Westlich
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Kritik Komödie: Tootsie (1982) – 7 Sterne – mit Video
Das ist eine nette Geschichte für die ganze Familie – ein Schauspieler verkleidet sich als Schauspielerin, weil er nur so Arbeit beim Film bekommt. Eine andere Schauspielerin will die falsche Frau zur Freundin, und ein paar Männer wollen die falsche Frau zur Frau. Der Mann in Frauenkleidern bekommt ein neues Verständnis von der Rolle der Frau – fast ein metoo-Moment –, und er verliebt sich in die Frau, die ihn als weibliche Freundin haben wollte. Etwas angestrengt spielt das Drehbuch sämtliche denkbaren Konfusionen durch: alle Konstellationen, alle missverständlichen und doppeldeutigen Dialoge. Sydney Pollacks Inszenierung ist nicht wirklich schrill, aber natürlich nicht ganz ernst. Das gilt auch für Dustin Hoffmans deutschen…
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Kritik romantische Komödie: Es ist kompliziert (2015) – 7 Sterne – mit Video
Das ist fast schon Cool Britannia: Die Figuren in dieser Komödie agieren lässig, selbstironisch und witzig, ohne dabei flach, schrill oder allzu melodramatisch zu geraten. (Zunächst.) Das Szenario hat was: Der Mann spricht eine Frau an, die er für seine Blind-Date-Verabredung hält; sie lässt sich von ihm einladen, obwohl sie gar nicht die Gesuchte ist. Dem folgt eine durchgequasselte Londoner Kneipentour mit Lachen, Weinen, Tanz und Streit. Dazu läuft viel muntere Popmusik. Im zweiten Teil liefern Regisseur Ben Palmer und Autorin Tess Morris dann doch alles nach, was man bei handelsüblichen Romantischen Komödien erwartet: Vulgarität, Schrillität, Tränendrüsenattacken, Unrealismus, und das Ende muss man nicht verraten. Fast scheint die Klischeeorgie im…
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Filmkritik: Wolf of Wall Street (2013, Scorsese, diCaprio) – 7 Sterne – mit Video
Was für eine Orgie aus heißen Weibern/Öfen/Rhythmen/Deals. Dazu Drogen ohne Ende, Gier und grelle Bilder, Niedertracht und Vulgarität. Ein Fest. Über drei Stunden kommt Martin Scorseses pubertär schriller Film über pubertär schrille Geldjongleure kaum zur Ruhe. Gelegentlich überraschen dann wieder übertrieben lange Gespräche und andere Szenen. Die Darsteller sind bis in kleinste Nebenrollen exzellent besetzt – der Ex-Polizist Bo Dietl spielt sich dabei selbst, Altmeister Jean Dujardin kredenzt eine charmant-verschlagene Euronote. Was die hormonpralle Männerrasselbande in ihrem Börsenmaklerhangar da Strafbares ausfrisst, habe ich nicht verstanden. Aber weggucken konnte ich auch nicht. Scorsese mischt Perspektiven, Stilmittel, lässt die Chronologie schlingern – es funktioniert einigermaßen. Meine Bluray enthielt drei je etwa 15minütige…
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Kritik Filmkomödie: Stella di Mare – Hilfe, wir erben ein Schiff (1999) – 7 Sterne
