Mein Leseeindruck: Perlen im Reisfeld. Indonesien in Erzählungen der besten zeitgenössischen Autoren (1971)

Thailand

Rund 28 Autoren liefern hier rund 37 meist kurze Geschichten, erschienen in den 1950er oder frühen 1960er Jahren. Die Stimmung in den Geschichten ist vielfach düster – isoliertes Leben im Dorf, auf dem Berg und im Wald, Bedrohung durch Regen, Gewitter und Schlangen, bizarrer Aberglaube, das Sterben der Alten, ein wunderlicher Rikschafahrer. Mehrfach verweigern Eltern die gewünschte Eheschließung, so dass das Paar wegläuft und Familien sprengt. Aber es geht auch um kleinstädtische Camus-Aufführungen sowie natürlich um die “Philosophie von Heidegger, Bergson, des Bhagavadgîtâ oder des Marxismus” (S. 223). Manchmal klingt es wie selbstreferentieller Quark aus dem BR-Nachtstudio oder so.

Hunde und Schlangen:

Eine Geschichte endet fantastisch, eine Lieblingshündin verwandelt sich in einer Séance in ein Kind; das las ich nicht zu Ende, als ich dem Buch ansonsten noch wohlgesonnen war. Woanders wird eine Schlange zum Kuscheltier und verursacht dabei den Tod der geliebten Ehefrau. Viele Geschichten spielen auf Java, soweit zu erkennen, eine in der balinesischen Kultur, ein ungewöhnlicher Einblick. Kolonialismus, Interkulturelles und Stadtleben figurieren nach meiner Übersicht seltener.

Ich suchte schon in vielen heißen Ländern nach guter Lektüre aus lokaler Feder. In Indien oder Nigeria fand ich starke Stücke, teils auch in Thailand Thailand. Was ich dagegen aus Senegal oder den Philippinen las, riss mich selten hin. Und enttäuscht war ich auch hier von diesen Geschichten aus Indonesien: Am Ende  des Tages  mochte ich nicht alle Texte auch nur anlesen; das Leben ist zu kurz.

Die Ausgabe:

Die Übersetzung der Ethnologin Irene Hilgers-Hesse (Wiki) klang für mich häufig unauffällig annehmbar, gelegentlich steif oder etwas ungenau, soweit ohne Quellenvergleich erkennbar. Mitunter hätte ich statt Präteritum gern Plusquamperfekt gelesen, aber womöglich gibt es diese Differenzierung im Indonesischen gar nicht. Darf ein Übersetzer sich dann die Freiheit zum Plusquamperfekt nehmen, wenn es im Deutschen sinnvoll erscheint? Ein paar andere Beispiele für Unbehagen an der Übersetzung:

  • S. 209: “meine vergnügliche Stimmung” (lieber “meine vergnügte Stimmung” oder “vergnügliche Nachrichten”)
  • S. 211: “warf sich ((um schnell wegzufahren)) in den Sattel seines Rades” (lieber “auf den Sattel”)

Im Vorwort gibt Hilgers-Hesse einen kurzen Abriss der indonesischen Sprache und Literatur. Sie meint, dass bei den im Buch versammelten Geschichten

die Beschreibung der inneren und äußeren Umstände einen großen Raum einnimmt, während die Lebendigkeit einer schnell fortschreitenden Handdlung dagegen weniger berücksichtigt wird.

Wenn ich sie richtig verstehe, meine ich das auch.

Das schön gesetzte Buch aus dem Horst Erdmann Verlag bringt nach allen Kurzgeschichten drei weitere Info-Blöcke, die man separat zu jeder Geschichte noch einmal aufschlagen muss:

  • Notizen zum Autor
  • Publikationsnotiz zur Geschichte
  • Glossar

Wer also alle Hintergründe einer Story erfahren will, schlägt an drei weiteren Stellen nach. Das ist noch lästiger, wenn das Buch in einer Lesestütze steht.

Freie Assoziation:

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