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Belletristik, Buch, Deutschland, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Reise, Reisebuch, Sachbuch
Kritik: Nolde und ich. Ein Südseetraum, von Hans Christoph Buch (2013) – 3/10 Sterne
Wie monetarisiert man die 2012er Teilnahme an einer ornithologischen Gruppenreise nach Papua-Neuguinea? Man erfindet ein paar Kapitel über die historische Tropenreise eines berühmten Malers und verschneidet diese Fiktion mit eigenen Tagebuchstichwörtern. Wenn man damit in der renommierten Anderen Bibliothek landet, muss es gut sein. Vielleicht findet Buch sein Buch lässig, ich finde es nachlässig. Amazon-Werbelinks: Hans Christoph Buch | Emil Nolde | Südsee Wahrheit und Dichtung: Hans Christoph Buch (*1944) mischt vier historische Kapitel fast unverbunden mit zwei kürzeren Kapiteln Reisetagebuch aus 2012, insgesamt nur rund 123 Seiten. Die historischen Kapitel über Ada und Emil Nolde sowie „Queen Emma“ sind fiktionalisierte Biografie – Details könnten erfunden sein, aber man weiß…
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Kritik: Thailand – der Norden, von Sandra Wohlfart (Michael Müller Verlag, 1. Auflage 2022)
Dies ist die 1. Auflage von Oktober 2022, und eine erste Auflage ist nie ideal (ich war vor Ort Dez-Januar 2022-23). Auf jeden Fall liefert das MM-Buch mehr Inspiration für Nordthailand als die anderen, auch englischen Reiseführer, die auf ähnlich vielen Seiten das ganze große Thailand behandeln und sich teils auf die überfüllten Strände konzentrieren. Amazon-Werbelinks: Thailand-Reiseführer | Michael-Müller-Reiseführer | Südostasien Formulierungen, Reiseführer-Deutsch: Ausdrücke wie „der Tempel auf der anderen Seite des Museums“ in Nan-Stadt sind völlig unklar, auch wenn die Karte im Buch die Sache klärt; bitte generell Himmelsrichtung angeben wie „direkt östlich vom Museum“ (so wie grundsätzl. im Lonely Planet) oder mindestens einen Bezug wie „auf der anderen…
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Kritik Spanien-Bericht: Capricho. Ein Sommer in meinem Garten, von Beat Sterchi (2021) – 3 Sterne
Dies ist teils Autofiktion, teils Huertofiktion. Beides nervt. Denn sonst ist es nichts. Irgendetwas über Landflucht, Klimawandel, persönliche Abenteuer, demografischen Wandel, Bürgerkrieg, Tourismus, spanische oder EU-Politik, Dorfsoziologie etc. sagt Beat Sterchi nicht, auch wenn er ein bisschen über die Szene an der Küste spottet und in der Hängematte Bücher über Spanien ab 1936 liest. Sterchi erwähnt nicht mal Castellón, die spanische Provinz, aus der er berichtet, verrät nur ein paar Kleinstadtnamen Nichts passiert. Kein Konflikt, kein Drama, keine Liebe, kein pfiffiger Dialog, keine Politik im Dorf. Von den Nachbarn hören wir ein paar kauzige Sprüche. Zwischendurch kommen Frau und Tochter zu Besuch, sie erhalten wenige Zeilen. Den „lieben Freund Miguel“…
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Annehmbar, Auswandern, Biographie, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Sachbuch
Kritik Biografie: Die Löwin. Tania Blixen in Afrika, von Tom Buk-Swienty (2019, or. Løvinden – Karen Blixen i Afrika) – 6 Sterne
Fazit: Tom Buk-Swienty liefert weit mehr Fakten und Bilder als andere Biografen, und er nutzt neu erschlossene Quellen, vor allem zu Blixens Financier und Onkel Aage Westenholz. Er beschreibt ausschließlich Tania Blixens afrikanische Zeit, und das auf über 700 Seiten. Die Biografie lässt sich leicht lesen, obwohl sie (jedenfalls in der Eindeutschung von Ulrich Sonnenberg) sprachlich unterwältigt und ermüdend Krise an Krise reiht. Amazon-Werbelinks: Jenseits von Afrika | Tania Blixen | Ganz Afrika | Kenia Männer, Heuschrecken, Dürre, Krieg, Krankheit: Buk-Swienty kommt Tania Blixen nicht nah, klingt zuweilen spöttisch, herablassend oder leiert schlicht die Fakten aus seinem riesigen Materialberg herunter, hier aus einem einzigen Absatz: Ein paar Stunden später erreichten…
