Kurzgeschichten. W. Somerset Maughams Collected Short Stories Vol. 1 – 4: Hauptthemen, Hauptschauplätze

In den Collected Short Stories Band 1 – 4 von W. Somerset Maugham (1874 – 1965) gibt es diese Hauptschauplätze:

  • Weißes Kolonialleben auf einsamen Posten in traurigen Tropen, v.a. Malaya oder Südsee (v.a. Band 1 und 4)
  • Sozialsatiren aus London oder Südengland (v.a. Band 2)
  • Gentleman-Spionage im ersten Weltkrieg in der Schweiz und Russland (Band 3)
  • Reisesituationen allgemein v.a. aus weiten Teilen Europas und Asiens, auch auf Schiffen oder in Zügen

Diese weiteren Schauplätze begegnen wiederholt, aber weniger oft: Singapur (Band 4), Italien (Band 4), Lateinamerika (Band 2), Spanien (Band 1), Ozeandampfer (u.a. Band 4), Südfrankreich (Band 1), Vietnam, Burma (jew. Band 4).

Diese Bände 1 – 4 sind nic ht thematisch oder chronologisch sortiert. Es gibt andererseits drei Bände speziell für Maughams fernöstliche Geschichten: Far Eastern Tales, More Far Eastern Tales und Rain and other South Sea Stories. Die Spionagegeschichten erschienen ohnehin zuerst en bloc im Ashenden-Band. Auch die Sozialsatiren aus London könnten leicht einen thematischen Sammelband füllen; es gibt ihn aber m.W. nicht.

Maugham hat seine Geschichten teils später umbenannt oder neu arrangiert. Fünf Auszüge aus dem Reisebuch Gentleman in the Parlour stehen auch in den Collected Short Stories Volume 4. Zum Gentleman-Spion Ashenden gab es erst mehr als ein Dutzend Sehrkurzgeschichten; Maugham steckte sie später zu sechs längeren Nichtmehrsokurzgeschichten zusammen (Volume 3).

Diese Themen fallen vor allem auf:

Maugham kommentiert immer wieder gnadenlos das Aussehen von Mann und Frau, Körper und Kleidung, samt Zähnen, Füßen, Fingern und Haarkranz (aber nicht die Stimme), z.B. in der Geschichte A Woman of Fifty (Vol 4):

She was a trifle too stout ((…)) in a dress that i guessed had been bought ready-made at the local branch of a big store.

Klassenbewusstsein ist wohl das große Maugham-Thema. Er verwendet zudem gern Ehebruch (häufig durch ältere Ehefrau mit Jungmann, wie auch in den Romanen Theatre und mehrfach im Roman Südsee-Romanze/The Narrow Corner) und sehr ungleich alte Paare (teils aus unterschiedlichen sozialen Schichten). Immer wieder scheint Maugham zu empfehlen, das eigene Glück zu leben, auch wenn das nach Faulheit aussieht und gesellschaftliche Erwartungen nicht erfüllt.

In den Rahmenhandlungen wird meist Bridge gespielt, diniert, Cocktail, Kaffee und Brandy gesüffelt, Pfeife, Zigarette und Zigarre geschmaucht.

Diese weiteren Themen begegnen wiederholt, aber weniger oft:

Strafgefangene und ihre Vorgeschichte mit Liebe und Verbrechen (4x in Vol 4); Mord in der Beziehung; Verwirrung durch Perlenimitate (3x in Vol 1); eine Frau zwischen zwei Männern; Schriftstellerdasein; unentrinnbar unerträgliche Quasselstrippen auf Dampfern und in Zugabteilen (mind. 3x); Inkaufnahme tödlicher Unfälle; Poker (4x kurz in Vol 4); goldene und silberne Zigarettendosen.

Obwohl viele Geschichten in den Kolonien spielen, interessiert sich Maugham keinen Deut für Nichtweiße, für Kolonialismus oder auch nur für englische Innenpolitik. Seine Damen und Dramen sind privat.

Diese Stilmittel fallen auf:

Wenn er gut in Form ist, erzählt Maugham sehr flüssig und plastisch – die Kulisse entsteht eindrucksvoll vor dem Leserauge, die Geschichte rollt unwiderstehlich ab, mit markanten Dialogen. Rückblenden u.a. in den asiatischen Kurzgeschichten geben den Stücken mehr Tiefe.

Die Sozialsatiren aus England haben scharfe, witzige Dialoge wie intelligente Boulevardkomödien und sprachliche Besonderheiten der sozialen Klassen (Maugham war auch erfolgreicher Stückeschreiber). Die asiatischen Kurzgeschichten gehören zu den längsten, sie wirken wie teils Miniromane oder ergreifende Dramen.

In vielen Geschichten berichtet ein distanzierter Ich-Erzähler-Schriftsteller (Maugham?), was anderen passierte – die Rahmenhandlung ist oft ein Essen oder ein Umtrunk, dort erfährt der Ich-Erzähler Erstaunliches, das er in der Binnenhandlung distanziert-amüsiert zum Besten gibt, teils mit Perspektivwechseln zwischen Ich-Erzähler, Zuträgern und eigentlichen Protagonisten. Viele Geschichten vor allem in Band 2 beginnen öd verallgemeinernd.

Viele Geschichten klingen einigermaßen plausibel und der angenehm plaudernde Ich-Erzähler macht sie scheinbar noch glaubhafter. Maugham berichtet aber auch allerlei läppische Anekdoten, meist sehr kurze Stücke.

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