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Rezension Memoiren von Bauerntöchtern: Einen Hof verlässt man niemals ganz, von Ulrike Siegel (Hg., 2013) – 5 Sterne
Die 18 Autorinnen aus diesem Band erzählten ihre Geschichte bereits in einem der „Bauerntöchter“-Bücher der Herausgeberin Ulrike Siegel. Hier nun, rund zehn Jahre später, liefern sie Updates ihres Lebens. Die meisten Autorinnen waren offenbar…
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Kritik Grotesken: Katastrophen-Geschichten von Hermann Harry Schmitz – 7 Sterne
Harry Hermann Schmitz (1880 – 1913) schreibt Alltagsszenen: die Familie beim Kaffee, der tropfende Füllfederhalter, der Umzug. Die Geschichten beginnen spießbürgerlich banal und weiten sich bald ins Groteske und Fantastische: Figuren gehen auf den…
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Romankritik: Heinrich Grewents Arbeit und Liebe, von Christoph Peters (1996/2007) – 3 Sterne
Der Leser verbringt den Roman im Kopf des verkniffenen, unsympathischen Angestellten Heinrich Grewent. Der grämt sich über seine untergeordnete Position in der Firma und bei der Ehefrau. Grewent muss plötzlich geschäftlich auf Bahnreise, ohne…
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Buchkritik: Arztroman, von Kristof Magnusson (2014) – 7 Sterne – mit Video
Auweia, vorher nicht gewusst: Der Roman stammt von einem Leipzigabsolventen, er zeigt also volle Leipzigsymptomatik: Schauplatz Berlin; hippes oder semihippes Berlinpersonal; wenig oder blasse Dialoge funkenfrei; blasses Personal und blasses Deutsch, in dem die…
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Belletristik, Buch, Deutschland, Filmbuch, Gut, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Philippinen, Reise, Reisebuch
Kritik Drehbuch: Manila, von Bodo Kirchhoff und Romuald Karmakar (1998) – 7 Sterne – mit Video
Hin im Bumsbomber, zurück im Tripper-Clipper: In diesem Drehbuch warten ein paar Deutsche am Flughafen Manila auf ihre Maschine nach Frankfurt. Sie reden zynisch vulgär über Sexkauf auf den Philippinen und Live-Enthauptung in Saudi-Arabien.…
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Kritik Kurzgeschichten: Die Einsamkeit der Haut, von Bodo Kirchhoff (1983) – 6 Sterne – mit Video
Fazit: Die Geschichten spielen im Frankfurter Bahnhofsviertel: auf der Straße, in Peepshow-Kabinen, Kantinen und Puffzimmern. Der Ich-Erzähler ist stets unpersönlich, verklemmt mit kleingeistigen und anwidernd pornografischen Gedanken. Den möchte man nicht in der Verwandtschaft…
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Erster Lese-Eindruck: Deutschjüdische Glückskinder. Eine Weltgeschichte meiner Familie, von Michael Wolffsohn (2017)
Geschichtsprofessor Michael Wolffsohn hat eine fulminante wahre Geschichte an der Hand: seine Großeltern, gutsituierte Deutschjuden, fliehen 1939 aus Deutschland nach Palästina und kehren schon 1949 zurück nach Berlin. Doch Wolffsohn kleistert sein 3-Generationen-Narrativ mit…
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Romankritik: Rumplhanni, von Lena Christ (1916) – 8 Sterne – mit Video
Fazit: Die ersten drei Viertel spielen auf dem Dorf und bereiten Freude: Deftiges Bairisch, scharfzüngige Dialoge und schöne Beobachtungen, wenn „die Bauern ((…)), die Jungen und die Dienstigen“ interagieren, ganz zu schweigen von den…
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Buchkritik: Erinnerungen einer Überflüssigen, von Lena Christ (1912) – 7 Sterne
Dieses Buch bietet genug Anlässe, es aus dem Fenster zu werfen: eine kitschig-idyllische oberbayerische Kindheit mit Karikaturdörflern; das Personal ein krasses Schwarzweiß aus bösartigen Monstern (u.a. die Mutter der Ich-Erzählerin) und Herzensguten (viele Fremde,…
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Buchkritik: Madam Bäuerin, von Lena Christ (1919) – 7 Sterne – mit Video
Fazit: Jungbauer Franz und „Stadtmamsell“ Rosalie wollen heiraten. Doch beide Mütter protestieren gegen eine Stadt-Land-Ehe; zudem ist Rosalie einem spröden Assessor versprochen. Aus diesem schlichten Konflikt zimmert Lena Christ (1881 – 1920) eine alpenländische…