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Annehmbar, Auswandern, Biographie, Buch, Deutschland, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Sachbuch
Kritik Biografie: Walter Spies, Ein exotisches Leben, von Michael Schindhelm (2018) – 5/10 Sterne
Trotz aller Schwächen kann diese Walter-Spies-Biografie kaum ganz missglücken, denn Autor Michael Schindhelm hat fantastisches Ausgangsmaterial: Walter Spies‘ abenteuerliches Leben in Russland, Deutschland, auf Java und Bali mehrere Forschungsberichte zu Walter Spies Walter Spies‘ pfiffige Briefe v.a. an seine Mutter Walter Spies‘ faszinierende Malerei Michael Schindhelm zitiert freilich zu wenig Spies-Briefe zu knapp zu kalauer-orientiert; und er zeigt zu wenig Spies-Bilder zu klein. Auf Bali präsentiert Schindhelm seine Figur vor allem als Kulturlöwe und Promi-Gastgeber. Amazon-Werbelinks: Walter Spies | Michael Schindhelm Anfang mit dem Ende: Am Anfang schildert Autor, Regisseur und Kulturmanager Michael Schindhelm das Kriegs-Ende von Walter Spies – ein billiger dramaturgischer Trick. Und er schildert es kursiviert, mit…
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Kritik Thailand-Buch: Love, Money and Obligation: Transnational Marriage in a Northeastern Thai Village, von Patcharin Lapanun (ersch. 2019) – 7 Sterne – mit Links
Dies ist ein sprödes Soziologiebuch. Es steckt voller Statistik und Verallgemeinerung aus den Nullerjahren und davor – Eheschließungen, Migration, Gelderwerb, Landwirtschaft, Familienorganisation, Landesgeschichte, Tourismus, Ost-West-Kinder, Glaube, Thai-Familie. Eingestreut sind ein paar kurze Fallgeschichten von Thai-Paaren, gemischten Paaren und einzelnen Thailänderinnen, wiederum spröde erzählt. Eine mehrseitige „Conclusion“ am Ende jedes Kapitels und ein eigenes „Conclusion“-Kapitel am Ende des Buchs erzeugen noch mehr Abstraktion und Redundanz. Der Thai-Land-Tourist vernimmt viele interessante Fakten und statistische Bestätigungen des womöglich Immer-schon-Vermuteten – und ein paar verblüffende Behauptungen. Die Anthropologin Patcharin Lapanun von der Uni Khon Kaen (KKU) liefert überraschende Informationen zu thailändischer Arbeitsmigration und internationaler Ehevermittlung auf Dorfebene. Wie der Titel sagt, will Lapanun genauer…
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Annehmbar, Auswandern, Biographie, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Sachbuch
Buchkritik: Nach dem Monsun, von John David Morley (2001) – 6 Sterne
Das Buch enthält vier etwa gleich lange Teile über: Singapur mit englischer Familie und malaiischen Angestellten; England mit erweiterter englischer Familie; Ghana mit englischer Familie und afrikanischen Angestellten; sowie England im Internat. Morley schreibt über Jahre ab etwa 1952, er ist vier bis etwa zehn Jahre alt. Er schreibt aus Kinderperspektive, wir lernen vor allem seine zwei Schwestern, Schulfreunde und einheimische Hausangestellte kennen. Er liest sich halbwegs interessant, Motive aus frühen Buchteilen kehren später wieder, verbinden so (halbwegs) die sehr disparaten Lebensabschnitte. Amazon-Werbelinks: Singapur | Südostasien | China Asien: John David Morley (1948 – 2018) schildert zunächst frühe Kindheitsjahre mit Eltern, zwei Schwestern und 13 malaiischen Hausangestellten in Singapur. In…
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Auswandern, Biographie, Buch, Gut, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Sachbuch
Kritik Memoiren. My Other Family: An Artist-Wife in Singapore, von Patricia Morley (1994) – 7 Sterne
Von 1946 bis 1948 lebte die Engländerin Patricia Morley in Singapur mit englischem Mann und eigenen Kindern – und mit mehreren malaiischen Hausangestellten plus Anhang. Über die Malaiien (gutteils aus Indonesien) berichtet Morley in diesem Buch. Außerdem zeigt die künstlerisch ausgebildete Autorin 16 Kohlezeichnungen in ordentlicher SW-Qualität auf Kunstdruckpapier. Obwohl ihr Mann in der Kolonialverwaltung arbeitete, kommt Politisches nicht zur Sprache. Patricia Morley redet nur über Persönliches und Äußerliches. Vielleicht ist das Politische an ihrem Bericht, dass Morley die Verhältnisse nie in Frage stellt, auch nicht die Niedrigstlöhne ihres Personals. Harte Ungerechtigkeiten und das frauenfeindliche Klima spricht sie knapp und nüchtern oder gar nicht an. Laut Eigendarstellung im Buch behandelt…
