Südostasien
-
Kritik Indonesien-Buch: Hallo Mr. Puttyman bzw. Auf den Spuren von Mr. Spock, von Nigel Barley (1989, engl. Not a Hazardous Sport bzw. Toraja) – 6 Sterne
Nigel Barley beginnt sein Indonesien-Buch weitschweifig mit Reisegedöhns: The equipment laid out on the bed… How many shirts? How many pairs of socks? …a cheap ticket… the broken lavatories of the airport… Heute hier, morgen dort: Ja, wir hören auch länger vom Flughafen Moskau, und Barleys ursprüngliches Flugticket aus einer dubiosen Quelle platzte. Das ist doch eine Zumutung für den Leser, wenn auch routiniert flüssig geschrieben (ich kenne nur das englische Original und kann die deutsche Fassung nicht beurteilen). Und weiter schleppt sich Barleys Bericht von Haltestelle zu Haltestelle: Nach dem Flughafen Moskau kommt die Zwischenstation Singapur. Dann Zwischenstation Jakarta. Dann Busfahrt Jakarta-Surabaya. Dann Zwischenstation Surabaya. Dann Fähre Surabaya-Sulawesi. Zwischen-Aufenthalt…
-
Kritik Roman. W. Somerset Maugham: Südsee-Romanze (1932, engl. The Narrow Corner) – 5 Sterne
Mit wenigen Sätzen kreiert W. Somerset Maugham (1874 – 1965) sogleich ein Szenario, in dem der Leser behaglich Platz nimmt – atmosphärischer Schauplatz, interessante und mild sinistre Protagonisten. Da bleibt man gern dabei und freut sich auf den freien Samstagnachmittag. Somerset Maugham auf Amazon: allgemein | Kurzgeschichten | Romane | englisch Show, don’t tell: Zu ausführlich erörtert Maugham jedoch den Charakter seiner Figuren allgemein, statt ihn durch Dialog und Handlung zu belegen. Er schreibt ihnen allerlei verblüffende, teils widersprüchliche Eigenschaften zu. So betont Maugham wieder und wieder die Schurkenhaftigkeit von Captain Nichols, ohne ernsthafte Belege, abgesehen von Slangsprache. Show, don’t tell. Erst am Buchende tut Nichols nachweislich etwas für seinen…
-
Romankritik: Infanta, von Bodo Kirchhoff (1990) – 7 Sterne
Fazit: Bodo Kirchhoffs mehrfach übersetzter Erfolgsroman hat einige Vorzüge und ein paar Schwächen: Starke Atmosphäre im philippinischen Tropenstadl, reizvolle Dialoge, gut gewebte Handlung, interessante Nebendarsteller, angenehme Sprache. Dazu kommen unrealistische oder undefinierte Hauptfiguren, zu viel angeberische Gewalt sowie Melodrama und Längen in der zweiten Hälfte. Bodo Kirchhoff bei Amazon Moribunde Kröteriche: Die Runde der morbiden, moribunden US-Padres an der Abendtafel im Phillie-Kaff fasziniert: Diese alten Kröteriche belauern unentwegt sich, ihren Besuch und die jungfräuliche Köchin Mayla hinter der Durchreiche. Der Geist ist womöglich willig, das Fleisch aber schlapp. Sie sehen, sie hören alles, jede Berührung und jedes Schnaufen im Nebenzimmer. Sie parlieren hinterlistig und kritzeln nächtens Wand an Wand in…
-
Romankritik: Der Verdammte der Inseln, von Joseph Conrad (1896, engl. Outcast of the Islands, Lingard-Trilogie Teil 2 von 3) – 6 Sterne – mit Video
Fazit: Joseph Conrad konstruiert eine spannende Räuberpistole mit verblüffenden Manövern, starken Dialogen, interkulturellem Großaufgebot und viel Atmosphäre. Er produziert auch langatmigen Schwulst und einen unglaubwürdigen Hassliebesgockel. Verblüffend, dass Conrad die Teile 2 und 3 der Lingard-Trilogie so vergleichbar plottete und konstruierte. Geschriftstellert: In seinem historisch zweiten Roman klingt Joseph Conrad (1857 – 1924) deutlich epischer und geschriftstellerter als im Erstling Almayers Luftschloss/Almayers Wahn/Almayer’s Folly. Stark sind neben Plot und Interkultur-Mix vor allem die Dialoge: wie sich Almayer und Willems unwirsch angiften oder die gespreizten Höflichkeiten voll kaschierten Egoismus‘ zwischen Malaiien und Arabern. Die Geschichte hat viel dramatisches Potential; sie wurde ja auch vom Spannungsexperten Carol Reed verfilmt. Allerdings ruiniert Conrad…
