Frankreich-Film
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Kritik TV-Spielfilm: Verratenes Glück (2018) – 7 Sterne – mit Video
Ein ruhiger, stimmungsvoller TV-Spielfilm um ein arriviertes Ehepaar mit einem Ehemann auf Abwegen (Xavier Lemaître, Isabelle Carré; Regie Philippe Harel). Besonders gefällt mir Roxane Arnal als junge, unsichere Ehebrecherin, die ganz bei sich ist; sie erhielt einen Nachwuchspreis, ist aber zur Filmmitte bereits im Off. Das Ganze ist betont geschmackvoll ausgestattet und abgelichtet. Der Film spielt in Paris, doch das lässt sich kaum ahnen, und Overtourism-Hotspots meidet die Kamera. Ein paar Dinge störten mich auch: Warum heuert die junge, unsichere Ehebrecherin ausgerechnet in der Teestube der betrogenen Ehefrau an? Eine Motivation dafür ist nicht zu erkennen Der betrügende Ehemann speichert Textnachrichten und Nacktfotos seiner Geliebten auf seinem Handy? Und die…
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Filmkritik: Das Leben ist ein Fest (2018) – 7 Sterne – mit Video
Ein französischer Hochzeitsplaner und sein chaotisches Team richten eine Nobelhochzeit im Schloss aus. Da gibt’s allerlei Chaos mit verdorbenem Essen, unwilligen Angestellten, ehrgeizigen Showsängern und natürlich Liebeshändeln. Im Vordergrund stehen die Bediensteten, die Hochzeitsgesellschaft bleibt in der Kulisse. Gelegentlich erklingt perkussive Jazzmusik – eingespielt von Jazzer Avishai Cohen. Die Regisseure und Autoren Olivier Nakache und Éric Toledano hatten 2011 einen Riesenhit mit Ziemlich beste Freunde gehabt. Ihre Komödie Das Leben ist ein Fest ist halbwegs albern, aber nie grell und peinlich. Einige Figuren sind schlecht definiert, ihr Charakter bleibt unklar oder widersprüchlich. Diese französische Komödie hat sicher viel Wortwitz. Auch die deutsche Synchronisation liefert einige pfiffige Ideen, sie wirkt keinesfalls…
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Filmkritik: Alexander, der Lebenskünstler (1968, mit Philippe Noiret) – 7 Sterne – mit Video
Liebenswerter Bauernschwank aus einem französischen Dorf: Bauer Alexandre (Philippe Noiret) wird von seiner Frau jeden Tag per Walkie-Talkie über alle Felder gehetzt. Dann endlich rafft ein gnädiger Unfall das herrische Weib hinweg, und Alexandre legt sich zwei Monate ins Bett; zuvor lässt er noch alle Tiere frei, und zum Einkaufen schickt er sein gewitztes Hundchen. Die Dorfbewohner fürchten jedoch die zersetzende Wirkung von Alexandres Bett-Lager, denn schon legen weitere Bauern Rechen und Mistgabel nieder. Die rechtschaffenen Dörfler wollen Alexandre mit allen Mitteln wieder zur Plackerei bringen. Die Komödie hat viele witzige Ideen und ist deftig politisch unkorrekt, aber nicht verstörend krass. Sie zeigt reihenweise Außenaufnahmen und Landleben pur mit Kürbisfeldern,…
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Kritik TV-Spielfilm: Eine zweite Chance auf Glück (2018, mit Émilie Dequenne) – 7 Sterne
Drei kultivierte Paare leben in Trennung, ringen um alte und neue Beziehungen, um Sorgerecht, und suchen „eine zweite Chance auf Glück“. Sie agieren ruhig, überlegt, ohne große Ausbrüche, zugewandt noch im Moment der Enttäuschung; sie leiden still unter stillen Erwartungen der Partner. Seinen angenehm langsamen, nicht-hysterischen, nicht zu unrealistischen und in Frankreich preisgekrönten TV-Spielfilm garniert Regisseur und Mit-Autor Jean-Marc Brondolo mit edlen, wenn auch auf Dauer repetitiven Bildern: von zwei Köpfen ist einer unscharf, dann fokussiert die Kamera auf die Gegenfigur; und das oft in dunklen Räumen leicht blaugetont (u.a. mit Émilie Dequenne, Frédéric Pierrot, Marilyne Canto, Laurent Bateau, François Loriquet, Wim Willaert, Pierre Javaux). Schön arrangiert der Auftritt eines…
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Kritik Filmkomödie: Die Ferien des Monsieur Hulot (1953, von und mit Jacques Tati) – 7 Sterne – mit Video
Liebenswert, wie an einem gutbürgerlichen bretonischen Ferienstrand immer wieder kleine, skurrile Missgeschicke passieren, oft ausgelöst vom ungelenken Herrn Hulot/Tati, ausgedacht mit viel Fantasie, aber nie schrill. Eine Geschichte spielt sich hier zwar nicht ab, aber viele kleine, drollige Szenen zum Thema Sommerfrische am Meer. Es gibt kaum Dialoge, fast nur Geräusche – und zuviel immergleiche Musik. Jacques Tati schrieb, spielte und drehte den Film 1953, später schnitt er ihn zweimal neu. Noch später wurde er digital restauriert, und ich habe im Fernsehen eine Fassung in exzellentem Schwarzweiß mit hellen, aber kontrastreichen Tönen gesehen, in wohlkomponierten Bildern.
