Rezension: Gefecht in fünf Gängen, von Christina Eichel (Roman 1998) – 6 Sterne – mit Presse-Link

Fazit:

Flott getextet, inhaltlich flach, eine grobe Satire auf Kulturschnöseltum, männliche Paarungs- und weibliche Publikationssehnsüchte.

Der Roman schildert das Abendessen von sechs Kulturmenschen in mittleren Jahren – Theaterkritiker, Verleger, Radiofeuilletonisten. Ein Paar, zwei Solo-Männer, zwei Solo-Frauen; später noch zwei jüngere Statisten. Entenbrust an Blattsalaten, Lachs auf Lauchjulienne, Lammrücken und Kartoffelgratin, illustrierte Limettenmousse, Mandelhippen mit Schokoladenfondant: Da geht was. Ein Ort, ein Abend, kaum Rückblenden.

Christine Eichel schreibt süffig und wortreich, schildert Essbares und menschliche Physis in köstlichen Sentenzen. Doch sie pumpt ihre Sätze mit sinnigen Adjektiven und Vergleichen fast so angeberisch auf wie die blasiert schwadronierenden Kulturschnösel selbst. Da haut Eichel ihre Figuren schon zu deftig schenkelklopfend in die gut geölte Gourmetpfanne, wirkt der Spott beliebig und so überüppig wie die kulinarischen Kreationen auf dem Tisch – kein Loriot, kein Polt, sondern Bauernstadl im Kulturarbeitermilieu, letztlich eitles Meta-Schwafeln, erhältlich als Goldmann-TB.

Unrealistisch und schlicht:

Nicht nur grotesk, sondern auch unrealistisch klingen einige beleidigende Sätze der Gäste, das Anbandeln des verheirateten Hausherrn mit der ergebenen Haushaltshilfe. Viel zu geschriftstellert wirkt das bemühte Jugend-Deutsch eines Gastes. Das Ende: schlecht ausgedachte Klamotte.

Eichel zeichnet schlichte Figuren: Eine ist dick, kultiviert Amerikanismen und will einen Kunstkatalog herausbringen; die andere will ihre Theaterkritiken gesammelt veröffentlichen; ein dritter sehnt sich nach Bier statt Wein.

Diese Feuilletonisten säuseln und charmieren, sie sticheln und antichambrieren, sie raspeln Süßholz und ringen mit Schließmuskeln. Sie bleiben stets schrille Karikaturen.

Lange Zeit passiert nicht viel:

Dazu kommt, dass die Akteure die ersten zwei Buchdrittel des Buchs ohne wesentliche Entwicklung durchschnattern – und das ohne jede Untergliederung in Kapitel, lediglich eine doppelte Zeilenschaltung gefühlt alle zehn Seiten. So wirkt die gut 200seitige Geschichte diffuser, gleichförmiger und beliebiger als nötig.

Einige Buchabschnitte wünschte ich mir auch wie ein Theaterstück gesetzt, denn sie bestehen vor allem aus Dialogen in einem einzigen Zimmer an einem einzigen Abend. Dann müsste die Autorin nicht so oft “rief er”, “sagte er” oder “witzelte er” schreiben, auch wenn ihr hier viel Abwechslung gelingt. Tatsächlich wurde der Roman 2001 am Badischen Staatstheater Karlsruhe aufgeführt, 2008 am Unitheater Karlsruhe.

Dr. phil Christine Eichel – Medienarbeiterin, Gerhard-Meir-Freundin und -Ko-Autorin, spätere Kurzzeit-Kulturchefin beim Focus – spießt hier das Kulturleben auf, dessen Teil sie selbst ist. Ein Schlüsselroman soll es aber dennoch nicht sein. Schade. Irgendwer war doch hoffentlich beleidigt nach Romangenuss? Vermutlich haben Angehörige der Kultur-Schickerei mehr Spaß am Roman als ich.

Freie Assoziation: Ich dachte an die illuster-gediegene Essensrunde im TV-Spielfilm Silberhochzeit (2006, mit Iris Berben).

“Peinvoll pointenarme Party…” – die Kritiker:

Frankfurter Allgemeine:

Nein, wie köstlich… Geplänkel mit Messer, Gabel und spitzzüngigen Gemeinheiten… als hätte eine Fachfrau wie Hera Lind den Abend inszeniert

Carpe Librum:

ein äußerst vergnügliches Buch, wie ich es unterhaltsamer und kunstvoller in den letzten Jahren kaum einmal gelesen habe…

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