Belletristik

Sahara-Kolonial-Roman: Die Wüstenrose, von Henry de Montherlant (1968) – 3 Sterne

Weitschweifiger Roman über trantütigen französischen Sahara-Leutnant Marokko, französische Kolonie, in den 30ern: Oberleutnant Auligny wird auf einen entlegenen Posten in der Sahara versetzt. Bald mietet er sich die 14jährige Marokkanerin Ram zum Kuscheln. Die Beziehung ist erst geschäftsmäßig, bekommt dann aber Dynamik. Amazon-Werbelinks: Ganz Afrika | Südafrika | Kenia | Marokko Sehr weitschweifig: Mit dieser…

Paris-Südsee-Gaugain-Roman: Silbermond und Kupfermünze, engl. The Moon and Sixpence, von W. Somerset Maugham (1919) – 5 Sterne

Romantisierendes KunstgewerbeFiktive, vage Gaugin-Biographie mit den Stationen England, Frankreich und Südsee. Künstler, Lebenskünstler und Kunstgewerbler bevölkern den schmalen Roman. Autor W. Somerset Maugham gehört zur letztgenannten Berufsgruppe. Einige Schwächen: Denn der Roman dräut penetrant melodramatisch, die Hauptfigur zeigt kaum nachvollziehbare Wendungen, die Handlung kleinere Logiklücken und Brüche. Das Leben Paul Gaugins – sehr loses Vorbild…

Westafrika-Krimi-Roman: The Big Killing, von Robert Wilson (1996, Teil 2 der Bruce-Medway-Reihe) – 4 Sterne

Brutalstmöglich brutalEine gute Idee, den liberianischen Krieg hier einzubauen: Das Gemetzel erlaubt Wilson, noch mehr scheußliche Gewalt und Morallosigkeit in seinen Roman zu packen. Geschlachtet und gestorben wird auf jeder zweiten Seite. Auf der jeweils gegenüberliegenden Seite trinkt sich Hauptfigur Bruce Medway einen an. Amazon-Werbelinks: Ganz Afrika | Südafrika | Kenia | Marokko Sinnlose Gefahr…

US-Roman: Die Witwen von Eastwick, von John Updike (2008) – 4 Sterne

Unwürdiges Spätwerk Auf den ersten 120 Seiten unternehmen die Hauptakteure Gruppenreisen nach Kanada, Ägypten und China (dt. Die Witwen von Eastwick, engl. The Widows of Eastwick). John Updike (1932 – 2009) liefert seitenlange banaltouristische Beschreibungen und regionale Hintergründe. Dazu Popmatters: The first 100 pages are what I call “tour guide fiction”, Updike polishing up the…

Deutscher Roman: Vorn, von Andreas Bernard (2010) – 3 Sterne

Blutleeres Buch in blutleerem Deutsch, zeitweise weinerlich-selbstmitleidig, um hippe junge Medienmenschen in München. Es gibt fast keine Dialoge, die wenigen wörtlichen Sätze klingen genauso leblos wie der allgemeine Erzählton. Nichts erscheint „locker und beschwingt“ – kein Roman, eher ein Text. Selbst die Liebesdramen wirken wie aus zwei Kilometer Entfernung betrachtet – wichtiger sind die Namen…

Rezension Sierra Leone-Bericht: Green Oranges on Lion Mountain, von Emily Joy, fast identisch mit What for Chop Today: Her Mission was to Save Lives, von Gail Haddock bzw. (2001) – 8 Sterne

Himmelschreiend komisch, tragisch, tragikomischDieser Sierra Leone-Bericht erschien fast identisch zweimal mit zwei verschiedenen Titeln und Autorennamen: Zuerst: What for Chop Today: Her Mission Was to Save Lives, von Gail Haddock (das ist ihr richtiger Name) Und dann: Green Oranges on Lion Mountain, von Emily Joy (später erschienen unter Pseudonym, Sierra Leone wird in Lion Mountain…

3 Afrika-Romane in: On the Edge of the Great Rift, von Paul Theroux

Der 1996 erschienene Sammelband On the Edge of the Great Rift enthält drei frühe Afrika-Romane von Paul Theroux, die ich ausführlich jeweils einzeln bespreche: Fong and the Indians, 1968 Girls at Play, 1971 Dschungelliebe, 1971 Hier eine Übersicht über den Sammelband: Die drei Romane des Sammelbands wirken – für den späteren, viel erfolgreicheren Theroux sehr…

