Bruce Chatwin schreibt schlankes, uneitles Englisch ohne Effekthascherei oder Blabla, aber dekoriert mit vielen Wortantiquitäten. Chatwin kredenzt nur wenige Rückblenden, diese teils unübersichtlich. Es gibt nur eine dräuende Ankündigung kommenden Unheils am Kapitelende:
…during the summer of ‘27, there was a very disagreeable incident.
Chatwin streut faszinierende Details aus dem historischen Landleben ins Buch – manchmal dachte ich, er will damit angeben, aber mir gefallen diese Passagen immer; nur die kleinstädtische Siegesfeier nach dem ersten Weltkrieg geriet zu ausführlich, hier stockt die Handlung.
Dabei verwendet Bruce Chatwin mit Lust seltene Vokabeln, Tiere und Pflanzen (ich kenne nur das engl. Original, Details s.u.). Chatwin verlustiert sich auch an walisischen Ortsnamen – Cefn Wood, Cwm Cringlyn, Craig-y-Fedw, Abbey Cwmhir – und genießt grob geschnitzten Landsprech:
Be not I as stinks… I was woke in the night, an the dogs was yelpin’, and Jim was out-a-bed…
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So meisterlich der Erstlingsroman oft komponiert ist, zeitweise schwenkt Chatwin zu stark auf den Hof The Rock der Familie Watkins – das wirkt unfokussiert. Auch ein paar andere Figuren erhalten zu viel Platz, als hätte Chatwin bei seinen Recherchen und Landpartien zu viele originelle Bauernkäuze, Bauernhäuser, Bauernmöbel und Bauerngärten angetroffen, die er einfach nicht nicht ins Buch packen kann.
Zu abrupt bricht auf Seite 223 von 245 die Neuzeit ein. Da gibt es überraschend ein “computergame, and it’s electronic warblings”, “the barman’s girlfriend” und einen Walkman – unerhörte Exotika in der Black-Hill-Welt. Gleitschirmflieger, Kletterer und Hippies kommen hinzu.
Dass Chatwin die lebenden Vorbilder seiner zwei Hauptdarsteller wohl einst als Antiquitätenbeschaffer kennenlernte, erhellt aus Bezügen auf handgefertigte Bilderrahmen und dem Hinweis auf eine Flinte neben der alten Uhr:
both the brothers were terrified of thieves and antique-dealers
Diese Furcht vor Antiquitätenhändlern erklärt der Autor auf den letzten Seiten.
Die erste Buchhälfte behandelt weitgehend Kindheit und Jugend der Zwillinge. Als uralte Eigenbrötler auf dem Hof trifft man sie nur auf den ersten Seiten und wieder in der zweiten Buchhälfte
Assoziation:
- ähnlich detailreich und lebendig wie Chatwins Roman Vizekönig von Ouidah
- mild ähnliche Konstellation und Kulisse im Roman Plainsong (1999, dt. Lied der Weite, spielt in Colorado) von Kent Haruf
- ein lockerer Vogel verzupft sich nach Kenia auf seine Kaffeeplantage, die später scheitert – wie der Mann von Tania Blixen
- Wikipedia: zum Buch, zur Verfilmung von 1987
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Seltene Wörter:
Der einstige Antiquitätensucher Bruce Chatwin verwendet im englischen Original u.a. diese Sprachantiquitäten:
elevenses, sweet-williams, spinney, fritillary, runt, elder, alder, scree, pleach, rick, daddy-long-legs, mares’-tails, stud-book, jackdaw, thrush, palliasse, mulligatawny, calf’s-foot jelly, white-feathering, Mangel, fetlocks, pulled the self-starter, bloater paste, abattoir, celandines
Ich bat drei KIs um Übersetzung und Einstufung der Gebräuchlichkeit damals und heute:
Chat GPT:
Englisches Wort |
Deutsche Übersetzung |
Gebräuchlichkeit 1900–1920 |
Heutige Gebräuchlichkeit |
elevenses | Vormittagspause | Hoch | Niedrig |
sweet-williams | Nelkenart (Dianthus) | Hoch | Niedrig |
spinney | Gehölz, Dickicht | Hoch | Niedrig |
fritillary | Schachbrettblume | Hoch | Niedrig |
