• Deutschland,  Produkt,  Reise

    Heftkritik: Globetrotter Magazin Frühjahr 2023 (Ausgabe 29)

    Im neuen Globetrotter Magazine Frühjahr 2023 vermisse ich Deutsch, Bindestriche und mehr. (Ich meine die Ausgabe 29 auf Papier, hier online.) Reden die im Laden auch so? In einem herausgehobenen Zitat sagt „Redakteur Globetrotter Magazin“ Morris Shepherd allen Ernstes (S. 87): Ein schön designter und allein tragbarer Midlayer ist der Doppelagent im Zwiebelprinzip. Nee, ist klar, Herr Redakteur, ein Midlayer als Doppelagent im Zwiebelprinzip. Nachhaltig mit Allrad Das Heft erscheint mit „CO2-Kompensation“ und blauem Engel auf FSC-„Papier aus Recyclingmaterial“; auch die Druckerei ist „FSC®-zertifiziert“ (jew. S. 146). Der Leitartikel auf Seite 3 feiert „besonders nachhaltige Produkte im Globetrotter Sortiment“; die Beiträge innen handeln vom Radeln und Wandern. Und die Anzeigen?…

  • Annehmbar,  Buch,  Deutschland,  Filmbuch,  Sachbuch

    Kritik Sachbuch: Drei Zimmer Küche Porno, von Philip Siegel (2017) – 6 Sterne

    Fazit: Philip Siegel schreibt eingängig, leicht lesbar, meist reportage-artig im Präsens mit viel Dialog und ein paar überraschenden Details. Aber seine Akteure und ihr Hobby sind öde, und auch Siegels Erzählstil erregt mich nicht. Amazon-Werbelink: Philip Siegel Kontaminierte Salzstangen: TV-Journalist Philip Siegel berichtet hochdetailliert von Rudelsex-Dreharbeiten – samt kontaminierten  Salzstangen, Kinderschritten im Hausflur und Last-Minute-Ejakulation bei erschlaffendem Kameraakku. Siegel konzentriert sich weitgehend auf unscheue Amateure in Deutschland, berichtet ihre bürgerlichen Berufe, aber sonst nicht viel: Nah kommt man keiner Figur, alle interessieren sich bei Siegel nur für ihren Hochleistungssport; und der erscheint monoton und strikt vorgezeichnet, so abwechslungsreich wie Spülmaschine-ausräumen. Mehrfach merkt Siegel an, er finde die Szene unerotisch, Akteure…

  • Annehmbar,  Biographie,  Buch,  England,  Sachbuch

    Kritik Memoiren: Joseph Anton, von Salman Rushdie (2012) – 5/10 Sterne – mit Links

    Fazit: Salman Rushdie schreibt meist flüssig, fast journalistisch und halbwegs spannend. Doch das Buch funkelt nie, es gibt keinen Dialog und keine Vertiefung in andere Charaktere als Rushdie. Es ist eine nicht endende Reihung immer neuer Komplikationen über viele 100 Seiten: Todesdrohungen, bizarre Ex- und quengelnde oder hohle Neu-Frauen, Trennung vom Sohn, wankelmütige Verlage und Politiker, Krebstode im Umfeld, öffentliche Attacken, ständige Wohnungsnot, drakonische Sicherheitsvorschriften. Dazu kommen Rushdies Selbstgerechtigkeit, Weinerlichkeit, Eigenlob und Wiederholung immer gleicher Positionen. Ein fähiger nicht-autorisierter Biograf könnte den Stoff besser liefern. Amazon-Werbelinks: Salman Rushdie allgemein | Joseph Anton Leben mit der Fatwa: Man denkt beim Lesen zunächst an eine allgemeine Autobiografie Rushdies, und so steht’s auf…

  • Deutschland

    Radio-Podcasts mit *langen* Gesprächen

    Die großen Radio-Talks: Schriftsteller, die ein Buch und Regisseure, die einen Film bewerben wollen, kommen zu langen Gesprächen in die öffentlich-rechtlichen Radiosender. Jeder TV-Komiker und jede Tatort-Standby-Leiche darf auch. Gäste ohne Verkaufsinteresse scheinen selten. Die rund einstündigen Gespräche (inkl. Musik) heißen z.B. „Eins zu Eins. Der Talk“ (BR2) oder „Doppelkopf“ (HR2). Mit Glück wird ein interessantes Gespräch daraus – nicht nur inhaltlich, auch atmosphärisch. Manche Talk-Formate spielen Musik, teils von den Gästen gewünscht und erläutert. Oft läuft die Musik im Podcast (anders als bei der linearen Ausstrahlung) nur 30 sek lang oder wird ganz herausgeschnitten. So konzentriert man sich auf das Gespräch und wird nicht von unerwünschter Musik belästigt. BBC4…