Nett verkrachte Wiener Familie steht ein paar Mal vor dem Ruin, wird aber stets durch Erbschaften und Lottogewinne wundersam gerettet. Im Hauptteil bringen sie eine rostige kleine Mittelmeerjacht in Gang (Regie, Kamera Xaver Schwarzenberger; Buch Ulrike Schwarzenberger; mit Erwin Steinhauer, Ulrike Beimpold, Corinne Cléry). Ein kleiner, gefälliger Spaß, der sich selbst nicht ernst nimmt und nie zu grell wird – trotz Pleiten, Pech und Pannen mit Wasserstürzen, Wohnungsbrand, platzenden Blusen & Blasen, explodierten Mischpulten, verstopften Klos etc. pp. Kombiniert mutig Rocker im Tonstudio, Damenschneiderinnen, Familienleben und Mittelmeerjachthäfen samt Bootsführerscheinprüfung und ein paar Italienklischees. Verzichtet auf Hipsein à la ARD-Degeto, alles ist hübsch bieder. Wikipedia zum Film (nur Handlung) Freie Assoziationen:…
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Filmkritik: Ein griechischer Sommer (2011) – 7 Sterne – mit Video
Dieser griechische Dorffilm richtet sich an Jugendliche, mag aber auch Oldtimer heiter stimmen. Die Stars: eine Ziege, ein Pelikan und ein paar mediterrane Hügel und Strände, die fast an Mamma Mia erinnern. Die menschlichen Schauspieler sind nichts Besonderes. Und obwohl der Streifen im Deutschen „Ein griechischer Sommer“ heißt, gibt es nur am Rand eine kleine, unbedeutende Nebenromanze (Regie Olivier Horlait). Emir Kusturica spielt einen dauer-muffigen Vater ohne jede Varianz. Sein Film-Sohn Thibault Le Guellec ersteht einen jungen Pelikan und zieht ihn heimlich groß. Dann aber wird der Pelikan zum Star der Insel und lockt Touristen an – Selfie mit Peli ist der Sommertrend, auch wenn der Vogel einem schonmal das…
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Filmkritik: Das Leben ist ein Fest (2018) – 7 Sterne – mit Video
Ein französischer Hochzeitsplaner und sein chaotisches Team richten eine Nobelhochzeit im Schloss aus. Da gibt’s allerlei Chaos mit verdorbenem Essen, unwilligen Angestellten, ehrgeizigen Showsängern und natürlich Liebeshändeln. Im Vordergrund stehen die Bediensteten, die Hochzeitsgesellschaft bleibt in der Kulisse. Gelegentlich erklingt perkussive Jazzmusik – eingespielt von Jazzer Avishai Cohen. Die Regisseure und Autoren Olivier Nakache und Éric Toledano hatten 2011 einen Riesenhit mit Ziemlich beste Freunde gehabt. Ihre Komödie Das Leben ist ein Fest ist halbwegs albern, aber nie grell und peinlich. Einige Figuren sind schlecht definiert, ihr Charakter bleibt unklar oder widersprüchlich. Diese französische Komödie hat sicher viel Wortwitz. Auch die deutsche Synchronisation liefert einige pfiffige Ideen, sie wirkt keinesfalls…
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Filmkritik: Immer Drama um Tamara (2010) – 7 Sterne – mit Video
Ausgefeilt Psychologisieren wollte Regisseur Stephen Frears sicher nicht. Aber er produzierte eine stets kurzweilige, relativ intelligente Komödie, die Klischees vom (sehr englischen) Land- und Schriftstellerleben aufspießt, schöne Bilder und Abläufe zeigt. Nur punktuell wird es zu grell oder vulgär, erscheint Ex-Bondgirl Gemma Arterton gar zu knusprig; dafür gibt es viele witzige Einfälle und Figuren, die sich angenehm vom Hollywood- oder Berlin-Mitte-Einerlei abheben, u.a. auch durch ihr mittleres Alter.
