Don Winslow schreibt einen ultra-coolen Mackerton, in dem Zeilen und sogar Kapitel oft nach zwei, drei Wörtern enden. Er erzählt von Drogenhändlern, Fahndern und Hippies in Südkalifornien, mit vielen kurzen, vulgären Gewaltausbrüchen (oft Kopfschüsse) und interessanten Einblicken in den regionalen Wohnungs-, Dating- und BTM-Markt.
Winslow springt zwischen verschiedenen Personengruppen und Zeitebenen, nicht immer hatte ich ganz den Überblick, vermisste ein Personenregister oder besser noch Organigramm. Zur Konfusion trägt bei, dass Winslow einige Figuren je nach Kontext mit unterschiedlichen Namen benennt und auch ein paar mir unbekannte Fachausdrücke, Slangvokabeln und Abkürzungen einstreut – klingt natürlich lässig (ich kenne nur das englische Original vollständig, fand aber auch in der deutschen Version Wörter wie “Grem” und “Surfslacker” – und Vorsicht beim Bestellen, deutsche und englische Ausgabe heißen fast gleich (dt. Titel Kings of Cool, engl. Titel The Kings of Cool)).
Die drei Hauptfiguren wecken ein gewisses Interesse, doch Spaß am Buch empfindet nur, wer den aufreizend maulfaul-coolen Ton schätzt – beim Erzähler und bei einzelnen Figuren. Auf Dauer nervt der Mackersprech, und dazu kommen ein paar aufdringliche Cliffhanger an Kapitelenden wie (S. 137):
Stan pulls a pistol from his pocket.
Im nächsten Kapitel beginnt Winslow natürlich mit einem anderen Handlungsstrang.
Immer wieder produziert der Erzähler, den wir nie kennenlernen, auch metasprachliche Einwürfe. Sie geben dem Machoton gelegentlich eine verspielte Note und machen das Ganze vorübergehend etwas interessanter:
He even knows the etymology of the word “etymology.” (S. 48)
…the whole concept of “omniscient narration” is pretty fucked… (S. 85)
Kings of Cool ist Teil 1 von 2 der Savages-Reihe:
Die Fortsetzung Zeit des Zorns (engl. Savages) entstand zuvor (2010). Kings of Cool klingt noch schriller, verwirrt mehr durch die Aufteilung auf zwei separate Zeitebenen, liefert aber auch mehr realistische Hintergründe zu Marihuanazucht und südkalifornischer Surferszene. Blutrünstig gewaltverherrlichend sind beide Bücher.
Beide Bücher handeln vom Drogenkrieg und Gewalt ist endgeil, v.a. per genüsslich appliziertem Kopfschuss. Beide Bücher zeigen die Hauptfiguren als Abziehbilder ohne Tiefgang, ohne Entwicklung.
Ich fühlte mich erinnert an:
- Wegen des ausführlich geschilderten Drogenanbaus T.C. Boyles Grün ist die Hoffnung, mehr noch Jess Walters Die finanziellen Abenteuer des talentierten Poeten
- Wegen der südkalifornischen Skurrilitäten Paula Fox’ Kalifornische Jahre
- Wegen des schrillen Stils einige der Gonzo-Reportagen von Hunter S. Thompson und Tom Wolfe
Dt. Leseprobe bei Vorablesen.de
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