38 Reporter und 2 Faktenprüfer der Washington Post trieben Anfang 2016 diesen Aufwand, um die Trump-Biografie zu recherchieren:
We sent reporters to his ancestral homes in Germany and Scotland, to his childhood neighborhood in Queens and his boarding school in upstate New York, to his college campuses in the Bronx and Philadelphia and to his business ventures in Atlantic City, Panama, Russia, and Azerbaijan. We… spoke with Trump’s relatives, classmates, friends, competitors, business partners, executives and employees, boosters, and critics.
407 Dokumente zum Buch gibt es online im “Reporting Archive“. Das Vorwort erwähnt “the book’s picture section”, aber meine US-Taschenbuchausgabe hat keine Bilder, und das “Reporting Archive” offenbar auch nicht.
Trotz der großen Autorenschar liest sich das Buch meist flüssig und homogen, mild journalistisch, nur am Ende zusammengestopselt; es steigt gern mit konkreten Szenen ein, übertreibt den Zeitungsjargon indes nicht.
Das Kapitel über Trumps Sportbeteiligungen fällt jedoch ab mit dräuenden Andeutungen, Cliffhängern und anderen abgenutzten Stilmitteln, es verwendet zudem exotische Fachbegriffe aus dem Golf; im Kapitel “Law and Order” heißt es plötzlich mehrfach “us” und “we” über die Reporterschar – ein überraschender Stilbruch am Buchende.
Die Autoren präsentieren immenses Faktenwissen – bis hin zu Woody Guthries 1950er Liedzeilen über den Wohnblock Beach Haven von Fred Trump und dessen Leibgericht beim Italiener jeden Montag, Mittwoch und Freitag. (Nur einmal liefern die Autoren weit weniger Fakten als erwartet: Nach der Kapitelüberschrift “’Best Sex I’ve Ever Had’”.)
Das Buch ist nicht streng chronologisch, sondern nach Themen geordnet. Gelegentlich verlor ich deshalb den Überblick über die Chronologie; so berichtet ein Kapitel von der Affäre mit Marla Maples und der Trennung von Ivana, doch im nächsten Kapitel dekoriert Ivana ein Trump-Objekt oder mindestens eine Trump-Veranstaltung – war das nach der Trennung oder vorher? Gegen Ende, beim Politikkapitel, springt das Buch zurück bis 1987, um im Schnelldurchgang bis 2016 vorzukurbeln. Das Nachwort heißt “President Trump” und beginnt mit ein paar Absätzen über Trumps erste Tage nach seiner Wahl; es bringt danach aber allerlei snippets, die offenbar im Kapitel über seinen Wahlkampf 2015/16 vergessen wurden (“the bulk of the work on this book took place over three months in mid-2016”).
- Zumbuchwiki
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Die Trump-Biografien von D’Antonio und Kranish/Fisher im Vergleich:
Niedertracht, Pressegeilheit, Marktschreierei, Misogynie, Narzissmus, Lügenwirtschaft, Finanz-Scharlatanerie sowie laute öffentliche Kritik an US-Militärausgaben in Europa und Mittelost – Donald Trump lieferte alles schon Jahrzehnte vor seiner ersten Präsidentschaftskandidatur. Die Bücher belegen es nüchtern und überdeutlich.
Beide Biografien tragen denselben deutschen Titel, erschienen um die US-Präsidentschaftswahl 2016 herum und wurden nach meiner Übersicht bis März 2025 nicht aktualisiert. Für beide Bücher sprach Trump laut Vorwörtern ausführlich 10 oder 20 Stunden mit den Autoren; er drohte jeweils Strafverfolgung bei Unzufriedenheit an. Nur D’Antonio berichtet ausführlicher von diesen Trump-Begegnungen, er wurde schließlich persona non grata.
Flüssige Lektüre:
Beide Bücher lesen sich flüssig (ich kenne jeweils nur die englische Ausgabe). D’Antonio klingt ein wenig feuilletonistischer und teils noch runder; Kranish-Fisher bezeichnen D’Antonios Buch in ihrem eigenen Nachwort als “thoughtful, detailed overview”. D’Antonio faszinieren aber öfter auch Randfiguren und Randthemen, die er ermüdend über Absätze oder Seiten hinweg vorstellt; Kranish/Fisher liefern mehr kleine Details zu Trump und bleiben eng an der Hauptfigur. Letztlich liefern Kranish/Fisher das bessere Buch, und es bringt auch nichts, beide Bände parallel zu lesen (anders als bei den sich ergänzenden Churchill-Biografien von Gilbert und Jenkins).
Beide Werke klingen halbwegs neutral, keinesfalls kämpferisch; doch D’Antonio verwendet auch eigene, abwertende Adjektive und legt moralische Maßstäbe an. Dagegen werten Kranish/Fisher nur in Zitaten von Beobachtern – auch aus der eigenen Washington Post, aber immer gebremst, und zitieren gelegentlich auch Lob. (Im Februar 2025 verbot WP- und Amazon-Eigner Jeff Bezos seiner Zeitung faktisch, Trump zu kritisieren. Vielleicht schmeißt er ja auch diese Trump-Biografie aus seinem B a uchladen.)
Inhaltliche Unterschiede:
Inhaltlich gibt es Unterschiede. So liest man nur bei Kranish/Fisher, dass Großvater Friedrich Trumpf gar nicht in den USA bleiben, sondern sich nach ein paar US-Jahren wieder in der Pfalz niederlassen wollte, dies aber nicht durfte und notgedrungen in die USA zurückkehrte – erst dort kam Trump-Vater Frederik Trump zur Welt. Nur dieses Buch berichtet auch über Trumps Lizenzsystem mit Trump-Steaks, Trump-Matratzen, Trump-Businesskleidung und Trump-Mineralwasser und über seine Geschäfte in Russland Aserbaidschan, Schottland und Panama. Insgesamt finden sich hier deutlich mehr Fakten zu Trump, der Name Putin fällt schon 2013.
Nur bei D’Antonio liest man dagegen, dass die Anklage gegen Trump wegen ethnischer Diskriminierung bei Vermietungen Anfang der 70er Jahre letztlich auf die Nixon-Regierung, und nicht nur auf New Yorker Stellen, zurückging. D’Antonio schreibt ausführlicher und sehr atmosphärisch über die störrischen schottischen Nachbarn des geplanten Trump-Golfplatzes auf den Hebriden und zieht eine Parallele zum Film Local Hero. D’Antonio interessiert sich auch mehr für Psychologie.
Insgesamt zitiert D’Antonio mehr Statistiken zu Armut, Einkommensunterschieden oder Bautätigkeit in verflossenen Jahrzehnten, mehr Randthemen und moralische Betrachtungen; Kranish/Fisher kredenzen mehr kleine Fakten zu Donald Trump, die aber nie überflüssig oder “boulevard” wirken.
Verblüffend: 9-11 spielt in keinem Buch eine Rolle (jedoch einige Terror-Attacken aus 2015 bei Kranish-Fisher). Beide Bücher berichten zu atemlos über die Vorwahlen 2015/16, die stattfanden, während die Bücher geschrieben wurden.
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