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Filmkritik: Alexander, der Lebenskünstler (1968, mit Philippe Noiret) – 7 Sterne – mit Video
Liebenswerter Bauernschwank aus einem französischen Dorf: Bauer Alexandre (Philippe Noiret) wird von seiner Frau jeden Tag per Walkie-Talkie über alle Felder gehetzt. Dann endlich rafft ein gnädiger Unfall das herrische Weib hinweg, und Alexandre legt sich zwei Monate ins Bett; zuvor lässt er noch alle Tiere frei, und zum Einkaufen schickt er sein gewitztes Hundchen. Die Dorfbewohner fürchten jedoch die zersetzende Wirkung von Alexandres Bett-Lager, denn schon legen weitere Bauern Rechen und Mistgabel nieder. Die rechtschaffenen Dörfler wollen Alexandre mit allen Mitteln wieder zur Plackerei bringen. Die Komödie hat viele witzige Ideen und ist deftig politisch unkorrekt, aber nicht verstörend krass. Sie zeigt reihenweise Außenaufnahmen und Landleben pur mit Kürbisfeldern,…
- Deutschland, Deutschland-Film, Film, Gut, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Komödie, Spielfilm
Kritik TV-Komödie: Lychees weiß blau (1998) – 7 Sterne
16jährige Thailänderin wird als Sexsklavin nach DE entführt, rettet sich aber in ein hinterwäldlerisches Oberbayerndorf. Dort weckt sie Beschützer-, Begatter- und Abwehrinstinkte – und irgendwann mischen sich Tempel- und Blasmusik. Das ist eine naive Heimatkomödie, noch weniger realistisch als möglich, aber nicht extrem grell oder extrem kitschig. Einige Dörfler haben das Herz liebenswert am rechten Fleck, die Bösen sind nicht allzu böse, und man kann ein bisschen Thai lernen (v.a. mit eingeblendeten Untertiteln). Wer nicht zufällig ein Herz für Thailand, Oberbayern und den VW Polo B hat, gewinnt den kleinen Streifen womöglich gar nicht lieb. Selbst schuld. Auf Amazon: Bücher über Thailand, Südostasien, ganz Asien Viele Hauptakteure bei diesem Projekt…
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Kritik Kinokomödie: Das Mädchen Rosemarie (1958, mit Nadja Tiller, Mario Adorf) – 7 Sterne – mit Videos
Was sind die Herren Generaldirektoren und Industriebarone doch für lächerliche Hurenböcke in dieser frechen Schwarzweißsatire von 1958. Mit schwarzen Benzen und unerträglich selbstgefälligem Mundwerk walzen sie im spöttisch choreografierten Gänsemarsch durch die deutsche Wirtschaftswunderkulisse. Sie verfallen verständlicherweise dem hinreißenden Callgirl, das Nadja Tiller mit Verve und konservativem Sexappeal auf die Leinwand stöckelt. Das ist alles sehr dick aufgetragen, teilweise zu pompös, aber es macht Laune – auch wegen des fast blasphemischen running gags auf Kosten eines standing Religionsapostels. Einige chansonesk-dreigroschige Singspiele verstärken den Kleinkunstcharakter der Inszenierung. Nadja Tiller beherrscht den Film souverän vom Anfang bis zu seinem und ihrem Ende. Aber es gibt noch viele andere Charakterköpfe. Ich meine weniger…
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Filmkritik: The Artist (2011, mit Jean Dujardin) – 7 Sterne – mit Trailer
In diesem 4:3-Schwarzweiß-Stummfilm von 2011 dudelt unentwegt Musik – zu viel. Ganz gelegentlich hört man ein paar Geräusche oder gar Wörter – zur Überraschung der Zuschauer und der Filmfiguren. Die Handlung: Ein Stummfilm-Schauspieler findet sich im Hollywood der 1920er Jahren nicht damit ab, dass jetzt die Ära der Sprechfilme (Talkies) beginnt; da denkt man an Billy Wilders Film Sunset Boulevard (1950). The Artist – produziert von einem französischen Team in Hollywood – erhielt 2012 wichtige Oscars und weitere hohe Preise. Der Film punktet vor allem durch die starke physische Präsenz der blendend aussehenden, extrovertiert aufspielenden Hauptfiguren Jean Dujardin und Bérénice Bejo; zusammen mit Regisseur Michel Hazanavicius hatten sie auch schon…
