Im Mittelpunkt des Romans stehen drei Mittelschicht-Inderinnen Mitte 30 in London; zwei mit beruflich in London etablierten Indern verheiratet, eine mit einem Weißen liiert. Meera Syal (*1961) beschreibt erkennbar ihr eigenes Leben in der Figur Tania als taffe indischstämmige TV-Macherin. Sie liefert viele witzige Beobachtungen und teils Dialoge.
Allerdings packt sie scheinbar alles in den Roman, was ihr auf dem Herzen liegt und widerfuhr, auch wenn es nicht zu den Figuren oder zur Story passt. So franst der Roman aus, werden Figuren überfrachtet, das Ganze wirkt unglaubwürdig – eine Sammlung von Kurzgeschichten oder Sketchen wäre angemessener. Syals Erstling über ihre mittelenglische Jugend, Anita and me, wirkt deutlich geschlossener. Indischstämmige Londoner aus der Medienszene klatschen sich hier aber vermutlich öfter auf die Schenkel.
Zu den Hauptthemen gehören: Generationenkonflikte in indischen Familien in England, die Stellung gut ausgebildeter Engländer mit indischem Gesicht in England, die Lage der Mittdreißigerinnen, Anforderungen an TV-Produzenten und immer wieder Beziehungskrisen. Diesen letzten Punkt betont Syal über Gebühr:
- Jede der drei Frauen in den Hauptrollen hat ihr Beziehungsdrama (teils überkreuz);
- einer der Ehemänner ist Paartherapeut;
- die Figur Tania dreht zu allem Überfluss noch eine Doku über Paare – mujeres al borde de un ataque de nervios.
Auch die Perspektiven wirken unrund. In einigen Kapiteln reden die drei Hauptfiguren als Ich-Erzählerinnen. In anderen Kapiteln wechselt Syal als allwissende Erzählerin laufend die Perspektive zwischen unterschiedlichsten Akteuren, lassen sich die Gedanken und Reden nicht klar differenzieren. Speziell die beiden mit Indern verheirateten Frauen, Sunita und Chila, verschwammen teils vor meinen Augen (deren Männer Akash und Deepak heben sich viel deutlicher voneinander ab).
Nur Meera Syal, Engländerin mit indischen Wurzeln, darf rassistisch über Inder stänkern:
…miniscule Gujeratis… doleful monkey eyes…
Now the sister is howling. I’d howl if I had a moustache like hers…
Meera Syal schreibt oft witzig und mit spitzen Beobachtungen. Wenn sie jedoch vom “Karma Sutra” redet (S. 56 d. engl. Black Swan-TB), scheint das ein schlichter Fehler und kein Wortspiel zu sein. Als Berufskomikerin liefert sie ein paar scharfe Dialoge, die auch ihr Buch-Alter ego Tania genießt. Vor einer Auseinandersetzung:
The allowed themselves a look then, amused, cynical. Let the games begin.
Dann jedoch wieder textet Syal enorm schmalzige Ausbrüche, over the top Bollywood vor allem gegen Ende, oder Dinge, die uns nicht interessieren, die aber vielleicht für sie persönlich Bedeutung haben.
Die BBC drehte 2004 auf Romanbasis eine dreiteilige, dreistündige Miniserie mit Laila Rouass, Meera Syal and Ayesha Dharker, die erstmals 2005 lief. Interessant, dass die Schauspielerin Meera Syal hier nicht die Figur Tania spielt, welche die Romanautorin und Drehbuch-Co-Autorin Meera Syal nach ihrem eigenen Vorbild gestaltete.
Assoziation:
- Punjabi-Inder in England gibt’s auch in Bali Rais Jugendbuch Bloß (k)eine Hochzeit/(Un)arranged Marriage; beide Autoren beschreiben, dass man eine deutlich erkennbare Schwangerschaft nicht erwähnen darf – der Kugelbauch ist (bei Syal) ein “swelling of shame”, “irrefutable proof that someone had Done It”
- Punjabi-Inder in England agieren zudem in Gurnaik Johal Debüt-Geschichten über Punjabi-Inder in London (2022)
- Menschen mit indischen Wurzeln in England/London gibt’s auch in Meera Syals Erstling Anita and me und in einigen Naipaul-Geschichten wie Nightwatchman’s Occurence Book oder The Mimic Men
- Andere interethnische Beziehungen in London, u.a. in Queenie (2020) und The Lonely Londoners
- Die Kurzgeschichte A Pair of Jeans von Qaisra Sharaz über Pakistaner in London
- Einige Filme über Inder in London wie Kick it Like Beckham, Liebe lieber indisch/Bride and Prejudice und diverse Bollywood-Schinken inkl. Dilwale Dulhania Le Jayenge/Wer zuerst kommt, kriegt die Braut
- Helen Fieldings Roman Hummer zum Dinner/Cause Celeb beschreibt auch die schicke Londoner Medienszene
- Chetan Bhagat schreibt wie Syal über moderne, etablierte Inder/Indischstämmige und verwickelt sie dann doch in haarsträubende Bollywood-Melodramen
- Jhumpa Lahiri beschreibt immer wieder Inder in den USA, aber in ihre Bücher dachte ich bei der Syal-Lektüre nie – vielleicht weil Lahiri Bengalis und keine Punjabis schildert, oder weil die USA nicht England sind
Englische Wikipedia
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