Rezension Burma-Reisebericht: The Gentleman in the Parlour, von W. Somerset Maugham (1930) – 4 Sterne

Thailand

Maugham reist 1922 durch Birma (heute Myanmar), Siam (heute Thailand), Kambodscha und Vietnam, zeitweise auf dem Pony durch entlegenste Regionen. Sonderlich viel erfahren wir nicht, er bleibt der distanzierte Kolonialist. Ãœber Einheimische berichtet Maugham, wenn überhaupt, nur herablassend wohlmeinend (“pretty thing”, “poor thing”). Ãœber einen amerikanischen Juden:

“He was the kind of Jew who made you understand the pogrom.”

Wenig Konkretes:

Und wo immer möglich, flüchtet sich W. Somerset Maugham (1874 – 1965) in allgemeinste Verallgemeinerungen – und klingt natürlich vermessen altklug dabei -, vermeidet Konkretes, diskutiert gar mögliche Schreibstilvarianten; Schwächen, die mir von Maughams Silbermond und Kupfermünze, engl. The Moon and Sixpence, vertraut sind, und das genaue Gegenteil der brillanten, entschlackten Reiseberichte V.S. Naipauls. Maughams Text enttäuscht bitter und wirkt noch blasser als Steinbecks schwafelnde US-Tour Die Reise mit Charley, engl. Travels with Charlie. Hier und da habe ich ein, zwei Seiten übersprungen. George Orwell war zur selben Zeit in Burma wie Maugham und lieferte einen völlig anderen, realistischeren, weit besseren Bericht ab.

Im Vorwort zu Maugham sagt Paul Theroux, dass Maugham das Buch erst mit sieben Jahren Verspätungen und nach einigen weiteren Veröffentlichungen und Reisen schrieb; das erklärt vielleicht, warum The Gentleman in the Parlour so blass bleibt, obwohl er schon unterwegs viel notierte. Theroux enthüllt auch weitere wichtige Fakten zu The Gentleman in the Parlour.

Lichtblick inklusive:

Ãœberraschend gibt es zwischendurch ein paar sehr unterhaltsame Seiten – immer, wenn Maugham Geschichten erzählt, denn das kann er. Die Geschichten handeln allerdings meist von Europäern in den Tropen oder von Europäern in Europa und sind eingestandenermaßen und/oder offenkundig erfunden. In diesen Geschichten blitzt viel Unterhaltungstalent auf, doch sie enden nach ein paar Seiten, und weiter geht es mit öden Beschreibungen und Verallgemeinerungen, Schwafeln und Schwadronieren, eingebildet und selbstgefällig.Das Buch erhielt viel Lob.

Am Rand: Wie gern hätte man die Länder zu Maughams Zeit bereist, als sie noch nicht touristisch überrannt waren. Und wie gern hätte man von Maugham mehr Konkretes von der Reise erfahren. Ich kenne nicht viele Bücher zu Birma/Burma/Myanmar, aber George Orwells In Burma und das darauf aufbauende Buch sind viel besser.


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