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Kritik Kinokomödie: Wir sind die Neuen (2014, von Ralf Westhoff) – 7 Sterne – mit Trailer
Drei Ü50-Altrocker bilden aus Geldgründen eine alternativ angehauchte WG. Schnell kommt’s zu Konflikten mit der WG aus dem 3. Stock – drei spießige, karrieregeile Studenten, examens- und beziehungsbedingt am Rand des Nervenzusammenbruchs. Regisseur und Autor Ralf Westhoff (Shoppen, Der letzte schöne Herbsttag, Wie gut ist deine Beziehung) lässt kein Klischee aus und schert sich nicht um Realitätsnähe. Und trotzdem ist das eine schnelle, vergnügliche Komödie: Zum einen spielt die Ü50-Riege herzerwärmend gut, vor allem Gisela Schneeberger und Heiner Lauterbach. Außerdem gibt’s ein paar herrliche Einzeiler (wenn auch teils unrealistisch gut getextet). Für eine deutsche Produktion insgesamt nicht übel, und die hauptberufliche Kritik war angetan (außerdem mit Michael Wittenborn, Claudia Eisinger,…
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Kritik Bayernkomödie: Was weg is, is weg (2012) – 7 Sterne – mit Video
Die Komödie vom oberbayerischen Land erinnert deutlich an Rosenmüller-Filme, aber auch an die Streifen der Serie Beste Zeit. Christian Lerch, Drehbuchautor bei Markus Rosenmüller, hat bei Was weg is, is weg Regie geführt und das Skript geschrieben. Und er hat es überfrachtet: Es gibt immer neue Nebenhandlungen – ein Onkel im Koma, ein Bruder mit Dachschaden, ein abgetrennter Arm, Kontaktabbruch Sohn-Eltern, Anti-Atom, ein Pleite-Kneipier. Langeweile kommt bei den vielen absurden Wendungen nicht auf, auch nicht bei den Spritztouren im orangen BMW durch Felder und Wälder. Lerch zeigt seine Akteure ein klein bisschen zu dümmlich, vor allem die Jungwirtin, die im knappen Aerobicdress durch den gesamten Film muss. Die Kamera macht…
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Rezension TV-Spielfilm: Endlich Urlaub! (2005, mit Hannes Jaenikke, Heikko Deutschmann, Sonja Kirchberger) – 7 Sterne
Zwei Berliner Paare mit Kindern treffen zufällig vor dem Griechenland-Flug aufeinander und beharken sich schon beim Check-in. Doch es kommt noch schlimmer: Wirklich rein zufällig landen beide Paare im selben Ferienhaus, es wurde aus Versehen doppelt vergeben. Daraus entsteht eine gutbürgerliche Degeto-deutsche Rom-Kom oder ein Ferienstadl ganz klassisch mit verwechselten Schlafzimmertüren und Fast-Ehebrechern unterm Bett. Ingesamt drei Paare aus zwei Generationen rüttelt dieser Hellas-Trip durcheinander. Trotzdem ist das ganz vergnüglich, vor allem dank pfiffiger Dialoge und teils netter Schauspieler. Es schmalzt über weite Strecken nicht zu arg, die Klischees bleiben noch im Rahmen (außer bei den rustikalen griechischen Vermietern und beim Finale), und die Teenager bringen eine frische Note rein.…
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Filmkritik: Wellness für Paare (2016) – 7 Sterne – mit Trailer & Presse-Links
Der Ton dieser improvisierten Paargespräche klingt sehr natürlich, wie im echten Leben. Inhaltlich gilt das nicht ganz: Nach kurzem Geplänkel purzeln die Lebenslügen nur so heraus, im forcierten Tempo, allerseits: Verschwiegene Affäre, verschwiegene Pleite, verschwiegene Ängste, verschwiegener Ärger, drängender Kinderwunsch; diese reality ist äußerst scripted. Einige Figuren spielen auch zu kabarettistisch, andere scheinen momentweise über sich zu grinsen oder bei Gefühlsausbrüchen verzweifelt nach Verbalisierbarem zu ringen. Trotzdem ist der Film interessant und hat mich jederzeit bei Laune gehalten (mit Anke Engelke, Sebastian Blomberg, Bjarne Mädel, Anneke Kim Sarnau, Devid Striesow, Magdalena Boczarska, Martin Brambach, Katharina Marie Schubert, Michael Wittenborn, Gabriele Schmeide). Vieles erinnert an den ebenso improvisierten 2014er Vorgänger Altersglühen…
