Rezension Südsee-Kurzgeschichten: Rain and Other South Sea Stories, von W. Somerset Maugham – 7 Sterne

Kurzgeschichten aus der Südsee. Und W. Somerset Maugham tischt die Klischees faustdick auf:

  • weitgereister Engländer verliebt sich in sinnlich-süße Insulanerin, sie bewohnen glücklich eine Kajüte oder ein Haus an der Lagune (natürlich währt das Glück nicht bis zum Ende der short story)
  • über der Lagune steht eine Mondsichel, an ihrem Rand biegen sich elegante Palmen im lauen Wind
  • fundamentalistischer Missionar trifft frivole Dirne
  • die Einheimischen sind faul. Chinesen sind nicht faul, aber “Chinks”

Manchmal klingt es wie ein Groschenroman.

Annehmbares Hot Country Reading, schöne Konstruktion:

Dennoch habe ich – immer süchtig nach Hot Country Reading – die Geschichten mit Vergnügen gelesen. Meist um die 30 Seiten lang, erschien mir jede Story wie ein Mini-Roman. Durch Zeitsprünge verleiht Maugham seinen Erzählungen scheinbar zusätzliche Tiefe: Sie beginnen in der erzählten Gegenwart, dann folgt eine lange Rückblende, die allmählich in die erzählte Gegenwart zurückführt. Das wirkt fast wie ein Trick, um die Plastizität zu erhöhen; wie ein Schlagschatten-Effekt in der Grafik oder künstlicher Hall bei Popaufnahmen.

Engländer und Amerikaner sind die Hauptfiguren in allen Südseegeschichten – Händler, Seefahrer, Kolonialverwalter. Einheimische Frauen tauchen als love-interest auf, erscheinen aber kaum als Persönlichkeiten, sondern eher als Mysterien – “pretty little creatures”. Einheimische Männer sitzen faul vor der Hütte.

Diese Geschichten sind drin:

  • Pacific
  • Mackintosh*
  • Rain*
  • Envoi
  • Honolulu*
  • The Pool*
  • Fall of Edward Bernard*

* auch in Maughams Collected Short Stories Volume 1

Südliche Atmosphäre:

Die Atmosphäre erinnerte mich teilweise an Joseph Conrads Almeyer-Romane und einige Conradsche Erzählungen – wie Maugham portraitiert Conrad gern Seefahrer in südlichen Gefilden -, teilweise entfernt auch an Graham Greene. Conrad wie Greene liefern jedoch mehr Tiefgang, weniger Kitsch und Kunstgewerbe.

Maughams gerühmte Geschichte Rain – mindestens viermal verfilmt – ist vielleicht die schwächste im Buch: Die Südseeinsel spielt hier überhaupt keine Rolle, man könnte die Handlung auch auf der Nordseeinsel Amrum ansiedeln. Die Konfrontation Missionar-Freudendame in Rain steckt voller Klischees und kaum nachvollziehbarer Wendungen, bis hin zum drastischen, indes mehrdeutig interpretierbaren Ende.

Alle anderen Geschichten haben deutlich mehr Ambiente. Sämtliche Erzählungen bleiben weitgehend frei von den öden Verallgemeinerungen und Räsonnements, die ich bei Maughams Gentleman in the Parlour und The Moon and Sixpence moniert habe. Das Englisch ist mir sehr leicht gefallen.

Insgesamt: gute Unterhaltung.

Assoziation:


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