Ein paar Unterschicht-Heranwachsende mit öden Jobs leben nur dafür, samstags in der Disco abzuhotten. Saturday Night Fever, Riesenerfolg von 1977, zeigt den Alltag in Brooklyn hart, aber atmosphärisch in schönen, leicht pastellgetönten Bildern – den Stress im Job, das triste Familienleben (das mich etwas an Quadrophenia erinnerte), das Herummackern in der Clique und dann, Höhepunkt der Woche: die elektrisierende Disko-Atmosphäre.
Es ist kein Musical, sondern ein Spielfilm mit viel Musik als Thema und als Hintergrund, also ein Musikfilm: Die Schauspieler bewegen nie die Lippen zum Gesang, sie tanzen lediglich zur Musik innerhalb der Handlung, die sich um Tanz dreht. John Travoltas Hüftschwung fasziniert, auch die Kamera überzeugt, die anderen Tänzer wecken keine große Aufmerksamkeit, doch die Atmosphäre dampft.
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Die Dialoge auf der englischen Tonspur klingen außerordentlich vulgär (die Macher rühmen den “realistischen” Tonfall). Der deutsche Text bleibt zurückhaltender und bringt ein paar völlig eigene, oft locker-lustige Wendungen ins Geschehen. Aber auch ohne Texte zeigt Saturday Night Fever ein paar derbe bis schockierende Bilder und Aktionen, nichts für sehr Sensible; es dominieren: schneller Sex, dumpfe Rache, schmieriger Rassismus, peinliches Aufgockeln.
Nebenbei ist Saturday Night Fever auch eine Zeitreise: Die Musik der Bee Gees lässt sich heute noch gut hören, speziell von dieser Bluray; exotisch aus aktueller Sicht: die Akteure rauchen in Kneipen und auf U-Bahnhöfen. Dann natürlich die Polyester-Schlaghosen, Plateauschuhe und Koteletten.
Handlung und Dialoge wirken holprig, die Atmosphäre scheint um so stimmiger und schön eingefangen, und so wurde mir bei dem Zwei-Stunden-Film nie langweilig. Saturday Night Fever ist ernster, geerdeter und etwas realistischer als das disney-haft übertriebene, quietschbunte Grease mit Travolta und Olivia Newton-John und weitaus besser als die direkte Night Fever-Fortsetzung Staying Alive, die auch von der Kritik verrissen wurde. Keiner dieser Filme hat so viel Herz wie Dirty Dancing, auch weil sie ärmeren und rauheren Milieus spielen. (Soll es maximal quietschbunt und kindlich sein, würde ich High School Musical 2 nehmen.)
Interessant: Saturday Night Fever beruht auf einer Reportage von Nik Cohn im Magazin New York über die Discoszene in Brooklyn: “Tribal Rites of the New Saturday Night”; später erklärte Cohn die Geschichte für frei erfunden. Man findet den Artikel noch online; laut Vorwort stimmt alles (der Original-Artikel, die englische Wikipedia zum Artikel, New York Times über Nik Cohn (mit einem Absatz zum Artikel).
Auf Tonspur 6 läuft der englische Kommentar des Regisseurs John Badham. Er berichtet viele interessante Hintergründe über Schauspieler und Produktion, verschweigt auch Mängel nicht, zwischendurch hört man ein paar Momente Musik oder Dialog. Ich verstehe ihn viel besser als die englischen Filmdialoge und habe ihm über die volle Filmlänge zugehört. Ein Making-of zum Film gibt es auch auf YouTube (Teil 1 des Making-of).
Weiterer US-Disko-Film: Studio 54.
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