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Rezension frz. Beziehungsdrama: Die Ökonomie der Liebe (2016, fr. L’économie du couple) – 8 Sterne – mit Trailer
Die Wohnung gehört Marie, doch Ex Thierry will einfach nicht ausziehen. Sie zanken sich um die zwei Töchter, um Entschädigung für Thierrys Renovierungsleistungen und um die Zukunft. Bérénice Bejo überzeugt als junge, beherrschte Frau, die alles kopfgesteuert regeln und nie die Beherrschung verlieren will und kaum damit zurecht kommt, wie ihr doch die Kontrolle entgleitet. Cédric Kahn gibt den unsympathischen Macho, der immer erst im letzten Moment Einsicht und Gefühle zeigt – ohne allzu groteske Übertreibungen. Ein beklemmender, genauer Film (Regie Joachim Lafosse), der fad konventionell endet. Die Handlung spielt allerdings zum großen Teil in einer einzigen Wohnung – so erlesen geschmackvoll wie die Kleidung der Hauptfiguren – und wirkt…
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Filmkritik Komödie: Ein Dorf sieht schwarz, (2016, fr. Bienvenue à Marly-Gomont, engl. The African Doctor) – 7 Sterne – mit 2 Videos
Distinguierte Kongolesen-Familie lässt sich in den 1970ern in einem französischen Dorf nieder und wird von den Alteingesessenen erst einmal kräftig gemobbt. Familienvater Zatoko wollte als Arzt praktizieren, doch seine Dorfpraxis bleibt meist leer. Der Film ist humorvoll, feel-good warmherzig – und schlicht: Hier die dummen verstockten weißen Dörfler; dort die lieben Afrikaner, die all die Ablehnung gar nicht verstehen und sich bald zurück nach Kinshasa sehnen. Trotz der unrealistischen und klischierten Geschichte habe ich öfter gelacht, auch wegen einiger guter Schauspieler und kurioser Einfälle. Die Geschichte wird so positiv wie irgend möglich erzählt. The African Doctor zeigt das Leben des Vaters des französischen Rappers Kamini. Er veröffentlichte schon 2006 das…
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Rezension Frankreich-Komödie: Der Auftragslover (2010, mit Vanessa Paradis; mit Trailer) – 8 Sterne
Herrlich, die Franzosen: Lässig, elegant, chic, und doch nicht aufdringlich pompös dabei. Keine Schrillitäten, keine „Comedy“ mit Ausnahme des fehlplatziert grobmotorischen Bodybuilders. Entspannt ironisch, nonchalant spöttisch. Leicht schräges Handlungskonzept, scharfe Dialoge und sehr intelligente, dabei charmante Kamera. Vanessa Paradis spielt spröde, ohne kalt zu wirken, und fasziniert. Beau Romain Duris erinnert mich zeitweise an den Tamilkino-Schönling Dhanush in der Phase von Yaaradi Nee Mohini.
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Rezension Frankreich-Spielfilm: LOL (2008, mit Sophie Marceau; mit Trailer) – 8 Sterne
Und wieder, die Franzosen: Dieser Film ist jung, modern, lässig, sexy, cool, beschwingt, chic, rhythmisch, unpeinlich, pfiffige Dialoge, schön gefilmt rund um ein schönes Mutter-Tochter-Team in Paris mit Sophie Marceau. Das Ganze unaufdringlich, unaufgeregt, unblöd. J’aime bien. Die amerikanische Neuverfilmung interessiert mich nicht, auch nicht von der selben Regisseurin. Im Jugendwerk La Boum war Marceau noch nicht in Hochform.
