Rezension Untreue-Drama: Was will ich mehr (2010, mit Alba Rohrwacher) – mit Trailer – 7 Sterne

Anna beginnt eine heiße Affäre mit dem verheirateten Domenico. Ihr Freund und Domenicos Familie bleiben lange ahnungslos. Der Film zeigt das Versteckspiel und das Ringen um Perspektiven.

Mängel gleich zu Beginn:

Zwischen den Hauptdarstellern Alba Rohrwacher und Pierfrancesco Favino gibt es kaum Chemie, Domenico bietet Anna wenig Anziehendes, außerdem verhalten sie sich unrealistisch unvernünftig mit verdächtigen Telefonaten und Abwesenheiten.

Darum hätte ich den Film fast nach 15 Minuten abgebrochen.

Doch ich konnte nicht: Was will ich mehr erzeugt schnell eine ungute Spannung, die nie nachlässt, ich wollte den Ausgang des Liebe-Versteck-Dreieck-Dramas erfahren und habe schließlich gern volle 126 Minuten ausgehalten. Die sehr unruhige (aber gute) Kamera und einige harte Szenenabrüche verstärken noch die Nervosität (Originaltitel Cosa voglio di più, engl. Titel Come Undone, Regie und Mitautor Silvio Soldini, bekannt durch Brot und Tulpen und Tage und Wolken).

Gute Akteure:

Die Schauspieler sind gut, speziell die spröd attraktive Alba Rohrwacher. Kleine Schwächen zeigen Buch und Regie: Pierfrancesco Favino wirkt etwas maskulin und hohl, ebenso wie seine Liebesschwüre; Giuseppe Battiston als Annas lieber Partner gibt überdeutlich die dröge Couchkartoffel.

Der Film spielt in Mailand, hat aber wenig Italianità oder auch nur “Milano” und könnte irgendwo in Mitteleuropa gedreht sein. Glamour gibt es auch nicht, so denkt man eher an ein Fernsehspiel als an eine Kinoproduktion. Dadurch steigt aber der Bezug zum normalen Leben. Die Bettszenen sind impulsiv und nackt, aber unkreativ – warum der Film in Erotik-Listen auftaucht, weiß ich nicht.

Es gibt einen ähnlichen Film:

Was will ich mehr erinnert deutlich an das Untreuedrama Take This Waltz: In beiden Fällen lebt eine blonde Frau mit einem braunhaarigen, pummeligen, lieben, aber langweiligen Mann zusammen und verliebt sich in einen schwarzhaarigen, attraktiv südländischen Typ.

Ich habe Was will ich mehr auf ZDF Neo gesehen. Die Synchronisation gefiel mir, aber die italienischen Stimmen hätten mir sicher noch mehr zugesagt.

Kritiken:

Was will ich mehr erhält 6,2 von 10 Publikumssternen auf IMDB (Oktober 2014, 1449 Stimmen) und 61 von 100 Kritikerpunkten bei Metacritic.

Süddeutsche Zeitung:

Dicht gepackt, kochen diese Eindrücke in einer etwas unübersichtlichen Schnittfolge allerdings zusammen zu einem Alltagsbrei, der etwas fad anmutet…”

Filmgazette:

“Silvio Soldini nimmt sich in seinem neuen Film “Was will ich mehr” (Cosa voglio di più) viel Zeit, um das sozial-gesellschaftliche Gefüge seiner Protagonisten realistisch zu beschreiben. Zugleich infiltriert er ihren Alltag mit kleinen Störungen und subtilen Ahnungen, die einen fast unmerklichen Druck erzeugen”

Filmreporter:

“Soldini vermittelt diese Spontanität der aufkeimenden Liebe auf glaubhafte Weise. Seine Figuren sind wie aus dem Leben gegriffen und verfügen über Stärken und Schwächen… das glaubwürdige Spiel der beiden Hauptdarsteller… Nähe zur Realität wird durch den dokumentarischen Inszenierungsstil verstärkt.”

Die Furche:

“Dem Alltagschronisten geht es nicht um pathetische Tragödien oder überbordende Leidenschaften, vielmehr rückt er die Gefühls(ver)wirrungen sogenannter „kleiner Leute“ in den (Kamera-)Fokus – dokumentiert kleinbürgerliche Lebens- und Sinnkrisen… stets nah an den Figuren agierende Kamera, die die intimsten Momente zwischen den Protagonisten „Schlüsselloch-Report“-tauglich einfängt… Sexszenen bekommen durch die mechanisch dargestellte Triebsteuerung einen eher schalen Beigeschmack”

Village Voice:

“It is to the credit of the actors that they make Anna and Domenico’s immediate mutual attraction tangible… The hot sex has the rhythm of actual hot sex, and quotidian life is rendered convincingly in every detail”

New York Times:

“Adultery is hard work… those sex scenes (nude but not anatomically explicit) show the power of unleashed passion to make the rest of life feel like a laborious, frustrating slog… solidly grounded in mundane reality… unvarnished realism lends it poignancy and depth”

Slant:

“Meticulously paced… collapses the façade of emotional connection by highlighting the small erosive moments of deception rather than grandiose melodramatic tirades… subtle cues of torment organically mix into daily routines and rhythms, revealing the undercurrent of doubt plaguing each couple… This is a tired and occasionally cliché setup, but Soldino executes the evocative exchanges between Anna and Domenico with an acute attention to detail, melting away the conventionality of the plot with palpable moments of human connection and panic… the slow burn of their romantic suffering is far more interesting than the tired end result”

The Hollywood Reporter:

“The need for editor Carlotta Cristiani to trim maybe a further half-hour… featureless Milan settings… a script that’s much too content to go through the motions (“I can’t live without you,” etc.)… Soldini is offering new wine in very dusty old bottles – and it turns out to be an undistinguished vintage”


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