  • Annehmbar,  Biographie,  Buch,  Sachbuch

    Kritik Memoiren: Die Einwilligung, von Vanessa Springora (2020, frz. Le Consentement) – 7 Sterne

    Diese Memoiren sind nach meinem Geschmack, denn Männer werden in die  Ei  Tonne getreten: Der Vater ein bindungsunfähiger Wüterich mit Sexpuppe Schon als Kind Begegnung mit Exhibitionist Die Liebhaber der Mutter sagen der nachts hörbar „Dreh dich um“ und sonst nicht viel Der viel ältere Verehrer hat Glatze, dazu passend das „gefräßige Lächeln eines großen blonden Raubtiers“ und betreibt „eine Gehirnwäsche machiavellistischer Dimension“ Ein Frauenarzt schlägt anlassbezogen vor, ihr Jungfernhäutchen mit dem Skalpell zu entfernen, redet mithin „von medizinischer Vergewaltigung oder von einem barbarischen Akt“ Ein älterer Philosoph mahnt sie, die ungleiche Beziehung zu ertragen, „sich seinen Launen zu beugen“ Anklage: Die „Einwilligung“ ist eine schlecht geschriebene Anklage, gegen Ende…

  • Annehmbar,  Buch,  Deutschland,  Lustig,  Sachbuch

    Buchbesprechung: Aus dem Leben eines Lohnschreibers, von Joseph von Westphalen (2008) – 6 Sterne

    „Lohnschreiber“ sind manchmal auch „Zeilenschinder“: Joseph von Westphalen (*1945) quasselt und quasselt hier, von Hölzchen auf Stöckchen, schmückt aus, schiebt ein, imaginiert, reminisziert, selbstgefällig, geschwätzig, ja logorrhoisch kommt und kommt er nicht zum Ende. Hat man eine Geschichte endlich durch, stehen ganz am Buchende noch mal  separate Anmerkungen dazu – mehrfach mit dem Hinweis, dass die Geschichte „um einiges kürzer“ (S. 238) schon woanders erschien (soviel zur Verlagswerbung „Zehn neue Geschichten“) und mit der Anmerkung, „ich muss hier nicht weitere Anmerkungen anfügen“ (S. 247), um sogleich (sicher ironisch) eine weitere Seite anzumerken. Und einiges aus diesem vermeintlichen Lohnschreiberleben ist halb erfunden: von Westphalen gliedert seine Geschichten in „halb wahr“, „fast…

  • Belletristik,  Buch,  Frankreich,  Gut,  Historisches Buch,  Hot Country Entertainment,  Mediterran,  Roman

    Kritik Roman, Essay: Hintergrund für Liebe, von Helen Wolff, Marion Detjen (2020) – 8 Sterne

    Ich mag pathosfreie Romane über Liebe, ich mag Mediterranien; und ich mag Schriftstellerbiografien, sofern die Protagonisten auch außerhalb der Schreibstube was erlebten. All das bekomme ich hier luftig leicht, frisch und lebendig. Fein. Dichtung Im Roman Hintergrund für Liebe schildert Helen Wolff ihr südfranzösisches Liebes- und Landleben schmalzfrei mit Herz, feinsinnig, mild selbstironisch, unaufdringlich originell und mit teils unbürgerlichen Ansichten. Eine sympathische, eigenwillige Erzählstimme. Auf fällt, dass die Ich-Erzählerin gern Ansagen von Männern bekommt: ((Ich)) tue, was ein fremder Herr von mir will: Ich belege einen Platz im Autobus nach Toulon. Ohne klare Anweisungen fehlt ihr was, so kurz nach einer Trennung: Ich bin ein paar Tage Frau gewesen und…

  • Belletristik,  Buch,  England,  Gut,  Kurzgeschichten,  Lustig

    Kritik Kurzgeschichten: Jeder liest Drecksack/Everyone’s Reading Bastard, von Nick Hornby (2012) – 8 Sterne

