Der 1990er Spielfilm zeigt die strapaziöse 1857er Expedition von Richard Francis Burton und John Speke ins Innere Afrikas, auf der Suche nach der Quelle des Nils. Er besticht durch grandiose und stimmungsvoll abgetönte Bilder aus Kenia, die auch beim zweiten Ansehen mitreißen, durch bombastische Herzschlagmusik und einiges Drama in Afrika wie auch in England – und zeigt rohe Gewalt.
Die Kamera ist immer nah am Geschehen; der Betrachter kann sich den Ereignissen nicht entziehen, vor allem in den gut choreographierten afrikanischen Massenszenen.Die Städte Aden und Sansibar beeindrucken dabei wegen der Menschenmassen in engen Gassen besonders – sie sind allerdings ebenso wie die Landschaftsszenen kaum unterscheidbar und werden auch nicht mit Namen genannt.
Der Film Mountains of the Moon/Land der schwarzen Sonne basiert auf dem Roman Burton & Speke von William Harrison, der zusammen mit Regisseur Bob Rafelson auch das Drehbuch schrieb (der Roman erschien später neu als Mountains of the Moon, also mit dem Titel der Verfilmung; alle Literaturverfilmungen auf HansBlog.de). Im zugrundeliegenden Roman fiktionionalisiert Harrison zehn entscheidende Jahre im Leben der Entdecker Burton und Speke ohne große Abweichungen von der Historie.
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Zu romantisch:
Ich kenne einige Burton-Biografien und war verblüfft – Iain Glen spielt John Speke so, wie ich ihn vor Augen hatte. Patrick Bergin als Burton wirkt wie ein romantischer Musketier, etwas jünglingshaft, verkörpert jedoch nicht wirklich das ebenso männliche wie intellektuelle historische Vorbild, und dessen außereuropäischer Frauenverbrauch (laut Biograf Rice und Buchautor Harrison) erscheint gar nicht auf der Leinwand; die New York Times (s.u.) wünscht sich in dieser Rolle den jungen Sean Connery.
Beide Hauptdarsteller wirken im Film nach monatelangem, entbehrungsreichem Fußmarsch weniger abgekämpft als nach den Biografien zu erwarten. Kulissen und Kostüme erscheinen, wie oft in Streifen mit historischem Stoff, zu perfekt und retuschiert. Auch sonst entfaltet der Film zwar einen spürbaren Sog über gut zwei Stunden hin; doch historisch stimmt vieles nicht, schon wegen der Raffungen.
Das Biopic enthält markante Szenen und Sätze aus der bei Drehbeginn aktuellsten Burton-Biografie, The Devil Drives von Fawn Brodie (1967). Freilich spekuliert Brodie nur zart über homosexuelle Neigungen bei Speke und Burton – der Film aber zeigt die zwei Entdecker knutschend im Fieberwahn.
Gegenüber dem Roman – und der Historie – ändert der Film einige kleine Abläufe, wohl um zu straffen, so die erste Begegnung Richard Francis Burtons mit Isabel. Zusätzlich erfindet das Drehbuch ein paar filmi Szenen dazu – Burton rettet Sklaven vor Löwen, Speke rettet Burton vor Löwen, Burton will Sklave vor Peiniger retten, Burton verliert Isabels Medallion und erhält es wieder, als er seinen Tod erwartet. Romanautor Harrison war auch am Buch zur Verfilmung beteiligt.
Zur DVD:
Die DVD liefert den Film in 130 Minuten Länge – mehr, als im deutschen Kino zu sehen war und synchronisiert wurde. Einige Szenen erscheinen darum nur auf Englisch mit deutschen Untertiteln. Wahlweise gibt es auch den ganzen Film auf Englisch, deutsch untertitelt. Englische Untertitel fehlen, schade. In der deutschen Tonspur sind die Stimmen wie üblich klarer als im O-Ton.
Farben und Schärfe sind passabel, reißen aber nicht hin. Die DVD enthält noch einen fünfminütigen Drehbericht auf Englisch ohne Untertitel. Dieses “Featurette” zeigt überwiegend Szenen aus dem fertigen Film und nur sekundenweise Dreharbeiten oder Statements der Hauptakteure – Erkenntnisgewinn nahe 0.
Kritiker:
- IMDB: 7,3 von 10 Publikumssternen (2609 Stimmen im April 2015)
- Rotten Tomatoes: 69 % Kritikerzustimmung (mit englischen Kritikerzitaten)
Farbenprächtige und ungemein abenteuerliche Geschichte… mit atemberaubenden Bildern und einer großen Story
Was kann man schon gegen pralles Kino sagen: Action, Abenteuer, Exotik, Zeitkolorit, prächtige Landschaften und Bauten… zwei Stunden Opulenz
Michael Althen für die Süddeutsche Zeitung:
Es kommt keine Kontinuität des Erlebens zustande, gezeigt werden nur Eindrücke, Bruchstücke, Sensationen.