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Kritik Indonesien-Buch: Hallo Mr. Puttyman bzw. Auf den Spuren von Mr. Spock, von Nigel Barley (1989, engl. Not a Hazardous Sport bzw. Toraja) – 6 Sterne
Nigel Barley beginnt sein Indonesien-Buch weitschweifig mit Reisegedöhns: The equipment laid out on the bed… How many shirts? How many pairs of socks? …a cheap ticket… the broken lavatories of the airport… Heute hier, morgen dort: Ja, wir hören auch länger vom Flughafen Moskau, und Barleys ursprüngliches Flugticket aus einer dubiosen Quelle platzte. Das ist doch eine Zumutung für den Leser, wenn auch routiniert flüssig geschrieben (ich kenne nur das englische Original und kann die deutsche Fassung nicht beurteilen). Und weiter schleppt sich Barleys Bericht von Haltestelle zu Haltestelle: Nach dem Flughafen Moskau kommt die Zwischenstation Singapur. Dann Zwischenstation Jakarta. Dann Busfahrt Jakarta-Surabaya. Dann Zwischenstation Surabaya. Dann Fähre Surabaya-Sulawesi. Zwischen-Aufenthalt…
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Kritik Afrikabuch: Die Raupenplage, von Nigel Barley (1983, engl. Plague of Caterpillars) – 7 Sterne
Routiniert spult das Afrikabuch Anekdoten, Pointen und Allgemeinplätze herunter: Ein schriller Weißer ermordet seine Katze und kocht sie. Auch Erlebnisse mit halbzahmen Affen oder Vögeln walzt Nigel Barley (*1947) breit fürs Publikum aus; sie scheinen teils fürs Buch inszeniert oder dramatisiert, auch der kackende Ziegenbock in der Lehmhütte, haha. Nigel Barly bei Amazon (Werbe-Link) Warum Anthropologe Barley mit abgehangenen Dritte-Welt-Malesten bei der Einreise, bei Inlandsflügen und in schäbigen Hauptstadt-Hotels beginnt, bleibt unklar – er hat doch viel besseres Material. Aber vielleicht gehört Klischeeauswalzen zum Genre, so wie vielleicht auch die Titelbild-Karikatur mit weißem Grinsemann im Safari-Hemd, Affe und Bierflasche im Arm (Affe und Bierflasche erscheinen in den Berichten). Erst im…
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Kritik Afrikabuch: Traumatische Tropen, Notizen aus meiner Lehmhütte. Von Nigel Barley (1983, engl. The Innocent Anthropologist) – 7 Sterne
Anekdoten, Pointen und Allgemeinplätze schnurren ab der ersten Seite gut geölt herunter. Dazu behauptet Nigel Barley in seinem Afrikabuch auch mal Widersprüchliches: Aufgebrochen sei er totally unprepared both materially and mentally for the bush und nur eine Seite später: I felt as well equipped as anyone needed to be. Selbstironie ist des Angelsachsen Pflicht, darum Barley über sich: a flurry of irrelevant activity… re-establish my credentials as a harmless idiot Ein englischer Kritiker bezeichnete Barley als typischen „court jester“ (Hofnarr) der britischen Reiseliteratur (Quelle), und im englischen Nachfolgeband Raupenplage preist ihn der Verlag tatsächlich als „jester“ an. Das passt, und in der zweiten Buchhälfte habe ich tatsächlich ein paar Mal…
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Kritik Sachbuch: Menschwerdung eines Affen, von Heike Behrend (2020) – 6 Sterne
Heike Behrend mischt immer wieder drei unterschiedliche Dinge: Allgemeine Theorie und Praxis der Ethnologenzunft, mit wissenschaftlichen Belegen und Fremdwörtern (z.B. ausführlich „das Motiv des Seelenklaus oder des Verlusts des Schattens“ oder „der akademische Affe als liminale Figur“) Ihre Forschungsergebnisse bei ethnologischen Aufenthalten in Kenia und Uganda – zunächst allgemein Soziales, dann Kannibalismus und Katholizismus, zuletzt Fotografie der Afrikaner die teils kuriosen Reaktionen der erforschten Afrikaner auf ihre Erforscherin; im ersten Buchdrittel (in Kenias Tugenbergen) galt sie ihnen zunächst als „Affe“, später als „Spion“ oder „Kannibale“ (S. 238 etc.). (Ich kann’s kaum glauben, dass die (lt. Buch) linke Berliner Adorno-Rezipientin, Alt-68erin und Kinderladen-Befürworterin Heike Behrend „Affe“, „Spion“ und „Kannibale“ nicht gendert…