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Rezension TV-Spielfilm: Altersglühen – Speed Dating für Senioren (2014, mit Mario Adorf, Senta Berger) – 7 Sterne – mit Presse-Links
Vergnüglicher, improvisiert gedrehter Quasselmarathon um gediegene Datingveranstaltung für ältere Mitbürger; ließ mich ein paarmal laut auflachen. Viele markante Gesichter in immer neuen Großaufnahmen, besonders in Erinnerung bleiben Senta Berger, Mario Adorf, Matthias Habich und Hildegard Schmahl. Verblüffend: Der Milchbubi-Moderator im Film ist Regisseur und Autor Jan Georg Schütte. Es gibt Altersglühen als TV-Spielfilm und in Variation auch als kleine Serie. Verkauft werden unterschiedliche DVDs nur mit dem Film, nur mit der Serie oder mit allem. Ich habe den Film gesehen. Das Ergebnis lässt natürlich an den Speeddating-Film mit Jüngeren, Shoppen, denken. Ein oder zwei Figuren sind zu karikiert. Vor allem aber: Keine rechte Entwicklung, keine markanten Querbezüge, und auffällige Wiederholungen…
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Kritik Filmkomödie: Die Ferien des Monsieur Hulot (1953, von und mit Jacques Tati) – 7 Sterne – mit Video
Liebenswert, wie an einem gutbürgerlichen bretonischen Ferienstrand immer wieder kleine, skurrile Missgeschicke passieren, oft ausgelöst vom ungelenken Herrn Hulot/Tati, ausgedacht mit viel Fantasie, aber nie schrill. Eine Geschichte spielt sich hier zwar nicht ab, aber viele kleine, drollige Szenen zum Thema Sommerfrische am Meer. Es gibt kaum Dialoge, fast nur Geräusche – und zuviel immergleiche Musik. Jacques Tati schrieb, spielte und drehte den Film 1953, später schnitt er ihn zweimal neu. Noch später wurde er digital restauriert, und ich habe im Fernsehen eine Fassung in exzellentem Schwarzweiß mit hellen, aber kontrastreichen Tönen gesehen, in wohlkomponierten Bildern.
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Filmkritik: Heute nacht geht was, 100 pro (dt. Komödie 2001) – 7 Sterne
Zwei Jungtwens stromern durch die Münchner Nacht, voll mit Testosteron und anderen verheerenden Drogen. Sie treffen auf schöne Frauen und ein paar Fäuste. Morgens um neun auf einem Vorort-Bahnhof ist alles vorbei. Die Handlung hat ein paar flotte Wendungen, an anderen Stellen hakt und und rumpelt es. Egal: Ken Duken und Luca Verhoeven spielen mit lässiger Chuzpe, der ganze Film hat viel Ironie, viel München-Flair und wenig Selbstmitleid (auch mit Mavie Hörbiger, Gisela Schneeberger, Max von Thun und Otto Sanders Stimme; Regie, Buch und Nebenrolle Simon Verhoeven mit seinem ersten Langfilm, der Sohn von Michael Verhoeven und Bruder von Luca Verhoeven). Der alberne Streifen floppte an der Kinokasse und bei…
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Filmkritik Komödie: Ein Dorf sieht schwarz, (2016, fr. Bienvenue à Marly-Gomont, engl. The African Doctor) – 7 Sterne – mit 2 Videos
Distinguierte Kongolesen-Familie lässt sich in den 1970ern in einem französischen Dorf nieder und wird von den Alteingesessenen erst einmal kräftig gemobbt. Familienvater Zatoko wollte als Arzt praktizieren, doch seine Dorfpraxis bleibt meist leer. Der Film ist humorvoll, feel-good warmherzig – und schlicht: Hier die dummen verstockten weißen Dörfler; dort die lieben Afrikaner, die all die Ablehnung gar nicht verstehen und sich bald zurück nach Kinshasa sehnen. Trotz der unrealistischen und klischierten Geschichte habe ich öfter gelacht, auch wegen einiger guter Schauspieler und kurioser Einfälle. Die Geschichte wird so positiv wie irgend möglich erzählt. The African Doctor zeigt das Leben des Vaters des französischen Rappers Kamini. Er veröffentlichte schon 2006 das…
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Rezension Filmsatire: Thank You For Smoking (2005) – 7 Sterne – mit Video