Roger Ebert gibt 3,5 von vier Sternen:
…unobtrusive period detail; he has not only the costumes and the settings right, but also the attitudes… It doesn’t manufacture false thrills
An epic of sweep and intimacy… Rafelson’s fondness for breathtaking vistas sometimes slows the pacing…
New York Times, Vincent Canby (vergleicht auch Film und Geschichte):
Big in all technical ways. It was filmed on locations in Africa and England and looks authentic. It is rich in precise period details…
Unbounded praise for Roger Deakins’ photography… this handsome epic has a spark of intelligence and a pleasing wit.
Washington Post, Rita Kempley:
Patrick Bergin, a tall, dark and smoldering type, plays the swashbuckling Burton with a wide-screen sensuality. Comfortably sexy, he delights
The Irish actor Patrick Bergin speaks his lines in a booming, generic he-man’s voice. He’s believably fearless, but his personality has no weight
Richard Francis Burton: Links, Bücher und DVDs
- Richard Francis Burton online: deutsche Wikipedia • englische Wikipedia (ausführlicher, mit ergänzenden Fotos und Zeittafel) • Burtonia.org (mit Biografienliste) • Sirrichardfrancisburton.org (mit kommentierter Biografienliste) • Rowena Hart (via Webarchiv)
- Neuere Burton-Biografien (Auswahl): Fawn Brodie, The Devil Drives (1967, 322 Seiten Haupttext) • Edward Rice, Sir Captain Richard Francis Burton (1990, 620 Seiten Haupttext) • Mary S. Lovell, A Rage to Live (1998) • Jon R. Godsall, The Tangled Web (2008, 576 große Seiten insgesamt) (s.a. Vergleich unten) • Ilija Trojanov, Oberammergau (2010, reich kommentierte Burton-Übersetzung)
- Fiktionalisierungen: Roman Burton and Speke von William Harrison (1982), später neu veröffentlicht als Mountains of the Moon • Verfilmung von Burton & Speke als Land der schwarzen Sonne/Mountains of the Moon (1990); Video unten • Ilija Trojanov, Der Weltensammler (2006)
- Burton-inspirierte Reisebücher: Ilija Trojanov, Nomade auf vier Kontinenten (2007, mit langen Burton-Zitaten) • Christopher Ondaatje, Sindh Revisited (1996, großer Bild-Text-Band) • ebf. Christopher Ondaatje, Journey to the Source of the Nile (1998, ebf. großer Bild-Text-Band)
3 neuere Burton-Biografien im Vergleich:
Fawn Brodie | Edward Rice | Mary S. Lovell | ||
The Devil Drives | Sir Captain Richard Francis Burton | A Rage to Live | ||
1967 | 1990 | 1998 | ||
Seitenzahl Haupttext* | 322 enge | 620 | 804 | |
Bildseiten** | 16 | 16 | 16 | |
SW-Landkarten | 1 Seite, 1 Karte nur für Zentralafrika | 2 Seiten, 2 Karten für Sindh, Zentralafrika; nicht Arabien | 2 Seite, 2 Karten a) für alle Regionen einschl. Tansania, Arabien, Indien, b) Zentralafrika & 1 Handskizze Burtons | |
bei HansBlog.de | 6 Sterne, klick | 7 Sterne, klick | 7 Sterne, klick | |
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Urteil bei sirrichard-francis-burton.org | the first to use the controversial technique of “psychobiography” on Burton, with results that are still debated today | considered flawed because of the great amount of supposition and questionable “fill-in” material | because she struggles to take a balanced viewpoint and had access to several large collections of material overlooked by prior biographers, this stands as the best working biography yet | |
Urteil bei burtonia.org | Psychobiography, based on extensive research combined with speculation. Very well written. See important corrections in Lovell, 1998. | Highly imaginative but dubious. Sold well, but seems to have used an interpolation technique to deduce 'facts' | The best archival biography. Considerable fresh material. An attempt to rehabilitate Isabel (this part fails to convince) | |
Erzählstil | erzählt teils mit grobem Strich, mitunter nicht chronologisch, analysiert dann; gut lesbar | erzählt Fakten der Reihe nach detailliert; angenehm lesbar | ordentlich lesbar, aber weniger ansprechend als Brodie, Rice; teils wertende Adjektive und Angriffe auf frühere Biografen; verteidigt beide Burtons teils eifernd gegen Kritiker; bietet mitunter Spekulationen an | |
Schwerpunkte |
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