Rezension Musik-Doku: 20 Feet from Stardom (2013, über Hintergrundsängerinnen) – mit 2 Videos – 7 Sterne

Die Doku stellt Background-Sängerinnen der Unterhaltungsmusik ins Rampenlicht. Vorgestellt werden weitgehend schwarze Künstlerinnen. In Interviews und in Musikausschnitten zeigen sie jede Menge Energie und Vitalität.

Vor allem schwarze Sängerinnen:

Weiße oder Männer als Hintergrundsänger tauchen kaum auf – es bleibt unklar, ob es keine gibt. Stings weiße Sängerin Jo Lawry erscheint vor allem, um Stings schwarze Sängerin Lisa Fischer zu preisen.

Die Musik im Film ist überwiegend Soul und Rhythm&Blues. Hintergrundsängerinnen von Elvis Presley oder Bruce Springsteen sieht man kaum, auch wenn Springsteen zu den bekanntesten Interviewpartnern im Film zählt. Andere Topstars, die sich über Hintergrundsängerinnen äußern: Ray Charles, Sting, Bette Middler, Stevie Wonder oder Mick Jagger.

Zu den Themen gehören:

  • Bedeutung der Backgroundsängerinnen für die Popmusik
  • die wichtige Rolle des Kirchenchors (viele stammen sogar aus Pastorenfamilien)
  • weiße versus schwarze Sängerinnen (die weißen brauchen für jeden Ton ein Notenblatt)
  • pro und contra Solokarriere (Talent ist nicht alles, auch Ego, Marketing und gute Produzenten entscheiden)
  • gelegentliche Solonummern innerhalb eines Konzerts, in dem man ansonsten im Hintergrund singt
  • Anforderungen an Aussehen und Tanzkunst (einige Frauen sehen hinreißend aus)
  • finanzielle Nöte (Darlene Love musste putzen gehen und hörte dabei ihre eigenen Aufnahmen im Radio; Claudia Lennear wurde Spanischlehrerin)

Aus den 60ern bis 90ern:

Viele Musikausschnitte stammen aus den 60ern bis 90ern, unter anderem von Ray Charles, den Stones, David Bowie und Ike & Tina Turner. Aktuelles Material fehlt komplett. Sting erwähnt die Hintergrundsängerin Lisa Fischer, die bei ihm sehr ausdrucksvolle Soli singt; Fischer übernimmt zudem alle weiblichen Soli bei den Rolling Stones seit 1989 (Video unten).

Zeitweise bekannt war die einstige Backgroundsängerin Darlene Love, die 2011 in die Rock’n’Roll Hall of Fame aufgenommen wurde. Die frühere Hintergrundsängerin und spätere Solo-Künstlerin Sheryl Crow kommt ganz kurz zu Wort, ihr Karriereweg wird aber nicht beleuchtet.

Während Stings Solistin Fischer einen starken Auftritt im Film hat, fehlt völlig Clare Torry, die auf Dark Side of the Moon (Pink Floyd) etwas Ähnliches sang (Wikipedia über Torry). Auch Motown erscheint nur am Rand. Zu den stärker im Film präsenten Sängerinnen zählen noch Judith Hill, Claudia Lennear, Merry Clayton und Táta Vega.

Statement-Stakkato:

Über lange Strecken liefert 20 Feet from Stardom ein Stakkato von Interviewschnipseln, gemischt mit Konzertaufnahmen. Kaum ein Gesprächspartner sagt mehr als zwei Sätze am Stück, kaum ein Musikausschnitt klingt länger als 20 Sekunden. Das wirkt atemlos und kunstfeindlich, hält aber – in Verbindung mit pulsierender Musik und allgemeinem Hochgefühl – die Spannung aufrecht.

Auch sonst verzichtet Regisseur und Musikdoku-Spezialist Morgan Neville  auf gestalterische Linie; mitunter erscheinen überflüssige Archivbilder von Vogelschwärmen oder Großstadtkulissen, die nicht zum gesprochenen Wort passen. Die Einblendungen mit Namen und Karrierestationen der Gesprächspartner erscheinen zu klein und zu kurz. Dafür erhielt Neville den Doku-Oscar 2014.

Assoziationen zu anderen Filmen:

Zur DVD:

Die deutschen Stimmen wurden über die weiterhin hörbaren englischen Stimmen gesprochen, das klingt sehr unruhig. Es gibt auch eine rein englische Tonspur. Untertitel erscheinen nur auf Deutsch – schade.

Außer einem Trailer bietet die DVD keine Extras. Nicht einmal die Titel, die speziell für den Film aufgenommen wurden, gibt es als Einzelstücke ohne Unterbrechung durch Interview-Schnipsel.

Kritiken:

  • 7,4 Publikumssterne bei IMDB (Oktober 2014, 6226 Stimmen, nur Frauen 7,6)
  • Kritikerdurchschnitt 8,1 von zehn bei Rotten Tomatoes (mit Kritikerzitaten)
  • Kritikerdurchschnitt 8,3 von zehn bei Metacritic (mit Kritikerzitaten)

Die englischsprachigen Kritiker äußern sich in ihren Rezensionen meist über Musik und das Musikgeschäft, bewerten jedoch kaum die filmische Qualität. Deutsche Kritiker urteilen insgesamt verhaltener und vermissen Analyse (deutscher Pressespiegel bei Film-Zeit).

New York Times:

“The film is more about spirit than about technique, which is understandable but also perhaps a bit disappointing. The human voice is a mysterious, powerful instrument, and it would be good to learn more about its secrets from those who have mastered them.”

USA Today:

“Massively entertaining and heartfelt… As they reflect on career joys, sacrifices and conflicts, the singers compellingly discuss race, gender, artistry and ambition. “

Rolling Stone:

“Electrifying… You watch. You hear the gospel spoken in the voices of these women. And you marvel”

The Hollywood Reporter:

“A distinct focus on the VH1 and pre-music video eras… Neville unearths a treasure trove of archival TV, concert and film footage featuring many of these vocalists in their heyday, balancing the material with perfectly-lit contemporary studio interviews and performances shot in pristine digital cinematography”

Variety:

“This personality-packed docu is nothing short of absorbing as it recaps the essential role African-American background singers played in shaping the sound of 20th-century pop music… in virtually every minute of its first hour, the film reveals fresh details many might not already know about songs they’ve heard countless times”

Hintergründe: bei Wikipedia, auf der Webseite zum Film, Musikfilme bei HansBlog.de



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