-
Rezension Thai-Geschichten: People of Esarn, von Pira Sudham (1997) – 5 Sterne
Die Hauptfiguren im eher literarischen Teil dieses schmalen Buchs sind Ich-Erzähler aus dem Isaan, der armen flachen Gegend im Nordosten Thailands. Manche können nicht lesen. Sie berichten von ihrem armseligen Landleben, Pech in der Liebe, einige gehen zum Arbeiten nach Bangkok. Schmucklose Protokolle: Die Geschichten klingen fast wie Interview-Protokolle, so schmucklos und ohne Effekthascherei schreibt Pira Sudham (Pira Canning Sudham), und immer aus der Ich-Perspektive. Der Ton ist stets ruhig bis resigniert. Dialoge gibt es nicht. Nur ausnahmsweise klingt es poetischer, etwa bei dieser alten Frau auf dem Reisfeld zu ihrem Mann (S. 37): Old man, if I die first, i shall become a cloud to protect you from the…
-
Buchkritik: Bangkok Days, von Lawrence Osborne (2009) – 4 Sterne
Das Bangkok-Buch beginnt mit fast vorhersehbaren Themen: Alte weiße Männer in schäbigen Wohnklitschen und Klamotten – „in baggy pants, a crinkled shirt… espadrilles“… „undescribably shabby and old now“… „paunchy and mottled“ (während wir von Autor Lawrence Osborne nur Dandy-Fotos im Anzug kennen); dazu Bars und eine Prostituierte für mehrere Nachbarn. Sie ist eine der ganz wenigen Thais im Buch mit Persönlichkeit. Die anderen Einheimischen haben Kurzauftritte als Kellner, Krankenschwester, Vermieterin oder berechnende Loverin – vor allem aber portraitiert Osborne alte weiße Männer. Einmal fällt der Ausdruck „Thailand as a place of exile“, und das hätte besser als Buchtitel gepasst, mit dem Zusatz „für stillose alte weiße Männer“. Es wundert nicht,…
- Annehmbar, Belletristik, Buch, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Lustig, Roman, Südostasien
Romankritik: Crazy Rich Asians, von Steven Kwan (2013) – 6 Sterne – mit Trailer
Crazy Rich Asians (2013, dt. u. engl. Buchtitel) ist der erste Teil einer Trilogie, die Kevin Kwan 2016 mit Crazy Rich Girlfriend (engl. China Rich Girlfriend) und 2018 mit Crazy Rich Problems (engl. Rich People Problems) fortsetzte. Die Verfilmung von Crazy Rich Asians erschien 2018 (dt. Titel Crazy Rich). Die Teile 2 und 3 wurden offenbar 2019 en bloc verfilmt, teils in Shanghai, und sollen wohl 2020 herauskommen. (Der Roman So wirst du stinkreich im boomenden Asien/How to Get Filthy Rich in Rising Asia, 2013, von Mohsin Hamid hat mit der Crazy-Rich-Reihe nichts zu tun und spielt in Pakistan.) Amazon-Werbelinks: Singapur | Südostasien | China Was mir gefiel: Der Roman…
-
Kritik Indonesien-Roman: In Fesseln, von Armijn Pane (1940) – 5 Sterne
Ein sehr provinzielles Batavia (Jakarta) in den 1930ern. Der Arzt Tono ist lieb- und kinderlos mit der mürrischen, herrischen und stolzen Tini verheiratet. Abends aber täuscht er Krankenbesuche vor und kehrt ein bei der gepflegten Ex-Prostituierten Yah. Die ist handzahm und immer lächelnd, da kann Tono entspannen. Viel historisch-indonesische Atmosphäre breitet der indonesische Autor Armijn Pane (1908 – 1970) nicht aus, da gibt es mehr bei Ratih Kumala und Pramoedya Ananta Toer. Pane erzählt meist aus Sicht des Arztes, der seine Gefühle sortieren möchte. Die Geschichte spielt weitgehend in den Wohnungen Tonos und Yahs, sie wirkt wie ein nacherzähltes Theaterstück. Es gibt also keine Natur, keine Landwirtschaft und ausschließlich die…