Afrika-Satire: Dschungelliebe (engl. Jungle Lovers), von Paul Theroux (1971) – 5 Sterne

Semi-Satire über Revoluzzer und Versicherungsverkäufer in einem verkommenen AfrikaEin amerikanischer, weißer Versicherungsvertreter trampelt durch Malawi in den 60ern; statt Policen zu verkaufen, verrennt er sich zwischen Bretterhütten und Puffschänken. Alternierend erleben wir den ebenfalls weißen Revolutionstruppkommandeur Marais und seine schwarze Schlägertruppe im Dschungelcamp; anders als die Werbung suggeriert, bekommen Versicherungsmann und Revoluzzer wenig miteinander zu…

Nigeria in den 40ern: The Potter’s Wheel, von Vincent Chukwuemeka Ike (1973) – 5 Sterne

Nigeria in den 1940ern: Ein Neunjähriger auf dem DorfDas gesamte Buch von 1973 handelt von einem Neunjährigen in einem Igbo-Dorf in Ostnigeria in den 1940er Jahren. Zunächst wohnt Obu bei den Eltern, wird von der Mutter verwöhnt, von anderen Dorfjungen gepiesackt. Dann kommt er zu einem sadistischen Lehrerehepaar, das Kinder als Diener aufnimmt, sie anbrüllt…

Rezension historischer Nigeria-Roman: Okonkwo oder Das Alte stürzt / Alles zerfällt / Things Fall Apart, von Chinua Achebe (1958) –

Deftige Dorf-Erzählung aus dem Nigeria der 1890er JahreSchön erdige, rauh-rustikale, folkloristische Erzählstimme in reichem, teils lebhaft skurrilem Englisch (ich hatte das englische Original Things Fall Apart, der deutsche Titel ist Alles zerfällt oder auch Okonkwo oder Das Alte stürzt). Man hört Achebe fast am Feuer plaudern. Viele unterhaltsame, bauernkluge Sprichwörter, Lebensweisheiten, Metaphern und Geschichtchen aus…

Dakar-Roman: Ein so langer Brief: Ein afrikanisches Frauenschicksal, von Mariama Bâ (1981) – 3 Sterne

Eine Frau wird von ihrem Mann nicht verlassen, stattdessen nimmt er sich einfach eine Weitere, Jüngere, und gibt ihr den Großteil seiner Aufmerksamkeit. Wenn er stirbt, ist die Lage der ersten Frau, mit mehreren Kindern, eventuell prekär. Soweit der Inhalt. Das Bändchen ist dünn, doch der Buchtitel sagt es: Der „lange Brief“ wirkt tatsächlich gedehnt,…

Roman: The Mimic Men, von V.S. Naipaul (1967) – 3 Sterne

Des Alten LeierIch hab’s aufgegeben. Ich liebe alle möglichen Bücher V.S. Naipauls: die frühen, komischen ebenso wie die späteren, ernsten; Romane als auch Länderberichte. Aber nicht The Mimic Men. Schuld ist der leiernde Ton des Ich-Erzählers: Es beginnt mal wieder mit einem Westinder in London – eine Standardsituation für Naipaul-Leser. Aber diesmal gibt es nicht…

Rezension Trinidad-Inder-Kurzgeschichten: Miguel Street, von V.S. Naipaul (1959) – 9 Sterne

Träge fließt das Leben dahin in der Miguel Street, einem ärmlichen Wohnquartier in Port of Spain, Trinidad. Auf der Straße trifft man immer ein paar Leute, und wenn sie nicht grade schmollen, plauscht man gern: wir treffen Hat, Eddoes, Man-Man, Boyee, Herrn und Frau Bhakcu, das Ehepaar Morgan – regelmäßig begegnen sie in diesen gut…

Lustiger Roman: Die Cappuccino-Jahre: Ein Adrian-Mole-Roman, von Sue Townsend (1999) – 5 Sterne

Ach Adrian……damals, mit 13 3/4, da hast Du ein richtig tolles Tagebuch geschrieben, pubertär erhitzt und aufgeregt, und aufregend zu lesen, alle paar Stunden hast Du Dich ihm anvertraut, in vielen kleinen Audienzen. Und ich hab‘ mit Dir gezittert, Adrian. Und nun? Die Cappuccino-Jahre? Gib’s zu, das hast Du nicht selber geschrieben. Du hattest eine…

