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Filmkritik: Spuren (Australien 2013, engl. Tracks) – 6 Sterne – mit Video
Die spröd-schöne Mia Wasikowska wandert durchs spröd-schöne australische Outback, ertränkt in nie endender, elegischer Musiktunke und edel abgetönter Cinematografie. Die 2,4:1-Breitwandschaft mit Dame erinnert momentweise an Paris, Texas; und sie ruft aufdringlich: „Ich bin SO kino“. Ein paar Kamele und ein schwarzer Labrador begleiten die Hauptfigur, dazu gibt es karge Kindheitserinnerungen, Aborigines und eine Romanze in Spurenelementen. Der zugrundeliegende Buchbericht Spuren (engl. Tracks) von Robyn Davidson (*1950) ist besser, er klingt lakonisch, ohne die aufdringliche Melodramatisierung der Kinofassung. Schade, mit einer wortkarg-sarkastischen Westernwirtin hatte der Film vielversprechend angefangen. Der Film (Regie John Curran) zeigt die Hauptfigur zeitweise wie ein trotziges Kleinkind, in der deutschen Synchro sogar anders als im Original…
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Afrika, Annehmbar, Deutschland, Deutschland-Film, Film, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Marokko, Reise, Spielfilm
Filmkritik: Exit Marrakesch (2013, mit Ulrich Tukur, R Caroline Link) – 6 Sterne – mit Video & Presse-Links
Die Geschichte um den 16jährigen, altklugen Ben, der in die marokkanische Wüste ausbüchst und von seinem Theaterregisseur-Vater wieder eingefangen wird, ist dezidiert unrealistisch. Aber das spielt fast keine Rolle, denn Regisseurin Caroline Link kredenzt wie schon in Nirgendwo Afrika zwei Stunden lang prächtige Bilder, hier zumeist in Gold-metallic abgetönt. Samuel Schneider als jugendlicher Ben sieht zudem unverschämt gut aus. Die Eindrücke changieren seltsam zwischen Studiosus-Touristenklischees und Alltagsmarokko jenseits der Stereotypen, aber sie sind immer schön. Manche Kulissen erinnern frappierend an die Marokko-Szenen aus Babel, mehr als an den Marokko-Film The Sheltering Sky, der pflichtschuldig erwähnt wird, dazu gibt es plottechnisch ein paar Anklänge an den Roman Der Sandmann von Bodo…
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Annehmbar, Bayern, Deutschland, Deutschland-Film, Film, Hot Country Entertainment, Indien, Interkulturell, Komödie, Reise, Spielfilm
Rezension Kinofilm: Beste Chance (2014, Regie Markus H. Rosenmüller, Teil 3 der Beste-Trilogie) – 5 Sterne – mit Trailer & Presse-Links
Im ersten Teil waren sie fast nur in Tandern und Hilgertshausen (Beste Zeit, 2007). In Beste Gegend, 2008, schafften sie es schon bis zum Brenner. Und Teil 3 der Trilogie spielt nun zum guten Teil in Indien: Anna Maria Sturm als Kati und die Bauernväter Andreas Giebel und Heinz-Josef Braun stolpern durch Delhi, Ashrams und Rishikesh, auf der Suche nach vermissten Freunden oder Angehörigen. . Alte Bekannte: Die liebgewonnenen Figuren, Kulissen und Requisiten aus den früheren Filmen sind wieder da: Der Ricki, der Toni, die Eltern, die gruselige Rockband, das Vereinsheim, der olle Daimler. Indes, früher war alles besser: Teil 1 hat mehr Kraft als Teil 2, und Teil 3…
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Annehmbar, Asien, Bollywood, Bollywood seit 1995, Film, Hot Country Entertainment, Indien, Reise, Spielfilm
Bollywood-Spielfilm: Meenaxi – Tale of 3 Cities (2004, mit Tabu) – mit Videos – 6 Sterne
Der indische Spielfilm „Meenaxi: Tale of Three Cities“ berauscht: Famose Kulissen treffen auf gloriose Kameraarbeit, untermalt von A.R. Rahmans exzellenter Musik. Die muslimische Welt in Hyderabad, die Hindu-Kultur in der Wüstenstadt Jaisalmeer betören in überwältigenden, exotischen Bildern und Tönen, kein Werbefilm von Studiosus Reisen könnte es besser. Das wirkt weitaus „indischer“ als gängige Bollywoodware mit Shah Rukh Khan oder Amitabh Bachchan und Co. – so exotisch anders, dass die Dialoge im gängigen Bollywood-Hindi fast nicht passen, man erwartet weniger vertraute Phoneme. Amazon-Werbelinks: Bollywood | Shah Rukh Khan | Priyanka Chopra Die Konstruktion hat was: Eine Schöne (Tabu) verlangt vom Romancier in Hyderabad, über sie zu schreiben. Also verfasst der Dichterfürst…
