Rezension Thai-Dorf-Geschichten: Vapour Trails: Tales from Rural Thailand, von Tarmo Rajasaari – 8 Sterne

Thailand

Tarmo Rajasaari erzählt überzeugend und intensiv aus der Perspektive rustikaler Dorfbewohner In Nordwest-Thailand. Auch die Frauenperspektive übernimmt er mühelos. Einmal lässt Rajasaari sogar einen räudigen Dorfköter erzählen, samt Reinschnuppern bei Jenny the Junkyard Queen – klasse.

Westler spielen keine Rolle:

Europäer oder auch nur thailändische Großstädter spielen praktisch keine Rolle, es gibt keine Identifikationsmöglichkeit für westliche Leser. Einige Geschichten (nicht meine Favoriten) reichen ins Unterbewusste oder gar Übernatürliche.

Bei manchen Geschichten habe ich laut gelacht, bei anderen fast geweint. Manche Erzählungen enden absehbar traurig, andere unverhofft glücklich. Manche Geschichten reichen nur über zwei, drei Seiten, ganz ohne rundes Ende, aber dafür vielleicht um so realistischer. Mitunter deutet der Titel schon das Ende an, dann wieder führt der Titel in die Irre.

Die meisten, mit einer Ausnahme nicht verbundenen Geschichten spielen auf dem Dorf und im Reisfeld. Gelegentlicht wird eine Provinzhauptstadt erwähnt, einmal gar Bangkok. Ansonsten wirkt das Dorf wie eine staubig heiße Insel im Nichts, ohne Bezüge nach außen. Man erfährt oft wenig über die Lebensgeschichte der Hauptfiguren, abgesehen von der unmittelbaren Handlung.

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Die Geschichten wirken echt und unmittelbar:

Ich habe einige Zeit in südostasiatischen Dörfern verbracht – auch im südlichen Isaan, wo Vapour Trails angesiedelt ist, und gleich nebenan in Kambodscha – und fand das Buch sehr schlüssig und unmittelbar, nicht romantisierend. Den rauhen Ton der Dörfler setzt Rajasaari allerdings in ein legeres, gelegentlich ordinäres Straßenenglisch um, das nicht immer ganz überzeugt; aber anders geht es wohl auch nicht. Die Tippfehler indes wären vermeidbar gewesen.

Liebe spielt nicht die Hauptrolle in diesen nüchternen, gut ausgeleuchteten Geschichten, die oft so staubtrocken daherkommen wie ein Reisfeld nach der Ernte. Es geht vielmehr um Gewalt, um Geld, um Geister, um Glaube und Aberglaube, um Sex, um Alkohol, um Feldarbeit, gelegentlich um Buddha – größer könnte könnte der Gegensatz gar nicht sein zu den lieblichen, melancholischen Luukthung-Balladen, die im Isaan aus jedem Lautsprecher triefen.

Aber anders als Luukthung und Morlam stammt Vapour Trails auch von einem Europäer und wurde für Europäer geschrieben: Tarmo Rajasaari, gelernter Psychiatriepfleger, lebte fast zwei Jahre in einem Isaan-Dorf . Man wüsste gern, wieviel hier erfunden und was wahr ist. Allerdings sind die meisten Geschichten letztlich unspektakulär, sie leben vor allem von der Atmosphäre und von gelegentlich kauzigen Dialogen oder Gedanken (kaum ein Autor ist online so unauffällig, dies scheint seine Facebook-Seite zu sein).

Das sehr authentische, dabei unterhaltsame Buch verdient viel mehr Aufmerksamkeit. Weitere gute Thailand-Stories liefern Michael Smithies und Rattawut Lapcharoensap.


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