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Buchkritik: Mathias Bichler, von Lena Christ (1914) – 5 Sterne
Zwar ist man hier in vertrautem Lena-Christ-Land: auf dem oberbayerischen Dorf, mit all seinen Käuzen; und – bei Lena Christ – natürlich mit unehelichen und Pflegekindern. Doch die Geschichte spielt großteils schon um 1800,…
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Buchkritik: Bauern: Bayerische Geschichten, von Lena Christ (1919) – 7 Sterne
Lena Christ erzählt viele kurze, unverbundenene, humoristische Anekdoten vom Dorf um 1918. Sie schwafelt nicht lang rum, sondern schreibt zackig knapp über ihre typischen Themen vom Bauernstand: Pokern und Schachern um die geldigste Hochzeiterin;…
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Buchkritik: Unsere Bayern anno 14/15, von Lena Christ (1914/15) – 7 Sterne
Fazit: Lena Christ liefert kurze, lebensnahe Vignetten voller Dialog aus den ersten Monaten des ersten Weltkriegs in München und auf dem Dorf – mal kabarettistisch, mal herzerwärmend, gelegentlich beklemmend; schlicht, und doch pfiffig, jedenfalls…
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Buchkritik: Lausdirndlgeschichten, von Lena Christ (1913) – 5 Sterne
Lena Christ (1881 – 1920) erzählt 16 Sehrkurzgeschichten aus Kinderperspektive. Dabei gibt’s manchmal eine ganze Kinderschar, die untereinander oder mit den Großen Schabernack treiben. Öfter agiert die Ich-Erzählerin allein unter Erwachsenen oder sie erzählt…
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Buchkritik: Lausbubengeschichten, von Ludwig Thoma (1905) – 5 Sterne – mit Links
Ludwig Thoma (1867 – 1921) schreibt kurze nüchterne Geschichten. Es gibt keine deftigen Schenkelklopfer und kaum deftiges Bairisch, auch kein deutlich bayerisches Ambiente. Ich-Erzähler Ludwig ist immer wieder verwickelt in: Steine durch Fensterscheiben; hinterhältige…
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Buchkritik: Tante Frieda, von Ludwig Thoma (1907) – 6 Sterne – mit Links
Zwei der sechs Geschichten erinnern deutlich an Ludwig Thomas Lausbubengeschichten von 1905 (diesmal Schießpulver in Vogelkäfig; Eier, Spucke und Kartoffeln auf Leute; Luftgewehr auf Spiegel). Die vier anderen Geschichten erzählen vom Aufenthalt der jungen…
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Buchkritik: Altaich, von Ludwig Thoma (1918) – 7 Sterne
Die Geschichte kommt langsam in Fahrt, die Dörfler unter sich praktizieren zu viel (so Thoma) „ländliche Wohlhäbigkeit“. Doch sobald die ersten auswärtigen Sommerfrischler im hinterwäldlerischen Altaich aufschlagen, beginnt der interkulturelle Spaß. Da treffen großspurige…
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Kritik Kurzgeschichten: Der Münchner im Himmel u.a. Satiren, von Ludwig Thoma (1911) – 7 Sterne – mit Links
Der Halleluja schmetternde Dienstmann Aloisius ist nur einer von vielen Käuzen in dieser Sammlung kurzer, knackiger Satiren. Ludwig Thoma (1867 – 1921) karikiert Spießbürger, Feministinnen, wackere Soldaten, verschnarchte Juristen und Obrigkeitshammel mit kräftigem Strich…
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Buchkritik: Lecker derbleckt. Eine kleine bairische Wortkunde, von Gerald Huber (2008) – 7 Sterne
Auf knappem Raum erklärt Gerald Huber (*1962) enorm viele Sprachzusammenhänge – vor allem die Verbindungen des Bairischen zum Lateinischen, Griechischen, Gotischen, Italienischen, Französischen, Hebräischen, Jiddischen, Arabischen, Altnordischen. Das ist sehr erhellend, und kommt so…
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Romankritik: Schäfchen im Trockenen, von Anke Stelling (2018) – 4 Sterne
Fazit: Ich-Erzählerin Resi, um 40, lebt mit Mann und vier Kindern in einer zentralen Berliner Mietwohnung, die sie von langjährigen Freunden mieten. Diese Freunde ziehen in einem selbst finanzierten Bauprojekt zusammen. Resis Familie kann…
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Kritik Biografie: Keiner blickt dir hinter das Gesicht. Das Leben Erich Kästners, von Sven Hanuschek (1999) – 6 Sterne
