Lese-Eindruck: Es sprach der Mond zur Erde. Noa Noa – Erzählungen und Briefe aus der Südsee, von Paul Gauguin, Markus Bernauer

Die Hauptgeschichte Noa Noa ist ein Konglomerat: Paul Gauguin

  • erzählt ein paar Erlebnisse von seinem Tahiti-Abenteuer, vor allem mit seiner blutjungen Gefährtin, und
  • flicht länglich örtliche Göttersagen ein.

Kostprobe:

Aus dem Zwiegespräch zwischen Hina und Tefatou geht hervor, dass Mensch und Erde untergehen, während der Mond und die Wesen, welche ihn bewohnen… Roüa Hatou, eine Art tahitischer Neptun, schlief auf dem Meeresgrund…

Er schreibt teils scheinbar bewusst vag und sprunghaft und kritisiert unentwegt den französischen Kolonialismus.

Womöglich sorgt die historische erste Übersetzung für weitere Verständnisprobleme. Wie gerne hätte ich eine neue, aktuelle Übersetzung gehabt; warum traktiert der Verlag seine Leser mit der Erstübersetzung? Nach der ersten Geschichte folgen Wiederholungen einzelner Teile offenbar in einer anderen Übersetzung, aber mit ähnlichem Inhalt.

Kleinere Farbabbildungen durchsetzen die erste Geschichte Noa Noa. Dadurch erstreckt sich dieser Text über rund 96 Seiten, gefühlte Länge etwa 50 Seiten. Später gibt es doppelseitig eine historische, verwaschene Landkarte. Eine aktuelle, sauber gedruckte Landkarte hätte mehr geholfen. Dem folgen Gauguinsche Briefe und Aufsätze. Genau wie die Hauptgeschichte sagen sie denjenigen Lesern wenig, die Gauguins Biografie nicht schon kennen.

Weiter geht’s mit langen, enggedruckten bibliographische Notizen, offenbar von Markus Bernauer, zur Entstehung der Textfassungen und zu den anschließenden Briefen. Es geht ausdrücklich um die Entstehung der Texte, nicht um Gauguins Aufenthalt selbst, nicht um eine Klarstellung des Passierten und nicht um Gauguins Kunst. Ein weiteres langes, eng gedrucktes Nachwort erläutert gutteils die Wirkung des Noa-Noa-Textes auf erregte Europäer.

Aus der editorischen Notiz S. 255:

Unregelmäßigkeiten in den Vorlagen, etwa bei der Namensschreibung, wurden belassen (auch wenn an der Qualität der Texte in Malingues Lettres erhebliche Zweifel bestehen)

Na danke.

Politisch korrekt:

Paul Gauguin schreibt gezielt un-feministisch und un-antikolonialistisch:

Zuerst sah ich nur ihre Menschenfresserkiefer, ihre zum Zerreißen bereiten Zähne, den lauernden Blick eines grausamen, listigen Tieres und fand sie trotz einer schönen edlen Stirn sehr hässlich… diese schwarzen Wesen mit den Kannibalen- Zähnen… Dennoch wollen alle “genommen”, buchstäblich brutal genommen sein… eine solche Dirne…

Die Übersetzung:

Überzeugt nicht immer, einige Kostproben:

Der immer wechselvoller gestaltete Fluss… Paroxysmus… der australischen Seele (gemeint sind die Tahitianer)…

Assoziation:

Persönliche Erklärung:

Ich hatte ein paar Absätze von Noa Noa als Radio-Lesung gehört. Das waren Teile, in denen Gauguin seine Gefährtin gerade kennengelernt hatte. Der naive, zugewandte Ton amüsierte, und mir war klar, dass Gauguin nicht wahrheitsgetreu berichtet. Trotzdem wollte ich gerne mehr davon lesen. Doch der Gesamttext enttäuscht. Man meint, Gauguin spiele bewusst mit verkaufsfördernden Erwartungen, die er jedoch nicht erfüllt.

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