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Annehmbar, Asien, Auswandern, Buch, Deutschland, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Sachbuch
Kritik Sachbuch: Der fremde Deutsche, von Umeswaran Arunagirinathan (2017) – 5 Sterne
Der Autor, mit 12 aus Sri Lanka geflüchtet, heute dunkelhäutiger Herzchirurg in Deutschland, hat mit ausländerfeindlichen Patienten zu tun, die er darum besonders aufmerksam betreut, und scheitert an vielen Disko-Türen. Tolle Unterstützung bekommt er andererseits auch. Dieses Buch über einen südasiatischen Flüchtling in Deutschland beginnt in… London, und dort lernen wir schlagartig zu viele Familienmitglieder kennen. Kurz danach stellt Umeswaran Arunagirinathan (*1978) seine… afghanische Ersatzfamilie in Deutschland vor, samt Kosenamen. Auch viele andere Vertraute des Autors in Hamburg und Kiel sind zunächst nicht-deutschstämmig: Iraner, Ghanaer, Japaner, Polen. Umeswaran Arunagirinathan auf Amazon (Werbe-Link) Teils interessant: Arunagirinathan schreibt teils Interessantes, aber nie gut. Die Sprache klingt fad, manchmal verschluckt er wichtige Details,…
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Buchkritik: Amore al dente / Only in Naples / The Mother-in-Law Cure, von Katherine Wilson (2016) – 6 Sterne
Ich habe mehrmals laut gelacht, vor allem im ersten Viertel, das gibt’s nicht oft. Die US-Autorin haut ihre neapolitanische Gastfamilie nur ein bisschen in die Pfanne, eher sich selbst, ihre US-Sitten und Italien im allgemeinen. Trotzdem war mir unbehaglich: Wilson erzählt mit zu viel Dampf. Wie eine Bühnenkomikerin scheint sie eine Anekdoten-Mindestzahl pro Seite rauszuhauen, darunter Sprüche fürs Poesiealbum wie Goethe said, „See Naples and die.“ I saw Naples and started to live.* Es wunderte mich gar nicht, als Wilson über ihre Jugend schrieb: What i loved to do was perform… i studied acting… i performed the leading role in nearly thirty plays… Und mit dieser Energie textet Katherine Wilson…
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Annehmbar, Auswandern, Biographie, Buch, Frankreich, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Sachbuch, USA
Buchkritik: When in French. Love in a Second Language, von Lauren Collins (2016) – 4 Sterne
Fazit: Lauren Collins ist zu ergriffen von allem: die lieben lebenslustigen französischen Schwiegereltern, das savoir vivre, die Linguistik, mehr Linguistik, Mutterglück auf Französisch, und noch mehr Linguistik – die Dinge strömen aufs Papier, die Autorin verliert sich. Die US-Amerikanerin Lauren Collins (*1980) trifft in London den französischen Mathematiker Olivier; sie heiraten und ziehen ins frankophone Genf. Autorin Collins spricht zunächst kaum Französisch. Sie erzählt einzelne interkulturelle und linguistische Wunderlichkeiten aus London, Genf, Korsika und Bordeaux, der Heimat ihres Mannes, und sie berichtet subtil und interessant von den Schwierigkeiten, wenn man die Landessprache kaum versteht. Auf Amazon: Lauren Collins | Katherine Wilson Überfrachtet: Diese Abschnitte klingen interessant, momentweise lustig und gehen…
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Annehmbar, Auswandern, Buch, China, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Reisebuch, Sachbuch
Über den Reisebericht von W. Somerset Maugham, Das Lied des Flusses (1922, engl. On a Chinese Screen)
