Hot Country Entertainment
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Filmkritik: Paradies: Liebe (2012) – 7 Sterne – mit Video
Vier füllige Österreicherinnen lachen sich im Kenia-Strandurlaub junge, gutgebaute Afrikaner an. Sie wollen an Liebe glauben, werden aber laufend zum Zahlen gedrängt. Ulrich Seidls Film wirkt einerseits sehr dokumentarisch, auch weil er auf jeden Glamour und auf Hintergrundmusik verzichtet; die Gesichter, die Körper, die Innenräume, die Regungen könnten nicht durchschnittlicher sein. Es gibt auch keine besonders cleveren Dialoge oder dramatische Wendungen. Wir beobachten scheinbar Hauptdarstellerin Margarethe Tiesel und ein paar Wiener Freundinnen beim Sexurlaub. Tatsächlich wird aber ein Drehbuch abgespult (Co-Autorin Veronika Franz). Und die Kamera zeigt immer wieder perfekt arrangierte Szenen in sehr statischen, geometrischen Einstellungen: vier Frauen im Liegestuhl, Phalanxen von afrikanischen Strandverkäufern. Die Kamera zeigt zudem viel…
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Filmkritik: Jenseits von Afrika (1985, mit Meryl Streep, Robert Redford) – 7 Sterne – mit Video
Robert Redford spielt einen gutaussehenden Kleiderständer, auch Meryl Streep agiert eher unterkühlt – die meisten Gefühle schienen in ihrer deutschen Synchronstimme zu liegen. Mehr Ausstrahlung zeigt Klaus Maria Brandauer. Immerhin drückt hier niemand auf die Tränendrüse, weder Schauspieler, Autor noch Komponist. Es gibt viele coole Dialoge und einige fast zusammenhanglos gesprochene Sätze, die deswegen besonders bedeutungsschwanger und künstlerisch wertvoll klingen. Natürlich gibt es schöne Landschafts- und Tierszenen, einige Begegnungen mit Löwen dabei sehr dramatisch. Der vielfach Oscar-prämiierte Film ist ausgesprochen lang und ruhig – keine hektischen Schnitte, keine dramatischen Schwenks, keine Jumpcuts, Zeitraffer und wenig Zeitlupe. Damit wirkt Jenseits von Afrika (engl. Out of Africa) liebenswert altmodisch und entspannt, fast…
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Rezension Musik-Doku: Sing It Loud – Luthers Erben in Tansania (2017) – 7 Sterne – mit Video & Presse-Links
Die fast 90minütige Doku über tansanische Laien-Kirchenchöre hat lange, ruhige Einstellungen. Immer wieder hört man minutenlang nur den Gesang bei fast unbewegter Kamera – und sieht dazu die Chöre nicht nur in Kirchen und Sälen; sie singen auch auf dem Feld und in semiprofessionell selbstgedrehten Musikvideos. Schön: Über den Stimmen der Interviewpartner liegt keine deutsche Stimme aus dem Off, Untertitel übersetzen die Auskünfte. Dazu kommen sparsame Erklärungen einer Sprecherin mit naiver Stimme. Die Chorsänger stammen aus der tansanischen Mittelschicht. Sie sind sicher nicht reich, aber es geht ihnen nicht so schlecht. Sie arbeiten hart daran, beim landesweiten Chorwettbewerb ganz vorn zu landen – Jugendliche ebenso wie ältere Erwachsene, zum Beispiel…
- Afrika, Bayern, Deutschland, Deutschland-Film, Dokumentation, Europa, Film, Gut, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Nigeria
Rezension Deutschland-Nigeria-Doku: Cool Mama (2017) – 7 Sterne – mit Video
Die Deutsche Ann geht eine Beziehung mit dem Nigerianer Akin in Deutschland ein. Sie erfährt irgendwann, dass er zusätzlich Frau und vier oder fünf Kinder in Nigeria hat. Sie besucht seine Familie – und holt sie schließlich nach München. Sie leben in einer teils offenen Dreier-Beziehung, mit Zweckehen und Zweckscheidungen. Amazon-Werbelinks: Ganz Afrika | Südafrika | Kenia | Marokko Peter Hellers Doku begleitet alle Beteiligten über etwa acht Jahre, von 2006 bis 2014 (mit ein paar Bildern von 1986 und 1996; Erstausstrahlung 2017 bei 3sat). Die Verhältnisse verschieben sich mehrfach, doch Eifersucht ist kaum im Spiel – alle können über das Dreieck reden. Es geht um Liebe, Freundschaft, Alleinsein, Familienbande…