    Die Kurzgeschichte Jeder liest Drecksack/Everyone’s Reading Bastard berichtet unterhaltsam von einem Ehemann, der in der Zeitung lesen muss, wie seine getrennt lebende Frau ihn Woche für Woche in einer Glosse durch den Dreck zieht. Das liest sich sehr unterhaltsam, wenn auch vielleicht nicht sehr realistisch. Zerknirschte Männer in Beziehungsnöten sind eine Spezialität von Nick Hornby (*1957). Eifernde Frauen präsentiert er sonst allerdings nicht. Ich habe mich gut amüsiert, doch endet die Kurzgeschichte unrund abrupt. Nick Hornby bei Amazon Gletscherbrille empfohlen: Auf der Titelseite der KiWi-Ausgabe steht „Zweisprachige Ausgabe“. Die dünne Fibel bringt wohlgemerkt Deutsch und Englisch nicht nebeneinander – sondern erst die komplette Geschichte am Stück auf Deutsch, übersetzt von…

  • Annehmbar,  Belletristik,  Buch,  England,  Lustig,  Roman

    Rezension Roman: How to Be Good, von Nick Hornby (2001) – 6 Sterne

    Fazit: Der Autor kreiert einerseits realistisch unterhaltsame Alltagsszenen einer Londoner Mittelschichtfamilie und pfiffige Dialoge – alles sehr Hornby, mit seinen typischen Zutaten wie Ehebruch, linksliberalem Gutmenschentum und altklugen Kids, aufgelöst in amüsantes Palaver. Die Wandlung der männlichen Hauptfigur ist jedoch enttäuschend unrealistisch: Erst atemraubend aggressiv, dann abrupt maximal zugewandt, denn ein Wunderheiler vollführt unerklärliche Wunderheilungen. Nick Hornby bei Amazon Ehekrieg: Ich-Erzählerin Katie sieht ihren Romangatten David als „highly skilled in the art of marital warfare“ (S.10*)¸ diagnostiziert „inexhaustable and all-consuming anger“ (S. 20) und erwartet bei jeder Auseinandersetzung „a lot of ranting, some raving, several million caustic remarks and an awful lot of contempt“ (S. 47). In einer anderen Auseinandersetzung…

  • Annehmbar,  Belletristik,  Buch,  England,  Roman

    Rezension 60er-Jahre-Roman: Miss Blackpool, von Nick Hornby (2014, engl. Funny Girl) – 4 Sterne

    Fazit: Der Roman klingt nicht realistisch und lebendig wie andere Hornby-Bücher: Hornby macht nie glaubhaft, warum das Mädchen aus Blackpool in Nordengland Schönheitskönigin wird, dann blitzartig TV-Profis in London überzeugt und warum ihre dümmliche TV-Serie 18 Millionen Zuschauer vor die schwarzweiße Mattscheibe lockt. Hornby behauptet das einfach, fast ohne Beleg. Nichts ist funny. Nick Hornby bei Amazon Behaupten statt zeigen: Ein Beispiel für Behaupten statt Zeigen: Auf Seite 197 heißt es, Dennis had been in love with Sophie for far longer than he would ever admit Bis dahin hatte das Buch Dennis und Sophie schon mehrfach beruflich zusammengeführt – und Nick Hornby hat zuvor Dennis‘ Gefühle für Sophie nie auch…

  • Buch unter Baum
    Belletristik,  Buch,  Roman,  Sachbuch

    Diese Bücher wurden falsch oder schlecht ins Deutsche übersetzt

    Hier sind einige Übersetzungen aus dem Englischen ins Deutsche mit Problemen in der Eindeutschung. Ich beginne mit klaren Fehlern, dann folgen schwache, wenn auch nicht völlig falsche Übersetzungen. Übersetzungsfehler in Zeiten des Aufruhrs, von Richard Yates: Klare Falschübersetzung: Das englische Original in der Ausgabe von Vintage Books (dies die Grundlage der deutschen Übersetzung) lautet sinnvoll (Hervorhebung von mir): And besides, a motel wasn’t the only possibility. Auf Seite 280 der deutschen DVA-Taschenbuch-Ausgabe steht inhaltlich unpassend: Und zudem war ein Motel die einzige Möglichkeit. Also sagt die deutsche Übersetzung von Hans Wolf inhaltlich das Gegenteil des Originals. Es müsste nicht nur bei einer Wort-für-Wort-Prüfung auffallen, sondern auch bei allgemeiner Betrachtung, denn…

  • Buch unter Baum
    Belletristik,  Buch,  Roman,  Sachbuch

    Deutsch lesen, Englisch lesen, überhaupt Übersetzung lesen – was ist besser?

