Squatter’s Tale wirkt nicht so sehr wie ein bündiger Roman: Es zerfällt in mehrere längere Episoden: das schnelle protzige Bankerleben in Nigeria, der ärmliche Einstieg in USA, die Romanze. Vor allem wirkt Squatter’s Tale wie eine Ansammlung von Begegnungen, teilweise in Rückblenden erzählt.
Anekdoten in der Rahmenhandlung:
In eine Rahmenhandlung packt der Autor zahlreiche kleinere und größere Portraits von Menschen, die im weiteren Buch dann keine Rolle mehr spielen – als ob er seinen privaten Anekdotenschatz ausweidet. Dabei gibt es kaum direkte Rede und diverse nicht jugendfreie Abschnitte. Man würde gern wissen, wieviel persönliche Erfahrung drinsteckt.
Nicht nur in Nigeria, auch in Kalifornien und England hat der Ich-Erzähler meist mit Nigerianern zu tun, als Nachtwächter in Kalifornien auch mit anderen armen, frustrierten Zuwanderern. Man trifft reihenweise Aufschneider, Diebe, Verlierer, Karrieristen, Faulenzer, Workaholics, Shopaholics, Sexaholics, religiöse Eiferer, Säufer, Lügner, Betrüger, Heimatlose und Traumtänzer.
So richtig unsympathisch wirkt kaum jemand und man will erfahren, ob sich der Ich-Erzähler letztlich erfolgreich in USA etabliert und was aus den ein oder zwei Liebesgeschichten wird (die jedoch nicht im Vordergrund stehen). Ich habe das glatt runtergelesen, das Englisch ist leicht, der Ton unterhaltsam.
Protzen ist wichtig:
Wie in anderen Nigeria-Romanen, die nach 1945 spielen, geht es auch hier in großem Stil um Protzerei mit teuren Markenartikeln. Unverzeihlich: Moët & Chandon wird nicht ganz richtig geschrieben. Das sonst durchweg sarkastische, satirische, mokante, stellenweise zynische Buch wird einmal plötzlich enorm gefühlvoll und selbstmitleidig. Der Ich-Erzähler badet, wie er selbst treffend sagt, in “the vomit of self-pity”.
A Squatter’s Tale erschien 2000 in der African Writers Series bei Heinemann, die Geschichte spielt jedoch zum guten Teil in den Mittneunzigern. Wer eine moderne Variante der Nigeria-Episoden lesen will – mit schneidigen Jung-Spammern statt Jung-Bankern -, bestellt Adaobi Tricia Nwaubanis sehr empfehlenswertes Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy. Dieses Buch hat auch sonst einige Ähnlichkeiten mit A Squatter’s Tale, so den elenden Zustand Nigerias, die Igbo-Herkunft der Hauptfiguren, den Materialismus, die Korruption, bedenkenlose Unehrlichkeit und die belesenen, gottesfürchtigen, betont ehrbaren Eltern. Weitere gute, moderne Nigeria-Romane kommen von Sefi Atta (auch auf Deutsch).
Ich würde gern mehr Romane von Oguine lesen. Online finden sich ein paar Kurzgeschichten und politische Kommentare, aber keine Hinweise auf weitere Bücher.
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