Westafrika-Roman: The Radiance of the King, von Camara Laye (1954)

MärchenonkelhaftIch hatte die englische Übersetzung und gab die Lektüre auf. Der Ton ist naiv schwafelnd, voll rhetorischer Fragen und überflüssiger Vermutungen. Personal und Kulisse bleiben vage – nicht lebensecht, nicht authentisch -, halbfertige Phantasiekreationen, ohne Bezug zu einem Land oder einer Zeit. Auch Toni Morrisons Vorwort sagt mir nichts. Um Camara Layes Autorenschaft gibt es…

New-York-Roman: Ballettratten in der Vandam Street, von Kinky Friedman (1999) – 5 Sterne

…, sagte ich zur Katze. Die Katze sagte natürlich nichts und rollte sich zusammen. Sie wusste, dass… Diese oder sehr ähnliche Zeilen gibt es gefühlt 165 mal auf netto 165 Romanseiten (das englische Original heißt „Spanking Watson“). Schließlich spielt der Roman ja auch zum größten Teil in der Wohnung des selbstzufriedenen Ich-Erzählers. Friedman hat noch…

Krimi-Roman: München Blues, von Max Bronski (2008) – 5 Sterne

Trödelhändler, Hobbydetektiv, Schlägertyp, Rächer der Enterbten, Frauen- und StaatssekretärsflüstererCoole Sprüche kloppt er gern, der Bronski Max, und oft klappt das Kloppen auch, aber manchmal geht’s daneben: Da wird der selbstherrlich lässige Ich-Erzähler Gossec vom Mongolen-Adi derb verprügelt, rettet sich auf die Straße – und dann gelingt ihm nur ein „Mongolen-Adi hatte mir eine deftige Lektion…

Lustiges Buch: Stadt Land Mord: Kriminelle Briefe nachgelassener Frauen nebst zweier Anhänge, von Fanny Müller (1998) – 4 Sterne

Je nun. Nette Comedy. Zwei Frauen korrespondieren in diesem Buch, beide klingen jedoch praktisch gleich (obwohl sie vermutlich von unterschiedlichen Autorinnen geschrieben wurden; Susanne Fischer ist Ko-Autorin). Auch sonst wurde jede Plausibilität geopfert, um noch ein bisschen mehr Klamauk unterzubringen. Die Handlung ist vertrackt und zum Schluss gar nicht nachvollziehbar, die Charaktere wirken sehr unrealistisch,…

Deutscher Roman: Ein Mann wie Holm, von Matthias Keidtel (2006) – 5 Sterne

Viele kleine lustige Ideen, ich habe öfter geschmunzelt, aber nicht gelacht. Auf die Dauer wirkt die Masche – ein Eigenbrötler steigert sich immer weiter in abstruse Gedankengänge hinein und lässt sich davon zu abwegigem Handeln bringen – aber ermüdend. Man hat den Eindruck, dass der Autor einfach seinen eigenen Alltag noch einmal durch die „Holm-Brille“…

Westafrika-Roman: The African, von William Conton (1960) – 3 Sterne

Autor Conton war Akademiker, Institutsleiter, Lehrer und Gelehrter, und so wusste er: jeder muss ihm zuhören, auch wenn er langweilt. Also müht sich der Verfasser nicht um Leserfreundlichkeit, auch nicht in diesem „Roman“. Ödes Geschwafel: Vor allem der erste Buchteil wirkt weitschweifig, überladen mit Verallgemeinerungen, Besserwissereien und wohlfeilen Phrasen. Dieser Abschnitt klingt wie eine flüchtig…

Ghana-Karibik-US-Roman: The Seasons of Beento Blackbird, von Akosua Busia (1996) – 4 Sterne

Solomon Wilberforce ist ein unglaublich toller Mann: Zwei Frauen heiraten ihn gleichzeitig, eine dritte schmachtet ihn auch noch an, sogar noch eine vierte – die Autorin Akusoa Busia. Wilberforce hat einen tollen Körper, er setzt sich für Unterpriviligierte und Schwarzafrikaner ein, bringt seiner Aktuellen Haferflocken ans Bett und schwimmt im Geld, ohne dass er groß…

Rezension Kurzgeschichten: Verbrechen, von Ferdinand von Schirach (2009) – 7 Sterne