- Annehmbar, Asien, Belletristik, Buch, Hot Country Entertainment, Kurzgeschichten, Philippinen, Südostasien
Rezension: Frauen auf den Philippinen, Kurzgeschichtensammlung 1987 – 5 Sterne
Neben Kurzgeschichten enthält der schmale dtv-Band auch drei biografische Protokolle sowie Gedichte, die ich nicht gelesen habe, weil mir die Lyrik-Ader fehlt. Die Texte stammen ausschließlich von Frauen, u.a. von Ester Vallado DaRoy, Lina Espina Moore, Amelia Lapeña Bonifacio und Ines Taccad Camayo. (Zum Vergleich: Der Band Frauen in Thailand, 1989, bringt fast nur Kurzgeschichten, kaum Gedichte und keine Lebensberichte, teils auch von männlichen Autoren.) Zu den Themen der Kurzgeschichten gehören der traurige Alltag einer armen Näherin in Manila, verlogene Arbeit im PR-Büro, eine mental ausgestiegene Amerikanerin in Benguet und ihre liebe Igorot-Betreuerin, die schwere Erinnerung an die japanische Besatzung in den Cordilleren, eine Dienstreise auf Leyte mit einer platonischen…
- Annehmbar, Asien, Belletristik, Buch, Hot Country Entertainment, Kurzgeschichten, Südostasien, Thailand
Rezension: Frauen in Thailand (Kurzgeschichten 1989) – 5 Sterne
Der 220-Seiten-Band enthält Kurzgeschichten und ein Gedicht über Frauen in Thailand, geschrieben von Männern und Frauen, u.a. Pira Sudham, Atsiri Dhammachoti, Krisna Asokesin, Lao Kamhom, Manop Thanomsi, Visanchani Nakorn, Sri Dao Rüang, Sirem-on Unehathup, Prabhassorn Sevikun, Mon. Methi, Wat Wanlayangkun, Rong Wongsawan, Kong Krailat, K. Surangkanang und Niramon Prudtatorn. Herausgeberin Hella Kothmann begründet die Aufnahme einiger männlicher Schreiber mit der „Solidarität vieler männlicher Autoren für die Sache der Frauen“. (Zum Vergleich: Der Band Frauen auf den Philippinen, 1987, bringt mehr Gedichte und auch biografische Protokolle, nur von weiblichen Autoren.) Den Kurzbiografien am Buchende zufolge haben die versammelten Autoren erfolgreiche Veröffentlichungsgeschichten in Thailand und erhielten Literaturpreise in Thailand und Südost-Asien. Einige…
-
Buchkritik: Bangkok People, von James Eckardt (1999) – 5 Sterne
In knapp drei Dutzend Geschichten portraitiert James Eckardt Bangkok-Bewohner, die er bis 1997 für Bangkoks Manager Magazine traf. Im Nachwort schreibt er einige Geschichten noch bis 1999 fort. Die Texte sind jeweils nur drei bis zehn luftig bedruckte Seiten lang. Eckardt ist mit einer Thailänderin verheiratet und spricht gut Thai. Er formuliert flüssig, sehr gut lesbar, sehr professionell, gelegentlich salopp, der Stil uneinheitlich. Aber Eckardt geht nicht in die Tiefe: Er beschreibt Handlungen, Lebensläufe, Statistik – doch man lernt die Hauptfiguren nicht wirklich kennen. So erwähnt Eckardt bei Motorradtaxi-Fahrern lediglich das Fahrzeugmodell und den Preis, bei Bahnschaffnern Einkommen und Dienstjahre, bei einem Unternehmer nur das finanzielle Auf und Ab und…
- Annehmbar, Biographie, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Philippinen, Sachbuch, Spanien
Rezension Biografie: Magellan, von Tim Joyner (1992) – 4 Sterne – mit Vergleich