    Die Buch-Übersetzer tischen uns viel Käse auf – echte inhaltliche Fehler und dazu unrealistisches Deutsch, in dem die Originalsprache noch durchriecht. Besonders deutliche Beispiele für falsche oder schlechte Übersetzungen habe ich hier zusammengefasst: HansBlog.de: Diese Bücher wurden falsch oder schlecht ins Deutsche übersetzt Ich selbst (Deutsch-Muttersprachler) kann nur Deutsch und Englisch im Original lesen. Schon bei Spanisch, Französisch, Italienisch, Portugiesisch oder Bahasa verstehe ich mit Glück Überschriften oder Speisekarten, aber nicht einen ganzen Roman. Hilflos bin ich erst Recht bei Texten in nichtlateinischer Schrift, etwa Farsi oder Hindi. Ich brauche ein interessantes Buch also in Deutsch oder Englisch. Darum teile ich mein Lesepensum in drei Kategorien: Bücher, die auf Deutsch…

  • Annehmbar,  Belletristik,  Buch,  England,  Lustig,  Roman

    Kritik Werbeagentur-Roman: Gummi (2003, engl. The Book, the Film, the T-Shirt), von Matt Beaumont – 4 Sterne

    Werbeagentur-Chef Greg Fuller in Nöten: Der für den Autoreifen-Werbedreh gebuchte Hollywoodstar sitzt bei der Polizei fest, ein unverzichtbares Kreativteam für Sofaprospekte ist dummerweise gefeuert, die schwangere Ehefrau verlangt dreist Zuwendung, eine zu ehrgeizige Kollegin will ihm an die Wäsche (sie hat freilich unbestreitbare Talente), ein lukrativer Verkauf scheint gefährdet, Gott und die Welt belagern ihn und seine Sekretärin am Telefon. Romanautor Matt Beaumont (ist der Name eigentlich echt) gefällt sich in allerlei vierbuchstabigem Unrat („Paul and Shaun, known only to me as Piss and Shit“, S. 12). Zu ermüdend ausführlich schildert Beaumont die Tics und Eingebildetheiten der Hollywoodstars, die im Werbefilm agieren. Ein paar Skandale und Minidramen erzeugen zwar eine…

  • Belletristik,  Buch,  England,  Gut,  Lustig,  Roman

    Kritik E-Mail-Romane von Matt Beaumont: E-Mail an alle (2000, engl. e, Teil 1 von 3 der E-Mail-Reihe) + The e. before Christmas (2000, Teil 2) + eSquared (2010, Teil 3) – 7 Sterne

    E-Mails, hunderte kurze E-Mails in Londoner Werbeagenturen fliegen durch diese drei modernen Briefromane: E-Mail an alle (2000, engl. e, Band 1) spielt im Januar 2000, The e. before Christmas (2000, Band 2, nicht auf Deutsch, sehr kurz) zeigt dieselben Figuren in derselben Agentur im Oktober 2000. e2 (auch „e squared“, 2010, Band 3, nicht auf Deutsch) spielt 2008/2009 in einer anderen Agentur, aber auch in Familien, mit teils bekannten Figuren. Das schaukelt sich schnell hoch zur witzigen Kakophonie mit bösen Intrigen, Missverständnissen, Schweinigeleien, Heucheleien, Fehlleitungen, Karrierehoffnungen, Appellen und jovialen Nervköppen, die per Rundmail ihren alten Toaster verhökern. Es wird bald drastisch und etwas vulgär. Weil wir nur den schriftlichen Austausch…

  • Belletristik,  Biographie,  Buch,  Historisches Buch,  Roman

    2020: Viele DE-Romane über historische Figuren. Warum?

    Warum schrieben deutschsprachige Autoren im Jahr 2020 lauter Romane nach historischen Figuren? Diese waren es mindestens im Jahr 2020 (mit Amazon-Links): Robert Seethaler Gustav Mahler  ersch. 17.8.2020 Christian Schulteisz Wense 20.2.2020 Christine Wunnicke al-Lahuri, Niebuhr 25.8.2020 Michael Kumpfmüller Virginia Woolf 13.2.2020 Heidi Rehn Erika Mann 18.8.2020 Thomas Hettche Lukas, Urmel 10.9.2020 Ulrike Draesner Kurt Schwitters 24.8.2020  Volker Weidermann Anna Seghers 22.9.2020  Anne Weber Anne Beaumanoir 28.2.2020  Dagmar Fohl Aristides de Sousa Mendes 9.9.2020 Alexa Hennig von Lange Johanna von Kastilien 18.8.2020 Jana Revedin Margherita Revedin 21.7.2020 Henning Boëtius Heinrich Heine in Paris 13.7.2020 Haben aktuelle deutsche Autoren ihr Lieblingsthema – sich selbst – schon ausgeschöpft? Fiktionalisieren sie nun, weil sie…