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Rezension Frankreich-Komödie: Zazie (1960, Regie Louis Malle) – 3 Videos – 8 Sterne
Überbordend mit vergnüglich skurrilen, bizarren und gern auch deftigen Einfällen. Die Akteure bewegen sich oft wie aufgezogen, man denkt an Stummfilme (frz. Titel Zazie dans le métro). Freches Vergnügen ohne Hollywood-Seife: Regisseur Malle spult seine Kaspereien mit ausgelassener, sinnfreier Freude ab, die mitunter an Bollywoodkracher etwa von Manmohan Desai erinnert. Er serviert mehr Spaß und Action pro Minute als manche Filme über die gesamte Länge; dazu rattert und klappert die Spielbudenmusik, sich selbst veräppelnd. Die zehnjährige Hauptdarstellerin Catherine Demongeot ist niedlich, aber unsentimental. Die sexuellen Untertöne entfernen Zazie aber weit von Bollywood oder Disney. Die Bilder – ein Farbfilm von 1960 – wirken ungemein präsent und gut arrangiert, sicher auch…
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Rezension Jazz-Spielfilm: Um Mitternacht (Round Midnight, Regie Bertrand Tavernier, 1986; mit Trailer) – 7 Sterne
Das ist sehr edel gefilmt, selten zuvor sah ich Musiker so schön in Szene gesetzt – und das ohne Hektik. Aber auch außerhalb des Jazzclubs Blue Note glänzt die Kamera, schwenkt immer wieder langsam und beobachtend horizontal oder diagonal durch den Club und durch komplette Wohnungen – mit langen Einstellungen, wenig Schnitten, ein herrlich träger Film, der sich nur selten den Zwängen einer Handlung unterwirft. Gute Musik: Zudem spielt Dexter Gordon provozierend langsam, teils verschlagen – und er spricht auch so: das Englisch im O-Ton verstehe ich kaum, ich habe die Untertitel mitlaufen lassen. Die selbstzerstörerische Ader der Hauptfigur tritt nicht stark hervor, es gibt kaum Agonie. Der Jazz klingt…
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Rezension Frankreich-Spielfilm: Liebe mich, wenn du dich traust (Frankreich 2003) – mit Trailer – 7 Sterne
Verblüffende visuelle und erzählerische Einfälle. Eine anziehende Hauptdarstellerin Marion Cotillard und frech altkluge Kinderdarsteller. Doch zu oft sülzt La vie en rose in verschiedenen Versionen durch den Film, beißt Cotillard auf ihre Unterlippe. Farben und Schärfe erscheinen nie natürlich, sondern immer auf unterschiedliche Art „gegradet“. Aber das passt vielleicht auch, denn der über lange Strecken vergnügliche Film driftet schließlich ins Fantastische ab. Unterhaltsam, aber nicht ernstzunehmen.
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Französischer Spielfilm in der Kritik: Happy End mit Hindernissen (2004, mit Johnny Depp, Charlotte Gainsbourg) – mit Szene – 7 Sterne
Offenbar gibt es viele Franzosenfilme, die um Sex, Alkohol, Untreue, Nikotin kreisen. Dies ist für mich einer der besten. Warum mir der Film gefällt: eine ordentliche Prise Humor konterkariert die ernsteren Stellen, aber unaufdringlich und ohne jedes Comedygekreisch interessante Dialoge, gelegentlich verblüffend unterhaltsam durcheinander geschnitten sehr gelungene, intelligente Kamera schöne, lang ausgehaltene Szenen nicht zu vulgär keine Verbitterung, keine Schocks, entspannter Verzicht auf alles Spektakuläre wiederkehrende Motive, die dem Film Rhythmus und Halt geben lässige Figuren mit heiterem Parlando, nicht zuletzt auch die Eltern-Figuren aus dem Märchenbuch (engl. Happily Ever After, frz. Ils se marièrent et eurent beaucoup d’enfants, dt. Happy End mit Hindernissen) Charlotte Gainsbourg hat enorme Ausstrahlung. Beim…
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Französischer Spielfilm rezensiert: 5X2 – Fünf mal zwei (2004) – mit Trailer – 7 Sterne
Tja, die Franzosenfilme: Reden, Erotik, Alkohol, Zigaretten, alles mit Stil – und wenn kein Sex geht, dann zumindest Reden über Sex. Aber es geht einiges, und das Prädikat FSK16 ist sehr berechtigt, oder sollte es FSK 18 sein? Mir war es teils zu fleischig, in Bildern und verbal, und mit zu wenig Stil. Harte Schale, weicher Kern: Eine ernste Geschichte, recht überzeugend präsentiert. Eine blonde Valeria Bruni Tedeschi, Schwägerin von Nicolas Sarkozy, spielt eine verletzliche Frau hinter robuster Fassade. Stéphane Freiss gibt überzeugend den kultivierten Frauenverbraucher (Regie François Ozon, frz. Titel schlicht 5×2). Der Film zeigt also fünf Episoden, die zeitlich letzte zuerst, anschließend geht es Schritt für Schritt weiter…
