Rezension: Mai Pen Rai Means Never Mind, von Carol Hollinger (Thailand-Bericht 1965) – 7 Sterne

Thailand


Carol Hollinger bewohnt Ende der 1950er Jahre mit Mann und Tochter ein Haus in Bangkok. Ich habe selten so gelacht wie in den ersten Kapiteln dieses Buchs.

Laut Werbung ist es “an American housewife’s honest love affair with the irrepressable people of Thailand” – aber das klingt irreführend: Hollinger werden die Damenkränzchen der Ausländerinnen schnell langweilig. Darum unterrichtet sie bald Thai-Studenten an der renommierten Chulalangkorn-Universität. Sie distanziert sich demonstrativ vom militanten Reinigungsfimmel ihrer Mutter und stürzt sich mit Vergnügen in örtliche Gassen und Feiern. Davon berichtet Hollinger mit viel Selbstironie und Wortwitz.

Fast distanziert sich Hollinger zu demonstrativ von ihren amerikanischen Landsleuten, trifft lieber kauzige Engländer und liebe Thais, lässt ihren einheimischen Hausgehilfen allerlei durchgehen. Sie scheint sich wie ihre Thai-Bekannten zu grämen, dass die USA keine Freiheit zu öffentlichem Spucken gewähren.

Doch in den wenigen Einzelportraits stellt Hollinger überwiegend Weiße der Mittel- und Oberschicht vor. Thailänder erscheinen eher in der Masse – so ein Damenkränzchen, das sich Freitagabends trifft, oder ihre Klassen an der Chula. Die Erlebnisse ihrer kleinen Tochter oder ihres Mannes verschweigt sie fast völlig, ebenso Erfahrungen mit der Landessprache (die sie gelernt hat). Einzelne Unternehmungen schildert Hollinger etwas zu ausführlich, so den Besuch amerikanischer Ärzte, eine Fahrt ins Hinterland, die Examenszeit an der Uni oder eine Kreuzfahrt.

Hollinger erzählt lebendig, selbstironisch, mit etwas Wortgeklingel, aber nicht auftrumpfend. So beschreibt sie etwa die erwartete Insektenwelt:

A malevolent, microbic world in which antennaed horrors lurked in ambush.

Gelegentlich lösen sich angefangene Episoden in Nichts auf, die Anekdote bleibt aus – so ist das Leben, aber im Buch wirkt es manchmal befremdlich. Doch umso erfrischender klingt der stets neugierige, unvoreingenommene und tatkräftige Ton der Autorin.

Das Erfolgsbuch war seit dem ersten Erscheinen 1965 in den USA offenbar nie vergriffen. Doch davon erfuhr die lebenslustige Autorin nichts mehr: Sie starb noch vor der Veröffentlichung 45jährig an einer Krankheit.

Freie Assoziation:

 


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