Romankritik: Under the Wide and Starry Sky, von Nancy Horan (2014, fikt. Stevenson-Biografie) – 6 Sterne – mit Presse-Link

Nancy Horan fiktionalisiert das gemeinsame, ungewöhnliche Leben des Schriftstellers Robert Louis Stevenson ((1850 – 1894; Dr. Jekyll und Mr. Hyde, Die Schatzinsel) und seiner Frau Fanny von 1875 bis 1894 in Frankreich, Großbritannien, USA und in der Südsee. Horan stützt sich auf zahlreiche Biografien, Originalbriefe und -tagebücher ihrer Protagonisten. Sie schreibt überwiegend aus der Sicht von Fanny Stevenson – 14 Jahre älter als ihr Mann und bei der ersten Begegnung bereits mehrfache Mutter.

Auch wenn mir fiktionalisierte Biografien gefallen, leide ich: So mischt Horan authentische und erfundene Tagebuchnotizen und Brieftexte: Ich wüsste zu gern, was was ist. Jedes historische Detail der Erzählung hinterfrage ich, so die Venus-Replik in USA, deren fehlende Arme zum Versicherungsfall wurden – gab es das wirklich, oder ist hier die Schriftstellerin am Werk?

Wieder über eine Promi-Gattin:

Schon in ihrem Erstling Loving Frank fiktionalisierte Nancy Horan das Leben einer “Frau an seiner Seite”, dort eine Partnerin des Star-Architekten Frank Lloyd Wright. Hier bei den Stevensons beschreibt Horan einen wesentlich längeren Zeitraum – knapp 20 Jahre.

Sie schreibt wieder sehr einfühlsam, geradezu achtsam säuselnd und meist aus Sicht der Frau. Eheliche Harmonie schildert sie allzu gefühlig gülden – manche Kritiker finden es literarisch oder warmherzig. Das Todeskapitel mit einer unfundierten Vorahnung wirkt aufgesetzt.

Manche Sätze auf den ersten 100 Seiten klingen zudem allzu weise und hellseherisch. Diese prophetischen Kommentare lassen den Roman etwas konstruiert klingen, ebenso wie ein weiteres, immer wiederkehrendes Stilmittel Horans: Sie unterbricht ihre kurzen Kapitel an einer entscheidenden Stelle und nimmt die Erzählung im nächsten Kapitel chronologisch später wieder auf; die zwischenzeitlichen Ereignisse, die der Leser erwartet hatte, erscheinen bald darauf in kleineren Rückblenden.

Lebendige Kulissen:

Gelegentlich wirken einzelne Dialoge oder Briefpassagen (erfunden oder authentisch?) zu didaktisch oder zu raffend – besonders im letzten Buchviertel, in dem Horan scheinbar schnell zum Ende kommen möchte. Ähnliche Beschwerden hatte ich beim Vorgänger Loving Frank nicht. Personen und Zeit werden in Horans Buch sehr lebendig, mit vielen interessanten Zeit-Details; doch Spannung entsteht auf den rund 463 Seiten meiner englischen Two Roads-Taschenbuchausgabe kaum.

Ich kenne auch die Stevenson-Biografie von Claire Harman (2005). Im Vergleich zu Harman schreibt Horan deutlich mehr und freundlicher über Stevensons Frau und weniger über seine dauernden Krankheiten, seine platonische Liebe Fanny Sitwell, seine Bücher und über seine politische Einflussnahme in Samoa.

Rambling but warmhearted…” – die Kritiker:

  • Goodreads: 3,56 von 5 Lesersternen, 12190 Stimmen, 2234 Kritiken
  • Amazon.com: 4,0 von 5 Lesersternen, 894 Kritiken, jeweils Juli 2016

New York Times:

As the years and miles accumulate, the intensity of Horan’s narrative diminishes, its sharp focus yielding to a scattershot sampling of thoughts and events

Kirkus Reviews:

While the retelling of the Stevensons’ lives is rather pedestrian, Robert Louis Stevenson comes through as utterly irresistible.

USA Today:

Rambling but warmhearted… Horan drapes this skeleton of facts with a richly imagined musculature of love, laughter, pain and sacrifice

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