Anders als Kästner-Biograf Klaus Kordon erzählt Sven Hanuschek Kästners Leben nicht nur nach dessen eigenen Veröffentlichungen – Hanuschek spricht auch mit Nachfahren, sichtet Archive und Melderegister, findet Fehler und Auslassungen in den Memoiren von…
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Kritik Biografie: Die Zeit ist kaputt. Die Lebensgeschichte von Erich Kästner, von Klaus Kordon (1995) – 7 Sterne
Klaus Kordon schreibt meist sehr eingängig und lebendig, teils fast romanhaft, auf nur rund 300 luftig bedruckten Seiten Haupttext (plus kurzer Anhang), ohne dass es aufdringlich nach Jugendbuch klingt. Und Kordon flicht – prima…
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Romankritik: Emil und die drei Zwillinge, von Erich Kästner (1935) – 5 Sterne
Friede, Freude & auch Eierkuchen herrschen in Neustadt, Berlin & auch in Korlsbüttel: Penetrant harmonisch geht’s zu zwischen Jung und Alt, zwischen Arm und Reich in diesem Sequel zu „Emil und die Detektive“. Zwei…
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Romankritik: Emil und die Detektive, von Erich Kästner (1929) – 7 Sterne – mit Video
Erich Kästner (1899 – 1974) zeigt den betont gutherzigen – heute sagt man: achtsamen –, aber auch pfiffig-ironischen Emil Tischbein und seine betont gutherzige, aber auch pfiffig-ironische Mutter. Immer wieder baut Kästner kleine, fast…
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Romankritik: Ein anständiger Mensch, von Jan Christophersen (2019) – 6 Sterne
Jan Christophersen konstruiert in den ersten zwei Buchdritteln eine dramatische, intime, fesselnde Geschichte. Zwei intelligente Paare verbringen ein Wochenende in einem entlegenen Ferienhaus. Sofort gibt es ungute wie auch erotische Spannungen in alle Richtungen.…
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Romankritik: Echo, von Jan Christophersen (2014) – 4 Sterne – mit Video
Fazit: Aufbau und Figuren des kleinen Romänchens sind überkonstruiert und leblos. Dies ist keine Geschichte, sondern ein Schreibexperiment – gescheitert. Tom schwieg: Jan Christophersen schildert zunächst Gefühle und menschliche Entwicklungen recht genau – einerseits.…
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Filmkritik Komödie: Wie gut ist deine Beziehung (2019, mit Julia Koschitz) – 5 Sterne – mit Video
Wenn Männer zu sehr lieben, dann werden sie krankhaft dämlich: Diese Berliner Hipster-Soap liefert zwar ein paar pfiffige Sprüche und überraschende Wendungen. Sie ächzt aber auch unter all dem dummen, unrealistischen Gerede, das die…
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Wer Backups macht, ist feige [Story auf Deutsch]
Hannes ist einer der nettesten Pizzafahrer in meiner Stadt. Irgendwie versteht er auch was von Computern und von Computer-Grafik. Nicht selten bin ich abends seine letzte Tour (warum wohl?). Am Mittwoch stand er mal…
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Trailer zu meinem ungeborenen Roman [Story auf Deutsch]
Die Personen: Norbert Jüpping: Norbert Jüpping ist vom Typ schmieriger Kleinstadtyuppie. Ihm gehört das Unternehmen „District Capital Media“ (oder zumindest dessen Schulden): eine kleine Werbeagentur in der schnuckeligen Kreisstadt am Alpenrand, die Schauplatz dieser…
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Romankritik: Das Wetter vor 15 Jahren, von Wolf Haas (2006) – 8 Sterne
Zwei Kulturmenschen, der österreichische Romanautor „Wolf Haas“ und die deutsche Kritikerin „Literaturbeilage“, unterhalten sich in diesem Dialogroman gewitzt, aber realistisch umgangssprachlich über den Roman des Autors. Sie diskutieren den Romaninhalt, platzieren zwischendurch aber auch…
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Romankritik: Altes Land, von Dörte Hansen (2015) – 7 Sterne
Fazit: Der leicht lesbare Roman schnurrt zunächst gut dahin, bringt eigenwillige, aber nicht zu unrealistische Figuren, interessante Einblicke aus vielen Jahrzehnten sowie unterhaltsame Dialoge oder Einzeiler auf Plattdeutsch. Dörte Hansen wechselt jedoch regelmäßig zwischen…