runt | Zwerg, Kleinwüchsiger | Hoch | Niedrig |
elder | Holunder | Hoch | Mittel |
alder | Erle | Hoch | Mittel |
scree | Schutthalde | Hoch | Niedrig |
pleach | Verflechten (von Zweigen) | Mittel | Niedrig |
rick | Heuballen | Hoch | Niedrig |
daddy-long-legs | Stelzenläufer (Insekt) | Hoch | Niedrig |
mares’-tails | Schachtelhalme | Hoch | Niedrig |
stud-book | Zuchtbuch | Hoch | Niedrig |
jackdaw | Dohle | Hoch | Mittel |
thrush | Drossel | Hoch | Mittel |
palliasse | Strohsack, Matratze | Hoch | Niedrig |
mulligatawny | Gewürzte Linsensuppe | Hoch | Niedrig |
calf’s-foot jelly | Kalbshaxen-Gelee | Hoch | Niedrig |
white-feathering | Weißes Gefieder (bei Tieren) | Mittel | Niedrig |
mangel | Mangel (Futterpflanze) | Hoch | Niedrig |
fetlocks | Behang (bei Pferden) | Hoch | Niedrig |
pulled the self-starter | Starter betätigen | Mittel | Niedrig |
bloater paste | Fischpaste (geräucherter Fisch) | Hoch | Niedrig |
abattoir | Schlachthof | Hoch | Mittel |
celandines | Scharbockskraut | Hoch | Niedrig |
Google Gemini Canvas:
Das verwendete Wort |
Übersetzung ins Deutsch |
Gebräuchlichkeit zwischen 1900 und 1920 |
Heutige Gebräuchlichkeit |
Anmerkungen/Quantifizierungen |
elevenses | der kleine Imbiss am späten Vormittag (gegen 11 Uhr) | Sehr gebräuchlich | Mäßig gebräuchlich | War eine gängige Mahlzeit, besonders im britischen Landadel und im Dienstpersonal. Wird heute noch verwendet, aber vielleicht nicht mehr so alltäglich. |
sweet-williams | Bartnelken | Gebräuchlich | Mäßig gebräuchlich | Eine beliebte Gartenblume im frühen 20. Jahrhundert und weiterhin bekannt. |
spinney | kleines Wäldchen, Gehölz | Gebräuchlich | Gebräuchlich | Ein beschreibendes Wort für eine bestimmte Art von kleinem Wald. |
fritillary | Schachbrettblume, Kaiserkrone (je nach Kontext) | Gebräuchlich (für die Blume) | Mäßig gebräuchlich (für die Blume) | Bezeichnet eine bestimmte Gattung von Blumen. |
runt | Kümmerling, Zwerg (bei Tieren) | Gebräuchlich | Gebräuchlich | Bezeichnet das kleinste oder schwächste Tier eines Wurfs. |
elder | Holunder | Gebräuchlich | Gebräuchlich | Bezeichnet sowohl den Baum als auch seine Beeren. |
alder | Erle | Gebräuchlich | Gebräuchlich | Bezeichnet einen bestimmten Baum. |
scree | Geröllhalde, Schutthalde | Gebräuchlich | Gebräuchlich | Ein geologischer Begriff. |
pleach | verflechten, verschulen (von Bäumen/Hecken) | Wahrscheinlich gebräuchlich (im Gartenbau) | Mäßig gebräuchlich (im Gartenbau) | Eine spezielle Technik im Gartenbau. |
rick | Schober, Haufen (z.B. Heu, Stroh) | Sehr gebräuchlich (in der Landwirtschaft) | Weniger gebräuchlich (da moderne Landwirtschaft anders ist) | War eine typische Methode zur Lagerung von Erntegut. |
daddy-long-legs | Weberknecht | Sehr gebräuchlich (umgangssprachlich) | Sehr gebräuchlich (umgangssprachlich) | Ein umgangssprachlicher Name für diese Spinnentiere. |
mares’-tails | Schachtelhalm (Pflanze) oder Schleierwolken (Cirrus uncinus) | Gebräuchlich (beide Bedeutungen) | Mäßig gebräuchlich (beide Bedeutungen) | Hat sowohl eine botanische als auch eine meteorologische Bedeutung. |
stud-book | Stutbuch, Zuchtbuch | Gebräuchlich (im Zusammenhang mit Zuchttieren) | Gebräuchlich (im Zusammenhang mit Zuchttieren) | Ein Register für reinrassige Tiere. |
jackdaw | Dohle | Gebräuchlich | Gebräuchlich | Eine Vogelart. |
thrush | Drossel | Gebräuchlich | Gebräuchlich | Eine Vogelart. |
palliasse | Strohsack, Matratzensack | Wahrscheinlich gebräuchlich (einfache Betten) | Sehr selten | Eine einfache Form der Matratze, heute kaum noch in Gebrauch. |
