Roman: Maghrebinische Geschichten, von Gregor von Rezzori (1953) – 7 Sterne

Ich habe mich bestens amüsiert, manchmal laut gelacht und öfter geschmunzelt. Aktuelle deutsche Romanciers wirken gegen von Rezzori wie nachlässig programmierte Schreibroboter.

Von Rezzori schreibt vollmundig, süffig und deftig (“endlich die fetten Koptinnen (denn Frauen sind wie Birnen: dort am süßesten, wo sie am schwersten sind)”). Wort- und Logikdreher erster Güte werden trocken präsentiert, exzessive Fabulierwut trifft auf schelmische Bösartigkeit in meisterlichem Sprachgewand. Viele köstliche Sophistereien, Phantastereien und Neologismen.

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Allerdings trieft die Ironie mitunter auch zu sehr: so heißt ein Herrscher Karakriminalowitsch, ein Schatzmeister Dragomir Kleptomanowitsch Kleptomanow, ein Land Manipulien. Ohnehin packt der Autor zu viele bizarre, fiktive Eigennamen und Bezeichnungen in einzelne Absätze, die Ãœbersicht geht verloren, vielleicht auch mit Absicht, sogar dem Autor selbst – der Witz vom hemdsärmeligen Diplomaten erscheint zweimal im Buch.

Fast schon störend erschwert von Rezzori die regionale Verortung des erfundenen Maghrebinien: So mischt er lustvoll Eigenheiten slawischer und polynesischer Idiome, es klingt auch mal jiddisch, turkmenisch, rumä-/romanisch und arabisch. Während Maghrebinien deutlich an Südosteuropa erinnert, bedeutet Maghreb soviel wie Westen und meint in der Regel nordwestafrikanische Länder einschließlich Marokko.

Auch schildern die Maghrebinischen Geschichten (1953) zu oft Figuren mit liebenswert-menschliche Eigenschaften sowie gleichzeitig mit ausgeprägter Schlitzohrigkeit – die Mischung erheitert ein paar Mal, dann wirkt sie abgedroschen.


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