Somerset Maugham auf Amazon (Werbelinks): allgemein | Kurzgeschichten | Romane | englisch Auf Amazon (Werbelinks): Bücher zu Hongkong | Südostasien | China Der schmale Band enthält 58 kurze, unverbundene Eindrücke von der China-Reise, die Maugham 1919 unternahm. Jedes Stück ist nur ein bis drei Seiten lang. W. Somerset Maugham (1874 – 1965) portraitiert wenig Chinesen, sondern vor allem europäische Diplomaten, Seefahrer, Kaufleute, Missionare. Einmal schildert er nur, wie er auf einem Sessel in ein Dorf und in eine Pension getragen wird. Die Einzelteile haben nichts miteinander zu tun und oft wird der Ort nicht genannt. Das klingt schon distanziert, und dazu pflegt Maugham einen schnöseligen, snobistischen Ton; er redet gern…
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Kritik Biografie. Selina Hastings: The Secret Lives of W. Somerset Maugham (2009) – 8 Sterne
Selina Hastings erzählt sehr flüssig, ohne aufzutrumpfen oder die Zeit literarisch zu pimpen – sie textet eher distanziert*. Elegant, fast anmutig schwebt sie von Recherche zu Zitat, vom Allgemeinen zum Konkreten, von Liebe zu Literatur. Das liest sich hervorragend und spannender als erwartet – von Profikritikern gab’s viel Lob. Natürlich liefert Hastings Bezüge zwischen Maughams Leben und seinen autobiografisch grundierten Erzählungen. Zu vielen Maugham-Veröffentlichungen bringt Hastings lange Inhaltsangaben, Interpretation und Pressestimmen, teils auch Meinung aus dem Lektorat (als er noch lektoriert wurde). Schön auch, dass sie französische Sätze zugleich im Original und übersetzt wiedergibt. Gelegentlich klingt sie so trocken wie ein Romancier. So über Maughams Frau (S. 249): Syrie had…
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Kritik Sachbuch indische Liebe: The Heart Is a Shifting Sea – Love and Marriage in Mumbai, von Elizabeth Flock (2018) – 8 Sterne
Fazit: Die Autorin liefert einen brillanten, sehr tief gehenden Einblick in indische, urbane Mittelschicht-Seelen und indischen Alltag heute. Sie schreibt zudem hervorragend und in leichtem Englisch und nimmt sich selbst völlig zurück – das Buch lässt sich kaum weglegen. Störend nur, dass Flock jede Paargeschichte in fünf Teile zerhackt und nicht am Stück erzählt. Die US-Journalistin Elizabeth Flock beobachtete über fast zehn Jahre drei indische Paare in der Wirtschaftsmetropole Mumbai (vormals Bombay) – Schulleiter, Kleinunternehmer, Händler, Journalisten, IT-Spezialisten, Hausfrauen; zwei Hindupaare und ein Muslimpaar; Liebeshochzeit und arrangierte Ehe. Amazon-Werbelinks zu Büchern: Indien | Asien Viele Jahre: Elizabeth Flock begann ihre Interviews 2008 und recherchierte vor allem 2014 und 2015; in…
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Afrika, Annehmbar, Auswandern, Biographie, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Sachbuch
Kritik Biografie: The Lives of Beryl Markham, von Errol Trzebinski (1993) – 6 Sterne
Biografin Errol Trzebinski lebte zumeist in Kenia und schrieb vor dieser Biografie andere Kolonialkeniabücher – so berichtet sie hier nicht nur detailliert Beryl Markhams Leben, sondern flicht auch viel Lokolkolorit ein wie: In Nairobi Dr. Ribeiro, a Goan, rode a tame zebra to his sickest patients and his rooms ((…)) were made from old packing cases. Ob sie hier von ihren früheren Keniabüchern übernahm, weiß ich nicht. Errol Trzebinski (*1936) kannte Beryl Markham seit einer Interview-Serie 1974. Sie recherchierte dieses Buch ernsthaft offenbar seit 1986, vielleicht schon seit 1974, wollte aber lt. Vorwort vor einer Veröffentlichung explizit Markhams Tod abwarten, um sie nicht vor den Kopf zu stoßen. Viele der…
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Afrika, Annehmbar, Auswandern, Biographie, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Sachbuch
Kritik Beryl-Markham-Biografie: Straight on Till Morning, von Mary S. Lovell (1987, dt. Beryl Markham, Leben für Afrika) – 6 Sterne