  • Belletristik,  Roman

    Buch-Lesungen als Podcast – (m)eine Auswahl

    fast nur Lesung Ca.-Länge   Bayern 2 Lesungen um 29 oder um 54 min — Format: Literatur aller Epochen, gelesen von Sprechprofis mit Regisseur, teils bayernspezifisch. Gefällig informativ von Redakteuren anmoderiert, teils mit Interview, Kurztrailer und dezenter Klimpermusik. Ausnahmen: Aufz. von Live-Veranstaltungen 20 bis 115 min lang. Manche Lesungen von Neuerscheinungen sind nur einige Wochen lang verfügbar, dies wird in den Shownotes gesagt — HansBlog-Meinung: mein Highlight, herausragend produziert, zeigt die mögliche Überlegenheit der Öffentlich-Rechtlichen. Bemerkenswert: Die Lesungen des ARD-Radiofestivals 2020 übernahm BR2 nach meiner Übersicht nicht komplett (anders als m.E. MDR), vielleicht weil die Auftragsarbeiten teils schlecht geschrieben und teils schlecht vom Autor* gesprochen waren (m. Spekulation).    …

  • England,  Film

    Mein Eindruck vom Kinofilm My Week with Marilyn (2011) – mit Video

    Dies ist keine Kritik. Ich wollte nur sagen, dass ich die Marilyn-Monroe-Verkörperung durch Michelle Williams zu Beginn für lachhaft und gescheitert hielt. Doch bald schon sah ich die Blondine in der Hauptrolle nicht mehr als Monroe, sondern als eigenständige – ziemlich wunderliche – Figur. Noch weniger glaubte ich an die junge Marilyn in 1957, als ihrer Darstellerin eine auf uralt getrimmte, aber unverkennbare Judi Dench gegenüberstand – die zwei Frauen passen nicht in eine Epoche (Dench ist rund acht Jahre jünger als die echte Monroe, spielt aber die Schauspielerin Sybil Thorndike, rund 45 Jahre älter als Monroe). Freie Assoziationen: Wie so oft bei historischen Filmen erschienen mir auch hier Kulissen,…

  • Deutschland,  Deutschland-Film,  Film,  Komödie,  Spielfilm

    Filmschmäh: Late Show (1999, Regie Helmut Dietl, mit Thomas Gottschalk, Veronica Ferres) – mit Video

    Ich scheiß euch sowas von zu mit meinen Stars, dass ihr keine ruhige Minute mehr habt. Das dachte sich wohl Helmut Dietl, Schöpfer der zauberhaften Serie Kir Royal, und so castete er für seine Holzhammersatire Late Show die Supernasen am deutschen Fernsehmarkt en bloc: nicht nur, aber auch Thomas Gottschalk, Veronica Ferres, Harald Schmidt, Jasmin Tabatabai, Olli Dittrich, Andrea Sawatzki, Sabine Orléans und Gaby Dohm. Heraus kam grottendämliches Pennäleramateurtheater mit grellen Übertreibungen: Ferres als blondes Ökodummchen, Sawatzki als heulende Sekreteuse, Orléans als brünstig-exhibitionistische Taxlerin, Tabatabai ein grimmes Mannsweib, Schmidt der coole Machomacker usw. usf. Es gab zwischendurch ein, zwei vergnügliche Einzeiler. Dann raspelte wieder der ganz grobe Scherzkekshobel. Beim Dreh…

  • Belletristik,  Buch,  Deutschland,  Roman

    Romankritik: Ruhm, von Daniel Kehlmann (2009) – 3 Sterne – Video & Links

    Kehlmann plaudert leicht konsumierbar vom Hocker und hat keine Angst vor Dialogen – ein wichtiger Unterschied zu deutschsprachigen Kollegen. Dabei schreibt er jedoch glanzlos, ja stumpf und muffig: Er setzt nicht nur „ß“ nach alter Rechtschreibung. Eine Kantine nennt Kehlmann zudem „Eßsaal“, Handys heißen konsequent „Mobiltelefon“, der Mobilfunkanbieter hat einen „Kundendienst“, und im Hotel kümmern sich „Rezeptionisten“. Die Sätze klingen uninspiriert zusammengesteckt, ein Beispiel (sic): Sie spürte seinen Blick, und sie wußte, daß er sie gerne angefaßt hätte, aber sie war sogar dafür zu müde, ihm zu sagen, daß sie zu müde war. Was uns dazu bringt, dass Daniel Kehlmann unentwegt manisch getriebene Männer schildert, Autoren oder Abteilungsleiter, deren mausgrau…

