Rezension: Die kurzen und die langen Jahre, von Thommie Bayer (Roman 2014) – 5 Sterne – mit Kritiken


Kein Scherz jetzt: die Hauptfiguren heißen Sylvie Spengler und Simon Stiller  – sie thematisieren diese Namen sogar selbst.

Wie oft bei Thommie Bayer steht ein Künstlertyp im Mittelpunkt, diesmal allerdings ein gescheiterter, der als Klavierstimmer, Musikalienhändler und Auftragskomponist endet. Wie in Vier Arten, die Liebe zu vergessen (2012) und in Aprilwetter (2009) himmelt der (Fast-)Musiker eine ferne Frau über viele Jahre an, ohne ihr näherzukommen – und ohne mal so richtig etwas zu unternehmen. Das ist so wenig nachvollziehbar wie die riesigen Zufälle im Roman, aber dafür schön melo-tragisch. Bayer kultiviert auch wieder seine Faibles für nüchtern rapportierte Tragödien und für Begräbnisse.

Ungewöhnlich hier für diesen Autor: Es gibt mehrere Mordfälle und etwas mehr Zeitgeschichte als sonst bei Thommie Bayer, u.a. RAF, 9/11 und Mittelstreckenraketen. Der RAF-Strang scheint Bedeutung in der Handlung zu bekommen, löst sich dann aber in nichts auf. Andere Entwicklungen wundern noch mehr: Einmal wird die Waldhütte des Protagonisten verwüstet; seine Ex hatte den Schlüssel, und er befragt sie nicht dazu, obwohl es möglich wäre.

Die Sprache des Ich-Erzählers ist sehr blass, außer in den mitunter liebevoll formulierten Briefen (ein ähnliches Missverhältnis wie im E-Mail-Roman Singvogel von 2004). Trotz allem bleibt der Roman einigermaßen spannend. Die Mordfälle und die Liebesdinge lösen sich erwartungsgemäß erst auf den letzten Seiten auf – Bayer dehnt die Entwicklung sogar etwas aufreizend.

WG-Jargon und Liedermacherton…” – die Kritiken:

Süddeutsche Zeitung lt. Bücher.de:

Am Schauplatz des Doppelmordes, bei dem sein Vater umgekommen ist, begegnet Simon der Frau seines Lebens. Für einen Liebesroman ist das ein einigermaßen origineller Einstieg. Der 1953 im Schwäbischen geborene Thommie Bayer, seit vielen Jahren unermüdlich in diesem Genre tätig, ersinnt immer wieder neue Konstellationen, um dem abgenutzten Thema „Paarbeziehung“ neues Leben einzuhauchen. Seine Lesergemeinde, zu der, bemerkenswert genug, auch viele Männer zählen, dankt es ihm mit großer Anhänglichkeit… Ein wenig mag der alles überspülende Erfolg des Krimi-Genres auch auf den Berufsromantiker Thommie Bayer abgefärbt haben. Ihm freilich geht es nicht um Verbrechensaufklärung, sondern um Leidenschaft, Schicksal, menschliche Schwächen und das Lebensgefühl der Jahrgänge, die jetzt allmählich pensionsreif werden und sich dabei höchstens so alt vorkommen wie ihre Eltern mit vierzig. Die kumpelhafte Kunstlosigkeit des Erzählstils, der Schablonen und Redundanzen nicht scheut und dennoch den Eindruck grundsympathischer Wahrhaftigkeit erzeugt, transportiert etwas vom WG-Jargon und Liedermacherton, die diese Generation in ihrer Jugend geprägt haben

Badische Zeitung:

Thommie Bayer hat seinen neuen Roman klug komponiert. Von der ersten Seite an zieht es den Leser in die Geschichte hinein… Die Wirkung der Briefe – ein heutzutage ja eher unprobates Mittel zur Kontaktpflege – ist bemerkenswert. Auf sie wartet man als Leser; oft sind sie es, die die Geschichte vorantreiben: Weil sie eine zweite Perspektive einbauen, weil sie sich einer ausdrucksvolleren Sprache bedienen… Thommie Bayer unterhält seine Leser gut mit seinem neuen Roman. Er erzählt Geschichten, die glaubhaft klingen, die von Gefühlen beeinflusst sind, die von Menschen handeln, die das Leben beutelt und beschenkt.

Leselupe.de:

Spannend, einfühlsam und gelegentlich melancholisch… Thommie Bayer schreibt einen sanften Stil, hinter dem man diese Dramatik zunächst nicht vermutet. Es ist eine gelungene Geschichte: abenteuerlich, anspruchsvoll und faszinierend.

Ruhr-Nachrichten:

…mit Seifenoper-Qualität. Das Leben nimmt seinen Lauf, beide heiraten, bekommen Kinder… Am Ende wird auch noch eine recht konstruierte Auflösung des Doppelmords präsentiert…

Schreiblust-Leselust.de:

Sobald Simons Leben allzu gewöhnlich dahinzuplätschern droht, setzt der Autor unerwartete Wendungen ein, was sich dann manchmal sehr konstruiert liest, allemal aber dem Anspruch an Unterhaltungslektüre gerecht wird.

Looks-at-books.de:

…hat mir beim Lesen die Kehle zugeschnürt. Das Buch hat mich zu Tränen gerührt

Borromäusverein:

Ein hochromantischer Liebesroman… der es aber auch versteht durch viele markante, die Zeit charakterisierende Details dem Roman ein hohes Maß an historischer Authentizität zu verleihen. Für Leser/innen von bittersüßen Liebesromanen vorbehaltlos zu empfehlen.

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