Schnelle, witzige Komödie um einen amerikanischen Zigaretten-Lobbyisten. Viele bizarre, politisch sehr unkorrekte Dialoge, teils pfiffig gefilmt. Sehr unterhaltsam, auch wenn Hauptdarsteller Aaron Eckhart zu gut aussieht für einen Lobbyisten und im ganzen Film nicht eine Zigarette angezündet wird. Der gleichnamige, zugrundeliegende Roman wurde fürs Drehbuch stark gestrafft, vor allem die absurde Krimihandlung – Medien und Politik stehen hier im Vordergrund. Der Sohn des Hauptdarstellers hat jedoch im Film weit mehr Bedeutung als im Buch, teils an der Grenze zum Kitsch. Insgesamt wirkt der Film runder. Mit 88 Minuten ist die Komödie erfrischend kurz. Darum liefert die DVD auch eine lange Strecke nicht verwendeter Szenen, alle kommentiert von Regisseur und Co-Autor…
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Kritik romantische Komödie: (500) Days of Summer (2009) – 7 Sterne – mit Video & Presse-Links
Los Angeles: Tom und Summer arbeiten in einem Grußkarten-Verlag und sind 500 Tage mal mehr, mal weniger zusammen. Tom will Bindung, Summer eher nicht. Mit Zooey Deschanel, Joseph Gordon-Levitt, Regie Marc Webb (Musikvideospezialist hier mit Kinodebüt). Der Film zeigt einzelne Tage aus dem Großstadt-Leben von Tom und Summer, in nicht chronologischer Reihenfolge. Dabei gibt es intelligenten Humor, schöne Selbstironie, ein paar unaufdringliche, sogar liebenswerte technische Spielereien und einen peppigen Tanz mit Dutzenden Passanten auf der Promenade. Altkluge Schwestern & dröge Macker: Die altkluge kleine Schwester mit ihren unwahrscheinlichen Psychosprüchen wirkt papiern. Toms Kumpels sind dröge Mackerklischees, wenn auch mit coolen Sprüchen. Fast der ganze Film ist leicht beige abgetönt, heute…
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Rezension deutsche Komödie: Nach Fünf im Urwald (1995, mit Franka Potente) – 8 Sterne – mit Video
Die Komödie um große und kleine Kleinstadtspießer mit großen und kleinen Träumen, die plötzlich kiffen, untertreibt auf ganzer Linie: Unglamouröses, aber sehr lebensechtes Personal; hintergründiger Witz, der sich nicht aufdrängt, sondern schön langsam zündet; selbst wirklich groteske Szenen ohne Schrillität. Nicht nur Franka Potente spielt unterkühlt und gut als Teenagerin mit Träumen, auch ihre Filmeltern Axel Milberg und Dagmar Manzel agieren sehr präsent, sehr realistisch und doch einen unterhaltsamen Tick weit filmi. Lachhaft: So viele Komödien öden mich an, sog. Comedy widert mich an. Aber hier habe ich wirklich oft laut gelacht, mitunter mit Verzögerung. Zu deutlich satirisch erscheint nur der verklemmte Abiturient. Klischiert wirkt auch die altkluge kleine Schwester…
- Asien, Bayern, Deutschland, Dokumentation, Europa, Film, Gut, Hot Country Entertainment, Indien, Interkulturell, Japan, Komödie, Ostasien, Reise, Westlich
Rezension Fahrschüler-Doku: You Drive me Crazy (2012) – 8 Sterne – mit Video
Die 84minütige, sehr unterhaltsame Dokumödie begleitet drei internationale Fahrschüler: eine oft angespannte deutsche Modedesignerin in Mumbai; eine scheinbar entspannte koreanische Musikstudentin in München; einen amerikanischen Nachwuchsdesigner und Aushilfsjobber in Tokio. Mitten im Verkehr: Alle ein oder zwei Minuten wechselt der Schauplatz zwischen Indien, Deutschland, Japan. Die Doku ist schön gefilmt und zeigt viele Momente aus dem Verkehr, in Indien auch direkt von der praktischen Fahrprüfung. Viele Szenen und Dialoge spielen direkt im Auto, die Kamera sitzt auf dem Armaturenbrett. Nebenbei sehen wir auch das sonstige Leben der Fahrschüler: familiäre Sorgen, Skypen mit der Heimat, berufliche Entwicklung. Alle Fahrschüler tun sich schwer, nicht alle erreichen ihr Ziel. Die zwei Frauen sind…
