Kritik Kurzgeschichten: How I Met My Husband; Train; etc, von Alice Munro – 8 Sterne

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Rotes Kleid – 1946 ᛫ aus der Sammlung Tanz der seligen Geister, 1968 (engl. Red Dress – 1946, aus Dance of the Happy Shades, Zeitschr.-veröff. 1965)

13jährige quält sich mit ihrer end-peinlichen Mutter und mangelnder männlicher Zuwendung bei Tanzveranstaltung. ᛫ Hervorragende Einfühlung in teenage ängst, sehr plastische Ich-Erzählstimme. ᛫ Assoziation: Nicht unähnlich der Tanzveranstaltung aus Stimmen (s.o.), und noch näher an Jungen und Mädchen (s.u.), beide ebenfalls aus Jugendsicht geschildert

8

Jungen und Mädchen ᛫ aus der Sammlung Tanz der seligen Geister, 1968 (engl. Boys and Girls, aus Dance of the Happy Shades, 1968, Zeitschr.-veröff. 1964)

Bruder und Schwester wachsen auf einsamer Pelzfuchsfarm auf, arbeiten in unterschiedlichen Rollen teilweise mit. ᛫ Hochatmosphärisch, starke Jugendstimme (obwohl von Erwachsener im Rückblick erzählt), klingt fast wie Privatbrief, typisches autobiogr. geprägtes Munro-Ambiente, das Thema “Geschlechterrollen” unaufdringlich entwickelt, gut konstruiert und bewegendes Finale. ᛫ Diese Geschichte und Rotes Kleid haben scheinbar dieselbe Hauptfigur, hier wirkt sie etwas jünger, wenn auch wohl beide Male 13 Jahre alt. Die Geschichte Dear Life (s.o.) klingt wie der biografische Hintergrund zu Jungen und Mädchen. Dt. Wikipedia zur Story auch mit Hinweis auf Verfilmung.

8

Danke für die Schlittenfahrt ᛫ aus der Sammlung Tanz der seligen Geister, 1968 (engl. Thanks for the Ride, aus Dance of the Happy Shades)

Zwei Jungs, zwei Mädels, um die 20, am Samstagabend in tiefster Provinz. ᛫ Gelangweilte, öde, abstoßende Typen, deren Verhalten momentweise unrealistisch wirkt, jedenfalls für Munro-Verhältnisse (sie schrieb es mit 22). Das ist gut getextet, nur die Figuren stoßen so ab, alle. ᛫ Assoziationen: Eine groteske Unfall-Art erscheint erneut in der Geschichte Daheim (s.u.). Ungewöhnlich der männliche Ich-Erzähler, wie auch in der Geschichte Stolz (aus der Sammlung Liebes Leben) ging ich eine Weile von einer Ich-Erzählerin aus.

7,5

How I Met My Husband aus Meaning to Tell You (1974 )

15jährige Bauerntochter ist kurz nach dem 2. Weltkrieg Haushaltshilfe bei Tierarzt-Ehepaar. ᛫ Starke Stimme der Ich-Erzählerin. Drollige, fast zu anbiedernde Überraschung kurz vor Schluss. Allerdings meint man die meiste Zeit, die 15jährige reden zu hören – erst am Ende wird klar, dass eine viel Ältere reminisziert, dann sollte sie jedoch auch anders klingen. ᛫ Assoziation: Ähnliches Szenario in der Munro-Geschichte White Dump. Entfernt John Updikes Kurzgeschichte A&P, ein anderer Jugendlicher als Ich-Erzähler in der Provinz.

8

Daheim ᛫ 1974/2006, engl. Home

Ausführliches Betrachten des unschön modernisierten, elterlichen Hofgebäudes und der ländlichen Umgebung. Später Altersgebreste bei Vater und Hund, Spannungen zwischen Tochter und Stiefmutter. ᛫ Beginnt zu elegisch-beschaulich, dann interessante Handlung, jedoch kranker Hund und kranker Vater etwas viel. ᛫ Assoziationen: Eine hier erwähnte groteske Unfall-Art taucht erneut auf in der Geschichte Danke für die Schlittenfahrt (s.o.). Die elterliche Farm beschrieb auch John Updike immer wieder (in Pennsylvania). Das Klagen über unschöne Modernisierung erklingt auch (viel deutlicher) in Wolfgang Schmidbauers Memoir Kindheit in Niederbayern. Daheim (wie diese Munro-Geschichte) heißt auch ein Roman von Judith Hermann, die von Alice Munro schwärmt; gibt es Parallelen? Geschichte erstmals 1974 veröffentlicht, dann deutlich geändert 2006 (dazu dt. Wiki).

7

38,5/5

7,7

Die Texte habe ich online gefunden. Teils waren es sicher die Zeitschr.-versionen, die sich von den späteren Buchfassungen unterscheiden können. Ich habe alles auf Englisch gelesen.

Meine erste ausgedruckte Fassung von Boys and Girls hatte so viele Tippfehler und Wortaussetzer, dass ich nach einer anderen Fassung suchte. Die schien zunächst besser, lieferte aber immer noch Grauenhaftes wie:

He cut with they scythe and I raked into piles.

Eigentlich sollte man bei so etwas abbrechen und ein ordentliches gedrucktes Buch kaufen, aber ich war so drin in der Geschichte, dass ich weiterlesen musste.

Hier sind Links zu 25 engl. Munro-Geschichten online. Die Geschichten im New Yorker lassen sich jedoch ohne Abo nicht alle an einem Tag öffnen.

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