Nagl und Anna fahren nach Neapel, Rom und Venedig. Orte und Begegnungen spielen aber kaum eine Rolle, sie hätten auch Leutschach oder Lima ansteuern können. Gerhard Roth schildert vor allem Nagls Erinnerungen an seinen Großvater und immer wieder das Geschlechtsleben – nicht ohne Fantasie, aber in kaltem, mechanischem Ton. Wie dieser laut Erzählung sehr ungepflegte, egozentrische Jobflüchtling immer wieder Frauen erobert, bleibt unklar.
Was an neudeutschen Romanen stört, sammelte Gerhard Roth (*1931) und packte es konzentriert in die Winterreise: erotisches Gewuhre, spröder Ton, Handlungsarmut, Dialogarmut, verkorkst entfremdete Figuren und endlos ephemere Selbstbespiegelung. Entsprechende Selbsterkenntnis ereilt sogar den Protagonisten (S. 73 i.m. Fischer-TB):
Er sah dauernd sich selbst. Manchmal sah er sich von oben, er sah sich laufen, gehen, stehen (…) oder es war ihm, als könnte er sich aus nächster Nähe beobachten. Es störte ihn nicht. Er sah Speichel aus seinem Mund rinnen (…)
Wenig später im ebenfalls spröden, aber doch viel besseren Der Stille Ozean (1980) hat Roth die Fallen geschickt vermieden oder unauffällig gehalten. Ich habe, nachdem mir der Stille Ozean gefallen hatte, noch Roths Der Plan und Der Strom probiert; auch diese Romane wirken zäh, mit subtilen, aber oft nicht einzuordnenden Manövern und Beobachtungen.
Höchstes Lob der Top-Kritiker von Zeit und FAZ prangt auf der Winterreise-U4. Das Buch erschien sogar auf Englisch, unter dem deutschsprachigen Titel Winterreise. Womöglich ist die Winterreise ja ein Top-Buch für Top-Kritiker.
“Faszinierendes Buch…” – die Kritiker:
Rolf Michaelis, Die Zeit:
mit symbolischen Requisiten oft überladenes, durch ein Zuviel an platter Erklärung die Erzählung immer wieder zerstörendes – und doch: faszinierendes Buch
alienated it surely is… cold little trudge… mostly to sterile effect…
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