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Filmkritik: Die letzten Tage in Kenya (1987) – 7 Sterne
Sie geben sich respektabel, gediegen; doch sie feiern derb frivol, einfallsreich und lüstern. Der Film zeigt diese englischen Landherren und -damen in Kenia um 1940 kultiviert sarkastisch, kultiviert schweinigelnd, FSK 16 in der TV-Ausstrahlung. Der deutsche Titel passt ebenso gut wie der englische, White Mischief. Der Film spielt zumeist in Innenräumen, obwohl in Kenia gedreht wurde. Die Kamera verzichtet trotz filmi filmi Landschaft auf die ganz großen Bilder, wie man sie etwa von Caroline Links Kenia-Epos, aus Jenseits von Afrika, von Iñárritu oder Wenders kennt. Kameramann Roger Deakins illustriert betont meist unauffällig, liefert aber interessante horizontale Kameravorbeifahrten und erzeugt so Querschnitte durch gut choreografierte Menschengruppen. Figuren und Kulissen wirken nicht…
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Rezension Afrika-Doku: Lost in Liberia (2007) – 7 Sterne – mit Video
Die Irin Leila Blacking geht fürs Internationale Rote Kreuz nach Liberia, um bei Familienzusammenführungen zu helfen. Dort trifft sie auf ehemalige Soldaten und Kindersoldaten, die viele Greueltaten erlebten und begingen. Die Kamera begleitet sie bei der Vorbereitung in Genf wie auch bei vielen Begegnungen in Westafrika (Regie: Luzia Schmid, Kamera und Co-Autor Hajo Schomerus). Amazon-Werbelinks: Ganz Afrika | Südafrika | Kenia | Marokko Neue Einblicke: Die 93minütige Doku aus der ZDF-Reihe „Das kleine Fernsehspiel“ liefert völlig neue Einblicke, sie ist ausgesprochen schön gefilmt und bringt nicht zuviel Musik. Leila ist zudem eine gut aussehende Hauptakteurin, die reflektiert, selbstkritisch und gern redet. Anders als bei vielen abendfüllenden Dokumentationen liefert hier eine…
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Rezension Afrika-Doku: 7915 km (2008) – 7 Sterne – mit Video & Presse-Links
Regisseur und Kameramann Nikolaus Geyrhalter folgt der afrikanischen Route der Dakar-Rallye (früher Paris-Dakar) und zeigt einfache Leute links und rechts der Piste – in Marokko, in der Republik Sahara, in Mauretanien, Mali und im Senegal. Die Autos selbst erscheinen nur wenige Sekunden, und die ganze Veranstaltung kommt nur gelegentlich zur Sprache: die tollkühnen Piloten hinterlassen Kugelschreiber und völlig zerstörte Straßen. Die Kamera ist oft sehr statisch: kein Zoom, kein Schwenk, keine Tiefenschärfeverlagerung. Interviewpartner oder starre Landschaft erscheinen dergestalt statisch in zudem ungewöhnlich langen Einstellungen in extremem Breitformat (ich habe die Ausstrahlung bei 3Sat gesehen und dachte manchmal an ein Paris, Texas für Arme). Dann wieder folgt die Kamera Hinterköpfen durch…
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Rezension Entdecker-Film: Land der schwarzen Sonne, engl. Mountains of the Moon, 1990, über Richard Burton und John Speke 1857 – 7 Sterne – mit Presse-Links & Hintergründen
Der 1990er Spielfilm zeigt die strapaziöse 1857er Expedition von Richard Francis Burton und John Speke ins Innere Afrikas, auf der Suche nach der Quelle des Nils. Er besticht durch grandiose und stimmungsvoll abgetönte Bilder aus Kenia, die auch beim zweiten Ansehen mitreißen, durch bombastische Herzschlagmusik und einiges Drama in Afrika wie auch in England – und zeigt rohe Gewalt. Die Kamera ist immer nah am Geschehen; der Betrachter kann sich den Ereignissen nicht entziehen, vor allem in den gut choreographierten afrikanischen Massenszenen.Die Städte Aden und Sansibar beeindrucken dabei wegen der Menschenmassen in engen Gassen besonders – sie sind allerdings ebenso wie die Landschaftsszenen kaum unterscheidbar und werden auch nicht mit…
