Lustiger Roman rezensiert: Adrian Mole und die Achse des Bösen, von Sue Townsend (2006) – 7 Sterne

Und schwups hat man hundert Seiten gelesen, so leicht geht das runter, wenn auch anfänglich weniger lustig. Ab der zweiten Hälfte wird es bitterer, aber gleichzeitig auch humorvoller.

Es ist ein Roman auf einer sehr geraden Zeitachse mit einem Kapitel pro Tag; es könnte auch ein normaler Roman sein: das Tagebuchschema spielt, anders als in “Das Intimleben des Adrian Mole, 13 3/4 Jahre”, keine wirkliche Rolle.

Autorin Sue Townsend verbrachte den Großteil ihres Lebens in Leicester, dem Wohnort des Hauptakteurs Adrian Mole, in dem sie 2014 auch starb. Ist es dort wirklich so schlimm wie beschrieben? Gibt es angriffslustige Schwäne und eine Wohnanlage names Rat Wharf, die ihrem Namen alle Ehre macht?

Stärken:

  • Schön konstruiert, wie Ratten und Schwäne die Macht ergreifen, wie Adrian weiter und weiter in Heirats-, Schulden-, Vaterschafts- und sonstige Fallen tappt, jedes Fettnäpfchen stolz erobernd: Schlimmer geht’s immer. Der heraufziehende Irakkrieg untermalt das private Katastrophenszenario.
  • Abbau und Geldgier altehrwürdiger Institutionen werden bitter, aber amüsant ausgemalt: Banken versorgen den hochverschuldeten Adrian mit weiteren Schecks und Kreditkarten, Banken mahnen 58 Pfund an und berechnen 25 Pfund Mahngebühr, Postfilialen schließen reihenweise (wie später auch im letzten Band, Die schweren Jahre nach 39), das Krankenhaus berechnet 2,5 Pfund extra fürs Kopfkissen, die Krankenschwestern sind sich für ihre Arbeit zu schade, der Rechtsanwalt verlangt 50 Pfund fürs Brieflesen.
  • Die skurrilen Eltern mit ihrem Wohnungsbau auf dem schlammigen Acker.
  • Der bittere und doch liebevolle Sarkasmus des blinden Nigel mit seinem Charakter-Hund Graham. Denkt Autorin Townsend hier an ihre eigene, allmähliche Erblindung?

Nachteile:

  • Die wenig unterhaltsame erste Hälfte.
  • Lieblose Übersetzung von Marlies Ruß (Lektorat wird nicht genannt), die gegen Ende empörend schlecht wird. Mehrere dicke Grammatikfehler.

Fazit:

Nicht so gut wie das pubertär aufgeheizte “Das Intimleben des Adrian Mole, 13 3/4 Jahre”, aber dank einer starken zweiten Hälfte mit viel trockenem Humor jedenfalls besser als “Die Cappuccino-Jahre: Ein Adrian-Mole-Roman”.

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