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Filmkritik Tunesier in Südfrankreich: Couscous mit Fisch (2007) – mit Trailer – 7 Sterne
Die meiste Zeit passiert: nichts. Stattdessen erleben wir ausgedehnte, impulsive Palaver im Familienkreis – vor allem Tunesier, einige Franzosen, viele Charakterköpfe; die Handkamera schwirrt ständig unruhig von Sprecher zu Sprecher, darin etwas an Monsoon Wedding erinnernd. Es gibt auch längere Kochszenen, einen erbitterten Monolog und einen schlichten Bauchtanz. Nur eben sehr wenig: Handlung. Und das über 2:35 Stunden. Sehr schön jedoch die Nähe, der scheinbar absolute Realismus, das gänzlich unglamouröse, improvisiert wirkende Alltagsklima mit ein paar zu vielen Wortwiederholungen in den Dialogen. Die Kakophonie der ausgedehnten Familie wurde erstaunlich gut ins Deutsche synchronisiert (Regie und Buch Abdellatif Kechiche, dt. Titel Couscous mit Fisch, frz. Titel Couscous). Hält die Kamera einmal…
- Asien, Film, Frankreich-Film, Gut, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Spielfilm, Südostasien, Vietnam
Rezension französischer Vietnam-Film: Der Liebhaber (1992; mit Trailer) – 7 Sterne
Schwüle Fantasie über eine blutjunge Französin und ihren exotischen, chinesischen Lover vor tropischer, nostalgischer, teils überdeutlich künstlicher Kulisse. Sehr aufwändig, sehr edel, sehr klischiert vom einstigen Werbefilmer Annaud in Szene gesetzt. Das Mekong-Delta dient als pittoreske Location für ein Frau-Mann-Drama, der Film sagt aber nichts über Südostasien. Er sagt auch nicht viel über die Figuren. Über weite Strecken kaum glaubhaft oder nachvollziehbar. Hübsch anzuschauen, wenn man nicht lange drüber nachdenkt. Was genau bei den Erotik-Szenen passierte und wer da wirklich agierte, das beschäftigte die filmi community noch lange. Assoziation: Offenkundige Parallelen zum Kambodscha-Spielfilm The Sea Wall / Heiße Küste, ebenfalls auf Marguerite-Duras-Basis.
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Rezension Action-Komödie: OSS 117 – Er ist sich selbst genug (2009) – 3 Videos – 7 Sterne
Ein derber Dumme-Jungs-Spaß. So respektlos über Juden, Franzosen, Amerikaner, Nazis, Frauen, Deutsche, Krokodile, Sex, Hippies, Gott und die Welt herziehen, das trauen sich wohl nur die Franzosen. Mir stockte teils der Atem, was die sich erlauben. Teils eine Parodie auf mentalem Schülertheaterniveau, doch mit viel mehr Budget, geschliffenen Dialogen und unterhaltsamen Multi-Split-Screens. OS 117 – Er ist sich selbst genug macht viel Spaß (Originaltitel OSS 117: Rio ne répond plus). Jean Dujardin spielt den Trotttelspion mit ölig triefendem Charme, Lust am Skurrilen und entzückend markanter Physiognomie. Seine Lachanfälle allein. Bei aller Bizarrerie vermeidet Regisseur Michel Hazanavicius allzu schrille Szenen in dieser Komödie, es wird nie trashig. Und dieser Film hier…
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Franz. Spielfilm rezensiert: Der Swimmingpool (1969, mit Romy Schneider, Alain Delon, Jane Birkin) – 7 Sterne
Vom Pool zur Terrasse. Von der Terrasse in die Küche. Von dort weiter ins Schlafzimmer. Langsam, ja faul folgt die Kamera den Wegen der Darsteller – und den knusprig gebräunten Kurven Romy Schneiders. Die Sommerhitze liegt über Südfrankreich, man überhastet nichts. Ich habe leider nur einen Monat Ferien, sagt die Delon-Figur einmal; damals hatte man noch Zeit. Die Blicke gehen hin und her, geredet wird erfreulich wenig. Ein genüsslich träges Beziehungsdrama meist ohne viel „Drama“, aber mit mediterranem Flair und reichen und schönen Menschen, die trotzdem leiden (frz. Titel La Piscine, nicht zu verwechseln mit dem Thriller Swimming Pool (2003) mit Charlotte Rampling, der ebenfalls in Frankreich spielt). Die Stilisierung…