  • Auswandern,  Belletristik,  Buch,  Hot Country Entertainment,  Interkulturell

    Informativ: Ein Verein für Literatur aus dem „globalen Süden“

    Wer Hot Country Reading mag und das am liebsten auf Deutsch – so wie auch Hans Blog –, findet reizvolle Lektüre-Ideen beim Litprom-Verein. Der Verein widmet sich der Literatur des „globalen Südens“ (schöner Ausdruck, besser als mein „Hot Country Reading“ oder „heiße Länder“). Buchempfehlungen finden Sie auf der Internetseite des Vereins unter dem Link „Beste Bücher“. Einige Fokus-Unterschiede zwischen Hans Blog und Litprom: Ich zähle zu meinem „Süden“ (meinen „heißen Ländern“) auch Andalusien, die ländliche Steiermark und das ländliche Oberbayern. Ich mag zudem auch westliche Autoren, die gut und untouristisch aus südlichen Gefilden berichten – also nicht nur einheimisch südliche Autoren. Ich bespreche auch Sachbücher und Filme und Medien, die…

  • Biographie,  Buch,  Deutschland,  Gut,  Historisches Buch,  Sachbuch

    Romankritik: Ullsteinroman, von Sten Nadolny (2003) – 7 Sterne – mit Presse-Links

    Ein enormes Material muss Nadolny bewältigen. Besonders lange konzentriert er sich auf Verlagsgründer Leopold Ullstein (1826 – 1899), der sich vom Fürther Papierhändlersohn zum Berliner Großverleger hocharbeitete – und mit zwei Frauen hatte Ullstein neun Kinder, überwiegend Söhne, die dann auch meist in der Firma arbeiteten, mit ganz unterschiedlichen Schwerpunkten und Talenten. Leopold Ullstein dominiert die erste Buchhälfte. Danach mit vielen Söhnen und weiteren Akteuren wird es unübersichtlicher. Anfang 1933 endet die Geschichte; Nadolny liefert noch ein kurzes Nachwort, aber wie der Ullsteinverlag zu seiner heutigen Form kam, erfahren wir nicht. Nadolny erzählt dabei meist vage chronologisch. Gelegentlich richtet er jedoch den Fokus auf eine Einzelfigur und erzählt deren Leben…

  • Afrika,  Belletristik,  Buch,  England,  Gut,  Hot Country Entertainment,  Interkulturell,  Roman

    Romankritik: Hummer zum Dinner, von Helen Fielding (1994, engl. Cause Celeb) – 7 Sterne – mit Presse-Links

    Noch vor ihrem ersten Bridget-Jones-Band brachte Helen Fielding den Roman Hummer zum Dinner (engl. Cause Celeb) heraus. Die Ich-Erzählerin hier ist zunächst PR-Agentin und zeitweise Geliebte eines egozentrischen TV-Stars in London. So gelangt sie auf Schickeria-Parties und TV-Galas, die sie sehr satirisch beschreibt. Nach einem Kurzbesuch in Afrika verlässt die Ich-Erzählerin Freund und Job in London und leitet ein Flüchtlingslager in Afrika (ein fiktionalisierter Sudan). Als im Camp die Lebensmittel ausgehen, will die Hauptfigur Londoner Promis für ein TV-Spektakel einfliegen. Hier wird das Buch zur bösen Mediensatire. Die Berichte aus der Londoner Promi-Welt wie auch aus Afrika klingen  realistisch. Immerhin arbeitete Helen Fielding einst als TV-Produzentin, und sie berichtete in…

  • Buch,  Produkt

    Gebraucht Bücher kaufen – meine Erfahrungen mit Amazon.de, Booklooker.de/Buecher.de Marktplatz und Medimops.de