Der Biologe Tim Joyner hat zunächst sein Material nicht im Griff: Eifrig will er über alle Hintergründe und Umstände aufklären – und verwirrt den Leser doch bloß mit fast unkontrollierter Faktenflut und teils ausschließlich historischen Ortsnamen. Joyner beginnt mit der Geschichte der Seefahrt seit 4000 vor Christus und präsentiert allerlei adliges und kirchliches Personal ein bis zwei Jahrhunderte vor Magellan. Das Buch hat bis zum Beginn der Seereise – auf Seite 117 von 244 Seiten Haupttext – keinen Fluss, weil Joyner immer neue Nebenaspekte aufgreift. Im Vergleich liest sich Lawrence Bergreens Magellantext weit angenehmer, obwohl es auch dort Unterbrechungen gibt. Joyners Kapitulation vor dem Stoff erhellt schon aus den ersten…
- Annehmbar, Biographie, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Philippinen, Sachbuch, Spanien
Rezension Biografie: Magellan, Der Mann und seine Tat, von Stefan Zweig (1937) – 6 Sterne – mit Vergleich
Stefan Zweig schreibt wortreich, blumig, altbacken, oft auch pathetisch tremolierend bis heillos over the top – mit reichlich Postponieren, rhetorischen Fragen, Adjektivkaskaden, erregten Parenthesen, Perfektpartizipien ohne Hilfsverb und muffigem Dativ-e („auf zermorschtem Schiffe“, S. 10). Zwar klingt die Sprache nie langweilig, nie schwach, der Wortschatz ist reich zumal bei Nautischem, die Geschichte bleibt meist spannend; aber Zweig (1881 – 1942) dramatisiert unentwegt, drängt mit Ungeduld des Herzens (der Ausdruck fällt im Magellanbuch), bauscht auf, echauffiert sich ohne Furcht vor Stilblüten – wie ein bemühter Onkel, der ein quengelndes Kind verzweifelt bespaßen will. Junior dürfte sich allerdings kaum amüsieren über ganze Zeilen auf Spanisch, Portugiesisch und Italienisch, die Zweig unübersetzt einstreut…
- Annehmbar, Asien, Belletristik, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Roman, Südostasien
Rezension hist. Indonesien-Roman: Garten der Menschheit, von Pramoedya Ananta Toer (1980, ind. Bumi Manusia) – 6 Sterne
Was mir gefiel: viel Handlung viele kurzweilige Dialoge interessante Einblicke ordentliche, flüssige Übersetzung durch Brigitte Schneebeli (jedoch pauschal kritisiert von Einar Schlereth) Weniger behagte mir: sehr ungewöhnliche, untypische indonesische Hauptfiguren Hauptfigur Ann nur hübsch + hohl über weite Strecken naiver, kindlicher Erzählton (Ich-Erzähler ist ca. 18) (ähnlich Toers Erzählband Das ungewollte Leben) im letzten Viertel teils melodramatisch bis absurd, wie ein Bollywood-Schmachtfetzen Kolonialismus– und Doppelmoral-Kritik gelegentlich zu aufdringlich Freie Assoziation: Pramoedya Ananta Toer erscheint auch in der indonesischen Kurzgeschichtensammlung Perlen im Reisfeld Dt. Wikipedia zur Romantetralogie, die mit Garten der Menschheit beginnt Engl. Wikipedia zum Roman Garten der Menschheit (engl. This Earth of Mankind)
- Annehmbar, Asien, Belletristik, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Kurzgeschichten, Südostasien
Rezension hist. Indonesien-Kurzgeschichten: Das ungewollte Leben, von Pramoedya Ananta Toer (1952, ind. Cerita dari Blora) – 6 Sterne
Die Geschichten stammen dem Erzählungsband Cerita dari Blora, die Toer als junger Mann geschrieben hatte (auch Tjerita dari Blora; wörtl. Erzählungen aus Blora, 1952; engl. Ausgabe All That Is Gone, mit teils anderer Zusammenstellung, u.a. gibt es in der engl. Ausgabe eine Beschneidungsgeschichte, die im dt. Band fehlt). Meine dt. Übersetzung des DDR-Verlags Volk und Welt erschien 1966: Übersetzer und Verfasser von Nachwort und Anmerkungen bleiben anonym. Acht schlichte, leicht lesbare Kurzgeschichten aus dem javanischen Dorfalltag, meist um 30 Seiten lang. Der naive, lapidare Ton, die vielen weiblichen Hauptfiguren, ein paar Prostituierte und die deutliche Kolonialismus-Kritik erinnern an Toers bekanntestes Werk, Garten der Menschheit (Bumi Manusia, 1980). Die Atmosphäre ist…