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Rezension Afrika-Spielfilm: Cobra Verde (1987, Regie Werner Herzog, mit Klaus Kinski) – mit Trailer – 7 Sterne
Der Film von 1987 hat fantastische Bilder, toll choreographierte Bewegungsabläufe und Massenszenen, ein paar unterhaltsame Tänze und Gesänge. Sehr intensiv, sehr exotisch, sehr anders. Allein das ist schon enorm verdienstvoll. Es ist auch viel interessanter als der Hauptdarsteller: Klaus Kinski stakst als irrer, leicht effiminierter Oberpirat durch die erstaunlichen Kulissen und Sklavenlager. Die interessante, 43minütige Doku zu den Dreharbeiten zeigt, wie unsympathisch, unprofessionell, egozentrisch und obstruktiv er sich auf dem Set gerierte. Amazon-Werbelinks: Ganz Afrika | Südafrika | Kenia | Marokko Vergleich mit der Buchvorlage: Cobra Verde zerfällt in Episoden und Szenen, die sich schlecht zusammenfügen. Die Handlung ist noch weniger glaubwürdig als in der Buchvorlage „Der Vizekönig von Ouidah“…
- Afrika, Deutschland, Deutschland-Film, Film, Gut, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Spielfilm
Rezension Deutschland-Afrika-Spielfilm: Die Schlafkrankheit (2011; mit Trailer) – 7 Sterne
Langsame, ruhige Einstellungen, nach meiner Erinnerung komplett ohne Musik, so dass die Musik zum Abspann nach dem abrupten Ende gar nicht passt. Im ersten Teil spielen die Darsteller so beiläufig-natürlich, wie man es selten sieht. Das Milieu erscheint überzeugend (Regie Ulrich Köhler, mit Pierre Bokma, Jean-Christophe Folly, Jenny Schily). Einige schöne Außenaufnahmen in Kamerun, aber zu oft spielt der Film nachts. Der Film hat einen harten Bruch in der Mitte, und der zweite Teil überzeugt weniger. Ein paar Fragen bleiben störend offen. Amazon-Werbelinks: Ganz Afrika | Südafrika | Kenia | Marokko
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Rezension Diplomaten-Komödie: Der letzte Held von Afrika (1994, mit Sean Connery) – mit Trailer – 7 Sterne
Meist kurzweilig, eine deftige Satire von 1994 über hochmögende britische Botschaftsangestellte in einem fiktiven westafrikanischen Staat à la Nigeria. Häufig wirkt das Geschehen jedoch überaus unrealistisch, die Figuren derb überzogen, insbesondere einige der weißen Frauen und Botschafter Fanshawe. Die Afrikanerin Hazel erscheint im Film wesentlich vorteilhafter als im Buch – da greift wohl die politische Korrektheit (englischer Originaltitel A Good Man in Africa). Der deutsche Synchrontext ist sehr gelungen und pfiffig, oft deutlich vergnüglicher als das Original. Dafür klingen die englischen Stimmen schön aristokratisch. Die würde ich am liebsten mit englischen Untertiteln konsumieren, doch Untertitel gibt’s auf meiner DVD gar nicht. Amazon-Werbelinks: Ganz Afrika | Südafrika | Kenia | Marokko…
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TV-Bericht: Hühner für Afrika (2009) – mit Video – 7 Sterne
Filmmacher Joachim Vollenschier zeigt, wie europäische Hühnchenreste in Ghana billig verkauft werden – oft nicht richtig gekühlt und schon angegammelt. So verlieren lokale Hühnerzüchter und Futtermittelproduzenten Arbeit, und die Afrikaner werden eventuell krank davon. Nach Vollenschiers Recherchen kommt das Fleisch zum guten Teil aus den Niederlanden, mindestens zu einem kleinen Prozentsatz auch aus Deutschland. In Europa kaufen die Leute nur Brustfleisch, weil es wenig an totes Tier erinnert – der Rest muss weg, zum Beispiel nach Afrika. Doch kein deutscher oder niederländischer Produzent will vor der Kamera über den Export reden, schriftlich wird abgewiegelt. Amazon-Werbelinks: Ganz Afrika | Südafrika | Kenia | Marokko Im Grund eignet sich das Thema besser…