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Rezension Quasselkomödie: Der Stadtneurotiker – Annie Hall (1977, von und mit Woody Allen) – 2 Videos – 7 Sterne
In dieser Quasselkomödie reden Woody Allen und Diane Keaton unablässig und sehr intellektuell über ihre Beziehung. Dabei sind sie meist in New York, sonst in Los Angeles. Der mehrfach Oscar-gekrönte Film springt zwischen verschiedenen Zeitebenen und Woody Allen tritt gelegentlich aus der Handlung heraus, um direkt in die Kamera zu reden oder um andere Figuren anzusprechen. Mitunter wird die Leinwand geteilt und in beiden Bildhälften fast zeitgleich schwadroniert. Einmal zeigen Untertitel, dass die Akteure anders reden als denken (übernächstes Video), ein andermal wechselt der Streifen kurz ins Comic-Genre. Gute Unterhaltung: Der funkelnde Redemarathon ist vergnüglich und würde teils auch als Buch funktionieren (englische Dialogtexte bei IMDB). Das Ganze wirkt aber…
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Filmkritik Liebes-Komödrama: Take This Waltz (2011, mit Michelle Williams, Seth Rogen) – mit Trailer – 7 Sterne
Margot (Michelle Williams) ist glücklich verheiratet mit dem etwas biederen Kochbuchautor Lou (Seth Rogen). Da zieht nebenan der attraktive Lebenskünstler Daniel (Luke Kirby) ein, und die beiden entwickeln Gefühle füreinander. Margot will die Ehe nicht gefährden, aber der Sog zum anderen wird immer stärker. Der größere Teil des Films handelt davon, wie Margot und Daniel im hochsommerlichen Toronto umeinander schleichen. Alle Zeit der Welt: Dabei reden sie smart und unterhaltsam. Regisseurin. Autorin und Ko-Produzentin Sarah Polley hat schöne Dialoge geschrieben und zeigt auch längere wortlose Passagen. Die emotionale Kurve wirkt fast nachvollziehbar. Im Making-of sagt Polley, dass sie einen Film über Verlangen („desire“) machen wollte, das ist ihr gut gelungen.…
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Rezension norwegisches Ehe-Drama: Happy Happy (2010) – mit Video – 7 Sterne
Zwei Ehepaare leben Haus an Haus auf einem norwegischen Einödhof. Die Beziehungen innerhalb der Paare sind nicht spannungsfrei, und bald werden auch die nachbarschaftlichen Beziehungen brisant. Später kommen noch Rassismus, Homosexualität und Barrack Obama ins Spiel. Dem sehr europäischen, unglamourösen Psycho-Kammerspiel bin ich interessiert gefolgt – auch wenn Joachim Rafaelsen zu penetrant schroff verletzend und Agnes Kittelsen zu aufdringlich naiv positiv agiert; Kittelsen erinnert äußerlich und in der Rolle etwas an Audrey Tautou. Gegen Ende wird es melodramatisch und überfrachtet und ich verstehe nicht, warum Kritiker von einer Komödie reden. Verblüffend auch, dass ein Chor in der Handlung auftaucht, während ein weiterer Chor gelegentlich außerhalb der Handlung ein paar Takte…
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Rezension US-Spielfilm: Love & Basketball (2000) – mit Trailer – 7 Sterne
Der Film begleitet die afroamerikanischen Nachbarn Quincy und Monica über rund 13 Jahre. Erst sind sie Kids, beide spielen gern Basketball. Später werden sie ein Paar, feiern Erfolge im Basketball und – haben so ihre Probleme. Wichtig für den Film sind auch die Familien der beiden Hauptfiguren: beide afroamerikanisch, sehr gut situiert, mit großzügigen, benachbarten Häusern in den gediegenen Baldwin Hills von Los Angeles. Entspanntes Vergnügen: Über weite Strecken ist das ein amüsanter Film mit ein paar schönen Sportpassagen, coolen Sprüchen und lässigem Kuschelsoul. Die etwas versteckte Liebe der Hauptdarsteller Omar Epps und Sanaa Lathan wirkt glaubwürdig, nur in ihren bockigen Momenten erscheint Lathan zu aufgesetzt (Regie und Buch: Gina…
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Rezension Hollywood-Klassiker: Das Apartment (Jack Lemmon, Shirley MacLaine) – 9 Sterne
