Film
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Buchkritik, Filmkritik: An Education, von Nick Hornby (2009), von Nick Hornby – 8 Sterne – mit Video, Hintergründen & Links
Das Drehbuch (2009): Hornby schreibt scharfe Dialoge: kultiviert, witzig, psychologisch genau und zugleich hintergründig bedrohlich in der Annäherung des charmant-öligen Älteren an die 16jährige Bürgertochter Jenny. Dazu kommen die vielen schnellen Szenenwechsel und die anstehenden Entwicklungen – ich konnte die dünne Fibel kaum weglegen. Nick Hornby bei Amazon Dies ist ein Drehbuch mit Dialogen. Doch in den mitgedruckten Regieanweisungen schildert Nick Hornby (*1957) knapp auch Gefühle, Mimik und Gedanken seiner Figuren. Der Text liest sich perfekt – wie ein Roman – und dürfte nicht anders sein (dt. u. engl. Titel An Education; ich kenne nur das engl. Original und kann die Eindeutschung nicht beurteilen). Ein paar Details schwächen den Text:…
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Mein Eindruck vom Kinofilm My Week with Marilyn (2011) – mit Video
Dies ist keine Kritik. Ich wollte nur sagen, dass ich die Marilyn-Monroe-Verkörperung durch Michelle Williams zu Beginn für lachhaft und gescheitert hielt. Doch bald schon sah ich die Blondine in der Hauptrolle nicht mehr als Monroe, sondern als eigenständige – ziemlich wunderliche – Figur. Noch weniger glaubte ich an die junge Marilyn in 1957, als ihrer Darstellerin eine auf uralt getrimmte, aber unverkennbare Judi Dench gegenüberstand – die zwei Frauen passen nicht in eine Epoche (Dench ist rund acht Jahre jünger als die echte Monroe, spielt aber die Schauspielerin Sybil Thorndike, rund 45 Jahre älter als Monroe). Freie Assoziationen: Wie so oft bei historischen Filmen erschienen mir auch hier Kulissen,…
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Kritik romantische Komödie: Es ist kompliziert (2015) – 7 Sterne – mit Video
Das ist fast schon Cool Britannia: Die Figuren in dieser Komödie agieren lässig, selbstironisch und witzig, ohne dabei flach, schrill oder allzu melodramatisch zu geraten. (Zunächst.) Das Szenario hat was: Der Mann spricht eine Frau an, die er für seine Blind-Date-Verabredung hält; sie lässt sich von ihm einladen, obwohl sie gar nicht die Gesuchte ist. Dem folgt eine durchgequasselte Londoner Kneipentour mit Lachen, Weinen, Tanz und Streit. Dazu läuft viel muntere Popmusik. Im zweiten Teil liefern Regisseur Ben Palmer und Autorin Tess Morris dann doch alles nach, was man bei handelsüblichen Romantischen Komödien erwartet: Vulgarität, Schrillität, Tränendrüsenattacken, Unrealismus, und das Ende muss man nicht verraten. Fast scheint die Klischeeorgie im…
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Filmkritik: Immer Drama um Tamara (2010) – 7 Sterne – mit Video
Ausgefeilt Psychologisieren wollte Regisseur Stephen Frears sicher nicht. Aber er produzierte eine stets kurzweilige, relativ intelligente Komödie, die Klischees vom (sehr englischen) Land- und Schriftstellerleben aufspießt, schöne Bilder und Abläufe zeigt. Nur punktuell wird es zu grell oder vulgär, erscheint Ex-Bondgirl Gemma Arterton gar zu knusprig; dafür gibt es viele witzige Einfälle und Figuren, die sich angenehm vom Hollywood- oder Berlin-Mitte-Einerlei abheben, u.a. auch durch ihr mittleres Alter.
