Werner Schandor schreibt ein verkopftes Roman-Experiment über ein verkopftes Liebes-Experiment: Der verkopfte Doktorand Thomas Feigl will eine Freundin ohne Liebesqualen haben und sich irgendwie an Erich Fromm orientieren. Gedacht, getan, er lacht sich lockerleicht die junge, schlichte, aber super bekurvte Schuhverkäuferin Manuela an. Die Dinge entwickeln sich erst einmal vielversprechend, aber auf Dauer nicht so wie geplant.
In seinem Buch Steirisches Wein- und Hügelland schreibt Schandor ein vollmundiges, eigenwilliges Deutsch, das in Hansbloghausen Lust auf einen Schandor-Roman gemacht hatte, und schließlich betreibt Schandor ja auch eine “Agentur für glänzende Texte” mit dem Motto “Schreiben ist Gold”. Alles sehr vielversprechend, aber:
Im Roman klingt der Autor generell gestelzt und uninspiriert, gelegentlich völlig daneben wie bei diesem Diskobesuch (S. 125):
…richtig mit ihr abshaket?!… Sein kinnlanges blondes Haar hatte er mit Wetgel in die schleimigst ever possible Fasson gebracht…
Redet man so in Graz? Ich fand’s da eigentlich ganz nett.
Zudem trägt Schandor die Klischees schmerzhaft dick auf: Der Doktorand ein verhuschtes Etwas, ständig Papiere aufräumend; die Schuhverkäuferin eine Diskomaus mit gefärbtem Haar und Plateausohlen, die samt Eltern scheußliche Couchgarnituren bewohnt und auf Drama Queen macht (S. 181):
“Du bist gemein”, kreischte Manuela auf und fing zu heulen an.
Auf der Straße bemerkt die Hauptfigur (S. 131)
eine dicke junge Frau… unter ihrem hellgelben, verschwitzten Sommerkleid zeichneten sich die Fettwülste ihres Bauches ab. Ihr Gesicht wirkte verquollen und grobschlächtig… Ihre Beine waren wie zwei Stämme. Zu allem Überfluss steckten ihre Füße in weißen Socken… durch und durch abstoßend
Dann noch eine halbe Seite überflüssiger Schweißfußwitze. Schreibt man so in der Stadt Graz, die den Druck des Buchs unterstützte? Demgegenüber stehen nur wenige Perlen, u.a. bei einer Urlaubsreise (S. 124):
Kroatischer Techno ist fürs Ohr, was kroatische Pizza für den Magen ist.
Zeitweise hat man das unangenehme Gefühl, der Autor verbrate hier einfach sein eigenes Leben 1:1, weil’s so bequem ist, weil er’s literarisch zu veredeln vermeint – das brotlose Germanisten-Dasein, der öde Kroatienurlaub, demütigende Wohnungssuche in der Großstadt.
Dabei wirkt die Liebesgeschichte völlig konstruiert, der ewige Abgleich mit Erich Fromms Erklärungen obsolet, auch wenn Schandor deftige Bettszenen und zwei Diskoprügeleien auftischt. Die Hauptfiguren bleiben theoretische Konstrukte, Pappchargen, deren Beziehung nie realistisch klingt; man weiß nie, warum das arme Manulein immer so bittere Tränen weinen muss.
“Für alle Erich-Fromm-Geschädigten”, steht am Buchende. Schandor hätte die Konsequenz ziehen sollen.
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