Brillant geschrieben, sehr gut gespielt. Und die Kamera wirkt zunächst unauffällig, aber der Film zeigt durchgängig durchdachte Arrangements und Perspektiven. Ich hätte nie geglaubt, dass mich ein Schwarzweißfilm von 1960 in schlechter Bild- und Tonqualität so unterhält. Doch dieser Hollywood-Klassiker ist sehr kultiviert, nie schrill, auch mit ernsten Noten, dennoch unterspielt grotesk, das reine Vergnügen. Würde auch als Theaterstück oder als Buch funktionieren. Alle Handlungselemente und Dialoge greifen ineinander und unterstützen sich. Erstmals überhaupt habe ich Zitate auf IMDB nachgelesen. When you’re in love with a married man, you shouldn’t wear mascara. Assoziation: Ein Apartment als Liebesnest für diverse Kollegen, das gibt’s auch in Joseph Hellers Roman Something Happened/Was geschah…
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Rezension Ruhrpott-Spielfilm: Die Abfahrer (1978, Regie Adolf Winkelmann, mit Detlef Quandt; mit Szenen) – 9 Sterne
Der Film hat eine ganz seltene Frische und Unmittelbarkeit. Unterstrichen durch dezidiert unglamouröse Darsteller und Kulissen, ungehobelten Ruhrpottslang, hautnahe Kamera und die erdige, rockig-bluesige Musik der „Schmetterlinge“. Die Laiendarsteller bringen’s: Zahlreiche Mitspieler sind echte Laien, so die Charaktere in der Kneipe, die Brummikapitäne auf dem Rastplatz oder die Frauen im Eckladen, unter ihnen die Mutter des Regisseurs Adolf Winkelmann mit Küchenkittel und AOK-Brille. Vor den Dreharbeiten wurde vier Wochen lang geprobt, unplausibel Klingendes umgeschrieben. Keine Dortmunder Hausfrau, kein Dortmunder Stadtteilmacker klang danach so echt wie die Dortmunder Hausfrauen und Stadtteilmacker aus den „Abfahrern“. Der schließlich festgeschriebene Text wirkt immer noch wie improvisiert – und hat darum eine Lebensnähe, Dichte und…
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Rezension Verkleidungskomödie: Mrs. Doubtfire – Das stachelige Hausmädchen (1993, mit Robin Williams) – mit Trailer – 8 Sterne
Ich habe mich prächtig amüsiert und viel gelacht. Der Erfolgsfilm von 1993 ist – wie die Hauptfigur – einigermaßen kindlich und liefert ein paar neckische Tanz- und Gesangseinlagen, dazu Akrobatik, Maskenkunst, physische Komik und pfiffige Dialoge. Auch dank peppiger Musik bleibt der Film in Schwung, mit Ausnahme von ein oder zwei längeren Dialogen oder Monologen. Regisseur Columbus vermeidet allzu schrille, krasse Szenen wie auch sacharinsüße Rührung. Das Ende ist nicht ganz genretypisch. Schön, dass Hauptdarsteller Robin Williams und Kollegen nicht solche Modeltypen sind wie in heutigen Komödien (nur Pierce Brosnan sieht zu gut aus). Freie Assoziation: das lustige und technisch gute Doubtfire-Hindi-Remake Chachi 420 mit Kamal Hassan der Geschlechtstauschbrüller Tootsie
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Rezension Romantische Komödie: Die Hochzeit meines besten Freundes (1997, mit Julia Roberts, Cameron Diaz) – mit Trailer – 8 Sterne
Das Tempo: spritzig Der Schnitt: flott Die Dialoge: oho Die Schauspieler: voll Energie Jedoch Julia Roberts: göttlich Das ist eine rasante Komödie, und für ein bisschen Situationskomik sehen wir gern über Plausibilitätslücken hinweg. So wirkt der doppelt begehrte Bräutigam (Dermot Mulroney) eher fad und zwischen den Brautleuten fehlt jegliche Chemie, ganz abgesehen von den Konstruktionsfehlern im Plot. Der Film rauscht hysterisch, aber unterhaltsam durch Mikrodramen aller Art und fesselt fast jede Minute (schleudert aber gegen Ende nur knapp am Schmalzalarm vorbei). Die Schauspieler liefern eine Energieleistung, auch wenn Cameron Diaz das Dummchen etwas zu dick aufträgt und sogar Julia Roberts momentweise devot wird („lass mich dich glücklich machen“). Die Zutaten…