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Spielfilmkritik: Grasgeflüster (2000, mit Craig Ferguson, Brenda Blethyn) – 4 Sterne – mit Video
Eine Komödie vom Fließband, schnellverdaulicher Fluff ohne Ecken, ohne Kanten: Eine gestandene Dorfmadam (Brenda Blethyn) züchtet Marihuana und verkauft es an Großdealer, um die Zwangsversteigerung ihres Traumheims abzuwenden. Weil das Ganze in einem englische Küstenkaff spielt, baut das Drehbuch gleich noch ein Dutzend schrille Provinzkäuze mit ein. Anklänge an Local Hero sind wohl eingeplant. Und, sicher ist sicher, alle zehn Minuten erklingt unmotiviert irgendein Rockpopsong. Kindergarten der Generation 50+, Feelgood aus der Dose, keine Figur hat entfernt mit richtigem Leben zu tun. Immer und wieder werden mechanisch Gegensätze zwecks Spaßgewinn gekitzelt: Die biedere Dame züchtet Gras, der Dorfarzt raucht Gras, der Dorfpolizist verstößt gegen jedes Gesetz, und der knallharte Rocker…
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Rezension Komödie: Bridget Jones’s Baby, mit Renée Zellweger, Colin Firth, Patrick Dempsey (2016) – 6 Sterne – mit Trailer
Etwas schrille, etwas flache, aber liebe und launige romantische Komödie um eine Jungvierzigerin, die schwanger wird – aber nicht genau weiß, von wem. Nun ringen zwei attraktive Männer um eine Schwangere, doch nur einer kann der Vater sein. Dieses heikle Szenario kostet das Drehbuch lustvoll aus – dabei wirkt der Verzicht auf den schon angesprochenen Vaterschaftstest unplausibel, steigert aber die Spannung. Interessant, Renée Zellweger als 40igerin zu sehen – die reiferen Gesichtszüge passen manchmal nicht zu ihrem kindischen Tun. Schade, schade, dass Hugh Grant diesmal absagte. Trotzdem insgesamt dem ersten Bridget-Film Schokolade zum Frühstück (2001) nicht unähnlich. Das Ende ironiefrei kitschtriefend (Regie wie beim ersten Bridgetfilm Sharon Maguire; Co-Autorin Jones-Erfinderin…
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Filmkritik: Irina Palm (2007, mit Marianne Faithfull) – 6 Sterne – mit Video & Links
Die Geschichte um eine biedere handjobbende Vorstadtwitwe (Marianne Faithfull, beim Dreh etwa 60) ist auffallend schön gefilmt und bis in kleine Nebenrollen hinein exzellent besetzt. Vielleicht wirkt alles schon ein bisschen zu demonstrativ apart –auch das aufdringliche Dunkelrot-Braun-Grading mit gelegentlichen Blau-Intermezzi – exquisite Tristesse. Es störte mich noch mehr als ein paar kleinere Logiklöcher. Schön, wie die Hauptfigur an Statur gegenüber ihrem Umfeld gewinnt; doch fade, wie sich das Ende schon von weitem abzeichnet, und das bei immer gleicher Hintergrundmusik. Einige englische Kritiker fanden Irina Palm so schlecht – „gobsmackingly awful“ -, dass sie eine neue Auszeichnung für schlechte Filme danach benannten: sie verleihen die Irina Palm d’Or, benannt nach…
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Filmkritik: Zwei an einem Tag (2011, mit Anne Hathaway, Jim Sturgess) – 5 Sterne – mit Video
Nach einer gemeinsamen Nacht nach dem Uni-Abschluss bleiben Emma und Dexter befreundet, haben aber jahrelang jeweils andere Partner. Dexter ist reich, lässig und wird zunächst TV-Moderator; Emma strampelt sich ab, jobbt, wird Lehrerin. Über zwei Jahrzehnte hin zeigt der Film nur einen Tag pro Jahr – immer den 15. Juli. Regisseurin Lone Scherfig (Italienisch für Anfänger, An Education) verfilmt hier den Erfolgsroman Zwei an einem Tag von David Nicholls (2009, engl. Titel Us). Nicholls allein schrieb auch das Skript zum Film. Er behält die Romanstruktur mit einem Tag pro Jahr bei, der Film endet und beginnt fast wie der Roman. Drehbuchautor Nicholls entfernt lediglich ein paar Nebenhandlungen seines Romans, während…
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Rezension Entdecker-Film: Land der schwarzen Sonne, engl. Mountains of the Moon, 1990, über Richard Burton und John Speke 1857 – 7 Sterne – mit Presse-Links & Hintergründen
Der 1990er Spielfilm zeigt die strapaziöse 1857er Expedition von Richard Francis Burton und John Speke ins Innere Afrikas, auf der Suche nach der Quelle des Nils. Er besticht durch grandiose und stimmungsvoll abgetönte Bilder aus Kenia, die auch beim zweiten Ansehen mitreißen, durch bombastische Herzschlagmusik und einiges Drama in Afrika wie auch in England – und zeigt rohe Gewalt. Die Kamera ist immer nah am Geschehen; der Betrachter kann sich den Ereignissen nicht entziehen, vor allem in den gut choreographierten afrikanischen Massenszenen.Die Städte Aden und Sansibar beeindrucken dabei wegen der Menschenmassen in engen Gassen besonders – sie sind allerdings ebenso wie die Landschaftsszenen kaum unterscheidbar und werden auch nicht mit…
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Rezension Romantische Komödie: Vier Hochzeiten und ein Todesfall (1994, mit Hugh Grant; mit Trailer) – 7 Sterne
Gediegen produziert, und für eine Romkom nicht zu jugendschrill. Hugh Grant spielt unaufdringlich, das Ende nur etwas zu sülzig, ein vielseitiges Ensemble ohne zuviel Last auf nur zwei Schauspielern. Die Kamera zeigt reizvolle Szenarien voller Details in verschiedenen Bildebenen. Die Begräbnisrede dauert zu lang, ansonsten stimmt praktisch alles. Nagut, die Witze könnten schärfer sein.