Fazit: Diese Biografie einer starken, abenteuerlichen und oft unsympathischen Frau ist flüssig geschrieben und offenbar gründlich recherchiert. Nur gelegentlich schweift Biografin Mary S. Lovell zu weit ab (zu Randfiguren, Rennpferden, Kleinflugzeugen und Königshaus) und schreibt zu emotional. Trotz der breit erklärten Sympathie für Beryl Markham (1902 – 1986) liefert Lovell keine Gefälligkeitsbiografie, sondern schildert auch weniger einnehmende Seiten der Fliegerin. Amazon-Werbelinks: Ganz Afrika | Südafrika | Kenia | Marokko Leidenschaftlich: Mary S. Lovell (*1941) stürzte sich laut Vorwort spontan und leidenschaftlich in die Markham-Biografie und knickte dafür eine andere laufende Arbeit. Wie Markham interessierte sich auch Lovell sehr für Rennpferde und alte Flugzeuge. Mitunter trägt der Enthusiasmus Lovell fort, sie…
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Afrika, Annehmbar, Auswandern, Biographie, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Sachbuch
Erster Eindruck Autobiografie: Westwärts mit der Nacht, von Beryl Markham (1942, engl. West with the Night)
Ich kenne die Beryl-Markham-Biografien von Mary S. Lovell und Erroll Trzebinski. Autobiografien wie diese von Beryl Markham über sich selbst lese ich normalerweise gar nicht, weil sie mir zu einseitig sind. Laut Biografinnenmeinung stimmt auch nicht alles in den Markham-Memoiren, aber das erwartet man ja auch nicht. Doch die Markham-Memoiren werden allseits für ihren Stil gelobt, u.a. von Ernest Hemingway und (unabhängig von ihm) von Martha Gellhorn; sie hält – wie andere – die Markham-Memoiren für teils ebenbürtig mit Tania Blixens stimmungsvollem Jenseits von Afrika (Seite x und xi des 1984er-Martha-Gellhorn-Vorworts zu West with the Night in der britischen Virago-TB-Ausgabe von 1988 auf Basis der North-Point-Wiederauflage von 1983; eine…
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Afrika, Annehmbar, Auswandern, Biographie, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Sachbuch
Kenia-Kolonialbuch-Kritik: Weißes Verhängnis, von James Fox (1982, engl. White Mischief) – 6 Sterne – mit Video
Fazit: Journalist James Fox schreibt ungewöhnlich flüssig und gut lesbar, dabei sehr klar und nachvollziehbar (jedenfalls im engl. Original, ich hatte die 1998er Vintage-TB-Ausgabe; die Eindeutschung von rororo kenne ich nicht). Allerdings ist die Erzählung seltsam zersplittert und die Geschichte beginnt nach 120 Seiten noch einmal von vorn, dann unchronologisch. Ein Personenlexikon, Landkarte und einige SW-Fotos machen die Handlung leichter nachvollziehbar, gleichwohl konnte ich nicht alle Figuren immer auseinanderhalten, die Anordnung der Ereignisse verwirrt. Fox will scheint’s einen Tatsachenkrimi schreiben, hat aber sein Material nicht im Griff. Amazon-Werbelinks: Ganz Afrika | Südafrika | Kenia | Marokko Mord in der Kolonial-Schickeria: Fox konzentriert sich auf die 1920er und 1930er Jahre im…
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Afrika, Annehmbar, Auswandern, Biographie, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Sachbuch
Kenia-Kolonialbuch: The Ghosts of Happy Valley, von Juliet Barnes (2013) – 4 Sterne – mit Video
Juliet Barnes berichtet über das skandalumwitterte kenianische Happy Valley in den 1920er bis 1940er Jahren – bis zum Mord an Josslyn Hay (Earl of Erroll) 1941. Zugleich erzählt sie ausführlich von ihren Recherchen, Begegnungen und Autofahrten im Happy Valley zwischen etwa 2000 und 2010. Sie lebt offenbar selbst dauerhaft in Kenia und bringt viele Reportage-Eindrücke, besucht unter anderem mehrfach das Anwesen der berühmten Partymeisterin Idina Sackville und begleitet Frances Osborne bei Recherchen zu deren Buch The Bolter über Osborne-Urgroßmutter Idina Sackville. Amazon-Werbelinks: Ganz Afrika | Südafrika | Kenia | Marokko Zu viele Schwächen: Doch ich konnte Barnes‘ Ghosts of Happy Valley nur etwa bis zur Seite 50 lesen und hängte…
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Afrika, Annehmbar, Auswandern, Biographie, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Sachbuch
Kenia-Geschichtsbuch-Kritik: Happy Valley. The Story of the English in Kenya, von Nicholas Best (1979/2013) – 5 Sterne