mulligatawny | Mulligatawny-Suppe (indisch-britische Currysuppe) | Wahrscheinlich gebräuchlich (in britischen Haushalten mit Indienbezug) | Mäßig bekannt | Eine Suppe mit kolonialen Wurzeln. |
calf’s-foot jelly | Kalbsfußsulz (als Dessert oder Zutat) | Wahrscheinlich gebräuchlich | Sehr selten | Ein traditionelles Gericht, das heute kaum noch gegessen wird. |
white-feathering | (im Kontext von Hühnern) weiße Federn entwickeln | Wahrscheinlich gebräuchlich (in der Geflügelzucht) | Wahrscheinlich weniger gebräuchlich (außerhalb der spezialisierten Zucht) | Ein Begriff aus der Tierzucht. |
mangel | Mangold (als Tierfutter) | Wahrscheinlich gebräuchlich (in der Landwirtschaft als Tierfutter) | Sehr selten (da andere Futtermittel üblicher sind) | Eine Futterpflanze für Tiere. |
fetlocks | Fesselgelenke (bei Pferden) | Gebräuchlich (im Zusammenhang mit Pferden) | Gebräuchlich (im Zusammenhang mit Pferden) | Ein anatomischer Begriff. |
pulled the self-starter | den Selbststarter betätigt | Gebräuchlich (nach der Einführung des Selbststarters in Autos) | Gebräuchlich (in Bezug auf ältere Fahrzeuge oder als Beschreibung einer Handlung) | Der Selbststarter für Autos wurde in den frühen 1900ern eingeführt und wurde in den 1910ern und 1920ern immer üblicher. |
bloater paste | Bloater-Paste (Heringspaste) | Wahrscheinlich gebräuchlich | Sehr selten | Eine Art von Fischaufstrich, der in Großbritannien populär war. |
abattoir | Schlachthof | Gebräuchlich | Gebräuchlich | Der formelle Begriff für einen Schlachthof. |
celandines | Schöllkraut (v.a. Chelidonium majus) oder Frühlings-Scharbockskraut (Ranunculus ficaria) | Gebräuchlich (für beide Pflanzen) | Mäßig gebräuchlich (für beide Pflanzen) | Bezeichnet zwei verschiedene Pflanzenarten. |
Le Chat Mistral:
Wort |
Übersetzung ins Deutsche |
Gebräuchlich zwischen 1900 und 1920 |
Gebräuchlichkeit heute |
elevenses | Zweites Frühstück, Pause um 11 Uhr | Ja | Weniger gebräuchlich, aber bekannt |
sweet-williams | Levkojen (Blumenart) | Ja | Weniger gebräuchlich |
spinney | Kleines Wäldchen | Ja | Selten gebräuchlich |
fritillary | Schachbrettblume | Ja | Selten gebräuchlich |
runt | Kümmerling (kleines, schwaches Tier) | Ja | Gebräuchlich |
elder | Holunder | Ja | Gebräuchlich |
alder | Erle (Baumart) | Ja | Gebräuchlich |
scree | Geröllhalde | Ja | Gebräuchlich in geologischen Kontexten |
pleach | Flechten (von Pflanzen) | Ja | Selten gebräuchlich |
rick | Heuhaufen, Getreidehaufen | Ja | Selten gebräuchlich |
daddy-long-legs | Weberknecht (Spinne) | Ja | Gebräuchlich |
mares’-tails | Zirruswolken | Ja | Selten gebräuchlich |
stud-book | Zuchtbuch (für Pferde) | Ja | Gebräuchlich in speziellen Kontexten |
jackdaw | Dohle (Vogelart) | Ja | Gebräuchlich |
thrush | Drossel (Vogelart) | Ja | Gebräuchlich |
palliasse | Strohsack | Ja | Sehr selten gebräuchlich |
mulligatawny | Mulligatawny-Suppe (indische Suppe) | Ja | Selten gebräuchlich |
calf’s-foot jelly | Kalbsfußsülze | Ja | Sehr selten gebräuchlich |
white-feathering | Weiße Feder (Symbol für Feigheit) | Ja | Historisch, selten gebräuchlich |
mangel | Runkelrübe | Ja | Selten gebräuchlich |
fetlocks | Fesseln (bei Pferden) | Ja | Gebräuchlich in Pferdekontexten |
pulled the self-starter | Anlasser ziehen (bei Autos) | Ja | Historisch, selten gebräuchlich |
bloater paste | Bismarckhering-Paste | Ja | Sehr selten gebräuchlich |
abattoir | Schlachthof | Ja | Gebräuchlich |
celandines | Schöllkraut | Ja | Selten gebräuchlich |
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