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Rezension Beerdiger-Komödie: Grabgeflüster – Liebe versetzt Särge (2002; mit Trailer) – 7 Sterne
Ich habe mich bestens amüsiert, und das, obwohl in den Haupt- und wichtigen Nebenrollen trantütige Endvierziger agieren, darunter gleich mehrere Bestattungsunternehmer. Trocken bösartiger Witz, schöne Szenenübergänge, doppelbödig unschuldig biederes Spiel vor allem von Brenda Blethyn als betrogenener Ehegattin. Zeitweise unerträglich spannend (engl. Titel Plots with a View). Eine Zeitlang habe ich mich gefreut, dass es doch Komödien ohne Vulgarität und Schrillität gibt, aber dann spielt sich eine tolldreist-nuttige Sekretärin unangenehm in den Vordergrund, der Budenzauber gegen Ende wirkt zu billig bombastisch, auch die Featherbed-Bestatter erscheinen unangenehm comedy. Aber die ersten 60 Minuten – gut.
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Rezension romantische Komödie: About a Boy, oder: Der Tag der toten Ente (2002, mit Hugh Grant) – mit Trailer – 7 Sterne
Lässig, schwungvoll, in der ersten halben Stunde ungeniert spöttisch – ein Film, der Laune macht, selbst wenn er nach den Gesetzen der Romkom gestrickt ist. Ein paar Freaks und Schreckgespenster in Nebenrollen amüsieren, ohne zu viel Platz einzunehmen.
- Annehmbar, Asien, China, England, Film, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Ostasien, Spielfilm
Spielfilm Chinesen in London: Chinese Blues bzw. Soursweet (1988) – 6 Sterne
Eine chinesische Kleinfamilie baut sich in den 60ern mit einem Imbiss eine Existenz im ärmsten Teil Londons auf. Doch der Mann verstrickt sich in Schulden, eine Gangsterbande setzt ihn unter Druck. Das ist fein beobachtet, in immer neuen, sorgfältig choreographierten Kamerabildern in trüben Farben. Respekt, Tradition und Hierarchie à la China spielen eine große Rolle hier. Aber mehr als Timothy Mos gleichnamige Romanvorlage zeigt der Film die Hauptfiguren auch als Individuen mit ganz eigenen Motiven. Europäer sieht man kaum. Der Film heißt Soursweet oder auch Chinese Blues, Regie Mike Newell, Hauptdarsteller Sylvia Chang, Danny Dun. Keine Komödie: Als Komödie würde ich das nicht bezeichnen: Die sehr ernste Bedrohung durch die…
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James-Bond: Moonraker (1979, mit Roger Moore) – mit Trailer – 6 Sterne
Es beginnt amüsant, nonchalant, schwülstig und mit süffiger Selbstironie – es trieft schon zu sehr. James Bond steigt den Bösen und den Schönen nach, und immer trägt er einen coolen Spruch auf den Lippen. Amüsante Szenenwechsel: Venedig, Rio, Urwald, Weltall. Ein paar Action-Szenen wirken reizvoll, so der Fall aus dem Flugzeug zu Beginn und vor allem das Drama auf der Zuckerhut-Seilbahn. Weniger überzeugt der lange Aufenthalt in der Raumstation. Dabei sind die Kulissen gut gebaut, nichts wirkt lächerlich und sieht nach Spielplatz aus, allerdings Star Wars ist es auch nicht. Im ganzen Film kommt keine rechte Spannung auf, auch nicht in brisanten Gefahrensituationen, zum Beispiel im Weltall. Die Schauspieler wirken…