Buchkritik: Ins Schwarze, von Vincent Almendros (2018) – 7 Sterne

Meisterlich, doch zu aufdringlich beschwört Vincent Almendros Vernachlässigung und Verfall: Der heruntergekommene, fast verlassene Weiler; das muffige alte Haus; der Unrat; der feuchte Waldboden; die toten Tiere und die todgeweihten Menschen. Dazu kommen kurze, spannungsgeladene Dialoge.

All dies übertreibt Almendros, nicht zuletzt das Zerlegen eines Kaninchens durch eine eiskalte mordverdächtige Person. Vor allem aber erzeugt Almendros aus vielen Andeutungen und perfiden Auslassungen allerlei Ungewissheiten, die er genauso gut aufklären könnte – die Spannung wirkt künstlich.

Einige der Fragen, die Almendros so angestrengt offenlässt, klären sich im letzten Satz. Da dachte ich dann: Das war’s jetzt? Pfff. Dialoge und Szenisches liegen Almendros demnach mehr als Plotkonstruktion.

Nach Presseberichten hat Almendros diesen sehr kurzen Roman wie auch den Vorgänger Im Sommer vor der Veröffentlichung sehr stark gekürzt. Das lässt an Hemingways frühe, betont knappe Kurzgeschichten nach dem Eisbergkonzept denken. Tatsächlich klingt Almendros gewiss nicht langatmig und es gibt keine überflüssigen Nebenhandlungen oder auch nur Sätze. Doch Almendros pumpt den verbleibenden Inhalt zu angestrengt mit Unterschwelligem auf, und der letzte Satz liefert nicht nur einen enttäuschenden Inhalt, sondern fällt auch sonst ab. Das Sinistre der Kaninchen-Zerlegerin wird gar nicht aufgeklärt.

Das Makabre des Buchtitels versteht man vielleicht nur, wenn man ganz aufmerksam liest – oder den französischen Titel Faire mouche kennt, den der Wagenbach-Verlag in der deutschen Ausgabe nicht nennt. Die Eindeutschung klang für mich nicht immer rund.

Freie Assoziation:

Konstellation und Stimmung erinnern deutlich an Ein Sommer vom selben Autor.

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