-
Rezension Biografie: Jim Thompson, The Unsolved Mystery, von William Warren (1998) – 5 Sterne
Warren beschreibt das Leben des Thai Silk-Unternehmers Jim Thompson (*1906) in drei großen Teilen unchronologisch in dieser Reihenfolge: zuerst das Osterwochendende 1967, an dem Thompson in den malaysischen Cameron Highlands verschwand, dann sehr kursorisch Thompsons frühen Jahre als Architekt und Militär, danach ausführlicher über Thompsons Ankunft in Bangkok 1945, Thai-Innenpolitik, Thompsons Engagement für das Oriental-Hotel und anschließend der Einstieg in Seide und Kunstsammlungen die vielen vergeblichen Suche nach dem verschwundenen Thompson in Malaysia und die zahlreichen, aberwitzigen Legenden und Theorien, sämtlich unbewiesen und mit Schwächen Warren – loser Freund Thompsons in Bangkok seit 1960 und erfahrener Thai-Buch-Autor – schreibt betulich und langatmig. Frauen nennt er oft mit dem Namen ihres…
-
Rezension: Thailand Confidential, von Jerry Hopkins (Sachbuch 2005) – 5 Sterne
Ex-Rollings-Stone-Journalist, Elvis- und Jim-Morrison-Biograf Jerry Hopkins liefert viele kurze Beiträge, die sich nicht zu einem Ganzen fügen – Slumkinder, die Chirurgie einer Geschlechtsumwandlung, thailändische Höflichkeit, Fischsauce, gegrillte Insekten, Elefanten, Raubkopien, Kautschuk, Backpacker, ein Aufenthalt im teuersten Krankenhaus des Landes, alles bekommt drei oder fünf Seiten. Im Abschnitt über Polizeimorde an mutmaßlichen Drogenhändlern verschweigt Hopkins die Rolle des Königs komplett. Für gestandene Männer: Hopkins zog mit 58 Jahren nach Thailand und heiratete eine Einheimische. Seine Aufsatzsammlung ist leicht lesbar, enthält markante Schreibfehler und richtet sich an gestandene Mannsbilder. Er outet sich als vormaliger Sextourist, regelmäßiger Biertrinker und berichtet wie selbstverständlich aus Gogo-Bars und anderen Herrenschuppen zu Bangkok mit schönen Bezeichnungen wie…
- Annehmbar, Asien, Auswandern, Belletristik, Buch, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Philippinen, Roman, Südostasien
Rezension Philippinen-Bericht: Wasserspiele, von James Hamilton-Paterson (1987, engl. Playing with Water) – 5 Sterne
Hamilton-Paterson schreibt alles andere als spannend, er mag Rückblenden und persönliche Einschübe. Bei einem Buch über philippinisches Dorf- und Inselleben würden andere Autoren sofort medias in res gehen und erst später auf Hintergründe und Vergangenes schwenken; doch Hamilton-Paterson beginnt Wasserspiele mit Verallgemeinerungen und Dingen, die Jahrzehnte zurückliegen (darin an seine Geister von Manila erinnernd, die ich schnell wieder weggelegt hatte). Die Erzählung wechselt immer wieder zwischen drei Orten und Zeiten: in der erzählten Jetzt-Zeit Paterson-Hamiltons Hütte auf der unbewohnten Insel Tiwarik vor Tiwarik wohnte der Autor in einer Hütte im Wald am Rand des Filipino-Dorfs Kansulay auf der Insel Sabay (alles fiktiv, aber an der Realität orientiert, offenbar zwischen Luzon…
-
Rezension: Die Erleuchteten, von Miguel Syjuco (Philippinen-Roman 2010, engl. Ilustrado) – 5 Sterne – mit Presse-Links& Video