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US-Spielfilm: How Stella Got Her Groove Back (1998; mit Trailer) – 6 Sterne
Daran hatte ich Spaß: viele sonnige, lässig-unterhaltsame Momente unter Afroamerikanern im ersten Teil, intelligent pfiffige Dialoge (besser im englischen Original) einige schöne Kameraeinstellungen und Abläufe Hauptdarstellerin Basset und ihre Film-Schwester Regina King spielen klasse Weniger unterhaltsam schien mir: Hauptfigur Winston unklar definiert, von Taye Diggs zeitweise sehr hölzern gespielt Whoopie Goldberg spielt zu aufdringlich für die Rampe gelegentlich zu sülzig oder banal vor allem nach der Halbzeit Superreichen-Ambiente abgeschmackt DVD ohne alle Extras, kein Trailer, kein Interview Gesamthandlung unplausibel, Ende banal (1) (1) die tatsächliche Affäre der Stella-Buch-Autorin Terry McMillan mit einem viel jüngeren Jamaicaner endete unterhaltsamer als der Film: er outete sich als schwul, nach sechs Jahren. Assoziationen: Reiche…
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Annehmbar, Asien, China, Film, Hot Country Entertainment, Interkulturell, Ostasien, Reise, Spielfilm, US-Film
Spielfilm: Sieben Jahre in Tibet (1997, mit Brad Pitt; mit Trailer) – 6 Sterne
Harrers und Aufschnaiters Leistung ist unglaublich. Harrer hat daraus ein enttäuschendes Buch gemacht, und dieser Film ließ mich auch kalt. Ich kann es gar nicht genau auf den Punkt bringen: für meinen Geschmack gibt es zu wenig Landschaft (die Wildniswanderung hat im Buch einen größeren Anteil), zu viel chinesische Gewalt, und Brad Pitt sticht unangenehm als blondierter Schönling heraus. Highlight ist für mich der sympathische Bhutanese Jamyang Jamtsho Wangchuk als Dalai Lama, wenn auch mit bizarrem Akzent in der deutschen Synchro. Die gegensätzlichen Charaktere Harrer und Aufschnaiter ergeben theoretisch interessante Konflikte, die aber kaum ausgearbeitet werden. Die starken Abweichungen des Films vom Buch und von der Geschichte enttäuschen – eine…
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Doku: Malediven – Paradies vor dem Untergang (2011, engl. The Island President) – mit Trailer – 6 Sterne
Die Doku von 2011 mit Bildern von 2009 und 2010 hat drei Schwerpunkte: die Diktatur auf den Malediven unter Präsident Gayoom bis 2008 Mohamed Nasheeds Wandlung vom gefolterten Regimegegner zum Präsidenten der Malediven seit 2008 und Probleme der Malediven mit dem steigenden Wasserspiegel sehr ausführlich Mohamed Nasheeds Vorbereitung für die und Auftritt auf der Kopenhagener Umweltkonferenz 2009 Heterogener Film: Diese Elemente fügen sich nicht zu einer runden Dokumentation. Und so heißt das Original von John Shenk auch The Island President, während der deutsche Titel ganz anders lautet: Paradies vor dem Untergang. Beide Titel geben einige, aber nicht alle Themen des Films wieder, Vorsicht, es gibt weitere Dokus mit ähnlichen Titeln,…
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Bergsteiger-Doku: Messner (2012) – mit Trailer – 6 Sterne
Sehr aufwändige Doku über das Leben des Südtiroler Extrem-Bergsteigers (*1944) von frühester Kindheit bis zur Nordpol-Expedition. Regisseur Andreas Nickel lässt viele Situationen nachspielen und die Bilder aus den 60er Jahren zusätzlich abtönen, so dass sie noch älter wirken. Stark dramatisiert: Dazu gibt es abgehangene Bergfilm-Stilmittel: dramatische Luftaufnahmen mit Kreiselkamera (auch auf der Webseite zum Film), pompöse Musik, schwindelerregende Perspektiven und Zeitraffer-Wolken. Das sonst übliche Voice-over in dramatisch dräuendem Bariton fehlt zwar, doch zum Ausgleich kredenzt der Regisseur Split-Screens, zu Beginn rasende Schnittfolgen, Jumpcuts und immer wieder Bob Dylan; es wird fast schon so aufdringlich wie im pompösen Bergfilm Mount St. Elias. Mitunter entstellen dramatische Nebengeräusche die Stimmen der Sprecher. Vor…
