Vor jedem kurzen Kapitel gibt es zwei Listen mit gekauften und mit tatsächlich gelesenen Büchern. Listen mit geschenkten oder geliehenen Büchern gibt es nicht; bei einzelnen gelesenen Büchern steht jedoch „not bought”. Büchereien spielen keine Rolle.
Mindestens fünfmal bringt Nick Hornby mehrseitige Textproben aus Büchern, die er bespricht, so aus einem Autismusbuch, aus David Copperfield, aus Twenty Thousand Streets under the Sky von Patrick Hamilton und aus der Graphic Novel Persepolis von Marjane Satrapi.
Leben mit Büchern:
Leidenschaftliche, triebgesteuerte Buchfresser finden sich in Hornbys Zeilen wieder, z.B. wenn er über sinnlose Buch-Impuls-Käufe schreibt:
pure maybe-one-day whimsy, doomed to top–shelf oblivion
Man fühlt sich auch wiedererkannt, wenn bei Hornby Bücher plötzlich zu kurz, zu lang oder zu langweilig sind und so die sorgfältige Lektüre- und Urlaubsplanung katastrophal zerstören.
Dass Nick Hornby zu viele Bücher kauft und sich dessen trotz krankhafter Symptome nicht schämt, gesteht er gleich im zweiten Kapitel:
I don’t want anyone writing in to point out that I spend too much money on books, many of which I will never read. I know that already. I certainly intend to read all of them, more or less. My intentions are good. Anyway, it’s my money. And I’ll bet you do it too.
Rockmusik und Autismus:
Man kann auch Pech haben, dann redet Nick Hornby drei Seiten lang über schlichte Rockmusik (um am Schluss zu sagen, dass diese ihn im Konzert so berührt habe, dass er 14 Tage lang kein Buch lesen konnte). Zu ausführlich widmet er sich auch Büchern über Autismus, die er aus familiären Gründen zugeschickt bekommt. Er rettet die Situation gelegentlich mit deftiger Selbstironie und kleinen Tabubrüchen.
Ungefähr zur Mitte klingt er selbstverliebt und obsolet, die immer gleich langen Kapitel wirken stilistisch und inhaltlich repetitiv trotz Schreibtalents, witziger Einfälle und immer neuer Bücher. Ganze Passagen klingen gelegentlich nach Seitenfüllern. Dazu lange Absätze über Hornbys Schreiberkumpels, unverständliche Anspielungen und Insider-Witze sowie kaum nachvollziehbare Anmerkungen über die ursprünglichen Auftraggeber.
So fledderte ich das Buch schließlich nur nach den mich interessierenden Rosinen und bedauerte, dass ich alle mich interessierenden Hornby-*Romane* schon kenne. Zumal das letzte Kapitel, in dem es um verschiedenste Todesfälle geht, betrachtete ich nur oberflächlich.
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Verrisse verboten:
Hornby schreibt einen subjektiven, charmant-liebenswerten Tonfall, in dem er sich selbst nicht ganz ernst nimmt – und doch seine Büchersucht leidenschaftlich, wenn auch sehr subjektiv, verteidigt. Er klingt anders als Profikritiker und Heimrezensenten.
Allerdings: Verrisse haben die ursprünglichen Auftraggeber per Konzept ausgeschlossen. Sie wünschten
only acid-free literary criticism
Einerseits kann man sich den netten Onkel Nick H. ja gar nicht als grimmigen Buchver- und -zerreißer vorstellen; andererseits sagt er selbst, zum Leseralltag gehörten
boredom and, very occasionally despair,
Aber, fast kein Wort davon hier, außer ein bisschen Anonymisiertes, in diesem Buch. Einen Verriss verpackt er so:
The last four hundred and eighteen pages nearly killed me, and I wish I were speaking figuratively.
Zu einem Buch des Kritikers Cyrill Connolly sagt Hornby jedoch wenig acid-free:
Cyril, you utter ass… Have another look, mate.
Bücher und Autoren (ich gendere nicht) aus hansblog.de, die Hornby kauft und/oder liest:
- Blake Bailey über Richard Yates und Zeiten des Aufruhrs
- Paula Fox
- Tagebuch eines Skandals
- Towards the End of the Morning und The Trick of It, von Michael Frayn
- Adrian Mole und die Achse des Bösen
- Amateur Marriage, von Anne Tyler (Hornbys ständiges Tyler-Lob brachte mich auf diese Autorin)
Nick und Hans:
Die wahre Qualität von Hornbys Buch zeigt sich natürlich darin, dass Nick Hornby häufig Hans D. Blogs Lesegewohnheiten und -vorlieben bestätigt – etwa mehr Bücher zu kaufen als zu lesen, auch gebraucht Gekauftes zum Pfennigpreis. Oder fast alles Gelesene wieder zu vergessen. Oder „horrific violence“ abzulehnen (warum walzt er nach dieser Ablehnung die Gewalttat breit aus?).
Oder diese schöne Beobachtung des Autors: Er will nicht durch seine Sprache Aufmerksamkeit erregen, er müht sich vielmehr, seine Sprache unauffällig glasklar zu machen. Ein Buch in komplizierter Sprache, meinen Hans D. Blog und Nick Hornby gemeinsam,
tends to be admired by critics more than by book buyers, if the best-seller lists can be admitted as evidence: the literary novels that have reached a mass audience over the last decade or so usually ask readers to look through a relatively clear pain of glass at their characters.
Oder hier, woher kennt er mich:
Very few of us pick up a book after the children are in bed and the dinner has been made and the dirty dishes cleared away. We’d rather turn on the television.
Und auch richtig:
I treat personal book recommendations with the suspicion they deserve
Nicht zu vergessen:
Usually you’re just happy as hell to have chalked up another one up on the board
Lobenswert zudem:
I have always prized the accessible over the obscure
Nick Hornby schimpft auch berechtigt auf Klappentexte, die zu viel Inhalt verraten, z.B. eine dramatische Wende, die erst auf Seite 96 passiert.
Ein Gegensatz zu Hans D. Blog jedoch: Hornby singt ein Loblied auf wortreiche, breit ausgemalte Romane – er lobt Dickens mit seinen zahllosen Nebenfiguren, liefert gleich drei Seiten Textprobe mit – und verspottet knapp formulierte Romane unter anderem aus dem Iowa Writers Workshop. Meinte er damit auch meine Helden Ernest Hemingway und Iowa-Absolvent Raymond Carver? Spott ernten zurecht Autoren, die über Autoren schreiben müssen.
Assoziation:
- Wie Hornby hat auch die englische Literaturkritikerin Lucy Mangan in ihrem Buch Bookish: How Reading Shaped Our Lives die Kategorie “Things I feel I might like and will get to in the fullness of time, but certainly not within what normal people would call a reasonable period”.
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