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Rezension Afrika-Dokumentation: Der gekaufte Konsul – The Ambassador (2011, Regie Mads Brügger) – mit Trailer und Gesamtfilm – 7 Sterne
Regisseur Mads Brügger reiht Klops and Klops in dieser Dokumentation, in der er selbst die Hauptfigur ist: Er besorgt sich einen liberianischen Diplomatenpass er führt sich in Bangui, Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik, als angehender Konsul Liberias ein er schließt seltsame Verträge mit einem windigen Diamantenförderer er plant den Bau einer Streichholzfabrik, importiert einen indischen Streichholzfabrikexperten und… …will für diese Fabrik Pygmäen anheuern, die dann alkoholisiert für ihn tanzen Versteckte Kamera: All das kommentiert Brügger nonchalant und hochgradig zynisch. Zu diesem Ton passt auch seine Erscheinung: immer in feinstem Tuch, edlen Schuhen, Sonnenbrille, Zigarre oder Zigarette mit Zigarettenhalter im Mund – und eine attraktive blonde Sekretärin anbei. Offenbar filmt der dänische…
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Rezension Afrika-Natur-Doku: Mythos Kongo (2014) – mit Video – 7 Sterne
Die Dokumentation folgt dem Kongofluss durch Zentralafrika – in sehr großen Sprüngen. Es geht also nicht um ein Land, sondern um das Gewässer, das in Sambia entspringt, lange durch die Demokratische Republik Kongo fließt und in den Atlantik mündet. Amazon-Werbelinks: Ganz Afrika | Südafrika | Kenia | Marokko Starke Eindrücke: Einige seltsame Kreaturen wie den Schuhschnabel-Vogel sehen wir zunächst nur stückweise – ein Auge, die Füße, den Schnabel. Die Doku hat auch attraktive Luft- und Unterwasseraufnahmen. Die Tierszenen sind exzellent, die Begegnungen und Erlebnisse der Tiere im Busch wirken fast schon inszeniert, wie scripted reality: das Belauern, das Fressen und Gefressen-Werden, das Weiterziehen im Busch. Die Tiere erscheinen hier aus…
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Filmkritik: Babel (2006, mit Brad Pitt, Cate Blanchett) – mit Trailer – 7 Sterne
Zuerst dachte ich, nach 2:20 Stunden inklusive 7 Minuten Abspann: Fantastisch geschrieben, fantastisch gefilmt. Wie die Geschichten auf drei Kontinenten sich verschränken, ohne dass es zu aufdringlich wird: Exzellent. Die Oscar-gekrönte Musik bleibt unaufdringlich und wird trotz der epischen Wüste und der dramatischen Ereignisse nicht schwülstig. Später kamen mir doch ein paar Bedenken: Den Japan-Teil könnte man kürzen oder sogar ganz rausschneiden; die japanische Hauptfigur hat mit der Haupthandlung nichts zu tun und ist zeitweise peinlich die Geschichten tendieren ohnehin ins Tragische, und dann bekommen einige Figuren auch noch eine dunkle Seite oder Vergangenheit (Baby gestorben, Frau beging Selbstmord, exhibitionistische oder sexuell aggressive Teenagerinnen), das ist zu filmi ein Japaner…
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Rezension Kinobetreiber-Doku: Comrades in Dreams – Leinwandfieber (2006) – mit Trailer – 7 Sterne
Die Doku von 2006 zeigt ungewöhnliche, liebenswerte Kinobetreiber in Indien, Nordkorea, Burkina Faso und USA. Es gibt viele überraschende Einblicke und schöne Bilder. Wirklich Kino-verrückt wirken aber nur die Inder – nicht der junge Chef des Wanderkinos, sondern die Dorfbewohner, die fast den Zaun des Kinozeltes einreißen. Private Seiten: Regisseur Uli Gaulke (selbst ein Kinogründer, heute Filmprofessor) bringt bewusst viel Alltagsleben der Kinobetreiber: die Brautsuche des Inders, die Einsamkeit der Betreiberin in den USA, Familienangelegenheiten der staatlichen Kinotechnikerin in Nordkorea und der jungen Kinoinhaber in Ouagadougou, Burkina Faso. Man glaubt, diese Kinomenschen wirklich kennenzulernen, sie scheinen sich zu öffnen, und das enge Thema Kinofilme spielt dann nicht mehr die vorherrschende…