Fazit: Miguel Syjuco schreibt gut lesbar und smart, jedoch gelegentlich zu vulgär. Das Stakkato aus vielen verschiedenen fiktiven, immer wieder unterbrochenen Texten mit multiplen Cliffhangern ist Geschmackssache. Wechselnde Perspektiven: Der Ich-Erzähler heißt wie der Buch-Autor Miguel Syjuco, und er erzählt das Leben des mutmaßlich ermordeten, exzentrischen fiktiven philippinischen Autors Crispin Salvador Mitte bis Ende des 20. Jahrhunderts auf den Philippinen und in den USA. Dabei wechselt Syjuco immer wieder zwischen verschiedenen Perspektiven und fiktiven Texten: Längere Zitate aus fiktiven Büchern und Essays des fiktiven Autors, Recherchebericht und Alltagsleben des Biografie-schreibenden Autors, Rückblenden ins Leben des Ich-Erzählers und in seine illustre Familie bis ins 19. Jahrhundert, Blogger samt Nutzerkommentaren und Spam,…
-
Malaysia-Roman: Die Seidenmanufaktur „Zur schönen Harmonie“ – The Harmony Silk Factory (2005), von Tash Aw – 4 Sterne
Der Roman umfasst die 1920er bis 1960er Jahre in der malaysischen Provinz – also von der englischen Kolonialherrschaft über die japanische Besatzung bis hin zur Unabhängigkeit. Der Schwerpunkt liegt in den 30er und 40er Jahren. Im Mittelpunkt steht der junge Johnny Lim, ein skrupelloser Geschäftsmann und Gelegenheitsverbrecher chinesischer Herkunft. Aus kleinen Verhältnissen arbeitet er sich opportunistisch und intrigant nach oben (engl. Originaltitel The Harmony Silk Factory, dt. Titel Die Seidenmanufaktur „Zur schönen Harmonie“, ich habe das englische Original gelesen). Drei Sprecher: Autor Tash Aw gliedert den Roman in drei Teile, jeder hat einen anderen Sprecher. Allerdings klingen die Sprecher verwechselbar gleich; und auch wenn sich die geschilderten Zeitabschnitte teils überschneiden,…
- Annehmbar, Asien, Belletristik, Buch, Hot Country Entertainment, Philippinen, Roman, Südostasien, Thailand
Südostasien-Roman: Pure, von Timothy Mo (2012) – 6 Sterne
Ein verblüffendes Buch: In der Hauptrolle ein Transvestit, der zum muslimischen Gotteskrieger wird. Es beginnt in Bangkok und sehr frivol, geht dann in den muslimischen Süden Thailands und ins Trainingslager auf die Philippinen. Ich bin mit Region und Sprachen etwas vertraut, habe hier aber viel Neues gelernt – sofern es nicht frei erfunden war. Timothy Mo kredenzt teils starken Tobak, nichts für schwache Nerven, als Reportage wäre es vielleicht stärker. Das dicke Buch wirkt dabei sehr heterogen, zumal einige Neben-Ich-Erzähler eher dozieren als erzählen. Heftige Kritik: Wie schon in Monkey King, schreibt Mo ein sehr gebildetes, aber auch kraftvolles Englisch, das mich vor mehr Schwierigkeiten stellte als viele andere englische…
- Annehmbar, Asien, Biographie, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Sachbuch, Südostasien
SO-Asien-Memoiren: Distant Archipelagos: Memories of Malaya (2004), von Peter Moss – 6 Sterne
Das Buch enthält viele zauberhafte Passagen über Malaysia in den späten 50ern und frühen 60er Jahren (zuerst hieß es noch Malaya). Expat-Leben beschreibt Peter Moss genauso wie die Verhältnisse der Einheimischen, wenn auch ohne Fotos. Ich habe oft gelacht, gestaunt, geträumt. Reporter im Malaya vor der Unabhängigkeit: Moss arbeitete als Reporter für die Tageszeitung Malaya Mail (Ableger der Straits Times) und hatte viele spannende Aufträge: er begleitet den Sultan auf einer Inspektionsreise, sitzt im Geldtransportflugzeug, besucht Ureinwohner. Jedes Erlebnis bekommt jedoch nur wenige Buchseiten – Moss schrieb Distant Archipelagos erst Jahrzehnte nach seinem Aufenthalt (erschienen 2004). Gleichwohl wirken seine Erzählungen nicht zu blass. Allerdings textet Moss vor allem im ersten…
- Annehmbar, Asien, Belletristik, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Kurzgeschichten, Südostasien
