Rezension: Monsignor Quijote, von Graham Greene (Roman 1982, engl. Monsignor Quixote) – 6 Sterne – mit Presse-Links

Ein Dorfgeistlicher und ein kommunistischer Ex-Bürgermeister trudeln etwas ziellos mit dem Auto durch Nordspanien nach Franco. Befeuert von Vodka, aber vor allem Rotwein, debattieren sie unentwegt, sticheln gegen die Überzeugung des jeweils anderen, vergleichen immer wieder katholische Religion und kommunistische Anschauungen.

Die Reisegefährten sind sich bei allen weltanschaulichen Unterschieden freundschaftlich gesonnen und genießen immer wieder Wein, Käse & und kühle Abende am Straßenrand. Sie besuchen auch ein paar bekannte Stätten wie das Tal der Gefallenen oder Salamanca.

Scheinbar liegen dem Roman zugrunde:

  • Der Roman Don Quichote, in dem ebenfalls zwei Männer durch Kastilien ziehen; der Roman wird mehrfach zitiert, Greene benennt seine Hauptfiguren und das Auto nach Pendants aus Don Quichote.
  • Die Bücher und Filme um Don Camillo und Peppone, in denen wie bei Greene ein Geistlicher und ein kommunistischer Bürgermeister debattieren (bei Greene freundschaftlicher)
  • Graham Greenes eigene motorisierte Kastilien-Streifzüge mit dem spanischen Pfarrer Durán und einigen Kisten vino tinto, u.a. Marqués de Murrieta
  • Anspielungen auf frühere, bessere Greene-Romane mit konspirativen Gesprächen in Kneipenklos (wie in Unser Mann in Havanna), aufgeblasenen Kondomen (wie in Stunde der Komödianten), der Verwechslung von Fußbad und Bidet (wie in Ein ausgebrannter Fall) und einem Whiskey-Priester (wie in Alle Herrlichkeit auf Erden)

Der Roman ist freundlich-heiter, mit netten kleinbürgerlichen Szenen am Straßenrand, in Restaurants, billigen Hotels, Kinos, sogar, sehr harmlos, im Bordell. Im Vordergrund stehen aber die ausführlichen, undogmatischen Debatten, in denen Greene seinem ewigen Katholizismus eine lange Leine lässt, der Kommunist macht durchaus auch einige Punkte, und es gibt Zitate aus dem Kommunistischen Manifest. Die jeweiligen Anführer kommen generell schlecht weg (ich kenne nur das engl. Original und kann die Eindeutschung durch Gertie u. Hans W. Polak nicht beurteilen).

Eine übergeordnete Handlung, einen Spannungsbogen gibt es in den ersten drei Vierteln nicht – darum wurde aus diesem Greene-Buch auch nur ein TV-Film (mit Alec Guiness, s.u.) und kein Kino-Drama. Greene liefert immerhin ein dramatisches, allerdings theologisch überfrachtetes Ende. Frühere Greene-Romane sind besser, auch wenn sie meinen Mediterranien-Fimmel nicht so befriedigen wie diese Geschichte. Sie klingen auch nicht so altersmilde spätsommerlich heiter und so leicht konsumierbar dahingeplaudert.

Medienstimmen:

Während das Auto Rocinante im Buch eindeutig ein Seat 600 ist (vgl. o.g.Textprobe), reden die US-Kritiker unisono von einem Fiat. Wurde die US-Ausgabe geändert?

Greene-Biograf Michael Shelden in Graham Greene, The Man Within (1994), S. 47: There is no great passion behind his satire, no bite.

Greene-Biograf Norman Sherry im dritten Band seiner Greene-Biografie (1999), S. 661: the first novel in which Greene’s purpose is running commentary. It breaks new ground for him to make the plot nugatory.

New York Times 1982: the book is not so much a novel as a whimsical meditation on faith and doubt

Kirkus Review 1982: A wispy, undramatic, but charming modern-day fable

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