Zoé Valdés erzählt über Jahrzehnte die Geschichte einer einfachen Kubanerin, die ihr Leben lang einen kubanischen Schlawiner liebt, jedoch meist aus der Ferne – zeitweise flieht er ins US-Exil. Die Kubanerin hat einige biografische Merkmale von Valdés. Wir lernen einiges über Kubas Nöte und Versorgungsengpässe vor und nach der Revolution und in der Sonderperiode in den 90er Jahren.
Das ist aber fast zweitrangig gegen Valdés’ wüste Erzählstimme. Ein durchschnittlicher, angestrengt cooler Satz:
Ich mach mich mal kurz auf die Strümpfe und schau, ob ich Fressalien auftreibe… (S. 169 btb-Ausgabe)
Oft sogar voll derber Versautheiten dröhnt Valdés hochtourig dahin, streut auch schnell mal über zwei Seiten Kochrezepte ein, delektiert sich dann wieder an (v.a. weiblichen) Körperfunktionen und -ausscheidungen, produziert Wortspiele und Andeutungen für Kubakenner, vergisst für ein, zwei Seiten jede Zeilenschaltung, und trotz wechselnder Ich- und Auktorialerzähler klingt das immer vor allem nach einer entfesselten Sra. Valdés:
In der Havännerung – an anderen Orten des Planeten mag es dämmern, aber hier havännert es… (S. 237)
Es gibt aus Kuba viele stupende, süßsauer-politische Witze, die jedoch nicht zu Valdés Repertoire gehören (milde Ausnahmen S. 216, S. 301). Ein wesentliches Handlungselement des Romans ist ziemlich unrealistisch, ein klein bisschen Phantastik ist auch dabei (vermutlich Magischer Realismus?). Vor allem im letzten Fünftel gerät der Roman aus den Fugen. Das Ende hatte ich sofort wieder vergessen, weil es so beliebig war. Bodo Morshäuser im Spiegel lobte das Buch, die Zeit verriss es.
Ist die renommierte Übersetzerin Susanne Lange bei diesem Auftrag gelegentlich rot geworden? Valdés’ Schweinigeleien überträgt sie halbwegs munter, und doch klingt es teils etwas hölzern, nicht ganz glaubhaft – man hätte vielleicht noch freier und weniger wortgetreu übertragen müssen; nicht immer kann man Slang oder Wortspiel genau am ursprünglichen Wort umsetzen. Die spanische Fassung ist bestimmt lebendiger (allerdings gewiss ebenso nsfw wie die deutsche). Trotz allem lässt sich die Eindeutschung leicht lesen; aber man fühlt sich auch von einer unflätigen Person rücksichtslos zugedröhnt, bei streng begrenzter Erbaulichkeit.
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