Von Schirach erzählt knapp, nüchtern, mild lakonisch, das Gegenteil von geschwätzig. Das liest sich leicht konsumierbar und klingt wohltuend anders als deutsche Prosa sonst. Eine Geschichte dauert nicht länger als 20 Minuten, dann folgt der nächste Mord. Nebenbei liefert von Schirach interessante Blicke hinter die Kulissen von Verbrechen und Verbrechensbekämpfung, die man sonst nur von…

Japan-Roman: Die Journalistin, von Saiichi Maruya (1993) – 3 Sterne

Der Ton: salopp und launig. Das wirkt zeitweise unterhaltsam („angetüterte Quasselstrippe“), aber nicht immer angemessen („der reinste Schwachsinn…, eine Frau mit Husserl vollzulabern“) und man fragt sich, ob der Autor im Original ähnlich umgangssprachlich schwadroniert. Öfter lappt es vom Saloppen ins Nachlässige: einmal schreibt die Journalistin etwas am Laptop, doch dann redet der deutsche Text…

Roman: Der irdische Amor, von Hans-Ulrich Treichel (2002) – 3 Sterne

In die HoseLange habe ich keinen Roman in deutscher Sprache, von einem deutschen Autor gelesen. Denn mein Klischee war immer: Die Deutschen schreiben nur über Schreibblockaden in Berlin, über Selbstbefriedigung und pubertäre Erektion, zwingen verkrampft ihre eigene ephemere Biographie ins Buch – ohne den Willen zu unterhalten und eine stringente Geschichte zu erzählen, ohne mal…

Roman: Was zusammengehört, von Markus Feldenkirchen (2010) – 4 Sterne

Was mir gefiel: ab der zweiten Hälfte zunehmend spannend (auch wenn die bloßliegende Geheinmnisenthüllungsverschleppungstaktik des Autors enorm ermüdet) nettes Ablästern über Ryanair der kurze Schülerbesuch beim irischen Bürgermeister brachte mich ein paarmal zum Lachen (anders als der Rest des Buchs) Was mir weniger gefiel: Dialoge selten und peparm völlig unpsychologische Darstellung vor allem der Frauen:…

Kurzgeschichten: Mehr Liebe: Heikle Geschichten, von Frank Schulz (2010) – 5 Sterne

Das ist nichts Großes; man kann es lesen, aber Schulz‘ Hagener Trilogie habe ich als deutlich besser in Erinnerung. Die Geschichten wirken etwas einförmig: Generell spielen sie in Hamburg oder drumrum, zum Beispiel im anzüglich benannten Poppenbüttel (gibt’s das?), in Neu Hörnbach oder sonst in: Alt Hörnbach. Geurlaubt wird auf dem griechischen Festland oder sonst…

Roman: Ich sehe was, was du nicht siehst, von Birgit Vanderbeke (1999) – 5 Sterne

Vanderbeke beobachtet fein und schildert Menschentypen mit wenigen Dialogsätzen sehr markant. Scheinbar Nebensächliches taucht Seiten später wieder auf und gewinnt so an Bedeutung. Das französische Ambiente ist angenehm, wenn auch teils ungenau und verklärend dargestellt. Vanderbekes Schreibstil: Aber Birgit Vanderbeke schreibt seitenlange gleichförmige Absätze. Die Dialoge gehen wie Brei in den Absätzen auf, jeder Absatz…

Roman: Das war ich nicht, von Kristof Magnusson – 4 Sterne

Das lässt sich flott runterlesen, der Roman hat Zug und zeitweise Spannung. Allerdings agieren die eigentlich gebildeten und vernunftbegabten Hauptfiguren an entscheidenden Stellen sehr unrealistisch, eine Hauptfigur erklärt sich sogar zwischenzeitlich selbst für verrückt. Zu Recht. Kristof Magnusson bei Amazon (Affiliate Link) Wie realistisch ist das? Kristof Magnusson schiebt seine Figuren wie auf dem Schachbrett…

Buch: Der arbeitslose König. Maghrebinische Märchen, 1983, von Gregor von Rezzori – 3 Sterne

Das erste Märchen erstreckt sich in sieben Kapiteln über knapp 80 Seiten und handelt von einem König, der aus lauter Gefräßigkeit das teure Silberbesteck zusammen mit dem Essen verschluckt; aus Kostengründen isst er alsdann mit den Händen, verschluckt dabei aber seine Faust und nagt später seine Finger mit ab; beim Spähen in den Kopftopf verliert…