Ghana-Karibik-US-Roman: The Seasons of Beento Blackbird, von Akosua Busia (1996) – 4 Sterne

Solomon Wilberforce ist ein unglaublich toller Mann: Zwei Frauen heiraten ihn gleichzeitig, eine dritte schmachtet ihn auch noch an, sogar noch eine vierte – die Autorin Akusoa Busia.

Wilberforce hat einen tollen Körper, er setzt sich für Unterpriviligierte und Schwarzafrikaner ein, bringt seiner Aktuellen Haferflocken ans Bett und schwimmt im Geld, ohne dass er groß dafür arbeiten muss. Oder zumindest hören wir wenig davon.

Seine Frauen sind allerdings auch unglaublich toll, eigentlich ist überhaupt alles unglaublich toll, und beim Picknick am Strand schlürft man den Champagner aus Goldrandgläsern, gewandet in indische Seide und weißes Leinen. Die Räume sind nicht bombastisch, aber überaus ästhetisch, voller Mitbringsel aus dem Senegal und Indien, voll guter Essensaromen, und von den Frauen picobello sauber gehalten, zumal mit Wilberforce ante portas.

Die Autorin übertreibt wirklich:

Ein exotischer Groschenroman. Nicht nur Personen und Ambiente kleistert Busia mit übertriebenen Adjektiven zu, auch Gefühle und Dramatik beschreibt die Schauspielerin, Autorin und hohe Politikertochter mit schwer erträglichem Bombast.

Dennoch plätschern die ersten zwei Buchdrittel lesbar dahin, wir jetten mit dem himmlischen Wilberforce zwischen seinen Frauen in der Karibik, New York und Ghana hin und her (ermattet Thommie Baier reminiszierend, wir travelten von town zu town, von Fraun zu Fraun, im Morgengraun).

Erst im letzten Drittel erwacht Busia aus ihrer Bewunderung und lässt ihren Haupthelden kaum nachvollziehbare Dummheiten begehen. Da kommt dramatisches Drama auf, nicht nur einfach ein bisschen Aufregung, nein, erregtes Adjektivgestöber, Selbstverstümmelung, Höhlenexil, große Oper mit Riesensprechtheater.

Keine Meisterleistung:

Die unglaublich tollen Hauptdarsteller gewinnen kaum Konturen, Busia bringt nur schwammige Seifenopernstatisten auf die Bühne. Und noch etwas: Weder das ländliche Ghana noch die ländliche Karibik werden im geringsten lebendig.

Das von Busia zitierte Pidgin-Englisch klingt falsch (auch wenn ich es nicht wirklich beurteilen kann, aber zum Beispiel bei den Naipaul-Brüdern klingt das Karibik-Pidgin weit plausibler). Selten hatte ich einen Hot Country Roman, der so wenig Atmosphäre erzeugte. Selten übrigens auch war ein englisches Buch für mich so leicht zu lesen.

Mehrfach in den ersten zwei Dritteln wollte ich schon aufgeben. Dann aber kam Fahrt in die Handlung, wenn auch sehr aufgeblasen. Schließlich schaffte Busia es mit ihrem Ende sogar, dass ich die ersten 30 Romanseiten noch ein zweites Mal querlas – da muss ich dann wohl vier Sterne geben.

Autorin Akosua Busia spielte auch die Figur Nettle im Film Die Farbe Lila (1985) mit Whoopie Goldberg. Hier ein Video-Interview mit Busia über den Film.


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