Kritik Biografie: The Man Whom Women Loved: The Life of Bror Blixen, von Ulf Aschan (1987) – 4 Sterne

Fazit:

Wieder und wieder geht’s auf Safari, mit US-Millionären oder UK-Prinzen, oder mit dem Auto durch die Sahara, einmal sogar ganz ohne die Hauptfigur. Wieder und wieder listet Autor Ulf Aschan den vierbeinigen Body Count, samt Schätzgewicht des erbeuteten Elfenbeins (Ulf Aschan ist selbst “white hunter”). Die im Titel versprochenen Damenabenteuer erscheinen hier und da in einem Nebensatz, doch jede Ex singt ein Loblied auf den untreuen Schwerenöter.

Ulf Aschan konzentriert sich auf Anekdoten und liefert eine unübersichtliche, hagiografische Darstellung, die nur für den Familienrundbrief taugt. Er will vor allem seinen Patenonkel Bror Blixen (1886 – 1946) in gutes Licht stellen und dessen erste Frau Tania Blixen (Jenseits von Afrika) demontieren. Besser über Bror Blixens Zeit mit Tania Blixen informiert Judith Thurmans Tania-Blixen-Biografie (laut Vorwort regte Judith Thurman Ulf Aschan zu dieser Bror-Blixen-Biografie an; bei ihr erfährt man auch mehr über Bror Blixens Zwillingsbruder Hans als bei Bror-Blixen-Biograf Ulf Aschan).

Das Buch zeigt etwa 80 SW-Bilder auf ungestrichenem Textdruckpapier – gutteils so kontrastarm und so groß aufgeblasen, dass man nicht viel erkennt.

Jenseits von Afrika:

Bror Blixen war der Mann von Tania Blixen (Autorin von Jenseits von Afrika, auch als Karen Blixen und Isak Dinesen bekannt, im Film von Meryl Streep verkörpert). Nach der Scheidung heiratete Bror Blixen weitere Male und erlegte in Afrika und Skandinavien allerlei Löwen und Damen.

Im Film Jenseits von Afrika wird Bror Blixen von Karl Maria Brandauer gespielt. Der Großwild- und Frauenjäger Robert Wilson in Hemingways eindrucksvoller Kurzgeschichte Das kurze glückliche Leben des Francis Macomber soll laut Aschan Bror Blixen nachempfunden sein (diese Figur hat immer ein Doppelbett im Zelt, falls eine Safarigattin hereinschauen mag; viele verlässlichere Quellen wie Hemingway-Biografin Mary Dearborn (S. 137, 332f) sehen allerdings den Blixen-Freund Phillip Percival (sic) als Vorbild; in der Macomber-Verfilmung wird die Figur von Gregory Peck gespielt). In Tania Blixens Erfolgsmemoiren Jenseits von Afrika erscheint Blixen dagegen kaum, weil er wohl meist Zwei- oder Vierbeinerinnen nachstellte.

Nach Ulf Aschans Darstellung traf Bror Blixen Hemingway in Florida und kurz in Paris, aber nicht in Afrika. Laut engl. Wikipedia betreute Blixen Hemingway auch in Afrika, aber davon berichtet Aschan nicht.

Wie man eine Rechnung bezahlt:

Schon in den Tania-Blixen-Biografien fällt auf, wie sorglos Bror Blixen mit Geld und Leben umgeht. Dazu passt ein Zitat über Blixen aus dieser Biografie (S. 15):

I think Blix was the only person in the world who truly believed that when he signed a bill it had been paid for.

Hinzu kommen hier Anekdoten über sorgloses Kolonialleben, ein paar Einsätze im Ostafrika-Krieg gegen die Deutschen, ein paar zornige Löwen und Nashörner. Später, im zweiten Weltkrieg, zeigt Blixen ernstere Seiten. Auf Seite 189 lernen wir, dass Blixen nun die Fotografie dem Tiere-Abknallen vorziehe; dann verlässt er plötzlich seinen Spielplatz Afrika für immer – doch was diese Sinneswandel auslöste, das interessiert den Hagiografen nicht.

Ohnehin knallt Bror Blixen auch nach Seite 189 weiter Elefanten ab, möglichst schwer müssen die Stoßzähne sein; ein Leopard war

considered vermin in those days… 150 pounds of spotted fury” (S. 198).

Die nie abreißende, blutrünstige Ballerei der Superreichen und ihres schwedischen Guides auf unschuldige Tierchen ist schwer erträglich, und aufgespürt werden die Opfer bombastisch aus der Luft, von der bekannten Fliegerin Beryl Markham.

Bror Blixens Alter bei seinem Unfalltod erfahren wir nicht, ebenso wenig das Alter seiner Gefährtinnen.

Alles halb so wild:

Denn vor allem will Ulf Aschan das tugendhafte Bild zurechtrücken, das meist von Tania Blixen gezeichnet wird: War sie wirklich Jungfrau vor der Ehe? Holte Tania Blixen sich ihre bekannte Syphilis-Erkrankung wirklich bei ihrem Mann Bror Blixen, oder von wem sonst? Alles nicht so sicher, bemerkt Ulf Aschan leicht eifernd und ohne Belege oder auch nur Indizien. Im übrigen (S. 98):

((Bror Blixen)) wasn’t a womanizer; it was the women who chased him.

Ach so. Und sparsam war Tania Blixen ebensowenig wie ihr Mann, der verehrte Onkel des Biografen: “((Tania Blixen)) extravagantly invested in an entire new wardrobe.” (S. 55); “((Tania Blixen)) spent over a month in London and Paris on another buying spree” (S. 57). Der Niedergang der Farm lag auch keinesfalls an Brors Versagen: Der 1. Weltkrieg störte die Geschäfte, und dann verfiel auch noch der Flachspreis; dazu Dürren und Sintfluten.

Aschan erklärt, Bror Blixen könne seine Frau Tania nicht mit Syphilis angesteckt haben, schließlich habe er auch spätere Partnerinnen nicht infiziert. Dass Syphilis jedoch etwa ein Jahr nach der Ansteckung nicht mehr übertragen wird, verschweigt Aschan unzulässig, obwohl das sogar in Tania-Blixen-Biografien steht (die genaueste Darstellung von Tania Blixens Krankheitsgeschichte schreibt Linda Donelson) (Beryl-Markham-Biografin Lovell wiederholt Aschans unergiebige Erklärung, sein Onkel habe ja auch keine weiteren Frauen angesteckt). Schon als kleiner Junge liebte Ulf Aschan seinen Patenonkel Bror, wie er ganz vorn im Buch schreibt.

Tania Blixen hat nach Ulf Aschan auch nicht das beste Afrika-Buch geschrieben und dafür Hemingway-Lob erhalten. Das beste Afrika-Buch stamme von der legendären Pilotin Beryl Markham, und nur dazu kredenzt Aschan ein lobendes Hemingway-Zitat (dass das Markham-Buch von deren drittem Ehemann geghostet wurde, erwähnt Aschan wiederum nicht).

Freie Assoziation:

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