Das Buch liest sich leicht und seicht. Die Hauptfiguren sind Hallodris, die auch so reden und erzählen.
Klogewohnheiten:
Der Ich-Erzähler beschreibt unangenehm detailliert sein Prozedere auf dem Klo, separat für kleines und großes Geschäft. Auch Wichsen ins Handtuch und Dickdarmspülung mit Wasser diskutiert er mit Lesern oder Kumpel – und “in dem Moment kam unser Essen“.
Zum Ausgleich gibt es regelmäßig tiefschürfend hohle Gespräche oder Monologe über
- „einfach Losfahren” (ein paar Jahre in der Welt herumbummeln),
- „das Schicksal, dass uns erwartet, das Geheimnis des Lebens“ oder
- Schopenhauer und Plato, heruntergebrochen für Vololeser.
Einmal geht eine solche Predigt ungelogen und ununterbrochen über mehr als zwei Seiten. Sie beginnt:
Die andere Hälfte ist nicht die Frau: Das bist noch mal du. Es ist Deine andere Hälfte, der unbekannte Teil, du musst ihm Leben einhauchen, damit du ihn überhaupt erkennst. Das ist die wahre Vereinigung, nur sie kann uns von jenem Gefühl der Einsamkeit befreien, das wir selbst dann empfinden, wenn wir…
Eine andere Weisheit:
Jeder Mensch hat seinen persönlichen 11. September. Einen Tag, an dem etwas passiert und dieses Datum für immer unvergesslich macht. Der richtige 11. September bezeichnet einen historischen Tag für die ganze Menschheit, aber daneben gibt es auch…
Fabio Volo lebt laut Buchrückseite “in Mailand, Rom, Paris und New York“. Pichelte er ein paar Gratis-Schampusse zu viel in der First Class, bevor er derlei Schmarrn in sein MacBook hackte?
Verschieden einer Meinung:
Vieles behauptet der Autor einfach, ohne es durch Handlung oder Dialog zu untermauern, z.B.:
Außerdem sind wir zwar total verschieden, aber in vielem trotzdem einer Meinung.
Das wird ohne Beispiel so gesagt.
Auf Seite 83 verkündet Hauptfigur Francesca,
„ich würde gern eine Buchhandlung aufmachen. Ich lese für mein Leben gern und habe immer davon geträumt, in einer Buchhandlung zu arbeiten.”
Bis dahin hatten wir nicht ein Wort von Francescas Literarizität vernommen, und sie wirkt auch nicht so.
Wie in nachlässig geschriebenen Romkoms hört man immer nur vom Liebes– und Sozialleben der Figuren, nicht von ihren Berufen, ihrem Alltag. Wie die Jahre vergehen, ob Eltern am Ort wohnen, woher das Geld kommt, das erfährt man höchstens nebenbei und fast aus Versehen.
Zeitweise habe ich den Eindruck, dass Fabio Volo verschiedene Anekdoten und Charaktere aus dem Zettelkasten gekramt und unorganisch in den Roman gestopft hat, z.B. Dumme-Jungs-Streiche aus Kindertagen und Figuren bei einer Hochzeit.
Sprache:
Die Übersetzung von Peter Klöss klingt angemessen lässig. Allerdings ist öfter von einem „Sandwich“ aus der Bar die Rede – stand hier im Italienischen „panino“? Das hätte ich lieber gelesen, an dem Roman ist sowieso kaum Italianità. Und in dem Zusammenhang gibt es auch einen Satz über Francesca und Federico, den ich gar nicht verstanden habe:
Sie nahm ihn sozusagen ins Sandwich.
Schon vor der Hälfte schien das Buch am Ende: Die Partnerin erobert und verloren, den Freund verloren – und jetzt? Wir wissen zwar aus den Vorausblenden, dass die Partnerin wieder auftaucht, doch der Ich-Erzähler schwelgt erstmal in Philosphiegedöns.
Es kommt selten vor, dass ich ein Buch nach über 100 Seiten weglege, aber dieses hier beendete ich auf Seite 124 von 286.
Assoziation:
- Das wilde Herz von Andrea de Carlo, noch ein schwacher Italien-Roman
- Romane von Thommie Bayer (das ist kein Kompliment)
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