Lena Christ erzählt viele kurze, unverbundenene, humoristische Anekdoten vom Dorf um 1918. Sie schwafelt nicht lang rum, sondern schreibt zackig knapp über ihre typischen Themen vom Bauernstand: Pokern und Schachern um die geldigste Hochzeiterin; Kälber, Ferkel, Hunde und Gockel; Streit mit dem Gespons, dem Nachbarn, der anderen Generation; uneheliche Kinder; Missachtung und Ausbeutung der Alten; Heirats- und Hundevermittler (“Schmuser”); (keine) Rückkehr aus dem Krieg; Statusgehabe der Bossbäuerin; Sterben, Erbschaft, Erbzank; Nachbarschaftsdiplomatie; Gier, Missgunst & Betrug.
- Amazon-Werbelinks: Bayern-Bücher | Gerhard Polt | Oskar Maria Graf | Ludwig Thoma | Lena Christ
Kalauer:
Fast immer erinnert der Ton an einen Bauernschwank, nur einmal wird Christ besinnlich. Und auffällig: Liebe, Triebe, Herz, Schmerz und dies und das figurieren gar nicht.
Lena Christ (1881 – 1920) schreibt erfreulich dialogreich und in der wörtlichen Rede mit viel drolligem und kreativem oberbayerischem Bairisch. Auch die Erzählstimme hat einen unterhaltsam bayerischen Einschlag samt manchmal triefender Ironie (“er liebt den Trunk zur guten Stund und noch mehr zur schlechten”). Die 17 Kurzgeschichten enden abrupt, keine hat mehr als fünf oder acht Seiten. Das liest sich federleicht.
Teils zu konstruiert:
Christ kredenzt zwar keine platten Bauernschwänke, und der Humor wird nie unfreiwillig. Aber so sozial scharfäugig wie ihre Rumplhanni sind die Bayerischen Geschichten nicht. Einzelne Stories wirken zu konstruiert, unrealistisch. Die Geschichte Lord wirkt wegen des Ich-Erzählers untypisch, auch sonst scheint hier ein anderer Ton zu herrschen; auch die Geschichte Dorfdummerl hat einen Ich-Erzähler, sonst aber den üblichen Lena-Christ-Sound.
Freie Assoziation:
- Auf dem Dorf spielen auch Lena Christs Madam Bäuerin (insgesamt sehr ähnlich, sogar auch mit einem Schiermoserpaar, aber mit Städter-Besuch) und ihre Rumplhanni (schärfer, pointierter, mit Wechsel nach München)
- Pfiffige, schnelle Kurzgeschichten aus dem Oberbayernbauernalltag – das liefert Lena Christ hier in den Bayerischen Geschichten viel überzeugender als in ihren Lausdirndlgeschichten
- Natürlich erinnert der Bauernteil an die Romane und Memoiren von Oskar Maria Graf, ich dachte vor allem an die Spekuleure und Außenseiter der Chronik von Flechting.
- Amazon-Werbelinks: Bayern-Bücher | Gerhard Polt | Oskar Maria Graf | Ludwig Thoma | Lena Christ
1912 Erinnerungen einer Überflüssigen (7 Sterne) Milieu: 1/4 Dorf, 1/4 Kloster, 2/4 München, u.a. Wirtshäuser, große Bürgerhochzeit Besonders: Memoiren, nicht Fiktion 1913 Lausdirndlgeschichten (5 Sterne) Milieu: Kinder und Erwachsene a.d. Dorf u.i.d. Stadt Besonders: sehr kurze Geschichten aus Kinderperspektive 1914 Mathias Bichler (5 Sterne) Milieu: Dorf, Pflegekinder, Kirchliches, Brauchtum, Walz im Alpenland Besonders: Religiös märchenhafter Kinderbuchton, männl. Ich-Erzähler 1914/15 Unsere Bayern anno 14/15 (7 Sterne) Milieu: 3/4 München, 1/4 Dorf; Auswirkung des Kriegs auf Heimat Besonders: viele kurze nüchterne Geschichten; gutes Bairisch in Dialogen 1916 Die Rumplhanni (8 Sterne) Milieu: 3/4 Dorf, 1/4 München, dort u.a. Gefängnis, Wirtshaus Besonders: scharfe Dialoge, auch Erzählstimme im Dialekt, extra "bairisch" 1919 Bauern: Bayerische Geschichten (7 Sterne) Milieu: Hofbesitzer auf dem Dorf Besonders: viele kurze unverbundene humoristische Kurzgeschichten 1920 Madam Bäuerin (7 Sterne) Milieu: Städter und Dörfler auf dem Dorf Besonders: relativ breiter, schenkelklopfender Humor Wie bei allen Büchern von Lena Christ oder auch aus Papua-Neuguinea hätte ich gern ein Glossar für fremde Ausdrücke und Sitten. Schon das "Jungfernkrönlein" (in Erinnerungen einer Überflüssigen und in Mathias Bichler) konnte ich mit Google nicht eindeutig klären. Und was sind "schwarze Blonde"? Meine Lena-Christ-Taschenbücher von dtv liefern keine Hintergründe. Ausführlich kommentiert dagegen Walter Schmitz in Lena Christs Gesammelten Werken 1 – 3 im Süddeutschen Verlag (offenbar zumindest in der Auflage von 1988/89/90, evtl. nicht bei früheren Auflagen). Ich kenne davon nur den 2. Band mit Rumplhanni und Unsere Bayern – er liefert genaueste bi/bli/ografische Aufklärung, aber kein Oberbayerntumglossar.Lena Christ bei HansBlog.de:
Bücher bei HansBlog.de:
- Westliche Länder: Gute Belletristik oder gute Sachbücher oder westliche Bücher insgesamt
- Romane aller Länder: Die guten (7+ Sterne), die annehmbaren (4 – 6 Sterne), oder alle
- Bücher mit Humor: Alle oder nur die guten
- Sachbücher: Alle (oder nur die guten) oder alle aus Europa
- England-Romane: Die guten, die annehmbaren, oder alle
- USA-Romane: Die guten, die annehmbaren, oder alle
- Deutschland-Romane: Die guten, die annehmbaren, oder alle
- Indien-Romane: Die guten oder die annehmbaren oder alle
- Alle Kurzgeschichten-Bände (oder nur die guten)