Der Haupttitel Happy Valley lässt vermuten, es gehe nur um die Ausschweifungen sinnenfroher Engländer im notorischen Happy Valley, Kenia, in den 1920er und 1930er Jahren; das Thema bekommt bei Best aber nur ein paar Seiten. Besser trifft’s der Untertitel, denn tatsächlich schildert Best die kolonialen Jahre Kenias von Joseph Thomsons Expedition 1883 bis zur Unabhängigkeit 1963 (Best beginnt also nicht mit Ludwig Krapfs Landung in Mombasa 1844); dem folgt im Nachwort eine Bilanz der Unabhängigkeit bis 2013 („many failings after fifty years of self-government“, S. 217). Amazon-Werbelinks: Ganz Afrika | Südafrika | Kenia | Marokko Best plante sein Erstlingsbuch Happy Valley bewusst als Spaßlektüre für Strand oder Safari-Lodge. Er schreibt…
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Afrika, Annehmbar, Auswandern, Biographie, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Sachbuch
Kritik Biografie: Out of Isak Dinesen in Africa, von Linda Donelson (1995) – 6 Sterne – mit Video
Blixen-Biografin Linda Donelson (1943 – 2012) hat keine Wikipedia-Seite und schrieb offenbar nur dieses eine Buch. Donelson lebte ein gutes Jahr im kenianischen Ngong, also in der Gegend von Tania Blixens Farm. Donelson schreibt weitgehend nur über Blixens afrikanische Jahre, jedes Kapitel ist mit einer Jahreszahl überschrieben. Blixens frühe Jahre, Vorfahren und ihre nachafrikanische Zeit (rund 31 Jahre) beschreibt Donelson nur sehr gerafft (Tania Blixen, 1885 – 1962, ist auch als Karen Blixen und Isak Dinesen bekannt; sie lebte von 1914 bis 1931 in Afrika). Amazon-Werbelinks: Ganz Afrika | Südafrika | Kenia | Marokko Donelson lebte um 1978 in Kenia und besuchte das Blixen-Haus öfter mit Freunden. Sie saß gern…
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Afrika, Annehmbar, Auswandern, Biographie, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Sachbuch
Kritik Biografie: Tania Blixen, von Judith Thurman (1982, engl. The Life of a Storyteller bzw. Isak Dinesen The Life of Karen Blixen) – 7 Sterne – mit Videos
Thurmans Blixen-Biografie beleuchtet viele der betont vagen Passagen in Blixens Memoiren Jenseits von Afrika (noch genauer tut dies die spätere Blixen-Biografin Linda Donelson). Judith Thurman schreibt insgesamt ein sehr ausführliches, mir teils zu ausführliches Werk, das mit Tania Blixens Großeltern beginnt (Tania Blixen, 1885 – 1962, ist auch als Karen Blixen und Isak Dinesen bekannt). Thurman schildert Blixens Jugend mit literarischen und intellektuellen Einflüssen (u.a. Nietzsche, Georg Brandes, Shakespeare etc.). Thurman misst Blixen an Walter Benjamins Ansprüchen – weit entfernt von Afrika und glühender Liebe unter dito Äquatorsonne. Amazon-Werbelinks: Ganz Afrika | Südafrika | Kenia | Marokko Ungute Geister: Historische Geistergeschichten, die Blixen als 20jährige schrieb und teils veröffentlichen…
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Afrika, Annehmbar, Auswandern, Biographie, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Sachbuch
Kritik Memoiren: Jenseits von Afrika, von Isak Dinesen/Tania Blixen (1937); Schatten wandern übers Gras (1960) – 7 Sterne – mit Video
Das Buch ist nicht chronologisch, sondern eher thematisch angeordnet. Dabei geht es geht kaum um Mann+Frau, um Liebe – die bekannte Verfilmung von 1985 weckt völlig falsche Erwartungen. Im ersten Teil redet die Autorin nur allgemein über Land, Leute und einzelne Figuren auf ihrer ostafrikanischen Kaffeefarm. Es gibt keinen Dialog und keine durchgehende Handlung – nur Schilderung, Episoden und kleine Portraits. Dann befasst sie sich mit einzelnen westlichen Besuchern und einzelnen ostafrikanischen Volksgruppen: Masai, Kikuyu, Somalis. Dabei wirken die Europäer oft etwas verkommen und hoffnungslos, gelegentlich rassistisch, mit einer strahlenden Ausnahme; die Afrikaner erscheinen kindlich bis eigenwillig, teils stolz. Über einzelne Rassisten schreibt Tania Blixen betont nüchtern, die Handlungen und…
