Romankritik: Hummer zum Dinner, von Helen Fielding (1994, engl. Cause Celeb) – 7 Sterne – mit Presse-Links

Noch vor ihrem ersten Bridget-Jones-Band brachte Helen Fielding den Roman Hummer zum Dinner (engl. Cause Celeb) heraus. Die Ich-Erzählerin hier ist zunächst PR-Agentin und zeitweise Geliebte eines egozentrischen TV-Stars in London. So gelangt sie auf Schickeria-Parties und TV-Galas, die sie sehr satirisch beschreibt. Nach einem Kurzbesuch in Afrika verlässt die Ich-Erzählerin Freund und Job in London und leitet ein Flüchtlingslager in Afrika (ein fiktionalisierter Sudan). Als im Camp die Lebensmittel ausgehen, will die Hauptfigur Londoner Promis für ein TV-Spektakel einfliegen. Hier wird das Buch zur bösen Mediensatire.

Die Berichte aus der Londoner Promi-Welt wie auch aus Afrika klingen  realistisch. Immerhin arbeitete Helen Fielding einst als TV-Produzentin, und sie berichtete in den für Ostafrika sehr dramatischen 1980er Jahren mehrfach aus dem Sudan.

Sichere Stimme:

Fielding erzählt ihren ersten Roman mit sicherer Stimme, der man gern zuhört. Doch sie berichtet abwechselnd aus Glamour-London und Elends-Afrika, und diese Kulissen harmonieren nicht gut in einem Roman. Einige Teile sind so lang, dass ich nach dem nächsten Ortswechsel die Akteure auf dem anderen Kontinent nicht mehr genau kannte und auch die fiktiven afrikanischen Ortsnamen wie Kefti, Namboula, Sidra und Abouti teils nicht mehr zuordnen konnte (ich kenne nur das englische Original und kann die Eindeutschung nicht beurteilen).

Der Sinneswandel der Protagonistin, nach dem ersten Afrika-Kurzbesuch Freund und PR-Beruf zu verlassen, erscheint sehr abrupt. Zwar wirkten Partner und Job auch vorher schon nicht sehr attraktiv – doch nach vier Tagen in einem afrikanischen Elendsgebiet sieht sie plötzlich ihr Londoner Umfeld dramatisch anders.

Spannend:

Das Buch hat guten Zug, ist immer spannend, und wirkt nach. Hummer zum Dinner/Cause Celeb hat mehrere dramatische Höhepunkte – die Fielding durch viele kleine erzählte Hindernisse etwas weit hinauszögert. Vor allem die letzten 80 Seiten bewegen.

Beschreibungen vom Elend der Afrikaner und von Luxus und Ruhmsucht der Londoner klingen momentweise aufdringlich. Ethische Fragen werden gelegentlich überdeutlich ausdiskutiert und ausagiert, und die Promis mit ihren politischen, selbstvermarktenden oder hormonellen Macken erscheinen manchmal lächerlich karikiert. Der Sarkasmus in Afrika klingt teils bitter zynisch. Afrikaner bleiben mit einer Ausnahme Statisten. Gleichwohl ist das immer ein starker Roman.

Vergleich mit Bridget Jones:

Hummer zum Dinner/Cause Celeb ist besser als Fieldings Bridget-Jones-Serie. Wie Bridget Jones denkt auch die Ich-Erzählerin in Cause Celeb zunächst zu oft an Beinrasur und Kleidung, sie hat mit TV-Produzenten zu tun, sie lästert mit Freundinnen zum Wein über Männer, sie schmachtet entsetzliche Machos und männliche Macher an (O’Rourke aus Cause Celeb erinnert an Wallaker aus Verrückt nach ihm). Doch die Cause-Celeb-Erzählerin starrt nicht endlos aufs Endgerät, während sie einen Anruf des Angebeteten erhofft (Kursivierung wie im Buch):

I wasn’t quite stupid enough to sit at home in the evenings and do psychopath eyes at the phone.

Das ist der Unterschied zu Bridget Jones: Denn die Hummer-zum-Dinner-Erzählerin ist intelligenter und differenzierter als Bridget Jones, analysiert ihre Lage und entwickelt sich weiter. Und Cause Celeb als Buch ist intelligenter, differenzierter, ernster, politischer und erwachsener als die Bridget-Jones-Reihe – wenn auch mit weniger Slapstick.

Von Lesern wird das Buch online oft schlecht bewertet, weil sie eine frühe Bridget-Jones-Geschichte erwartet hatten.

“A wonderful surprise…” – die Presse:

New York Times, Janet Maslin:

On one hand the book has its comical side… a flair for ensemble interactions… is a largely unsuccessful book in which  ((Fielding)) can be seen struggling

New York Times, Maggie Galehouse:

…the clean writing and quick pace of the Bridget books, but… Less catchy and consumable than its successors, it is also more challenging…

Kirkus Review:

Rosie is unpleasantly condescending all too often… heavy-handed satire at best.

Publishers Weekly zum gedruckten Buch:

…a sometimes hilarious, sometimes moving, occasionally scurrilous delight… Swinging from laugh-out-loud funny to heartbreakingly sad

Publishers Weekly zum Hörbuch:

juxtaposes the death, disease and despair of a refugee camp against the vacuous mid-’80s London celebrity scene… Fielding’s tale filled with huge egos…

Entertainment Weekly:

an awkward, tragicomic concoction that’s v.v. hard to swallow, indeed.

People.com:

…a searing, romantic, poignant and at times hilarious satire of the most ludicrous elements of the Western media

Independent:

This satire is sharp, gutsy, and refreshing… The glitzy world makes an easy butt for the satirist’s pen, with some toe-curling snatches of luvvy chit-chat

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