Romankritik: Die Ladenhüterin, von Sayaka Murata (2018) – 3 Sterne

Ich-Erzählerin Keiko Furukura hat ihr Studium abgeschlossen, bleibt aber weiter kleine Angestellte in einem Tokioter Minimarkt (einem Konbini). Sie redet bewusst wie ihre Kollegen, kleidet sich wie ihre Kollegen, isst nur den Fraß aus dem Minimarkt, oft im Hinterzimmer des Minimarkts. Sie pflegt wenig Kontakte außerhalb des Ladens. Aufdringlich betont sie, wie sie im System aufgeht:

Für mich war es das Wichtigste, ein funktionierendes Mitglied des Konbini zu sein… in Uniform waren wir alle gleich… Natürlich wünschte ich mir, ein brauchbares, funktionierendes Werkzeug zu sein.

Subtil geht anders. Die Ich-Erzählerin denkt nicht an Beziehung oder Kinderkriegen, hält Babys und streunende Katzen für ähnlich, hat kaum menschliche Empfindungen, Essen ist für sie mechanische “Futter”-Aufnahme. Auch die Kollegen der Hauptfigur zeichnet Autorin Sayaka Murata eindimensional: Der eine redet zu laut, die andere kleidet sich aufdringlich, Außenseiter Shiraha erscheint als grobe Karikatur, allerdings nicht lustig, sondern wirr.

Solche Legofiguren wackeln durch das Buch. Sayaka Murata (*1979) spielt ein Konzept durch, der Roman ist eine Kopfgeburt – auch wennn Murata selbst viele Jahre in einem Minimarkt arbeitete und Interna aus Mitarbeitersicht streut.

Bis ungefähr Seite 60 von 147 passiert nicht viel, die Ich-Erzählerin kultiviert die Monotonie. Dann erst entsteht etwas Unruhe in dem drögen Minimarkt. Der Bestseller und Kritikererfolg ist so kurz, dass meine aufbau-TB-Ausgabe die Leseprobe eines anderen Romans anhängt – das habe ich schon sehr lange nicht gesehen.

Die renommierte Murakami-Übersetzerin Ursula Gräfe hat Sayaka Muratas Roman unauffällig übersetzt und ein paar Fußnoten angefügt. Andere Dinge erklärt sie nicht, z.B. Anreden wie “Sag mal, Frau Furukura, bist du…” Gelegentlich schienen mir Sätze zu verschachtelt.

Assoziation:

  • Naoise Dolan, Autorin der Aufregenden Zeiten, mag doch tatsächlich die entpersönlichte Hauptfigur aus Sayaka Muratas Ladenhüterin (Quelle) – aber irgendwie passt es auch

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