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Afrika, Annehmbar, Auswandern, Biographie, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Sachbuch
Kritik Biografie: The Man Whom Women Loved: The Life of Bror Blixen, von Ulf Aschan (1987) – 4 Sterne
Fazit: Wieder und wieder geht’s auf Safari, mit US-Millionären oder UK-Prinzen, oder mit dem Auto durch die Sahara, einmal sogar ganz ohne die Hauptfigur. Wieder und wieder listet Autor Ulf Aschan den vierbeinigen Body Count, samt Schätzgewicht des erbeuteten Elfenbeins (Ulf Aschan ist selbst „white hunter“). Die im Titel versprochenen Damenabenteuer erscheinen hier und da in einem Nebensatz, doch jede Ex singt ein Loblied auf den untreuen Schwerenöter. Ulf Aschan konzentriert sich auf Anekdoten und liefert eine unübersichtliche, hagiografische Darstellung, die nur für den Familienrundbrief taugt. Er will vor allem seinen Patenonkel Bror Blixen (1886 – 1946) in gutes Licht stellen und dessen erste Frau Tania Blixen (Jenseits von Afrika)…
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Kritik Jugendmemoiren: Das deutsche Krokodil, von Ijoma Mangold (2017) – 7 Sterne – mit Video
Kulturjournalist Ijoma Mangold schreibt über seine deutsche Kindheit mit deutscher Mutter und abwesendem Vater aus Nigeria. Die Geschichte reicht bis in Mangolds viertes Lebensjahrzehnt, bleibt aber stets im Privatbereich – von seinem Beruf als Top-Kulturjournalist hören wir nichts. Mangold hat dunklere Haut und krauses schwarzes Haar. Er liefert über weite Strecken einen allgemeinen Bericht über Jugend in den 1970ern, 1980ern, ohne interkulturelle oder fremdenfeindliche Noten. So steht auf Seite 99 meiner 2017er-Rowohlt-Hardcover-Ausgabe: Dass ich exotisch aussah, schien an der Schule niemand groß zu bemerken… Meine fremdländische Aura… wurde gar nicht wahrgenommen. Mangold führt dies vor allem auf das entspannte Heidelberger Klima zurück, bei dem Bildung mehr als Blut zähle. Er…
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Asien, Biographie, Buch, Gut, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Sachbuch, Südostasien, Thailand
Rezension Thailand-Memoiren: My Boyhood in Siam, von Kumut Chandruang (1938) – 7 Sterne
Kumut Chandruang erzählt über viele Jahrzehnte das Leben seiner Eltern und sein eigenes Leben in Thailand. Er klingt naiv versöhnlich, liefert jedoch viele interessante, gelegentlich humorvolle Details und Einblicke in eine untergegangene Welt, und das in gefälliger Schreibe – samt unterschiedlicher Ansichten zu Europäern. Nord und Süd: Chandruangs Vater verließ mit 14 auf eigene Faust sein zentralthailändisches Dorf, lernte in einem Tempel in Bangkok und wurde schließlich Mitarbeiter des Vizekönigs in Nakhon Sri Thammarat. Dort am Hof verbrachte auch sein Sohn, Autor Chandruang, seine frühe Kindheit. Als hoher Richter tourt der Vater mit dem Sohne dann durch verschiedene nördliche Orte wie Uthai Thani, Nakhon Sawan und Phichit – im Buch…
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Afrika, Annehmbar, Biographie, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Sachbuch
Kritik Biografie: Emin Pascha – Arzt – Abenteurer – Afrikaforscher, von Christian Kirchen (2014) – 6 Sterne
Wer sich nüchtern und ausführlich über Emin Pascha informieren will, braucht dieses teure Buch. Ein Lesevergnügen ist es nicht, aber eine reichhaltige, noch lesbare Faktensammlung auf Primärquellenbasis, streng chronologisch, mit vielen interessanten SW-Bildern. Die Manuskriptfassung der Dissertation wurde 2012 an der Uni Bayreuth eingereicht, sie erschien 2014 im Schöningh-Verlag. Autor Kirchen besuchte viele Emin-Orte auf drei Kontinenten – Schauplätze und Archive. Im Gegensatz zu anderen Eminpaschografen wertet Christian Kirchen laut Eigenaussage Primärquellen in vielen Sprachen und Archiven aus, auch in Arabisch, Kairo, Khartum und Daressalam. Amazon-Werbelinks: Ganz Afrika | Südafrika | Kenia | Marokko Faktenreich Im Vergleich zu anderen Biografen bringt Kirchen viel mehr Zitate vor allem von Emin Pascha…