    (Stand Mai 2022.) Die drei hier vorgestellten Händler oder Märkte haben jeweils eine Riesenauswahl an deutschen und englischen Gebrauchtbüchern zu niedrigen Preisen – teils um drei Euro pro Buch inklusive Versand, bei ordentlichem Produktzustand und guter Literatur. Alle Händler ermöglichen, eine „Wunschliste“ oder einen „Merkzettel“ zu führen (s. m. Anmkg. dazu). Ich habe jeden dieser Händler in den letzten Jahren mindestens siebenmal verwendet. Fehler hier sind trotzdem nicht ausgeschlossen, und die Bedingungen können sich nach der letzten Aktualisierung wieder geändert haben. Nicht berücksichtigt werden hier: AGB, Rechnungstellung, Stornomöglichkeiten und andere Artikel als gedruckte Gebrauchtbücher. Bitte beachten: Ich habe zu keinem Anbieter eine andere Verbindung als die eines üblichen Privatkunden. Es…

  • Belletristik,  Buch,  Gut,  Roman,  USA

    Rezension: Der Sportreporter, von Richard Ford (1986, engl. The Sportswriter, Frank-Bascombe-Buch 1 von 4) – 8 Sterne – mit Presse-Links

    Ford schreibt mit vielen kleinen und großen Rückblenden. Die Haupthandlung schleppt sich lange dahin, gerät öfter aus dem Blick, und erst im letzten Fünftel kommt überraschend Zug in die Geschichte. Der Ich-Erzähler betont immer wieder seine Vorliebe für blutarme Gegenden – er wohnt bewusst im sterilen New Jersey, zuletzt im flachen Florida, und schildert sich selbst als sehr uninteressant. Zeitweise schreibt Richard Ford (*1942) Gedankenströme nieder, dann folgen sehr präzise, beklemmende, oft leicht peinliche, unerwünschte Gespräche vor allem unter Männern. Der Ich-Erzähler betont ja selbst (S. 73 meiner engl. Bloomsbury-TB-Ausgabe): I do not think… it’s a good idea to want to know what people are thinking… Obwohl Ich-Erzähler Frank Bascombe…

  • Biographie,  Buch,  Deutschland,  Gut,  Historisches Buch,  Sachbuch

    Rezension: Axel Springer. Die Biographie, von Hans-Peter Schwarz (2008) – 8 Sterne – mit Presseschau & Video

    Politikprofesser, Adenauer- und Kohl-Biograf Hans-Peter Schwarz (1934 – 2017) interessiert sich vor allem für die politische Landschaft: So dokumentiert er die Entwicklung Altonas und die Beziehung zu Hamburg seit dem späten Mittelalter. Er zitiert ausführlich aus politischen Artikeln in den Altonaer Nachrichten, die Springers Vater gehörten – auch wenn sich Springer junior kaum für Politik interessierte und diese Artikel kaum selbst geschrieben hatte. Andere Dinge schildert Schwarz weniger ausführlich, so etwa Springers ausschweifendes, durch Eheschließungen kaum gebremstes  Liebesleben bis in mittlere Lebensjahre. Auch das Blattmachen steht nicht im Vordergrund. Zwar interessiert sich Schwarz sehr für die Spitzenleute in Springers bekanntesten politischen Blättern, vor allem für Chefredakteur Hans Zehrer bei der…

  • Biographie,  Buch,  Deutschland,  Sachbuch

    Vorstellung Wirtschaftsbuch: „Und dann werde ich das größte Zeitungshaus Europas bauen“. Der Unternehmer Axel Springer, von Tim von Arnim (2012) – mit Presseschau

    Von Arnims Springer-Buch ist keine Biografie, sondern konzentriert sich ganz auf die unternehmerische Leistung Axel Springers – sein Firmengeflecht, seine Blätter, sein Top-Personal, den Aufbau gleich ab Kriegsende 1945. Dies ist von Arnims wirtschaftshistorische Doktorarbeit, prall mit Fakten, doch arm an Leben, eine sehr fade Lektüre; ganz anders als Hans-Peter Schwarz‘ schwungvolle, empfehlenswerte Springer-BiografieHans-Peter Schwarz‘ schwungvolle, empfehlenswerte Springer-Biografie von 2008, auf die von Arnim gelegentlich verweist. Eine Kostprobe aus von Arnims Einleitung (S. 12): Auf die gleichzeitig geforderte Anwendung ökonomischer Methoden wird hier allerdings in Ermangelung ganzheitlicher operationalisierbarer Modelle verzichtet. Die Gründe liegen vor allem in der Komplexität des Untersuchungsgegenstandes, der sich einer monodisziplinären Betrachtung sowie reduktionistischer Modellbildung weitgehend entzieht.…