Historische Malaysia-Geschichten: More Far Eastern Tales, von W. Somerset Maugham – 6 Sterne
Da sind sie wieder: Die Distriktverwalter, natürlich im einsamen Haus auf dem Hügel am Fluss; die Plantagenverwalter, verstrickt in Eheprobleme (mit Engländerinnen) oder Eheverweigerungsprobleme (mit Asiatinnen); Frauen insgesamt als „pretty little things“; Alkohol und Zigaretten 24/7; Einheimische als blasser Zierrat. Die Kurzgeschichten dauern 30 bis 50 Seiten, bieten Rahmenhandlung und ausgiebige Rückblende, spielen oft im englischen Teil Borneos, mal in Singapur, mal auf dem Schiff. Fast alles, was ich schon über Far Eastern Tales von W. Somerset Maugham gesagt habe, gilt auch für die weiteren Geschichten hier in More Far Eastern Tales. Nur dass diese letztere Sammlung insgesamt spürbar schwächer wirkt: Gediegenes Schreiben, mit Wiederholungen: die immergleichen Szenarien, die immergleichen…
- Annehmbar, Asien, Belletristik, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Roman, Südostasien
Indonesien-Roman: Liebe und Tod auf Bali, von Vicki Baum (1937) – 6 Sterne
Vicki Baums Sprache klingt altmodisch, manchmal gestelzt und ein bisschen hilflos, wie eine ungeschickte Übersetzung. Der Roman erschien 1937, seit 1933 lebte Baum in den USA. Zu dieser Zeit hat sie ihre Bücher offenbar noch auf Deutsch geschrieben.. Trotzdem hat der Roman eine eigene Stimme. Bei Baums etwas gekünstelt kindlichem Ton weiß man nicht recht: Wen findet sie selbst naiv – die Einheimischen, die Holländer, oder die Leser? Wir lernen Sitten, Gebräuche und Verhaltensmuster sehr genau kennen, manchmal baut Baum die Erklärungen etwas oberlehrerhaft ein. Vielleicht stammen diese fast ethnologischen Abschnitte ja auch von Walter Spies, den Baum 1935 auf Bali besuchte; Bali-Kenner Spies soll Baums Roman redigiert haben. Unter…
- Annehmbar, Asien, Belletristik, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Roman, Südostasien
Malaysia-Roman: Töchter des Monsuns, von Rani Manicka (2003, engl. The Rice Mother) – 5 Sterne
Ein Buch voller Leid, Unheil, Gewalt, Betrug, Niedertracht, Missgunst, Täuschung, Enttäuschung, Kriegsverbrechen, Trauer, Tränen. Geht es zwischenzeitlich friedlicher zu, weisen die verschiedenen Ich-Erzähler doch alle zwei Seiten düster auf ausstehende Tragödien hin. Zusätzlich raunen Wahrsager, dräuen Omen, wabern Traumfiguren. Man denkt zeitweise an einen Groschenroman. Schlichte Sprache: Obwohl die Ich-Erzähler immer wieder wechseln, klingen die Erzählstimmen weitgehend gleich – gesprochen wird ein sehr schlichtes, unambitioniertes und gelegentlich altmodisches Englisch, das sich für mich leichter lesen ließ als viele andere Romane, aber auch keinerlei Faszination erzeugte und wirklich hohe Bewertung verhindert (ich hatte die englische Ausgabe The Rice Mother; dt. Töchter des Monsuns). Obwohl viele Erzähler in diesem Roman aus bildungsfernen…
- Annehmbar, Asien, Biographie, Buch, Deutschland, Hot Country Entertainment, Sachbuch, Südostasien, Thailand
Autobiografie: Memoirs of a Mendicant Professor, von D. J. Enright (1969) – 5 Sterne
Die Erinnerungen umfassen den Zeitraum von 1954 bis 1969. In dieser Phase dichtete und unterrichtete D.J. Enright in Hiroshima, Berlin, Bangkok und Singapur und verbrachte zwischendurch immer einige Monate in London. Aus Japan und Thailand hören wir heitere Anekdoten über fremde Kulturen und Sichtweisen, Berlin und Berliner wirken kalt und unsympathisch. Immer wieder Probleme mit den Behörden: Enright (1920 – 2002) war ein Liberaler, ein Freigeist, der sich manchmal eine Prise Opium genehmigte, und so rappelte er mehrfach mit den Autoritäten zusammen. In Thailand bezog Enright gar Prügel von der Polizei und verbrachte ein paar Stunden im Gefängnis; in Singapur reagierten die Oberen allergisch auf Enrights Kritik an einer staatlich…