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Kritik Sri-Lanka-Doku: Chandani und ihr Elefant (2010) – 6 Sterne – 1 Video
Der Film zeigt Elefanten auf der Pinnawala-Elefantenfarm, im Udawalawe-Nationalpark, bei der Prozession und im Bananenfeld. Hauptfigur ist Kandula, der halbwüchsige Elefant der halbwüchsigen Chandani. Sie ist die Tocher des Chef-Elefantenführers von der Farm und soll sein Handwerk erlernen. Darum lebt Kandula im Vorgarten von Chandanis Familie, wo er zum Einstand die Wäsche von der Leine holt. Du musst noch viel lernen, hört Chandani da von ihrem Vater. Wenig Information: Der Zuschauer lernt nicht so viel: Der Film (gedreht 2006 bis 2008) ist reich an Atmosphäre und knapp an Information. Viele Szenen laufen ganz ohne Sprecher, nur mit süßlicher Musik und Umweltgeräuschen. Wir sehen keine Karte von Sri Lanka, wissen nicht,…
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Haiti-1.-Welt-Spielfilm: In den Süden (2005, mit Charlotte Rampling; mit Trailer) – 6 Sterne
Gutsituierte Frauen aus der ersten Welt fliegen in ein armes Land (hier Haiti in den 70ern) und lassen sich zum Wellenrauschen von kaffeebraunen Beachboys verwöhnen. In diesem Film (Regie Laurent Cantet; englisch Heading South, Französisch Vers le sud) sieht man mehr Männer- als Damenhaut. Und es herrscht durchgehend Anspannung – zwischen den Frauen und ihren Liebhabern harmoniert es nicht, die Touristinnen untereinander belauern sich auch, die Einheimischen in ihrer eigenen Welt leiden unter Korruption und Polizeigewalt. Zeitweise wirkt die Darbietung schlicht steif. Charlotte Rampling jedoch spielt gut, und sie wirkt weit jünger als die 58 Jahre, die sie im Film und im richtigen Leben alt war. Doch ihre Figur spricht…
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TV-Bericht La Réunion: Hai-Alarm im Surfer-Paradies (Arte 2014) – 5 Sterne
Seit 2011 gibt es auf La Réunion viel mehr Hai-Angriffe auf Surfer als früher. Die 97minütige Arte-Doku von 2014 zeigt Wissenschaftler, Bewohner, Fischer, verstümmelte Opfer. Wir verfolgen, wie die Forscher den Haien waghalsig Sender unter die Bauchdecke pflanzen. Väter sprechen über ihre getöteten Söhne. Der TV-Bericht liefert reichlich sehenswerte Unterwasseraufnahmen wie auch packende Luftbilder der wunderschönen Insel östlich von Madagaskar. Zu oft der Falsche im Bild: Zufrieden war ich dennoch nicht: Öfter als Forscher, Politiker oder Fische erscheint der Journalist Laurent Bouvier. Er lächelt seine Interviewpartner an, er sitzt mit Notizen am Cafétisch, er pilotiert seinen Jeep zum nächsten Ort, er blockiert Platz auf einem engen Forscherboot – aber Bouvier…
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Alaska-Bergfilm: Mount St. Elias (2009) – mit Trailer – 4 Sterne
Ja doch, todesmutige Männer, fantastisch gefilmt in grandioser Bergwelt. Ich habe es ja kapiert, warum müssen die Filmemacher so übertreiben: Unablässig rasen Wolken im Zeitraffer übern Himmel, dräuen dramatisch elektronische Klänge, kreiselt die Flugkamera wild um Gipfel, stürzen (in Spielszenen) Bergsteiger in den Tod, dann hämmert wilder Hardrock, abgelöst von digitaler Stammesmusik. Das ästhetische Konzept kennen wir nach zehn Minuten. Es wiederholt sich weitere 90 Minuten lang, immer und immer wieder, eine gefühlte Endlosschleife (Webseite zum Film). Die Effekt-Kraftmeierei ist noch aufdringlicher als in der Messner-Doku. Man kann nichts eine Minute genießen, denn alles kleistert Regisseur Gerald Salmina mit Bombast-Musik zu, daneben noch permanente Tonkommentare der Akteure, oft reichlich banal,…