  • Film,  Gut,  US-Film,  USA

    Filmkritiken zu: Hanna Arendt (2012, R von Trotta, D Sukowa) – 7 Sterne

    Spiegel: … eine atemberaubende Barbara Sukowa… „Hannah Arendt“ ist auch ein sehr schöner Film über das Verfertigen der Gedanken beim Rauchen geworden. Die Denkerin auf dem Diwan ausgestreckt zu sehen, wie sie Rauchwolken produziert, ist nicht nur ein visueller, sondern auch ein intellektueller Genuss… Axel Milberg agiert sehr sympathisch als der offenbar sehr sympathische Ehemann Hannah Arendts FAZ: Sosehr sich die Autorinnen darum bemühen, eine prägnante Perspektive zu entwickeln, dient doch ein guter Teil der Handlung der konventionellen Darstellung von Geschehnissen, wie sie im Leben einer Denkerin nun einmal die vorherrschenden sind. Gespräche mit Redakteuren, Feilen an Formulierungen, schnelle Absprachen mit dem nicht minder beschäftigten Gatte… eine (ziemlich verunglückte) Rückblende…

  • Deutschland,  Deutschland-Film,  Film,  Spielfilm

    Presse-Links zum TV-Biopic Die Spiegel-Affäre (2014)

    Augstein-Witwe Gisela Stelly Augstein in der Zeit: Tatsächlich ist an dieser Filmfigur Augstein so ziemlich alles falsch.. Keine Spur vom Witz und vom Humor Augstein-Tochter Franziska Augstein in der Süddeutschen Zeitung: Der Film wird als „Politthriller“ ausgewiesen. Das stimmt, er ist spannend. Nur hat er leider mit der Spiegel-Affäre lediglich am Rande zu tun. FAZ: Aus alldem macht der Regisseur Roland Suso Richter einen ziemlich packenden Politthriller… Welt: Gemessen an den zwangsläufigen Bedürfnissen des Formats ist die Faktentreue sogar erstaunlich hoch Tittelbach.tv: ein dramaturgisch und stilistisch sehr hochwertiges, aber letztlich doch ein sentimentales Angebot an die Schwarzweiß-Generation Frankfurter Rundschau: spannend, mitreißend und aufklärerisch Taz: Jenseits des Politischen ist „Die Spiegel-Affäre“…

  • Dokumentation,  Film

    Das Tegernseer Bergfilmfestival 2016 und ich (mit Videos)

    Soll ich noch dort hin gehen? Seit etwa 2006 sehe ich auf dem Tegernseer Bergfilmfestival jedes Jahr sechs Blöcke, also an drei Tagen je zwei Veranstaltungen einschließlich Siegerehrung. Die Kartenbestellung über das Tegernseer Fremdenverkehrsamt ist immer sehr angenehm, die freiwilligen Helfer rund um die Veranstaltungen sind es auch. Vorlieben: Unabhängig von der Einzelfilmbeschreibung wähle ich gern solche Veranstaltungen oder Themen: findet statt im schönen Barocksaal Akteure des Films werden live vorgestellt (wie u.a. in den Reihen Retrospektive und DAV-Abend im Barocksaal mit Moderator Michael Pause) Filme über Menschen, die in und von einer Landschaft leben (und nicht nur durchrauschen) Unabhängig von der Einzelfilmbeschreibung meide ich wo möglich solche Veranstaltungen oder…

  • Annehmbar,  Belletristik,  Buch,  Deutschland,  Lustig,  Roman

    Rezension: Gefecht in fünf Gängen, von Christina Eichel (Roman 1998) – 6 Sterne – mit Presse-Link

    Fazit: Flott getextet, inhaltlich flach, eine grobe Satire auf Kulturschnöseltum, männliche Paarungs- und weibliche Publikationssehnsüchte. Der Roman schildert das Abendessen von sechs Kulturmenschen in mittleren Jahren – Theaterkritiker, Verleger, Radiofeuilletonisten. Ein Paar, zwei Solo-Männer, zwei Solo-Frauen; später noch zwei jüngere Statisten. Entenbrust an Blattsalaten, Lachs auf Lauchjulienne, Lammrücken und Kartoffelgratin, illustrierte Limettenmousse, Mandelhippen mit Schokoladenfondant: Da geht was. Ein Ort, ein Abend, kaum Rückblenden. Christine Eichel schreibt süffig und wortreich, schildert Essbares und menschliche Physis in köstlichen Sentenzen. Doch sie pumpt ihre Sätze mit sinnigen Adjektiven und Vergleichen fast so angeberisch auf wie die blasiert schwadronierenden Kulturschnösel selbst. Da haut Eichel ihre Figuren schon zu deftig schenkelklopfend in die gut…