- Annehmbar, Asien, Belletristik, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Roman, Südostasien
Südostasien-Roman: The Soul of Malaya, von Henri Fauconnier (1930) – 4 Sterne
Ein Prix Goncourt für diesen „Roman“? Wenn ich die Seiten gar nicht berücksichtige, die ich angeödet überblättert habe, und nur die tatsächlich interessanten Seiten bewerte, dann komme ich auf vier Sterne. Es gibt ein paar bemerkenswerte Einblicke ins malaiische Seelenleben, auch wenn Henri Fauconnier (bzw. Henry Fauconnier) wohl Extreme beschreibt, und gegen Ende sogar überraschend ein bisschen Spannung. Nebenbei schildert Fauconnier – ein erfolgreicher Übersee-Unternehmer und Ölpalmenpionier – aus dem Leben und Selbstverständnis der weißen Plantagenvorsteher; sie bestellen ihre asiatischen Angestellten zur Rohrstockprügelstrafe und deren Ehefrauen zum nächtlichen Gebrauch ein. Nicht vergnügungssteuerpflichtig: Dazwischen herrscht viel Ödnis. Dann raunt der Ich-Erzähler Mystisches, Esoterisches, selbstbespiegelnd und fad verallgemeinernd. Er verherrlicht seinen Romanfreund…
- Annehmbar, Asien, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Reise, Reisebuch, Sachbuch, Südostasien, Vietnam
Indochina-Berichte: A Dragon Apparent, Travels in Cambodia, Laos and Vietnam, von Norman Lewis (1951) – 5 Sterne
Norman Lewis berichtet in oft leicht mokantem, distanziertem Ton, der bei den US-Missionaren in den französischen Kolonien eine noch spitzere Note bekommt. Fast mehr Respekt klingt durch, wenn er Bergvölker mit vielen unterhaltsamen Bräuchen in Vietnam, Laos und Kambodscha besucht. So trifft er auch die Mois in Vietnam, deren DOB-Losigkeit besagte Missionare zum Leidwesen des Autors und seiner Gastgeber aus der Kolonialverwaltung abschaffen wollen. [fsg_gallery id=“17″] Gefährliche Momente: Neben den Bergvölkern bleiben von dieser Reise 1950 vor allem die gefährlichen Überlandfahrten in Erinnerung, bei denen man nie ganz sicher sein konnte vor Freiheitskämpfern und/oder Banditen; dramatisch auch der Besuch bei den Vietminh inklusive nächtlicher Kanufahrt, Kriegshandlung und deutschem Gefangenem. Es…
- Annehmbar, Asien, Buch, Historisches Buch, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Reise, Reisebuch, Sachbuch, Südostasien
Rezension Burma-Reisebericht: The Gentleman in the Parlour, von W. Somerset Maugham (1930) – 4 Sterne
Maugham reist 1922 durch Birma (heute Myanmar), Siam (heute Thailand), Kambodscha und Vietnam, zeitweise auf dem Pony durch entlegenste Regionen. Sonderlich viel erfahren wir nicht, er bleibt der distanzierte Kolonialist. Über Einheimische berichtet Maugham, wenn überhaupt, nur herablassend wohlmeinend („pretty thing“, „poor thing“). Über einen amerikanischen Juden: „He was the kind of Jew who made you understand the pogrom.“ Wenig Konkretes: Und wo immer möglich, flüchtet sich W. Somerset Maugham (1874 – 1965) in allgemeinste Verallgemeinerungen – und klingt natürlich vermessen altklug dabei -, vermeidet Konkretes, diskutiert gar mögliche Schreibstilvarianten; Schwächen, die mir von Maughams Silbermond und Kupfermünze, engl. The Moon and Sixpence, vertraut sind, und das genaue Gegenteil der…